Urteil des OLG Hamm vom 21.12.2010

OLG Hamm (teil, anlage, fonds, abschluss des vertrages, miete, auslegung, betrag, aufschiebende bedingung, objekt, höhe)

Oberlandesgericht Hamm, I-7 U 33/10
Datum:
21.12.2010
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
7. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
I-7 U 33/10
Vorinstanz:
Landgericht Dortmund, 10 O 88/06
Schlagworte:
geschlossener Immobilienfonds; Fondsprospekt; Mietgarantie;
Generalmietvertrag
Normen:
§ 535 BGB
Leitsätze:
Zur Auslegung eines Generalmietvertrages im Hinblick auf
Vereinbarungen zu Mietzeit und garantierter Staffelmiete
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 28.10.2009 verkündete Urteil
der I. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Dortmund, Az: 10 O
88/06, abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin über den in dem genannten
Urteil ausgeurteilten Betrag hinaus weitere 38.272,50 € nebst Zinsen in
Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils
5.467,50 € seit dem, 09.01.2005, dem 09.02.2005 , dem 09.03.2005 ,
dem 09.04.2005, dem 09.05.2005, dem 09.06.2005 und dem 09.07.2005
zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die
Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des
aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, soweit
nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 %
des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
G r ü n d e
1
A.
2
Die Klägerin, ein geschlossener Immobilienfonds, verlangt von der Beklagten die
Zahlung von Miete für die Monate Januar bis Juli 2005 für ein Ladenlokal in D, J-Straße,
3
aus einem zwischen den Parteien geschlossenen Generalmietvertrag vom 31. Mai
1995. Die Parteien streiten darüber, ob und zu welchen Bedingungen ein Mietverhältnis
über diese Mietfläche auf Basis der im Generalmietvertrag getroffenen Vereinbarungen
zustande gekommen ist.
Mit ihrer Klage hat die Klägerin die Beklagte auf Zahlung eines monatlichen Mietzinses
von 19.067,86 €, insgesamt also 133.475,02 €, nebst Zinsen in Höhe von 8 %-Punkten
über dem Basiszinssatz seit jeweiliger Fälligkeit in Anspruch genommen. Sie hat die
Auffassung vertreten, mit Beendigung des vorangegangenen Mietvertrages mit der Fa.
Q (als Nachfolgerin der Fa. U) zum 31.07.2004 sei zwischen den Parteien nach
Maßgabe des Teiles B, § 7 des Generalmietvertrages ein Mietverhältnis über die
streitgegenständliche Fläche zustande gekommen. Der nach Teil B, § 9 des
Generalmietvertrages geschuldete Mietzins berechne sich auf Basis der im
Fondsprospekt der Klägerin ausgewiesenen langfristig prognostizierten
Ertragsberechnung, die Grundlage des im Zuge der Vermarktung der Fondsanteile
geschlossenen Generalmietvertrages geworden sei.
4
Die Beklagte hat den Bestand eines Mietverhältnisses nach Maßgabe des
Generalmietvertrages bestritten. Sie hat die Auffassung vertreten, die Klägerin habe die
in Teil B, § 7 des Generalmietvertrages vereinbarte Bedingung für das
Zustandekommen eines Mietverhältnisses über die streitgegenständliche Fläche
treuwidrig herbeigeführt, indem sie die Fa. Q vorzeitig aus dem vorangegangenen
Mietvertrag entlassen habe. Ferner berechne sich ein etwaig geschuldeter Mietzins
nicht nach der im Fondsprospekt der Klägerin ausgewiesenen Langfristprognose,
sondern allenfalls nach der im Fondsprospekt ausgewiesenen Jahresmiete für das erste
vollständige Mietjahr, welche sich für die streitgegenständliche Fläche auf monatlich
13.600,36 € belaufe.
5
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die tatsächlichen
Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.
6
Nachdem die Beklagte nach Rechtshängigkeit der Klage auf die Hauptforderung
95.202,52 € und auf die Zinsansprüche 6.907,00 € - ausgehend von einem Zinssatz
i.H.v. 5 %-Pkt. über dem Basiszinssatz – an die Klägerin geleistet hat, haben die
Parteien den Rechtsstreit insoweit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt
erklärt.
7
Das Landgericht hat der Klägerin über den für erledigt erklärten Teil hinaus weitere 3 %
Zinsen auf den erfüllten Teil der Hauptforderung zugesprochen, da es sich um eine
Entgeltforderung i.S.d. § 288 Abs.2 BGB aus einem beiderseitigen Handelsgeschäft
handele. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt,
der Klägerin stünden die geltend gemachten weitergehenden Mietzinsansprüche nicht
zu. Sie sei nicht berechtigt, über den in der Anlage 93 zum Generalmietvertrag (Objekt-
/Mietspiegel des LBB Fonds 3) bezifferten Jahresbetrag hinaus Mietzinserhöhungen auf
der Basis der im Fondsprospekt wiedergegebenen Langzeitprognose zu erheben.
Weder der Vertragstext, noch die Anlage 93 enthalte einen Hinweis darauf, dass dies
dem Willen der Vertragsparteien bei Vertragsschluss entspreche. Die von der Klägerin
vorgetragenen Indizien reichten nicht aus, um auf einen derartigen Vertragswillen zu
schließen. Die behauptete Mitwirkung der Beklagten an der Erstellung der
Langzeitprognose rechtfertige eine solche Schlussfolgerung nicht, da die Daten der
Langzeitprognose auch der bloßen Risikoberechnung dienen könnten. Auch die
8
Akzeptanz der Abrechnungen auf Basis der Langzeitprognose in den ersten 5 Jahren
des Vertragsverhältnisses lasse keinen hinreichenden Schluss auf den Vertragswillen
bei Abschluss des Vertrages zu. Schließlich könne auch dem Umstand, dass der
Generalmietvertrag Teil des in dem Fondsprospekt dargestellten Sicherungspaketes
sei, keine entscheidende Bedeutung zugemessen werden. Es könne nämlich nicht
ausgeschlossen werden, dass die Parteien das Sicherungskonzept für den Fonds – sei
es bewusst oder unbewusst – tatsächlich abweichend von den Angaben im
Fondsprospekt gestaltet hätten.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin.
9
Sie rügt eine fehlerhafte Auslegung des Generalmietvertrags. Bereits aus dem Wortlaut
der Regelung in § 3 des Generalmietvertrages und der in Bezug genommenen Anlage
93 werde deutlich, dass die Parteien einvernehmlich von einem Anstieg der
geschuldeten Garantiemieten über die Laufzeit des Generalmietvertrages ausgegangen
seien. Ferner spreche die langjährig geübte Vertragspraxis und der Sinn und Zweck des
Generalmietvertrages als Teil des gemeinsam entwickelten Sicherungspaktes für den
Immobilienfonds für eine entsprechende Auslegung. Diese Aspekte habe das
Landgericht unter Verletzung des rechtlichen Gehörs der Klägerin übergangen. Für eine
Auslegung des Generalmietvertrages im Sinne der Klägerin spreche darüber hinaus
auch die Historie des klägerischen Fonds, da die Sicherung über den
Generalmietvertrag mit der Beklagten erst nachträglich in das Fondskonzept eingefügt
worden sei, und zwar in Anlehnung an das Konzept des kurze Zeit später aufgelegten
Fonds LBB Fonds 4. Dieser habe sich aufgrund der an der Langzeitprognose
orientierten Sicherung wesentlich besser vertreiben lassen als der klägerische Fonds.
Die nachträgliche Gestaltung des Sicherungskonzepts für den klägerischen Fonds
analog dem Konzept für den LBB Fonds 4 sei letztlich auf Initiative der Beklagten erfolgt,
die als Initiatorin des Fonds ein erhebliches Interesse an einem erfolgreichen Vertrieb
der Fondsanteile gehabt habe.
10
Die Klägerin beantragt,
11
die Beklagte unter Abänderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen, an
sie weitere 38.272,50 € nebst Zinsen i.H.v. 8 %-Pkt. über dem Basiszinssatz
aus j eweils 5.467,50 € seit dem 09,01., 09.02., 09.03., 09.04., 09.05., 09.06.
und 09.07.2005 zu zahlen.
12
Die Beklagte beantragt,
13
die Berufung zurückzuweisen.
14
Sie verteidigt das angefochtene Urteil mit näheren Ausführungen. Sie hält ferner an ihrer
Auffassung fest, dass die im Generalmietvertrag festgelegten Bedingungen für einen
Einbeziehung des streitgegenständlichen Objekts im Jahr 2005 nicht erfüllt gewesen
seien, da das Mietverhältnis mit der Fa. Q mangels wirksamer Kündigung noch bis Jahr
2009 bestanden habe. Der einvernehmliche Verzicht auf die im Vertrag vorgesehene
Verlängerung des Vertrages bei nicht rechtzeitiger Kündigung sei treuwidrig. Ferner sei
die Beklagte an einer isolierten Abrechnung der hier verlangten Generalmiete gehindert,
da es ständiger Vertragspraxis entsprochen habe, sämtliche Fondsimmobilien
gemeinsam im Jahresturnus abzurechnen.
15
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags zweiter Instanz wird auf die zur
Akte gereichten Schriftsätze Bezug genommen.
16
B.
17
Die Berufung der Klägerin ist zulässig und begründet.
18
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung weiterer Miete von
jeweils 5.467,50 € für die Monate Januar bis Juli 2005 aus § 535 Abs.2 BGB i.V.m. Teil
B § 9 des Generalmietvertrages vom 31.05.1995.
19
I.
20
Mit der Beendigung des Mietverhältnisses zwischen der Klägerin und der Fa. Q (als
Nachfolgerin der Fa. U) über die Mietfläche in dem Objekt J-Straße / G-Straße in D zum
31.07.2004 ist nach den in Teil B des Generalmietvertrages (GV) unter §§ 6 Nr.2, 7
getroffenen Vereinbarungen ein Mietverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten
über diese Mietfläche begründet worden.
21
1.
22
Die in Teil B § 7 GV genannte aufschiebende Bedingung i.S.d. § 158 Abs.1 BGB,
nämlich das Ende des in der Präambel des GV unter Ziffer 3.6.1. genannten
Mietverhältnisses zwischen der Klägerin und der Fa. Q (vormals Fa. U), ist zum
31.07.2004 eingetreten. Nach § 3 Abs.1 des Mietvertrages vom 20.12.1988 (MV) war
das Mietverhältnis befristet auf 15 Jahre ab Übernahme des Objekts. Die Übernahme
des Objekts erfolgte unstreitig zum 01. August 1989. Das Mietverhältnis endete daher
gemäß § 542 Abs.2 BGB zum 31.07.2004, ohne dass es des Ausspruchs einer
Kündigung bedurfte.
23
2.
24
Eine Verlängerung des Mietverhältnisses i.S.d. § 542 Abs.2 Nr.2 BGB lässt sich nicht
feststellen.
25
a)
26
Von der dem Mieter in § 3 Abs.2 MV eingeräumten (ersten) Verlängerungsoption hat die
Fa. Q keinen Gebrauch gemacht, vielmehr hat sie mit Schreiben vom 11.02.2004
(Anlage K 4) ausdrücklich erklärt, an einer Fortführung des Mietverhältnisses nicht
interessiert zu sein.
27
b)
28
Eine Verlängerung des Mietverhältnisses folgt entgegen der Ansicht der Beklagten auch
nicht aus der in § 3 Abs.3 MV getroffenen Regelung. Denn diese Klausel, nach der sich
das Mietverhältnis nach Ablauf der Mietzeit (einschließlich der Optionszeiträume)
jeweils um 5 Jahre verlängert, falls es nicht seitens einer Vertragspartei spätestens 12
Monate vor seiner Beendigung gekündigt wird, kommt beim Ablauf der Grundmietzeit
von 15 Jahren noch gar nicht zum Tragen.
29
Dies folgt schon aus dem Wortlaut der Regelung. Durch die Verwendung des
Klammerzusatzes "(einschließlich der Optionszeiträume)" wird nämlich zum Ausdruck
gebracht, dass mit "Ablauf der Mietzeit" der Ablauf der gesamten nach § 3 Abs.1 und 2
MV möglichen Mietzeit von 30 Jahren gemeint ist. Wäre eine automatische
Verlängerung der Mietzeit schon nach 15 Jahren gewollt gewesen, hätte es des
Klammerzusatzes überhaupt nicht bedurft. Außerdem bestehen nach dem Ablauf der
Grundmietzeit noch gar keine "Optionszeiträume ". Die Verwendung des Plurals bezieht
sich nach Auffassung des Senats eindeutig auf alle in § 3 Abs.2 MV geregelten
Optionen und nicht etwa nur auf einen oder etwaige Optionszeiträume.
30
Ein solches Verständnis der Reglung entspricht auch den beiderseitigen Interessen der
Mietvertragsparteien, denn nach einer Festmietzeit von 15 Jahren sollte die Mieterin –
augenscheinlich im Hinblick auf getätigte Investitionen und die wirtschaftliche
Bedeutung der Etablierung eines Standortes – über eine Fortführung des Vertrages für
insgesamt weitere 15 Jahre einseitig entscheiden können. Da ein Mietvertrag gemäß §
567 S.1 BGB a.F. (=544 s.1 BGB n.F.) nicht für eine längere Zeit als 30 Jahre
geschlossen werden kann, konnte eine Vertragsfortführung über die nach § 3 Abs.1 und
2 MV möglichen Optionszeiträume hinaus nur über eine Verlängerungsklausel, die
durch beiderseitige Kündigung verhindert werden konnte, erreicht werden.
31
Wie sich aus dem Schreiben vom 11.02.2004 ergibt, haben die Klägerin und die Fa. Q
die Regelung in § 3 Abs.3 MV auch übereinstimmend genau so verstanden und sind
davon ausgegangen, dass das Mietverhältnis nach Ablauf der Grundmietzeit mangels
Ausübung des Optionsrechts des Mieters ohne weiteres endet. Aufgrund dieser
Übereinstimmung wird man, selbst wenn man eine andere Auslegung des § 3 Abs.3 MV
bevorzugen wollte, mit Rücksicht auf die wechselseitig abgegebenen Erklärungen
jedenfalls von einer einvernehmlichen Beendigung des Mietverhältnisses zum
31.07.2004 ausgehen müssen. Entgegen der Auffassung der Klägerin läge hierin im
Hinblick auf den Generalmietvertrag keine treuwidrige Herbeiführung des
Bedingungseintritts (§ 162 Abs.2 BGB), da das Verständnis der Klägerin vom Inhalt der
Verlängerungsklausel in § 3 Abs.3 MV – wie gezeigt - jedenfalls vertretbar war.
32
II.
33
Die nach dem Generalmietvertrag geschuldete Miete ist aus der langfristig
prognostizierten Ertragsberechnung des klägerischen Fonds (S.38 f. des
Fondsprospektes, Anlage K 36) zu ermitteln. Nach der von der Klägerin in Anlage K 5
vorgelegten Berechnung, deren Richtigkeit die Beklagte nicht bestritten hat, beläuft sie
sich für das streitgegenständliche Objekt im Jahr 2005 auf monatlich 19.067,86 €. Die
Beklagte schuldet demnach über den bereits gezahlten Betrag hinaus weitere 5.467,50
€ pro Monat, insgesamt für die Monate Januar bis Juli 2005 also noch den
ausgeurteilten Betrag von 38.272,50 €.
34
1.
35
Zur Höhe des geschuldeten Mietzinses verweist Teil B § 9 GV auf einen dem Vertrag
als Anlage 93 beigefügten Objekt-/Mietspiegel. Bei dieser Anlage handelt es sich nach
übereinstimmendem Vortrag der Parteien um Kopien der Seiten 26 ff. des
Fondsprospektes der Klägerin (Anlage K 36). Zum streitgegenständlichen Objekt (U) ist
auf S.29 des Fondsprospektes als "Miete p.a. 1. vollst. Mietjahr" eine Nettomiete von
36
319.200,- DM (= 163.204,32 €) ausgewiesen. Dies entspricht einer monatlichen Miete
von 13.600,36 €. Diesen Betrag hat die Beklagte nach Rechtshängigkeit der Klage für
die streitgegenständlichen Monate Januar bis Juli 2005 gezahlt.
2.
37
Der auf den Seiten 26 ff. des Fondsprospekts als "Miete p.a. 1. vollst. Mietjahr"
ausgewiesene Betrag sollte freilich nach dem Inhalt des Vertrages nicht unverändert für
die gesamte Vertragslaufzeit als geschuldeter Mietzins gelten. Vielmehr dient er
lediglich als Basis einer Staffelmiete, die der langfristig prognostizierten
Ertragsberechnung des klägerischen Fonds (S. 38 f. des Fondsprospekts) folgt. Dies
ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus der gebotenen Auslegung der im
Generalmietvertrag getroffenen Regelungen nach Maßgabe der § 133, 157 BGB.
38
a)
39
Der Wortlaut der Vereinbarung lässt entgegen der Auffassung der Beklagten
keineswegs eindeutig darauf schließen, dass die nach dem Generalmietvertrag
geschuldete Miete über die gesamte Vertragslaufzeit unverändert bleiben sollte, so dass
für eine Auslegung kein Raum mehr bliebe. Vielmehr birgt schon der Wortlaut
Anhaltspunkte für die von der Klägerin vertretene und vom Senat geteilte Auslegung.
40
Teil B § 9 GV nennt selbst keinen bestimmten Betrag der geschuldeten Miete, sondern
bestimmt lediglich, dass sich diese "aus dem diesem Vertrag als Anlage 93 beigefügten
Objekt-/Mietspiegel" ergebe. Der Objekt-/Mietspiegel (S.26 ff. des Fondsprospektes)
weist für das streitgegenständliche Objekt eine Laufzeit des bestehenden Mietvertrages
von 15 Jahren aus, beziffert die Miete aber nicht für die gesamte Laufzeit, sondern
ausdrücklich nur für das "1. vollständige Mietjahr". Dies spricht für die Annahme einer
Staffelmiete, wobei allerdings der Index für die Mietsteigerung aus der Aufstellung auf
S.26 ff. des Fondsprospekts selbst nicht zu entnehmen ist.
41
Zieht man weitere im Generalmietvertrag enthaltene Bestimmungen hinzu, so fällt auf,
dass die in Teil B § 9 GV in Bezug genommene Anlage 93 in Teil B § 3 GV als
"Mieteinnahmerechnung" bezeichnet ist, was ebenfalls dafür spricht, dass es nicht um
einen fixen Betrag geht, sondern eben um eine "Berechnung" der geschuldeten Miete.
In Teil A § 3 Nr.6 GV ist ferner davon die Rede, dass in der in Bezug genommene
Anlage 93 auch ein als "Mietausfallwagnis" bezeichneter Betrag aufgeführt sei. Eine
solche Rubrik findet sich auf den S.26 ff. des Prospektes nicht, wohl aber gerade in der
Langzeitprognose auf den S. 38 f. des Fondsprospektes, in welchem die
Mietsteigerungen ausgewiesen sind. Dies spricht dafür, dass die dem
Generalmietvertrag beigefügte Anlage nicht nur die Angaben aus S. 26 ff. des
Fondsprospektes beinhaltete, sondern auch die Langfristprognose S. 38 f. des
Fondsprospekts.
42
b)
43
Sinn und Zweck des Generalmietvertrages war unstreitig die Absicherung der
kalkulierten Mieteinnahmen und somit des wirtschaftlichen Erfolgs des klägerischen
Immobilienfonds. Dieser Zweck wäre durch die Vereinbarung einer Miete bzw.
Mietgarantie, die für den gesamten Zeitraum von 25 Jahren nur in Höhe der für das erste
vollständige Mietjahr prognostizierten Mieteinnahmen besteht, eindeutig nicht zu
44
erreichen. Eine solche unzureichende Mietgarantie war weder im Interesse der Klägerin,
noch der Beklagten, die als Muttergesellschaft der Gründungskommanditistin und
Initiatorin der Klägerin am Erfolg des Immobilienfonds massive Eigeninteressen hatte.
In diesem Zusammenhang ist auch die Darstellung des Generalmietvertrages im
Fondsprospekt der Klägerin von Bedeutung, in dem mehrfach ausdrücklich erwähnt ist,
dass die im Generalmietvertrag vereinbarte Miete den in der langfristig prognostizierten
Ertrags-/Liquiditätsberechnung des Fonds dargestellten Mieteinnahmen entspricht (S.
31, 40, 47 des Fondsprospektes). Soweit das Landgericht hierzu ausführt, es könne
nicht ausgeschlossen werden, dass die Umsetzung der Absicherung durch den
Generalmietvertrag tatsächlich - bewusst oder unbewusst – in geringerem Umfang
erfolgt sei, als im Prospekt angepriesen, überzeugt dies nicht. Eine solche
Vorgehensweise wäre für die Beklagte mit einem ganz erheblichen Risiko
einhergegangen, da zumindest ihre Tochtergesellschaft als Gründungsgesellschafter
und Initiatorin für den Prospektfehler haftbar wäre und nach Maßgabe der "Hintermann-
Rechtsprechung" des BGH (vgl. etwa BGH NJW 1979, 718, 2001, 436; NJW-RR 2006,
610) auch eine Prospektverantwortlichkeit der Beklagten selbst nicht auszuschließen
wäre. Dass die Beklagte ein solches Risiko eingegangen wäre, erscheint dem Senat
sehr unwahrscheinlich.
45
c)
46
Das unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der Vereinbarung erlangte
Auslegungsergebnis wird bei Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte des
Generalmietvertrages, zu der die Klägerin mit Schriftsatz vom 12.11.2010 ausführlich
ergänzend vorgetragen hat und deren Richtigkeit die Beklagte auch innerhalb der ihr
hierzu gewährten Schriftsatzfrist nicht bestritten hat, noch einmal unterstrichen.
47
Nach der in sich schlüssigen und nachvollziehbaren Schilderung der Klägerin, die
durch Bezugnahme auf die erste Auflage des Fondskonzeptes, Anlage K 32, die
Beschlussvorlage zur Aufsichtsratsitzung der Beklagten vom 22.05.1995, Anlage K 34
und das Protokoll der Gesellschafterversammlung der Klägerin vom 30.06.1995
substantiiert und gestützt wird, ist die Absicherung des klägerischen Fonds durch
Abschluss des Generalmietvertrages auf Initiative der Beklagten erfolgt, die sich aus
einer Absicherung analog dem Nachfolgefonds LBB 4 (Anlage K 33) eine deutlich
bessere Vermarkungschance versprach.
48
Dass die Bezugnahme auf die Werte der Langfristprognose beim Generalmietvertrag
zum Fonds LBB 4 anders als hier ausdrücklich in einem Nachtrag festgehalten wurde
und auch in Generalmietverträgen zu später aufgelegten Fonds die Staffelung anhand
der prognostizierten Mieten ausdrücklich festgehalten wurde, lässt den Umkehrschluss,
dass im hier geltenden Generalmietvertrag etwas anderes gewollt war, entgegen der
Auffassung der Beklagten nicht zu.
49
d)
50
Auch die von der Beklagten in den Anfangsjahren (1995 bis 2000) widerspruchslos
akzeptierte Abrechnungspraxis unter erkennbarer Zugrundelegung der Werte der
Langfristprognose hat zumindest Indizwert zugunsten der von der Klägerin vertretenen
Auslegung. Sie rundet das bisherige Auslegungsergebnis ab. Soweit die Klägerin ab
dem Jahr 2001 ihren Abrechnungen andere Werte zugrundegelegt hat, hat sie dies
51
schlüssig damit erklärt, dass sie damit lediglich den aufkommenden Streifragen um die
Abrechnung entgehen wollte. Dies lässt aber keine Rückschlüsse auf den Inhalt der
ursprünglichen Vereinbarung zu.
III.
52
Der Anspruch auf Zahlung des noch offenen Mietzinses ist schließlich auch
uneingeschränkt durchsetzbar. Die von der Beklagten geltend gemachten
Einwendungen gegen die isolierte Geltendmachung des Generalmietzinses bezüglich
einzelner Fondsimmobilien greifen nicht durch.
53
Gemäß der Regelung in Teil A § 3 Nr.3 GV ist der Mietzins monatlich im Voraus bis zum
08. Tage eines Kalendermonats auf das von der Vermieterin angegebene Bankkonto zu
errichten. Für eine Gesamtabrechnung als Voraussetzung für die Geltendmachung
einzelner Ansprüche finden sich im Generalmietvertrag keine Anhaltspunkte. Eine
jährliche Gesamtabrechnung schreibt der Vertrag alleine bezüglich der – über die
Generalmiete hinausgehenden – Mietzinsmehrerlöse vor (vgl. Teil A § 3 Nr.6 a GV).
Diesbezüglich macht die jährliche Gesamtabrechnung wegen der in lit b der genannten
Vorschrift vorgesehenen Verrechnungsmöglichkeiten mit Mietzinsmindererlösen auch
Sinn. Die Abrechnung der vereinbarten Generalmieten bleibt hiervon aber unberührt, da
keine Befugnis zur Verrechnung mit den Generalmieten besteht. Diesbezüglich gilt
vielmehr das Aufrechnungsverbot gemäß Teil A § 3 Nr.4 Abs.2 GV.
54
Dafür, dass durch die faktische Abrechnung der Generalmietzinsen am Jahresende eine
bindende konkludente Vertragsänderung zustande gekommen wäre, fehlen
hinreichende Anhaltspunkte. Zudem wäre die Klägerin jedenfalls aufgrund der
Erfüllungsverweigerung der Beklagten zur Kündigung einer etwaig konkludent
getroffenen Abrechnungsvereinbarung berechtigt.
55
IV.
56
Der Zinsanspruch ist begründet aus §§ 280 Abs.1, Abs.2, 286 Abs.1, Abs.2 Nr.1, 288
Abs.2 BGB. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung zur
vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr.10, 711 ZPO.
57