Urteil des OLG Hamm vom 23.12.2004

OLG Hamm: quittung, hypothek, eigentümer, grundbuchamt, hof, verfügungsberechtigung, zwischenverfügung, rückzahlung, aufwand, bauer

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Vorinstanz:
Oberlandesgericht Hamm, 15 W 372/04
23.12.2004
Oberlandesgericht Hamm
15. Zivilsenat
Beschluss
15 W 372/04
Landgericht Bochum, 7 T 158/04
Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Wert des Verfahrens wird – insoweit in Abänderung der
Entscheidung des Landgerichts – für das Verfahren der ersten und der
weiteren Beschwerde auf je 3.000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Wegen des Sachverhalts nimmt der Senat Bezug auf die nicht ergänzungsbedürftige
Sachverhaltsdarstellung in dem angefochtenen Beschluss.
Das Rechtsmittel der Beteiligten zu 1) bis 4) ist nach §§ 78, 80 GBO statthaft, formgerecht
eingelegt und auch im übrigen zulässig. Die Beschwerdeführer sind zur Einlegung des
Rechtsmittels berechtigt, weil ihre erste Beschwerde ohne Erfolg geblieben ist (vgl. Kuntze
in KEHE, Grundbuchrecht, 5. Aufl., § 78 Rn. 27).
Das Rechtsmittel ist jedoch unbegründet, weil die angefochtene Entscheidung nicht auf
einer Verletzung des Rechts beruht, § 78 GBO.
Die Löschung von Grundpfandrechten durch das Grundbuchamt hat neben der
Zustimmung des Eigentümers des Grundstücks (§ 27 Satz 1 GBO) gemäß § 19 GBO die
Bewilligung der Löschung durch den Gläubiger und etwaigen Drittberechtigten (Demharter,
GBO, 23. Aufl., § 27 Rn. 20) zur Voraussetzung. Erklärt sich, wie hier, ein
Hypothekengläubiger in der Löschungsbewilligung für befriedigt, so ist die Bewilligung als
solche bedeutungslos, weil die Hypothek infolge der Befriedigung des Gläubigers auf den
Eigentümer (§§ 1143 Abs. 1, 1163 Abs. 1 Satz 2, 1172 Abs. 1, 1173 BGB), den
persönlichen Schuldner (§§ 1164, 1174 BGB) oder einen Dritten (§§ 1150, 774 BGB)
übergegangen ist (ganz h.M. KG DNotZ 1954, 471; Rpfleger 1965, 366; LG Aachen
Rpfleger 1985, 489; Demharter, a.a.O., § 27 Rn. 21 m.w.N.; Bestelmeyer in Meikel, GBO,
9. Aufl., § 27 Rn. 62; Palandt/Bassenge, BGB, § 1144 Rn. 4; MünchKom/Eickmann, BGB,
4. Aufl., § 1144 Rn. 15).
Unrichtig ist die Auffassung der Rechtsbeschwerde, für die Berechtigung der
Grundpfandrechtsgläubigerin zur Erteilung der Löschungsbewilligung spreche deren
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Voreintragung und die Vermutung des § 891 BGB, weil sie im Besitz des
Hypothekenbriefes gewesen sei. Die Vermutung der Rechtsinhaberschaft ist nämlich
widerlegt, wenn – wie hier – feststeht, dass der eingetragene Hypothekengläubiger
befriedigt ist.
Bedeutung kann die Löschungsbewilligung des Gläubigers jedoch als sog.
löschungsfähige Quittung für den Nachweis des Gläubigerrechts dann erlangen, wenn sie
den Zahlenden bezeichnet (Demharter, a.a.O., § 27 Rn. 21; Kohler in Bauer/von Oefele,
GBO, § 27 Rn. 22; Munzig in KEHE, a.a.O., § 27 Rn. 24). Dies ist indes vorliegend nicht
geschehen. Der Wortlaut der mit "Quittung und Löschungsbewilligung" überschriebenen
Erklärung
"Hiermit bekennen wir, hinsichtlich der Forderung aus dieser Hypothek an Kapital, Zinsen,
Verwaltungskostenbeitrag und sonstigen Beirechten befriedigt zu sein, quittieren über die
erfolgte Rückzahlung und bewilligen die Löschung der oben näher bezeichneten Hypothek
überall im Grundbuch"
lässt den Zahlenden völlig offen und ist einer – an sich zulässigen – Auslegung nicht
zugänglich. Eine Vermutung, dass der jetzige Eigentümer gezahlt hat, besteht nicht
(Demharter, a.a.O., § 27 Rn. 21; Palandt/Bassenge, a.a.O. Rn. 6).
Der Auffassung, dass in den Fällen, in denen der Hypothekengläubiger den Zahlenden
nicht benennt, davon auszugehen sei, dass er lediglich eine Löschungsbewilligung erteilen
wollte (LG Hof Rpfleger 1982, 174.; Haegele/Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 11. Aufl.,
Rn 2732), vermag der Senat in Übereinstimmung mit den Vorinstanzen nicht zu folgen, weil
sie sich – jedenfalls in Fällen der vorliegenden Art – mit dem eindeutigen Wortlaut der
Erklärung, mit der eine "Quittung und Löschungsbewilligung" erteilt werden sollte, in
Widerspruch setzt, und der Gläubigerin nach dem Inhalt dieser Erklärung keine
Verfügungsberechtigung mehr zusteht. Hierüber darf sich das Grundbuchamt nicht
hinwegsetzen.
Die Entscheidung über die Festsetzung des Gegenstandswertes für das Verfahren der
weiteren Beschwerde beruht auf den §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 1, 31 Abs. 1 KostO. Dabei war
entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht an dem Nennbetrag der Grundpfandrechte
anzuknüpfen, sondern an dem Aufwand, der zur Beseitigung des in der Zwischenverfügung
bemängelten Hindernisses erforderlich ist. Diesen schätzt der Senat mangels näherer
Anhaltspunkte entsprechend dem Regelwert auf 3.000 €. Dementsprechend war auch die
landgerichtliche Wertfestsetzung abzuändern.