Urteil des OLG Hamm vom 14.03.2017

OLG Hamm (internationale zuständigkeit, beschwerde, ehefrau, anfechtbare verfügung, erklärung, staatsangehörigkeit, namensrecht, eintragung, person, essen)

Oberlandesgericht Hamm, 15 W 321/77
Datum:
03.11.1977
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
15. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
15 W 321/77
Vorinstanz:
Landgericht Essen, 7 T 352/75
Tenor:
Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Beschluß des Amtsgerichts Essen vom 23. Juli 1975 wird jedoch
wie folgt gefaßt:
Der Standesbeamte des Standesamts ... wird angewiesen, im
Familienbuch ... des Standesamts ... den in Spalte 10 eingetragenen
Vermerk vom 24. Mai 1974 durch Beischreibung folgenden Vermerks zu
berichtigen:
Die Frau führt durch Erklärung bei der Eheschließung den Ehenamen
"..." nach deutschen Recht. Ihre Vornamen lauten ... (persönlicher Name
und Zwischennamen ägyptischen Rechts).
Der Wert des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf
5.000,- DM festgesetzt.
Gründe:
1
Die Beteiligte zu 1) ist ägyptische Staatsangehörige. Ihr Geburtsname setzte sich aus
dem Vornamen ..., den Zwischennamen ... (Vorname des Vaters und Vorname des
Großvaters) und dem Familiennamen ... zusammen. Am 24. Mai 1974 hat die Beteiligte
zu 1) den deutschen Staatsangehörigen ... den Beteiligten zu 2), in ... geheiratet. Sie hat
an diesem Tage eine Erklärung über die Ehenamensführung nach deutschem Recht
gemäß § 190 Abs. 3 der Dienstanweisung für die Standesbeamten und ihre
Aufsichtsbehörden vom 16. April 1968 (DA) folgenden Inhalts abgegeben: "Bevor ich
den Heiratseintrag unterschreibe, erkläre ich, daß ich den Ehenamen nach deutschem
Recht annehme."
2
Im Heiratseintrag Nr. 245/1974 des Standesamts ... sind alle drei Namensbestandteile
der Beteiligten zu 1) aufgeführt. Sie hat diesen Eintrag mit dem Namen "..."
unterschrieben. In Spalte 2 des Familienbuches sind ebenfalls alle Bestandteile des
Geburtsnamens eingetragen. Spalte 10 des Familienbuches enthält unter der
Überschrift "Weitere Vermerke über die Ehegatten und die Kinder" folgenden Zusatz:
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"Die Frau führt durch Erklärung bei der Eheschließung den Ehenamen "..." nach
deutschem Recht, nur den Vornamen "..." und nicht die Zwischennamen "..."."
Bereits während der Verlöbniszeit der Beteiligten zu 1) und 2) hatte der Beteiligte zu 3)
mit Schreiben vom 19. April 1974 im Hinblick auf die bevorstehende Heirat beim
Amtsgericht Essen begehrt, den Standesbeamten des Standesamt ... - wie folgt
anzuweisen:
4
"1)
5
Der Zwischenname der Frau ist in allen Personenstandsbüchern einzutragen, wenn sie
keine Erklärung nach § 190 Abs. 3 DA abgibt.
6
2)
7
Der Zwischenname ist zunächst nur im Heiratseintrag einzutragen. Soweit die Frau bei
der Eheschließung eine Erklärung nach § 190 Abs. 3 DA abgegeben hat, ist bei
weiteren Personenstandsbeurkundungen nach deutschem Namensrecht zu verfahren.
Die Zwischennamen werden somit nicht mehr eingetragen."
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Zur Begründung hatte der Beteiligte zu 3) im wesentlichen vorgetragen, daß die
Beteiligte zu 1) mit ihrer Erklärung gemäß § 190 Abs. 3 DA voll in das deutsche
Namensrecht eingetreten sei, das keine Zwischennamen kenne. In diesen Verfahren
waren vom Amtsgericht ein Gutachten vom 20. Mai 1974 nebst Nachtragsgutachten vom
6. Dezember 1974 des Instituts für Rechtsvergleichung der Universität München
eingeholt worden.
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Nach der Heirat der Beteiligten zu 1) und 2) in Marl, ihrem Wohnsitz, und Vollziehung
der Eintragungen im Familienbuch hat der Beteiligte zu 3) mit Schreiben vom 4. Juli
1975 auf die vorliegenden Gutachten verwiesen, wonach die Zwischennamen ... mehr
den Vornamen zuzuordnen seien, und beim Amtsgericht Essen gemäß § 47 PStG
beantragt, die Löschung des zweiten Halbsatzes des Vermerks in Spalte 10 des
Familienbuches vom 24. Mai 1974 anzuordnen. Die Berichtigung ist antragsgemäß
durch Beschluß des Amtsgerichts Essen vom 23. Juli 1975 ausgesprochen worden.
Gegen diese Entscheidung hat der Beteiligte zu 3) mit Schreiben vom 30. Juli 1975 zur
Herbeiführung einer höchstrichterlichen Entscheidung sofortige Beschwerde eingelegt,
da nicht feststehe, ob die Zwischennamen ... den deutschen Vornamen oder dem
Familiennamen zuzuordnen seien. Das Landgericht hat durch Beschluß vom 14. Juli
1977 die sofortige Beschwerde zurückgewiesen, weil davon auszugehen sei, daß die
dem deutschen Recht fremden Zwischennamen den deutschen Vornamen näher
stünden als den Familiennamen. Gegen die landgerichtliche Entscheidung richtet sich
die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 3) vom 10. August 1977.
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Gegen die Entscheidung des Landgerichts ist die weitere Beschwerde statthaft (§§ 27
FGG, 48 Abs. 1 PStG). Die Vorschriften des Personenstandsgesetzes und des Gesetzes
über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit sind hier deshalb
anzuwenden, weil deutsche Gerichte von deutschem Verfahrensrecht auszugehen
haben und zum anderen der Gegenstand des Personenstandsverfahrens dies gebietet
(BayObLG, FamRZ 1972, 262). Die weitere Beschwerde ist nach § 29 Abs. 2 FGG eine
sofortige, wenn - wie hier - das Amtsgericht eine nach § 49 Abs. 1 PStG mit der
sofortigen Beschwerde anfechtbare Verfügung erlassen und das Landgericht die
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Beschwerde zurückgewiesen hat (Jansen, FGG, 2. Aufl., Rz. 2 zu § 70 FGG a.F.). Das
von dem Beteiligten zu 3) fristgerecht eingelegte Rechtsmittel wahrt die Form des § 29
Abs. 1 S. 3 FGG. Die für das betroffene Standesamt zuständige Aufsichtsbehörde besitzt
die Behördeneigenschaft im Sinne dieser Bestimmung und kann daher ohne Mitwirkung
eines Rechtsanwalts weitere Beschwerde einlegen (Pfeiffer/Strickert, PStG, Rz. 9 zu §
49 PStG). Der Beteiligte zu 3) ist auch, beschwerdeberechtigt. Denn einem
Beschwerdeführer steht stets ein Beschwerderecht für die Einlegung der weiteren
Beschwerde zu, wenn seine erste Beschwerde - aus welchem Grunde auch immer -
ohne Erfolg geblieben ist (OLG Köln, OLGZ 1971, 94; Jansen, Rz. 8 zu § 27 FGG;
Keidel/Winkler, FGG, 10. Aufl., Rz. 10 zu § 27 FGG).
Das somit zulässige Rechtsmittel ist jedoch unbegründet, weil die
Beschwerdeentscheidung nicht auf einer Verletzung des Gesetzes beruht (§ 27 FGG).
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Mit Recht hat das Landgericht die erste Beschwerde des Beteiligten zu 3), die
fristgerecht eingelegt worden war (§§ 49 Abs. 1 S. 1 PStG, 22 Abs. 1 FGG), als zulässig
angesehen. Der Beteiligte zu 3) war beschwerdebefugt, obwohl das Amtsgericht seinem
Berichtigungsantrag, zu dem er nach § 47 Abs. 2 S. 1 PStG berechtigt war, stattgegeben
hatte. Der Aufsichtsbehörde steht nämlich gemäß § 49 Abs. 2 PStG ein
Beschwerderecht in jedem Falle zu, und zwar auch dann, wenn der von ihr selbst
gestellte Antrag Erfolg gehabt hat (BGH, FamRZ 1965, 311, 312; Jensen, Rz. 4 zu § 70
FGG a.F.; Massfeller/Hoffmann, PStG, Rz. 12 zu § 49 PStG; Pfeifer/Strickert, Rz. 9 zu §
49 PStG). Es genügt das öffentliche Interesse, durch eine obergerichtliche Entscheidung
die Klärung einer Rechtsfrage herbeizuführen. Dabei kann die Aufsichtsbehörde ihren
Standpunkt im Laufe des Verfahrens nach erneuter Erwägung auch wechseln.
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Das Landgericht hat der ersten Beschwerde der Aufsichtsbehörde den Erfolg versagt.
Das unterliegt keinen rechtlichen Bedenken.
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Die Vorinstanz hat die internationale Zuständigkeit des nach § 50 Abs. 1 PStG in
Verbindung mit der nordrhein-westfälischen Verordnung vom 22. Oktober 1957 (GV NW
S. 277) und der vom 22. November 1974 (GV NW S. 1490) für das
Berichtigungsverfahren des § 47 PStG örtlich und sachlich zuständigen Amtsgerichts
Essen bejaht, ohne dies näher zu begründen. Das ist aber im Ergebnis unschädlich. Die
im deutschen Verfahrensrecht vorgesehene Mitwirkung der örtlichen Gerichte bei der
Führung der Personenstandsbücher begründet zugleich deren internationale
Zuständigkeit, falls die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen einer gerichtlichen
Tätigkeit, wie sie sich aus dem Personenstandsgesetz ergeben, vorliegen (BayObLG,
FamRZ 1972, 262; Keidel/Winkler, Rz. 8 a zu § 69 FGG a.F.). Diese Voraussetzungen
sind hier gegeben.
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Gemäß § 47 Abs. 1 S. 1 PStG kann ein abgeschlossener Eintrag nur auf Anordnung des
Gerichts berichtigt werden, wenn - wie hier - keine Befugnis des Standesbeamten zur
selbständigen Berichtigung nach den §§ 46, 46 a und 46 b PStG gegeben ist.
Gegenstand des gerichtlichen Berichtigungsverfahrens sind Eintragungen in allen vier
Personenstandsbüchern, mithin auch in dem durch das Änderungsgesetz vom 18. Mai
1957 (BGBl. I S. 518) neu geschaffenen Familienbuch der §§ 12 ff. PStG
(Pfeiffer/Strickert, Rz. 2 zu § 47 PStG), dessen Eintragungen dieselbe Beweiskraft
haben wie die Eintragungen in den übrigen Personenstandsbüchern (§ 60 PStG). Ein
Berichtigungsantrag der Aufsichtsbehörde liegt vor (§ 47 Abs. 2 S. 1 PStG). Berichtigung
ist die nachträgliche Änderung des. Wortlauts einer - durch die Unterschrift des
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Standesbeamten (§ 46 Abs. 1 PStG) - abgeschlossenen Eintragung durch
Richtigstellung einer von Anfang an bestehenden Unrichtigkeit (BayObLG, FamRZ
1972, 262; Jansen, Rz. 19 zu § 69 FGG a.F.; Pfeiffer/Strickert, Rz. 4 zu § 47 PStG). Eine
Berichtigung ist demnach auch veranlaßt, wenn bei der Eintragung eines nach §§ 1355
BGB a.F., 190 Abs. 3 DA gebildeten Familiennamens der ausländischen Ehefrau eines
Deutschen zusätzlich unrichtig vermerkt wird, daß die Ehefrau bestimmte
Namensbestandteile ihres Heimatrechts (Zwischennamen) nicht mehr führe. Ein nach
dem ausländischen Recht geführter Zwischenname (Name des Vaters oder Großvaters)
ist entsprechend der Zweckbestimmung des Personenstandsrechts, den vollen
bürgerlichen Namen auszuweisen, in die deutschen Personenstandsbücher und -
urkunden einzutragen (BGH, StAZ 1971, 250), wenn er durch die Eheschließung nicht
berührt worden ist. Das ist hier der Fall. Rechtsfehlerfrei ist insoweit die Feststellung des
Landgerichts, daß der Vermerk in Spalte 10 des Familienbuches ... in seinem zweiten
Halbsatz, die Frau führe nur den Vornamen "..." und nicht die Zwischennamen
"..."unrichtig sei.
Für die Entscheidung, ob eine solche Unrichtigkeit zu bejahen ist, bedurfte es zunächst
der Klärung, welches Recht für die Namensführung der Ehegatten maßgebend ist. Das
hängt von ihrer Staatsangehörigkeit ab. Der Ehemann besitzt die deutsche, die Ehefrau
die ägyptische Staatsangehörigkeit. Die Ehefrau hat die deutsche Staatsangehörigkeit
nicht erworben. Nach der seit dem 1. Januar 1970 geltenden Fassung des Reichs- und
Staatsangehörigkeitsgesetzes vom 22. Juli 1913 soll die Ehefrau eines Deutschen auf
ihren Antrag unter bestimmten Voraussetzungen eingebürgert werden, wenn sie ihre
bisherige Staatsangehörigkeit verliert oder aufgibt (§ 9 RuStAG in der Fassung des
Gesetzes vom 8. September 1969; BGBl. I S. 1581). Von dieser Möglichkeit einer
Einbürgerung hat die Beteiligte zu 1) erkennbar keinen Gebrauch gemacht. Ihre
ägyptische Staatsangehörigkeit hat sie nach ägyptischen Recht nicht verloren, da diese
Rechtsfolge für eine ägyptische Frau bei Heirat eines Ausländers nicht eintritt, es sei
denn, daß sie bei Eingehung der Ehe oder während der Dauer der Ehe erklärt hat,
gemäß dem Heimatrecht ihres Ehemannes dessen Staatsangehörigkeit erwerben zu
wollen (Art. 19 des Staatsangehörigkeitsgesetzes Nr. 82 von 1958, geändert durch
Gesetz Nr. 282 vom 21. Dezember 1959; vgl. Bergmann/Ferid, Internationales Ehe- und
Kindschaftsrecht, 5. Aufl., "Ägypten", Seiten 2 ff.). Eine solche Erklärung liegt, wie
bereits ausgeführt worden ist, nicht vor.
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Das internationale Privatrecht beantwortet die Frage, ob sich die Namensführung der
Beteiligten zu 1) nach ihrer Eheschließung nach deutschem oder nach ägyptischen
Recht richtet. Nach dem vom deutschen Gericht anzuwendenden deutschen
internationalen Privatrecht (Beschluß des Senats vom 20. August 1970 - 15 W 224 und
225/69 - = FamRZ 1970, 658) gilt für das Namensrecht einer Person grundsätzlich das
Personalstatut mit Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit, mithin das Heimatrecht des
Namensträgers (BGH, FamRZ 1971, 426, 427; Senat, a.a.O.). Das gilt aber nicht
ausnahmslos. Es bleibt nämlich außerdem zu prüfen, welche Wirkung familienrechtliche
Vorgänge, etwa die Eheschließung, auf die Namensführung der Ehepartner haben. Hier
entsteht das Problem, ob das Personalstatut weiter maßgebend bleibt, oder ob an das
für familienrechtliche Verhältnisse geltende Statut anzuknüpfen ist. Für die Frage einer
Namensänderung der Frau infolge der Eheschließung bedeutet das, ob das
Personalstatut dem sogenannten Ehewirkungsstatut den Vorrang einzuräumen hat, das
heißt dem Recht, auf das für die Beurteilung der persönlichen Rechtsbeziehungen der
Ehegatten zueinander verwiesen wird (Art. 14 EGBGB).
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In seinem Beschluß vom 12. Mai 1971 (- IV ZB 52/70 - = BGHZ 56, 193 = FamRZ 1971,
426 = NJW 1971, 1516 = StAZ 1971, 216) hat der Bundesgerichtshof die
Lösungsversuche eingehend dargestellt. Er hat mit zahlreichen Belegen auf die in der
Rechtsprechung bis dahin herrschende und auch im Schrifttum weitgehend vertretene
Ansicht hingewiesen, nach der für die Beantwortung der Frage nicht die
namensrechtliche, sondern allein die die Ehewirkungen regelnde Kollisionsnorm des
Art. 14 EGBGB maßgebend sei. Er hat die bei staatsbürgerlichen Mischehen
auftauchenden Schwierigkeiten geschildert, da Art. 14 EGBGB nichts darüber
bestimme, welches Recht gelten solle, wenn die Ehegatten keine gemeinsame
Staatsangehörigkeit besitzen, und die in Literatur und Rechtsprechung
herausgearbeiteten Lösungswege eingehend dargestellt. Der Bundesgerichtshof hat
sodann mit den entsprechenden Nachweisen eine andere im Schrifttum vertretene
Meinung erörtert, die im Hinblick auf diese Unzulänglichkeiten das Personalstatut allein
bestimmend dafür sein lassen wollte, ob sich der Name der Ehefrau mit der
Eheschließung ändere.
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Der Bundesgerichtshof hat ... einen neuen Weg aufgezeigt, der eine Synthese der
beiden vorstehend skizzierten Grundauffassungen darstellt. Danach betreffe die
Änderung des Namens der Frau durch die Eheschließung nicht nur die persönlichen
Rechtsbeziehungen der Ehegatten, sondern enthalte auch ein wesentliches
namensrechtliches Element, was zu einer Doppelqualifikation mit der Folge einer
Verweisung auf Personal- und Ehewirkungsstatut führen müsse. Die daraus folgende
Normenhäufung zwinge den Richter, bei staatsbürgerlichen Mischehen im Wege der
Anpassung durch Modifikation der in Betracht kommenden Kollisionsnormen die
sachgerechte Kollisionsregelung zu finden. Das Personalstatut habe hierbei vorrangige
Bedeutung, weil es vermeide, daß eine Person gegen ihren Willen einen von ihrem
Heimatrecht abweichenden kamen führen müsse, und weil es den in Art. 3 Abs. 2 GG
niedergelegten Gleichberechtigungsgrundsatz in bestmöglicher Form verwirkliche. Eine
überzeugende Lösung müsse aber auch berücksichtigen, daß die Namensänderung
durch Eheschließung auch die persönlichen Rechtsbeziehungen der Ehegatten
angehe. Das Personalstatut sei durch das Ehewirkungsstatut sinnvoll dadurch zu
ergänzen, daß dem Gesichtspunkt der Umweltbezogenheit des Namens Rechnung
getragen werde. Bei staatsbürgerlichen Mischehen müsse der Ehefrau daher ein
Wahlrecht derart zugestanden werden, daß diese berechtigt sei, statt des für sie nach
ihrem Heimatrecht geltenden Namens den nach dem Ehewirkungsstatut in Betracht
kommenden Namen anzunehmen. Das Ehewirkungsstatut sei jedoch weder das
Mannesrecht, noch gelte die Lehre vom schwächeren Recht, vielmehr sei an den
gewöhnlichen Aufenthalt der Eheleute anzuknüpfen.
20
Der Senat stimmt dieser auf seine Vorlage hin ergangenen Entscheidung des
Bundesgerichtshofs zu, die eine ausgewogene Lösung des Problems darstellt und den
Belangen der betroffenen Frauen, ihrer höchstpersönlichen Entscheidung den Vorrang
einräumt. Diese Ansicht hat in der Rechtsprechung Zustimmung erfahren (BayObLG,
FamRZ 1972, 262; OLG Hamburg, FamRZ 1972, 505; OLG Köln, StAZ 1975, 277; OLG
Saarbrücken, StAZ 1977, 198; AG Hamburg, FamRZ 1972, 464; so auch im Schrifttum;
Erman/Marquordt, BGB, 6. Aufl., Rz. 10 zu Art. 14 EGBGB; Palandt/Heldrich, BGB, 36.
Aufl., Anm. 4 c zu Art. 14 EGBGB; weitgehend zustimmend: Neuhaus, RabelsZ 35, 748;
Wengler, NJW 1972, 1001; neutral: Buchholz, LM Nr. 2 zu Art. 14 EGBGB) und ist die
Grundlage für die Neufassung von § 190 Abs. 3 DA geworden (vgl. Beilage zum
Bundesanzeiger Nr. 215 vom 19. November 1971). Vertreter des Schrifttums haben sie
kritisiert (Hoffmann, StAZ 1972, 1, 3; Schmitz, NJW 1972, 988; Sturm, FamRZ 1973,
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394). Die in dieser Kritik vorgeschlagenen anderen Lösungen (Schmitz: Geltung des
Ehewirkungsstatuts, Anknüpfung an das Heimatrecht des Mannes; Sturm: Geltung des
Ehewirkungsstatuts, bei staatsbürgerlicher Mischehe nach der sog. Kegel schen Leiter
Anknüpfung an das Recht des Landes, in dem beide Ehegatten sich gewöhnlich
aufhalten würden im vorliegenden Falle zu keinem anderen Ergebnis führen, da die
ausländische Ehefrau gemäß § 190 Abs. 3 DA erklärt hat, den Ehenamen nach
deutschen Recht anzunehmen.
Die ägyptische Ehefrau konnte demnach - wie sie es getan hat - durch eine in
entsprechender Anwendung von § 1355 S. 2 BGB a.F. abgegebene Erklärung den sich
aus § 1355 S. 1 BGB a.F. ergebenden Ehenamen wählen. Nach den zutreffenden
Ausführungen des Landgerichts konnte die Beteiligte zu 1) durch diese Ausübung des
Wahlrechts wohl über ihren ägyptischen Familiennamen disponieren, nicht aber über
die Zwischennamen ihres Heimatrechts. Die Beteiligte zu 1) hat daher neben ihrem
Mädchennamen ... der ohnehin durch den Mannesnamen nur verdrängt worden ist, nicht
die Namensbestandteile ... verloren. Denn diese Zwischennamen stehen unter
Beachtung des ägyptischen Heimatrechts der Namensträgerin den Vornamen im Sinne
des deutschen Rechts näher als den Familiennamen. Der Senat schließt sich insoweit
der Auffassung der Vorinstanzen an, die auf den beiden Gutachten des Instituts für
Rechtsvergleichung der Universität München beruht und die, wie die nachfolgenden
Ausführungen zeigen, von Will (StAZ 1974, 291 ff.) ausführlich und überzeugend
begründet worden ist (im Ergebnis so auch: Bachmann, StAZ 1962, 286, 287; Gundrum,
StAZ 1973, 149; Hoffmann, StAZ 1972, 3):
22
Die traditionelle Namensordnung der arabischen Länder kennt keine festen
Familiennamen, die von Generation zu Generation fest weitergereicht werden, sondern
nur den persönlichen Namen (= ism), der gewöhnlich vom Vater ausgewählt wird und
aus mehreren aneinandergereihten Einzelnamen bestehen kann. Angesichts des
beschränkten Namensvorrats ist es aber seit altersher üblich, das Kind - auch die
Tochter - zusätzlich mit den persönlichen Namen des Vaters und häufig auch des
Großvaters sowie gelegentlich weiterer Ahnen der väterlichen Linie zu benennen (=
nasab). In jeder folgenden Generation fällt dann der Name des nunmehrigen
Großvaters, manchmal auch - unter Beibehaltung der Namen früherer Vorfahren - der
Name des Vaters, fort. Diese Tradition besteht auch heute noch und hat Niederschlag in
einigen ägyptischen Gesetzen gefunden (vgl. Art. 22 Nr. 1 des Gesetzes Nr. 114/1946
über die Grundstücks- und Urkundsämter und Art. 9 Nr. 5 der Ausführungsverordnung
zum Gesetz Nr. 68/1947 über die Standesämter).
23
Seit langer Zeit werden in Ägypten auch Familiennamen gebraucht, die durch
Generationen hindurch zur vollständigen Bezeichnung der Person gehören, den
Schlußbestandteil des vollständigen Namens bilden und deren Annahme jedem
Ägypter durch Art. 38 des Zivilgesetzbuches vom 16. Juli 1948 zur Pflicht gemacht
worden ist, wenn auch ein nach Art. 39 ZGB über Erwerb und Änderung des
Familiennamens zu erlassendes besonderes Gesetz später nicht ergangen ist. Nach
Art. 38 ZGB hat jede Person einen persönlichen Namen und einen Familiennamen; der
Familienname der Person (d.h. des Vaters) gilt auch für ihre Kinder. Art. 18 Nr. 2 des
Personenstandsgesetzes Nr. 260/1960 setzt als selbstverständlich voraus, daß für jedes
zur Eintragung in das Geburtsregister neu angemeldete Kind ein Familienname
angegeben wird. Die ägyptische Frau behält Vornamen, Zwischennamen und
Familiennamen auch in der Ehe. Die Eheschließung bleibt für ihren Namen ohne
Folgen; die Erstreckung des Familiennamens des Mannes auf die Ehefrau ist - als den
24
ägyptischen Rechtsvorstellungen fremd - in Art. 38 ZGB nicht verwirklicht worden.
Entscheiden - wie hier auf Grund der Wahl der Beteiligten zu 1) - deutsche und nicht
ausländische Sachnormen über die Namensführung der Ehefrau, so entsteht die
Schwierigkeit, einen dem deutschen Recht unbekannten Namensbestandteil ins
zweiteilige deutsche Namensrecht einzupassen. Die Eheschließung läßt alle Vornamen
der Frau unberührt, während der Mädchenname vom Ehefamiliennamen verdrängt wird.
Das Schicksal der aus dem Ausland mitgebrachten Zwischennamen hängt davon ab, ob
diese unter Beachtung des fremden Rechts den deutschen Vornamen näher stehen
oder aber den deutschen Familiennamen. Die Angleichung der Zwischennamen an die
Vornamen liegt näher.
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In Ägypten hat sich durch die Einführung eines eigenen Familiennamens das
Namensrecht von der alten islamischen Tradition gelöst, nach der Vaters und
Großvaters Namen die Funktion eines Familiennamens zugesprochen werden könnte.
Die Zwischennamen entsprechen einem weiter vorhandenen Bedürfnis des ägyptischen
Rechtsverkehrs, weil die verhältnismäßig geringe Anzahl mögliche r. Vornamen und
weit verbreitete Familiennamen die eindeutige Identifizierung einer Person erschweren
können. Die Zwischennamen erleichtern diese Aufgabe, weil sie in solchen Fällen ihre
unterscheidende Kraft zeigen können. In ihren Auswirkungen haben sie eher
Unterscheidungs- als Sippenzuordnungsfunktion, wenn sie auch bei einem
Regelgebrauch zu einer größeren Transparenz innerhalb der Sippenstruktur führen. Sie
sind daher eher Vornamen, zumal es sich auch um die Vornamen des Vaters oder
Großvaters handelt. Weiter zurück gehen sie gewöhnlich nicht, mit jeder Generation
entfällt im Regelfall der Name des Urgroßvaters. Damit aber fehlt es an einer
ausschlaggebenden Funktion eines Familiennamens, eine Sippe über mehrere
Generationen hinweg einheitlich zu kennzeichnen. Die Zwischennamen sind vielmehr
wandelbar. Wenn sie auch im Gegensatz zur verbreiteten deutschen Sitte, Namen der
Vorfahren an Kinder durch Beifügung weiterer Vornamen weiterzugeben, gewissen
Regeln unterliegen, so dienen sie doch eher der besseren Kennzeichnung und
Unterscheidung des einzelnen Namensträgers und nicht dem Nachweis der
Zugehörigkeit zu einer bestimmten Sippe.
26
Neben diesem Gesichtspunkt der Wandelbarkeit kann ferner der
persönlichkeitsrechtliche Aspekt für die Angleichung der Zwischennamen an die
Vornamen angeführt werden, wie es Will (a.a.O.) getan hat. Das Namensrecht ist ein
verfassungsmäßig gewährleistetes Persönlichkeitsrecht (Art. 1 und 2 GG), das auch
Ausländern zugute kommt. Dieses Recht wäre angesprochen, wenn ein ägyptischer
Zwischenname gegen den Willen seiner Trägerin - was hier allerdings nicht der Fall zu
sein scheint - verloren würde, obwohl dieser Zwischenname in seiner Funktion mehr
den bei uns gebräuchlichen Vornamen gleicht, und der namensrechtliche Zweck des §
1355 BGB a.F. nicht betroffen wäre, einen einheitlichen Ehe- und Familiennamen
sicherzustellen.
27
Mit den Vorinstanzen ist daher davon auszugehen, daß der neue Ehename der
Beteiligten zu 1) ihre Zwischennamen ägyptischen Rechts unberührt läßt. Auch die
Ausführungen des Landgerichts zur Behandlung der Zwischennamen im Familienbuch
sind rechtlich bedenkenfrei. Da sie den Vornamen näher stehen, sind sie in der Spalte 2
des Familienbuchs hinter dem Vornamen einzutragen (Gundrum, StAZ 1973, 149). Das
ist hier geschehen.
28
Amts- und Landgericht haben allerdings verkannt, daß die Berichtigung des Vermerks in
Spalte 10 durch einen Randvermerk auszuführen, ist und die gerichtliche Entscheidung
nach § 47 PStG wörtlich anzugeben hat, wie der einzutragende Randvermerk lauten
soll. Der angeordnete Berichtigungsvermerk muß stets einen positiven Inhalt haben. Die
Berichtigungsanordnung kann sich also nicht auf die vom Amtsgericht ausgesprochene
Anweisung an den Standesbeamten beschränken, den zweiten Halbsatz des in Spalte
10 eingetragenen Vermerks vom 24. Mai 1974 zu löschen. Denn eine "Löschung" im
Sinne einer Tilgung oder Durchstreichung oder Rötung einer unrichtigen Eintragung
kennt das Personenstandsrecht nicht (Beschluß des Senats vom 21. Oktober 1966 - 15
W 139/65 - = OLGZ 1967, 89; BayObLGZ 1966, 1, 7; Jansen, Rz. 25 zu § 69 FGG a.F.;
Keidel/Winkler, Rz. 26 zu § 69 FGG a.F.; Pfeiffer/Strickert, Anm. 10 zu § 47 PStG). Die
Beweiskraft einer Eintragung wird vielmehr durch Eintragung eines Randvermerks
zerstört.
29
Der sich insoweit zeigende Mangel der vom Landgericht gebilligten
Berichtigungsanordnung des Amtsgerichts beschwert den Beteiligten zu 3) aber nicht.
Seine sofortige weitere Beschwerde ist daher zurückzuweisen. Der Senat nimmt jedoch
Anlaß, den amtsgerichtlichen Beschluß so zu fassen, wie es den vorstehend
dargelegten gesetzlichen Anforderungen entspricht.
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Eine Entscheidung über außergerichtliche Kosten des Verfahrens der sofortigen
weiteren Beschwerde ist nicht veranlaßt.
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