Urteil des OLG Hamm vom 18.11.2010

OLG Hamm (antragsteller, behandlung, werbung, wirkung, ultraschall, uwg, heilende wirkung, irreführende werbung, verbraucher, internet)

Oberlandesgericht Hamm, I-4 U 148/10
Datum:
18.11.2010
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
4. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
I-4 U 148/10
Vorinstanz:
Landgericht Bochum, I-14 O 95/10
Tenor:
Auf die Berufung des Antragstellers wird das am 01. Juli 2010
verkündete Urteil der 14. Zivilkammer – Kammer für Handelssachen –
des Landgerichts Bochum abgeändert.
Der Antragsgegnerin wird bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden
Fall der künftigen Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes
bis zu 250.000,- EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer
Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen an den Geschäftsführern,
untersagt,
im geschäftlichen Verkehr das nichtinvasive Ultraschallverfahren B1 #.#
mit den folgenden Angaben zu bewerben:
1.
„macht per Ultraschall in einem nichtinvasiven Body-Contouring-
Verfahren ein für allemal Schluss mit Problemzonen“,
2.
„Alternative zur Fettabsaugung“,
3.
„reduziert die Fettzellen per Ultraschall“,
4.
„Die unter der Haut liegenden Fettzellen werden somit gezielt und vor al-
lem dauerhaft entfernt. In den kommenden Tagen baut der Körper die
entleerten Fettzellen ab“,
5.
„Für den Fitness-/Gesundheits- und Wellness-Markt konzipiert, ist die B1
#.# die zurzeit kostengünstigste Alternative, sein „Fett“ schonend loszu-
werden“,
6.
„durch das erzeugte elektrisch-magnetische Wechselfeld werden
100.000 Schwingungen pro Sekunde erzeugt. Durch die Vibrationen
treffen die Fettzellen in tieferen Lagen aufeinander, erwärmen, werden
perforiert und entleeren ihr „fat droplet“ in den interstitären Raum. Dieser
Vorgang wird als focosierte stabile Kavitation bezeichnet. Die
benachbarten Strukturen wie Haut, Blutgefäße, Nerven und
Bindegewebe bleiben vollkommen unbeeinflusst von der Behandlung.
Die Inhaltsstoffe der Fettzelle werden über körpereigene Mechanismen
wie die Blut-Kapillaren und das lymphatische System über den Darm,
die Leber und die Nieren abgebaut und ausgeschieden“,
7.
„wurde entwickelt, um kleinere Problemzonen zu behandeln aber auch
mittel- bis übergewichtigen Frauen und Männern zu einem schnellen Er-
folg zu verhelfen, die den Wunsch nach einer besseren Körperkontur ha-
ben“,
8.
„Die B1 #.# bietet eine Alternative für Menschen, die eine effiziente
Fettreduktion im Unterhaut-Fettgewebe an Problemzonen wie Armen,
Beinen, Bauch und Po, ohne Operation suchen“,
9.
„Nach den vorliegenden Erfahrungen führt bereits die erste Behandlung
zu einer sichtbaren Umfangsreduktion“,
jeweils sofern dies geschieht, wie in Anlage A 1 wiedergegeben.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe:
1
I.
2
Der Antragsteller ist ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben
die Wahrung der Interessen seiner zahlreichen Mitglieder aus allen möglichen
Wirtschaftsbereichen gehört. Er ist gemäß § 1 Ziff. 4 UKlaV als branchenübergreifend
und überregional tätiger Wettbewerbsverband im Sinne von § 13 Abs. 5 Nr. 2 UklaG
festgestellt.
3
Die Antragsgegnerin wirbt im Internet für das nichtinvasive Ultraschallverfahren B1 #.#.
In einem sogenannten Body-Contouring-Verfahren sollen dabei durch die
Ultraschallbehandlung in Problemzonen Fettzellen abgebaut werden. Am 23. April 2010
machte die Antragsgegnerin in Zusammenhang mit ihrem Internetauftritt unter aboleo.de
(Anlage K 1 -Bl.17) über das Verfahren folgende Werbeaussagen:
4
1) "macht per Ultraschall in einem nichtinvasiven Body-Contouring-Verfahren ein
für allemal Schluss mit Problemzonen",
5
2) "Alternative zur Fettabsaugung",
6
3) "reduziert die Fettzellen per Ultraschall",
7
4) "Die unter der Haut liegenden Fettzellen werden somit gezielt und vor allem
dauerhaft entfernt. In den kommenden Tagen baut der Körper die entleerten
Fettzellen ab",
8
5) "Für den Fitness-/Gesundheits- und Wellness-Markt konzipiert, ist die B1 #.# die
zurzeit kostengünstigste Alternative, sein "Fett" schonend loszuwerden",
9
6) "Durch das erzeugte elektrisch-magnetische Wechselfeld werden 100.000
Schwingungen pro Sekunde erzeugt. Durch die Vibrationen treffen die Fettzellen
in tieferen Lagen aufeinander, erwärmen, werden perforiert und entleeren ihr "fat
droplet" in den interstitären Raum. Dieser Vorgang wird als focosierte stabile
Kavitation bezeichnet. Die benachbarten Strukturen wie haut, Blutgefäße, Nerven
und Bindegewebe bleiben vollkommen unbeeinflusst von der Behandlung. Die
Inhaltsstoffe der Fettzelle werden über körpereigene Mechanismen wie die Blut-
Kapillaren und das lymphatische System über den Darm, die Leber und die Nieren
abgebaut und ausgeschieden",
10
7) "wurde entwickelt, um kleinere Problemzonen zu behandeln aber auch mittel-
bis übergewichtigen Frauen und Männern zu einem schnellen Erfolg zu verhelfen,
die den Wunsch nach einer besseren Körperkontur haben",
11
8) "bietet eine Alternative für Menschen, die eine effiziente Fettreduktion im
Unterhaut-Fettgewebe an Problemzonen wie Armen, Beinen, Bauch oder Po, ohne
Operation suchen",
12
9) "nach den vorliegenden Erfahrungen führt bereits die erste Behandlung zu
einer sichtbaren Umfangsreduktion".
13
Der Antragsteller hat diese Werbeaussagen als irreführend angesehen. Er hat die
Antragsgegnerin mit Schreiben vom 27. April 2010 abgemahnt, weil diese mit
wissenschaftlich verbrämten Formulierungen suggeriere, dass es sich bei dem
beworbenen Ultraschallverfahren um eine erprobte und zuverlässig funktionierende
Methode zur Gewichtsreduzierung handele, die bei jedermann zum Erfolg führe.
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Nachdem die Abmahnung nicht zum Erfolg geführt hat, hat der Antragsteller die
Antragsgegnerin mit dem am 21. Mai 2010 bei Gericht eingegangenem
Verfügungsantrag unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel darauf in Anspruch
genommen,
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es zu unterlassen,
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im geschäftlichen Verkehr das nichtinvasive Ultraschallverfahren B1 #.# mit den oben
genannten Angaben zu bewerben, jeweils sofern dies geschieht, wie in Anlage A 1
wiedergegeben.
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Er hat ausgeführt, dass Ultraschall zwar eine schmerzlindernde und
durchblutungsfördernde Wirkung habe und zu einer örtlichen Erwärmung des Gewebes
führe. Es gebe aber keine wissenschaftlichen Erkenntnisse dazu, dass sich mittels
Ultraschall Übergewicht reduzieren ließe. Im Gegenteil sei ein Gutachten des
Sachverständigen Prof. Dr. L in einem Verfahren gegen den Hersteller eines Geräts
"CLifter" im Jahre 2004 zu dem Ergebnis gekommen, dass mit derartigen Gerätschaften
auf der Basis von Ultraschall Fett nicht entsprechend abgebaut werden könne. Die
Antragsgegnerin habe im Übrigen auch keinerlei Beleg für die Wirksamkeit ihrer
Methode beigebracht und besitze wohl auch keinen. Sie habe in der Werbung nur
theoretische Überlegungen angestellt, deren praktisch gesicherte Anwendung nicht
bewiesen sei. Der Antragsteller hat gemeint, die Antragsgegnerin, die mit solchen
umstrittenen Wirkungen ihres Geräts werbe, müsse dafür die Verantwortung
übernehmen und im Streitfall darlegen und beweisen, dass das Verfahren die
beworbenen Wirkungen habe. Maßstab sei insofern der Stand gesicherter
wissenschaftlicher Erkenntnisse. Dazu sei sie aber nicht in der Lage. Mit näheren
Ausführungen hat der Antragsteller dann deutlich gemacht, wieso die einzelnen
Werbeaussagen der Antragsgegnerin im Rahmen des Internetauftritts irreführend seien.
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Die Antragsgegnerin hat sich gegen den Erlass der einstweiligen Verfügung verteidigt.
Sie hat darauf verwiesen, dass sie die Werbeaussagen, die den Anträgen zu 2) bis 9)
zugrunde lägen, überarbeitet und geändert habe. Insbesondere erkläre sie auch nicht
mehr, dass sie mittel- bis übergewichtigen Frauen und Männer zu einem schnellen
Erfolg verhelfen wolle. An der Aussage zu 1) hat sie aber festhalten wollen. Denn aus
der Rückmeldung vieler sehr zufriedener Kunden ergebe sich, dass die Wirkaussagen
zutreffend seien. Sie gewähre den Kunden außerdem eine "Geld-zurück-Garantie" im
Falle einer Unzufriedenheit. Diese sei bislang nur in ein oder zwei Fällen von 500
Behandlungen in Anspruch genommen worden. Der Hersteller aus der T verfüge nach
ihren Wissen auch über entsprechende wissenschaftliche Studien, die sie aber nicht
vorlegen könne.
19
Das Landgericht hat eigene Recherchen im Internet angestellt und den Antrag als
unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Antragsteller
habe keinen Anspruch auf die begehrte Unterlassung, weil die Antragsgegnerin die von
ihr beworbene Wirkweise hinreichend glaubhaft gemacht habe. Zwar müsse die
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Antragsgegnerin, die sich werbend auf eine bestimmte Wirkung berufe, im Streitfall
darlegen und beweisen, dass die Wirkung auch gegeben sei. Dabei genüge es im
Verfügungsverfahren, wenn diese als hinreichend wahrscheinlich belegt sei. Das sei
hier der Fall. Der Antragsteller gehe schon insoweit von falschen Voraussetzungen aus,
weil die Antragsgegnerin nicht mit einer Gewichtsreduzierung werbe, sondern mit einer
Verbesserung der Körperkontur, bei der kleinere Fettpolster in Problemzonen durch die
Behandlungsmethode entfernt würden. Keine der Parteien habe belegt, ob die
Behandlungsmethode wirke oder nicht. Das vom Antragsteller vorgelegte Gutachten L
betreffe weder die von der Antragsgegnerin vorgenommene Behandlung noch das von
ihr eingesetzte Gerät. Außerdem liege zwischen den Erkenntnissen des Gutachters und
dem Verfahren der Antragsgegnerin ein Zeitraum von 6 Jahren, in denen die
Entwicklung und auch die Kenntnisse über die Einsatzmöglichkeiten solcher Geräte und
Ultraschallwellen immens fortgeschritten seien. Die Tatsache, dass im März 2004 nach
dem damaligen Erkenntnisstand des Sachverständigen keine Hinweise auf eine
mögliche Fettreduzierung durch Ultraschall vorlagen, spreche nicht dagegen, dass eine
weitere Entwicklung genau dies inzwischen erreichen könne. Demgegenüber habe
auch die Antragsgegnerin nicht durch klinische Studien oder Gutachten belegen
können, dass das von ihr beworbene Gerät die Abbauwirkungen erziele. Selbst wenn
dem Hersteller solche Studien zur Verfügung gestanden hätten, seien sie nicht
vorgelegt worden.
Im Ergebnis sei allerdings festzuhalten, dass die Wirkung des Geräts oder der
Behandlungsmethode durch eine Vielzahl zufriedener Kunden belegt werde. Bei 500
Behandlungen hätten nach dem Vortrag der Antragsgegnerin nur 2 Kunden von der
Geld-zurück-Garantie Gebrauch gemacht. Der Antragsteller habe diesen Vortrag zwar
bestritten, aber es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass eine größere Zahl von Kunden
ihr Geld zurück verlangt hätte. Für die Wirksamkeit des Gerätes sprächen nämlich auch
die Fotodokumentationen, die im Internet eingestellt worden seien. Auch Recherchen
der Kammer im Internet hätten positive Reaktionen einer Vielzahl von Kunden nicht nur
bei der Antragsgegnerin zutage gefördert. Auch wenn es im Internet gewisse
Manipulationsmöglichkeiten gebe, um positive Stellungnahmen zu fördern, würden die
Wirkung des Verfahrens und eine Umfangreduzierung bei intensiven Diskussionen
vielfach bejaht. Angesichts der Vielzahl der positiven Stellungnahmen sei nicht
anzunehmen, dass das alles nur subjektive, in keiner Weise objektivierbare Ergebnisse
der Behandlungsmethode seien. In der Gesamtsicht spreche vielmehr alles dafür, dass
die beworbene Methode tatsächlich Wirkung zeige, indem in Problemzonen Fettzellen
reduziert würden, dass die beworbene Wirkweise hinreichend glaubhaft gemacht
worden sei und tatsächlich eine Alternative zur Fettabsaugung darstelle.
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Der Antragsteller greift das Urteil mit der Berufung an. Er verfolgt seine bisherigen
Anträge weiter und bezieht sich auf seinen bisherigen Vortrag. Er weist darauf hin, dass
das Landgericht noch zutreffend davon ausgegangen sei, dass denjenigen die volle
Beweislast treffe, der mit bestimmten Wirkaussagen auftrete, wobei es in einem
Verfügungsverfahren ausreiche, dass die Wirkung nur hinreichend wahrscheinlich
belegt werde. Es habe auch zutreffend angenommen, dass keine klinischen Studien
vorlägen, aus denen die behauptete Wirkweise des Verfahrens hervorgehe, weil diese
ansonsten vorgelegt worden wären. Nicht nachzuvollziehen sei es dann aber, dass das
Landgericht die Wirkweise dennoch als hinreichend wahrscheinlich angesehen habe,
weil sie durch eine Vielzahl von zufriedenen Kunden belegt werde. Es sei nicht
erkennbar, wie das Landgericht zu dieser Erkenntnis und zu dem Ergebnis gekommen
sei, die Behandlung stelle tatsächlich im Hinblick auf die Problemzonen eine Alternative
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zur Fettabsaugung dar. Die Antragsgegnerin habe dazu nichts vorgetragen, die
Verwertung eigener seitens des Landgerichts angestellter Recherchen in einschlägigen
Internetforen ohne wissenschaftlichen Anstrich sei rechtsfehlerhaft gewesen. Gleiches
gelte im Hinblick auf die Wirkungsbelege, die das Landgericht aus manipulierbaren
Werbebildern zum unmittelbaren Behandlungserfolg hergeleitet habe, deren Aufgabe es
gerade gewesen sei, Kunden anzulocken. Warum dem gerichtlich eingeholten
Gutachten des Sachverständigen L für das hiesige Verfahren keine Aussagekraft mehr
beizumessen sei und warum die Entwicklung der Kenntnisse um die
Einsatzmöglichkeiten von Ultraschallwellen in den sechs Jahren seit der Erstellung des
Gutachtens immens sei, erschließe sich gleichfalls nicht.
Der Antragsteller beantragt,
23
das angefochtene Urteil abzuändern und nach den erstinstanzlich zuletzt
24
gestellten Anträgen zu entscheiden.
25
Die Antragsgegnerin beantragt,
26
die Berufung zurückzuweisen.
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Sie weist darauf hin, dass ihren Prozessbevollmächtigten mittlerweile die in erster
Instanz nicht überreichte Studie des Herstellers zur Verfügung gestellt worden sei.
Diese Studie habe die Anwendungsbeobachtung zur Evaluierung der Wirksamkeit und
Verträglichkeit der ultraschall induzierten Lipolyse mit dem betreffenden Gerät zum
Gegenstand. An der Studie der I1 Clinic I unter Dr. B hätten 16 Probanden
teilgenommen. Die Studie sei zu dem Ergebnis gekommen, dass die von ihr verwendete
Methode ein schonendes, nebenwirkungsfreies und wirksames Verfahren zur lokalen
Fettgewebsreduktion darstelle. Nach Anweisung des Herstellers dürfe die Studie nur
dem Gericht überlassen und dem Antragsteller und sonstigen Dritten nicht zugänglich
gemacht werden. Außerdem habe sie kürzlich eine weitere Studie der Universität G
erhalten, die ebenfalls zu dem Ergebnis gelange, dass die niederfrequente
Ultraschallanwendung in einer vergleichbaren Weise eine wirkungsvolle Body-
Contouring-Methode darstelle. Aus der Studie gehe außerdem hervor, dass bei den
Probanden trotz erheblicher Umfangsreduktion kein wesentlicher Gewichtsverlust habe
festgestellt werden können. Gerade deswegen bewerbe sie ihr Verfahren auch mit der
zu erwartenden Umfangsreduktion und nicht mit einer Gewichtsreduktion. Die
Antragsgegnerin legt diese Studie in englischer Sprache vor.
28
Beide Studien machten deutlich, dass das vom Antragsteller vorgelegte Gutachten L in
Bezug auf die heutigen Geräte nicht mehr aussagekräftig sei. Im Hinblick auf ein
baugleiches Gerät W legt die Antragsgegnerin eine Konformitätserklärung vor, durch
welche der Hersteller darlege, dass sein Produkt ein Gerät zur Anwendung am
Menschen zur Behandlung adipöser Patienten und zur Körperkonturierung sei. Mit
näheren Ausführungen legt dann die Antragsgegnerin noch dar, dass auch die
Ausführungen des Landgerichts zur Kundenzufriedenheit zutreffend seien. Die
Zufriedenheit der Kunden lasse sich insbesondere durch die fehlende
Inanspruchnahme der "Geld-zurück-Garantie" belegen. Die Zufriedenheit der Kunden
spreche auch für die Wirksamkeit des Verfahrens, die sich zudem auch aus den jeweils
vorgenommenen Kundendokumentationen ersehen lasse. Insoweit legt die
Antragsgegnerin in der Anlage B 5 eine Bilderdokumentation vor, die auch in keiner
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Weise manipuliert worden sei.
In einer Replik hat der Antragsteller im einzelnen zu den vorgelegten Studien, zur
Konformitätserklärung, zur Geld-zurück-Garantie und zur Kundendokumentation
Stellung genommen.
30
II.
31
Die Berufung ist begründet. Dem Antragsteller stehen die geltend gemachten
Unterlassungsansprüche gegen die Antragsgegnerin zu.
32
1) Der Unterlassungsantrag ist bestimmt genug im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Er
macht deutlich, dass der Antragsteller zwar die Werbeaussagen jede für sich verboten
haben will, aber so, wie sie in Zusammenhang mit der konkreten Verletzungshandlung
in Form der Anlage A 1 gemacht worden sind.
33
2) Die Antragsbefugnis und die Aktivlegitimation des Antragsstellers sind im
vorliegenden Bereich der Kosmetik- und Gesundheitswerbung zu Recht von der
Antragsgegnerin nicht in Zweifel gezogen worden. Der Antragsteller ist insoweit ein
Wettbewerbsverband im Sinne des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG, wie ihm schon wiederholt
sowohl höchstrichterlich als auch vom Senat bescheinigt worden ist (vgl. nur BGH
GRUR 2010, 359 –Vorbeugen mit Coffein).
34
3) Es liegt hier auch ein Verfügungsgrund vor. Dem Antragsteller kommt die
Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 2 UWG zugute. Sie ist hier auch nicht widerlegt.
Der Internetauftritt mit der beanstandeten Werbung stammt vom 23. April 2010. Bereits
am 21. Mai 2010 ist der Verfügungsantrag bei Gericht eingegangen.
35
4) Der Antragsteller kann die Antragsgegnerin nach § 8 Abs. 1 UWG auf Unterlassung in
Anspruch nehmen, weil die beanstandete Werbung für das Ultraschallverfahren B1 #.#
gegen §§ 3 Abs. 2, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 3 Satz 1 Nr.1 HWG oder § 27 Abs.1 Satz 1
LFGB verstößt. Beide Bestimmungen verbieten eine irreführende Werbung,
insbesondere irreführende Aussagen in ihrem Anwendungsbereich. Beide
Bestimmungen sind wegen des von ihnen beabsichtigten Schutzes der Gesundheit der
Verbraucher auch Marktverhaltensregelungen im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG.
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a) Nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 HWG ist das Gesetz anwendbar, wenn für andere Mittel,
Verfahren oder Behandlungen geworben wird, soweit sich die Werbeaussagen auf die
Beseitigung oder Linderung von Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhaften
Beschwerden bezieht (vgl. BGH WRP 2003, 389 –Anlagebedingter Haarausfall).
Fraglich ist hier, ob dem Verfahren B1 #.# in der Werbung eine solche heilende Wirkung
beigelegt werden soll. Dafür kommt es darauf an, ob man entscheidend darauf abstellt,
dass von dem beworbenen Fettabbau (vgl. dazu Senat OLGR 2003, 305) in bestimmten
Problemzonen jedenfalls aus Sicht der angesprochenen Verbraucher eine
Gewichtsreduzierung nicht zu trennen ist und damit auch krankhaft fettleibige Menschen
angesprochen werden. Dann ginge es auch um eine Heilwirkung. Das HWG findet auf
die typische Schlankheitswerbung jedenfalls regelmäßig Anwendung. Anders könnte es
aussehen, wenn man wie das Landgericht entscheidend in den Vordergrund stellt, dass
es (erkennbar) nicht um die Gewichtsreduzierung gehen soll, sondern hier die
kosmetische Korrektur der Körperkontur im Sinne eines besseren Erscheinungsbildes
beworben werden soll. Insoweit ist das Landgericht aber nicht auf die einzelnen
37
Werbeaussagen eingegangen. Aus diesen ergibt sich, dass es nicht nur um das
bessere äußere Erscheinungsbild als solches gehen soll, sondern auch um das andere
Erscheinungsbild, das sich nach Abbau von Fett in den Problemzonen ergibt. Die
ersehnte Gewichtsreduzierung schwingt überall mit. Schon wegen des sensiblen
Grenzbereichs spricht mehr dafür, den Bereich der Heilmittelwerbung weit zu fassen
und eine solche auch hier zu bejahen. Die Frage kann aber letztlich offen bleiben, weil
auch bei einem kosmetischen Verfahren, das keine eigentliche Heilwirkung verspricht,
nicht mit irreführenden Wirkaussagen geworben werden darf.
b) Es besteht kein Streit zwischen den Parteien darüber, dass die Antragsgegnerin in
der beanstandeten Werbung in Zusammenhang mit dem nichtinvasiven
Ultraschallverfahren B1 #.# bestimmte Wirkaussagen getroffen hat. Das macht schon
die mit dem Antrag zu 1) angegriffene und auch in der späteren Werbung beibehaltene
Aussage, das Verfahren mache ein für allemal Schluss mit Problemzonen, hinreichend
deutlich. Das deutet auf eine sichere und dauerhafte Wirkung hin. Bestätigt wird die
darin liegende Wirkaussage auch dadurch, dass in Problemzonen wie Armen, Beinen,
Bauch oder Po die Fettzellen gezielt, effizient und dauerhaft entfernt werden sollen. Das
Verfahren wird als Alternative zur Fettabsaugung und kostengünstigste Alternative, sein
"Fett" schonend loszuwerden, beworben. Verräterisch ist besonders die weitere
Aussage, dass das Verfahren auch mittel- bis übergewichtigen Frauen und Männern zu
einem schnellen Erfolg verhelfen soll, die eine "bessere Körperkontur" wünschen.
Bereits die erste Behandlung soll dabei zu einer sichtbaren Umfangsreduzierung führen.
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c) Generell ist es zwar bei einer irreführenden Werbung Sache des Antragstellers, die
Unrichtigkeit der Werbebehauptung glaubhaft zu machen. Macht der Werbende aber im
Bereich der gesundheitsbezogenen oder auch nur kosmetischen Werbung
Wirkaussagen und sind die zugrundeliegenden Wirkungen nach dem Vortrag des
Antragstellers wissenschaftlich umstritten, so gilt anderes. Den Werbenden trifft dann die
Verantwortung für die objektive Richtigkeit seiner Angabe. Er muss sie dann im Streitfall
beweisen (BGH GRUR 1958, 485, 486 -Odol; GRUR 1969, 422-Kaltverzinkung; BGH
GRUR 1991, 848, 849 Rheumalind II; BGH GRUR 2010, 359, 361 –Vorbeugen mit
Coffein; Hefermehl/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 28. Auflage, § 5 Rdn. 3.26;
Harte/Henning/Weidert, UWG, § 5 C Rdn. 175). In einem Verfügungsverfahren genügt
es dann, wenn die Wirkungen als ausreichend wahrscheinlich belegt werden können.
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d) Legt man dies zugrunde, so hat hier der Antragsteller vorgetragen, aus welchen
Gründen dem Verfahren auf der Basis der Behandlung mit Ultraschallwellen die
behaupteten Wirkungen nicht zukommen sollen. Das vorgelegte Gutachten des
Sachverständigen L hat für das Jahr 2004 den wissenschaftlichen Nachweis eines
Abbaus von Fettpolstern im Wege einer Behandlung mit Ultraschall verneint (Bl.75). Auf
welcher wissenschaftlichen Grundlage die damaligen Feststellungen des
Sachverständigen überholt sein sollten, ist weder dargelegt noch ersichtlich. Allein die
zu vermutende Weiterentwicklung der Kenntnisse über die Einsatzmöglichkeiten
solcher Verfahren und Geräte in den letzten Jahren spricht dafür nicht zwingend.
Behauptet der Werbende, dass sich der Stand der Wissenschaft in seinem Sinne
gewandelt hat, ist er dafür darlegungs- und beweispflichtig. Bei Werbeaussagen im
gesundheitlichen Bereich ist der Werbende sogar allein dafür verantwortlich, dass die
Werbeaussagen (nunmehr) gesichertem wissenschaftlichen Stand entsprechen
(Fezer/Peifer, UWG, 2.Auflage, § 5 Rdn. 484 m.w.N.). Die beweispflichtige
Antragsgegnerin hat in diesem Sinne weder vorgetragen noch hinreichend glaubhaft
gemacht, dass und warum die von ihr in Anspruch genommenen Wirkweisen entgegen
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der früheren Einschätzung des Sachverständigen L heute zutreffen, insbesondere
wissenschaftlich gesichert sind.
aa) In erster Instanz hat die Antragsgegnerin zwar allgemein von wissenschaftlichen
Studien gesprochen, die dem Hersteller des Geräts vorliegen und für die Wirkungen
sprechen sollten. Sie hat diese aber nicht vorgelegt. Für den erforderlichen Beleg der
Wirkungen konnten entgegen der Auffassung des Landgerichts die sich aus dem
vorgelegten Internetauftritt und eigenen Recherchen im Internet ergebenden
Erfahrungsberichte zufriedener Kunden nicht genügen. Die Ergebnisse der Recherchen
des Landgerichts sind noch nicht einmal in einem Vermerk festgehalten und damit kein
Aktenbestandteil geworden. Was das Landgericht im Einzelnen erfahren hat, ist nur den
Teilnehmern an der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht bekannt. Ein
Wirkungsnachweis ist ohnehin im Wege der Empirie in der Regel und auch im
vorliegenden Fall kaum möglich. Erfahrungsberichte aus der Praxis genügen im
Regelfall nicht den Anforderungen einer wissenschaftlichen Studie (OLG Frankfurt
GRUR-RR 2005, 394, 395 –Bluttest, Harte/Henning/Weidert, UWG, 2. Auflage, § 5 Rdn.
170). Das gilt insbesondere dann, wenn die Wirkaussagen wie hier von einer
dauerhaften und effizienten Wirkung ausgehen, die in jedem Einzelfall, also generell
eintreten soll. Erfahrungsberichte zufriedener Kunden betreffen einzelne Behandlungen
und geben die subjektive Einschätzung des Behandelten wieder. Sie machen sämtlich
ausschließlich auf den Einzelfall bezogene Aussagen darüber, wie die Behandlung in
ihrem Fall gewirkt hat, ohne dass die Gründe dafür bekannt sind. Die Behandelten
können etwa die Behandlung mit einer Diät oder Nahrungsumstellung verbunden
haben, was die Antragsgegnerin in ihrem geänderten Internetauftritt sogar empfiehlt (vgl.
Bl.122, 124). Was die Kunden genau geäußert haben, kann der Senat auch nicht
überprüfen, weil die Antragsgegnerin dazu nach wie vor nichts vorgetragen hat. Der
Nachweis der beworbenen Wirkweisen lässt sich auch nicht daraus herleiten, dass die
Kunden der Antragsgegnerin nach deren Vortrag die Geld-zurück-Garantie nur in ganz
seltenen Ausnahmefällen in Anspruch genommen haben sollen. Das kann, selbst wenn
der Vortrag zutrifft, die verschiedensten Ursachen haben. Wer sich bereits auf eine
Behandlung mit den Ultraschallwellen eingelassen hat, ist schon aus psychologischen
Gründen eher geneigt, deren Einsatz für erfolgreich zu halten.
41
Die in den Akten vorliegenden Beispiele, die den zugesagten Erfolg bereits nach der
ersten Behandlung sichtbar machen sollen (vgl. Bl.22) sind als Beweismittel für die
beworbene Wirkung gleichfalls vollkommen ungeeignet. Sie sind unwissenschaftlich
und machen Manipulationen zumindest möglich.
42
bb) Selbst wenn das Landgericht aus seinen Studien im Internet zu der Annahme
gekommen sein sollte, dass die behaupteten Wirkungen wegen der großen Anzahl der
zufriedenen Kunden wahrscheinlich sein könnten, könnte das im Übrigen auch die
vorliegende Art der Werbung nicht rechtfertigen. Denn die Antragsgegnerin hat
jedenfalls nicht darauf hingewiesen, dass die Wirkweisen in jedem Fall nach wie vor
wissenschaftlich umstritten sind. Sie hat vielmehr die dauerhaften und effizienten
Wirkungen als gesicherte Kenntnis dargestellt, die jedenfalls ein Teil der
angesprochenen Verkehrskreise dann auch für wissenschaftlich gesichert hält. Diesen
Eindruck haben die verbrämten und so unstreitig nicht zutreffenden Angaben, die dem
Antrag zu 6) zugrunde liegen, gerade noch verstärken sollen. Das ist bereits irreführend.
In keinem Fall hätte die Antragsgegnerin außerdem übergewichtige Frauen und Männer
ansprechen und diesen einen Erfolg versprechen dürfen. Die Antragsgegnerin hat auch
durch die Art der Werbeaussagen den Eindruck eines sicheren Erfolges dieser
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Behandlungsalternative erweckt. Das würde gegen § 3 Satz 1 Nr. 2 a HWG verstoßen,
nach dem nicht fälschlich der Eindruck erweckt werden darf, dass ein Erfolg mit
Sicherheit erwartet werden kann.
cc) Fraglich ist, ob sich an dieser Beweislage dadurch etwas geändert hat, dass die
Antragsgegnerin in der zweiten Instanz wissenschaftliche Studien vorgelegt hat oder
noch vorliegen wollte. Auch dieser neue Vortrag ist selbst dann, wenn er die nach
Meinung des Senats auch im Verfügungsverfahren bestehende Hürde des § 531 Abs. 2
ZPO überspringen könnte, nicht zu der erforderlichen Glaubhaftmachung geeignet. Die
Studie der I1 Clinic I kann von ihrer Aussagekraft noch überhaupt nicht beurteilt werden.
Weder die Auswahl der Probanden noch die wissenschaftliche Eignung ist zu
überprüfen. Sie kann auch als solche nicht verwendet werden, wenn sie der Gegenseite
nicht zur Stellungnahme zugeleitet werden kann. Der Zeugenbeweis auf Vernehmung
des Klinikarztes ist im Verfügungsverfahren ungeeignet. Die Studie aus G ist zwar
schon vorgelegt, aber in englischer Sprache. Sie kann deshalb wegen § 184 GVG ohne
eine Übersetzung nicht berücksichtigt werden. Bemerkenswert ist aber, dass diese zu
dem Ergebnis kommen soll, dass bei den Probanden trotz erheblicher
Umfangsreduktion kein wesentlicher Gewichtsverlust festgestellt werden konnte. Aus
der Werbung lässt sich aus Sicht der angesprochenen Verbraucher aber gerade auch
entnehmen, dass eine Gewichtsreduzierung sicher eintreten soll. Die
Konformitätserklärung sagt zur Richtigkeit der Wirkaussagen nichts aus. Aus den obigen
Ausführungen folgt auch schon zwangsläufig, dass den Angaben in den Datenblättern
gleichfalls weder optisch noch durch die angeblichen Gewichtsreduzierungen innerhalb
eines bestimmten Zeitraums kein hinreichender Beweiswert zukommt.
44
e) Eine gegen das HWG oder LFGB verstoßende Werbung ist in jedem Fall auch
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geeignet, den Wettbewerb auf dem Markt des Body-Contourings wesentlich zu
beeinträchtigen. Die Aussagen sind geeignet, die Verbraucher im sensiblen Bereich der
Gesundheitswerbung irrezuführen und zu einer Behandlung zu veranlassen.
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5) Der Unterlassungsanspruch ergibt sich auch aus §§ 3, 5 Abs. 2 Nr. 1 UWG. In den
Aussagen sind auch irreführende Angaben über Merkmale des beworbenen Verfahrens,
insbesondere dessen Zwecktauglichkeit und Verwendungsmöglichkeit sowie die von
der Verwendung zu erwartenden Ergebnisse zu sehen. Jedenfalls ein nicht
unerheblicher Teil der von der Werbung angesprochenen Verbraucher entnimmt einer
solchen Werbung, dass die behaupteten Wirkweisen wissenschaftlich gesichert und die
geschilderten Ergebnisse garantiert und dauerhaft erzielt würden. Ähnlich wie bei
ausdrücklich als solchen ausgewiesenen Schlankheitsmitteln ist jedenfalls ein Teil der
Verbraucher auch in besonderer Weise geneigt, an die versprochene generelle Wirkung
des Verfahrens und die dadurch bedingte Lösung seiner Probleme zu glauben. Diese
Verbrauchervorstellung ist unrichtig. Jedenfalls hat die Antragsgegnerin nicht glaubhaft
gemacht, dass diese Wirkungen eintreten.
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Die dadurch bedingte Fehlvorstellung der Verbraucher ist hier auch
wettbewerbsrechtlich relevant. Gerade weil die Antragsgegnerin in dieser apodiktischen
Form wirbt und jeden Zweifel an der Wirkung außen vor lässt, kann sie mit ihrer Figur
und ihrem untrennbar damit verbundenen Gewicht kämpfende Verbraucher
veranlassen, es mit ihrem nichtinvasiven und kostengünstigen Verfahren zu versuchen,
anstatt sie mehr belastende Maßnahmen wie etwa die der Fettabsaugung zu wählen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1 ZPO.
49
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10,
711, 713 ZPO.
50