Urteil des OLG Hamm vom 11.12.2007

OLG Hamm: leistungsklage, abänderungsklage, unterhalt, urkunde, anpassung, leistungsfähigkeit, anschluss, zugang, datum

Oberlandesgericht Hamm, 2 WF 227/07
Datum:
11.12.2007
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
2. Senat für Familiensachen
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
2 WF 227/07
Vorinstanz:
Amtsgericht Essen, 103 F 314/07
Tenor:
Die sofortige Beschwerde der Klägerinnen gegen den Beschluss des
Amtsgerichts - Familiengericht - Essen vom 17. September 2007 in der
Fassung des Beschlusses des Familiengerichts vom 9. November 2007
wird zurückgewiesen.
Gründe
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l.
2
Die sofortige Beschwerde der Klägerinnen gegen den Beschluss des Amtsgerichts –
Familiengericht – Essen vom 17. 9. 2007 in der Fassung des Beschlusses des
Familiengerichts vom 9. 11. 2007 ist unbegründet, denn die Leistungsklage, die die
Klägerinnen erheben wollen, ist – ungeachtet der Tatsache, dass ihnen grundsätzlich
ein Rechtsschutzbedürfnis für die Titulierung des gesamten ihnen zustehenden
Kindesunterhalts zusteht (vgl. Wendl/Thalmann, Das Unterhaltsrecht in der
familienrichterlichen Praxis, 6. Aufl., § 8 Rz. 135) – mutwillig i. S. des § 114 ZPO.
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Mutwillig i. S. dieser Vorschrift ist eine Rechtsverfolgung dann, wenn eine Partei, die die
Kosten der Prozessführung aus eigenen Mitteln aufzubringen hätte, den erhobenen
Anspruch nicht oder nur zum Teil gerichtlich geltend machen würde (Zöller-Philippi,
ZPO, 26. Aufl., § 114 Rz. 30). Mutwillig ist danach eine Leistungsklage auf den
gesamten Kindesunterhalt, wenn dieser teilweise freiwillig gezahlt wird und der
Berechtigte nicht versucht, den Verpflichteten insoweit zu einer kostenfreien Titulierung
in einer Jugendamtsurkunde gemäß § 60 SGB VIII zu veranlassen (Zöller-Philippi, a. a.
O., § 114 Rz. 40 b mit weiteren Nachweisen). Eine auf Verurteilung zur Zahlung des
vollen Kindesunterhalts gerichtete Leistungsklage ist in einem solchen Fall
insbesondere deshalb mutwillig, weil der Berechtigte, dem ein höherer als der in einer
Jugendamtsurkunde titulierte Kindesunterhalt zusteht, im Wege der Abänderungsklage
ohne weiteres eine entsprechende Anpassung des Titels durchsetzen kann und ihm im
Fall der Erhebung einer solchen Abänderungsklage erheblich niedrigere
Rechtsanwalts- und Gerichtskosten entstehen als bei Erhebung einer auf den gesamten
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geschuldeten Unterhalt gerichteten Leistungsklage. Für eine derartige
Abänderungsklage gelten die Beschränkungen gemäß § 323 Abs. 2 und Abs. 3 S. 1
ZPO nicht (Zöller-Vollkommer, a. a. O., § 323 Rz. 47). Ebensowenig besteht in einem
derartigen Abänderungsverfahren eine Bindung an die tatsächlichen Verhältnisse z. Zt.
der Errichtung der Jugendamtsurkunde. Denn diese sind nicht Geschäftsgrundlage
einer Unterhaltsvereinbarung geworden, welche an die neuen Verhältnisse anzupassen
wäre. Vielmehr richtet sich die Abänderung der Jugendamtsurkunde und die
Bemessung des Unterhalts allein nach den zum jeweiligen Zeitpunkt bestehenden
Verhältnissen (BGH FamRZ 2004, 24).
Danach ist die Leistungsklage, die die Klägerinnen erheben wollen, mutwillig. Der
Beklagte hat im hier streitgegenständlichen Unterhaltszeitraum, dem Zeitraum ab dem
1.1. 2007, durchgehend Unterhalt in Höhe von 200 € je Kind und Monat gezahlt. Nach
Zugang des Prozesskostenhilfeantrages der Klägerinnen hat er sogleich erklärt,
Kindesunterhalt in Höhe von insgesamt 450 € im Monat zahlen zu wollen und nach ggf.
erfolgender Prozesskostenhilfebewilligung zugunsten der Klägerinnen entsprechende
Anträge abzugeben. Unter diesen Umständen ist davon auszugehen, dass er sich auf
eine entsprechende Aufforderung der Klägerinnen bereit erklärt hätte, Kindesunterhalt in
dieser Höhe oder in Höhe von zumindest 200 € je Kind und Monat kostenfrei in einer
Jugendamtsurkunde titulieren zu lassen. Dass die Klägerinnen den Beklagten
aufgefordert haben, den freiwillig gezahlten Unterhalt in einer Jugendamtsurkunde
titulieren zu lassen, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.
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Eine Partei, die die Kosten der Prozessführung aus eigenen Mitteln aufzubringen hätte,
hätte den Beklagten zur Errichtung einer solchen Urkunde aufgefordert und im
Anschluss im Wege der Abänderungsklage eine Anpassung der Urkunde aufgrund der
nach ihrer Auffassung höheren Leistungsfähigkeit des Beklagten beantragt. In diesem
Fall wären deutlich geringere Rechtsanwalts- und Gerichtskosten entstanden als im Fall
der Erhebung der Leistungsklage, mit der die Klägerinnen die Verurteilung des
Beklagten zur Zahlung von Kindesunterhalt in Höhe von 128 % des Regelbetrages
beantragen wollen.
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II.
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Eine Kostenentscheidung ist gemäß § 127 Abs. 4 ZPO, Zi. 1812 Anlage 1 zu § 3 Abs. 2
GKG nicht veranlasst.
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