Urteil des OLG Hamm vom 21.01.2003

OLG Hamm: grunddienstbarkeit, nummer, grundstück, grundbuchamt, eigentümer, gutgläubiger erwerb, erbengemeinschaft, anhörung, belastung, behandlung

Oberlandesgericht Hamm, 15 W 461/02
Datum:
21.01.2003
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
15. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
15 W 461/02
Vorinstanz:
Landgericht Bielefeld, 25 T 754/00
Tenor:
Der angefochtene Beschluss und der Beschluss des Grundbuchamts
vom 8. November 2000 werden aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das
Grundbuchamt zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird
auf 3.000,- Euro festgesetzt.
Das Grundbuchamt wird im Wege der einstweiligen Anordnung
angewiesen, zu dem in Abteilung II laufende Nummer 1 des Grundbuchs
eingetragenen Recht in der Spalte 5 ( Veränderungen ) zugunsten der
Herren F2 und Dr. F sowie Frau H in Erbengemeinschaft als Berechtigte
einen vorläufigen Amtswiderspruch ein¬zutragen. Der vorläufige
Widerspruch richtet sich gegen den Umfang des Rechts, soweit aus der
Eintragung nicht ersichtlich ist, daß die Belastung nur die Teile der
Flurstücke X und X Flur X erfaßt, die aus der ehemaligen Parzelle X (
Grundbuch von G1 Band 14 Blatt 43, laufende Nummer 41 des
Bestandsverzeichnisses ) hervorgegangen und mit dieser identisch sind.
G r ü n d e :
1
I.
2
Die Beteiligten zu 1) bis 3) sind in Erbengemeinschaft Eigentümer der im Betreff
genannten und der weiteren unter den laufenden Nummern 2 und 3 der im
Bestandsverzeichnis des Grundbuchs von C eingetragenen Grundstücke ( Flur X
Flurstücke X und X ).
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Diese Grundstücke sind aus den ehemals im Grundbuch von G1 Band 14 Blatt 43
eingetragenen umfangreichen Ländereien hervorgegangen, deren Eigentümerin im
Jahre 1914 die Witwe T war. Zu dem Grundbesitz gehörte das im Bestandsverzeichnis
unter der laufenden Nummer 41 verzeichnete Grundstück Flur X Parzelle X. Dabei
4
handelte es sich um ein Siek, in dessen Mitte sich ein Teich befand, in den benachbarte
Grundstücke an der W-Straße mangels Vorhandenseins einer öffentlichen Kanalisation
über kleine Rinnsale ihre Abwässer einleiteten. Mit notarieller Urkunde vom 19. Februar
1914 bewilligte Frau T zugunsten der jeweiligen Eigentümer der in dem Grundbuch von
G1 Band 14 Blatt 43 verzeichneten Parzellen Flur X Nr. X und X sowie der aus diesen
Grundstücken gebildeten und noch zu bildenden Teilparzellen die Eintragung einer
Belastung des Grundstücks Flur X Nr. X in das Grundbuch mit folgendem auszugsweise
wiedergegebenen Inhalt:
"Das Grundstück Flur X No. X hat sämtliche Abwässer von den Grund-
5
stücken Flur X No. X und X aufzunehmen."
6
Das Grundstück X wurde sodann in X fortgeschrieben. Nach erfolgter Teilung des
Grundstücks wurden die neu gebildeten Grundstücke unter den laufenden Nummern
112 bis 117 des Bestandsverzeichnisses eingetragen.
7
Unter der laufenden Nummer 1 der Abteilung II des Grundbuchs erfolgte unter dem
Datum des 12. Mai 1914 folgende Eintragung, wobei in Spalte 3 der Abteilung II
(Bezeichnung des belasteten Grundstücks nach der laufenden Nummer der
1. Abteilung) die Angaben 41, 112, 113, 114, 115, 116, 117, 121 enthalten sind:
8
"Eigentümer ist verpflichtet, die sämtlichen Abwässer von den Grundstücken Flur X
No. 592/201, 593/201, 595/201 ... und 594/201 ... G1 aufzunehmen. Zu Gunsten der
jeweiligen Eigentümer der genannten Parzellen eingetragen mit dem Bemerken,
daß die Löschung dieser Grunddienstbarkeit nur mit Genehmigung der
Polizeibehörde zu G1 erfolgen darf."
9
In der bei den Grundakten des Amtsgerichts Bielefeld betreffend das Grundbuch von G1
Band 14 Blatt 43 befindlichen Grundbuchtabelle ist die Grunddienstbarkeit In Abteilung
II unter der laufenden Nummer mit dem Zusatz "auf No. 510/213" ( aufzunehmen )
verzeichnet.
10
Mit Vertrag vom 8. November 1918 veräußerte Frau T an den Großvater des Beteiligten
zu 1) neben weiteren im Grundbuch von G1 Band 7 Blatt 16 eingetragenen
Grundstücken auch die unter den laufenden Nummern des Bestandsverzeichnisses
112, 113, 114 und 115 aufgeführten Grundstücke. Diese aus der ursprünglichen
Parzelle 510/213 hervorgegangenen Grundstücke wurden am 16. November 1918 in
das Grundbuch von C Band 1 Blatt 21 übertragen und dort unter den laufenden
Nummern 5 bis 8 des Bestandsverzeichnisses eingetragen. Unter den Nummern 1 bis 4
sowie 9 und 10 des Bestands-verzeichnisses waren die weiteren veräußerten
Grundstücke verzeichnet. Ebenfalls am 16. November 1918 erfolgte die Fortschreibung
der Grundstücke 4, 5 und 9 zur laufenden Nummer 11, die Fortschreibung der
Grundstücke 1, 3, 6 und 10 zur laufenden Nummer 12 sowie die Fortschreibung der
Grundstücke 2 und 8 zur laufenden Nummer 13. Des weiteren übertrug das
Grundbuchamt am 16. November 1918 zur laufenden Nummer 1 a) in Abteilung II aus
dem Grundbuch von G1 Band 14 Blatt 43 nachstehende Last:
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"Eigentümer ist verpflichtet, sämtliche Abwässer von den Grundstücken Flur X
592/201, 593/201, 599/201, 601/201 ( C 1 - 9 ) und 594/201 ( C 1 - 20 ) der Gem. C
auf 510/213 aufzunehmen. ..."
12
Am 27. April 1921 wurde das bis dahin unter der laufenden Nummer 11 verzeichnete
Grundstück als laufende Nummer 14/15 und das bis dahin unter der laufenden Nummer
13 verzeichnete Grundstück als laufende Nummer 16/17 des Bestandsverzeichnisses
fortgeschrieben. Die in Spalte 2 der Abteilung II zu Ziffer 1 a) enthaltenen Angaben
wurden um die Ziffern 14 und 15 ergänzt.
13
Im Jahre 1955 wurden die bisherigen Grundstücke 12, und 14/15 einerseits und 16/17
andererseits jeweils vereinigt und als neue Nummer 18 bzw. 19 in das
Bestandsverzeichnis aufgenommen. Das bis dahin unter der laufenden Nummer 7
geführte Grundstück wurde unter der neuen laufenden Nummer 20 eingetragen.
14
In Spalte 2 der Abteilung II ( Laufende Nummer der belasteten Grundstücke ) sind die
unter Bezugnahme auf das Bestandsverzeichnis bezeichneten, von der Belastung zu
Ziffer 1 a) betroffenen Grundstücke wie folgt gekennzeichnet: 5, 6, 7, 8, 11, 12, 14, 15
und 18. Die Ziffern 5, 6, 8, 11, 12, 14 und 15 sind rot unterlegt.
15
Das Grundbuch von C Band 1 Blatt 21 wurde am 12. November 1975 nach
Abschreibung des Bestandes zum Grundbuch von C und der damit einhergehenden
Umstellung auf das Loseblattformat geschlossen. Die im Grundbuch von C Band 1 Blatt
21 unter den laufenden Nummern des Bestandsverzeichnisses 18, 19 und 20
aufgeführten Grundstücke wurden als laufende Nummern 1, 2 und 3 zum Grundbuch
von C übertragen.
16
Die Umschreibung der bislang zu Ziffer 1 a) der Abteilung II eingetragenen
Grunddienstbarkeit erfolgte am 12. November 1975 ohne vorherige Anhörung der
Beteiligten mit folgendem auszugsweise wiedergegebenen Inhalt:
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"Eigentümer ist verpflichtet, die sämtlichen Abwässer von den Grundstücken Flur X
592/201, 593/201, 599/201, 601/201 ( C 1 – 9 ) und 594/201 ( C 1 – 20 )
aufzunehmen."
18
Als von der Grunddienstbarkeit betroffenes Grundstück wurde in Spalte 2 der Abteilung
II lediglich das unter der laufenden Nummer 1 des Bestandsverzeichnisses verzeichnete
Grundstück aufgeführt.
19
Dieses Grundstück ( Flur X Flurstück X ) wurde im Jahre 1988 geteilt. Die hieraus
hervorgegangenen Grundstücke wurden sodann unter teilweiser Umflurung unter den
laufenden Nummern 4 bis 9 in das Bestandsverzeichnis aufgenommen und die
Bezeichnung der von der Grunddienstbarkeit betroffenen Grundstücke in Spalte 2 der
Abteilung II entsprechend ergänzt. Die Grundstücke unter den laufenden Nummern 4 bis
7 wurden am 21. September 1989 abgeschrieben und zum Grundbuch von C 0211
übertragen. Das Grundstück mit der laufenden Nummer 8 des Bestandsverzeichnisses
wurde später geteilt und die hieraus hervorgegangenen Grundstücke unter den
laufenden Nummern 10 und 11 des Bestandsverzeichnisses am 29. August 2001
eingetragen. Letzteres Grundstück wurde am 25. März 2002 auf das Grundbuch von C
1377 übertragen. Aus dem ursprünglich zu Ziffer 1 des Bestandsverzeichnisses
aufgeführten Grundstück Flur X Flurstück X sind somit nur noch die unter den Ziffern 9
und 10 des Bestandsverzeichnisses aufgeführten Grundstücke ( Flur X Flurstücke X und
819 ) verblieben. Zur Bezeichnung der mit dem Recht zu Ziffer 1 der Abteilung II
belasteten Grundstücke sind nunmehr nur noch diese Grundstücke mit den Ziffern 9 und
20
10 in Spalte 2 der Abteilung II angegeben. Die übrigen Eintragungen in Spalte 2 sind rot
unterlegt.
Mit Schreiben vom 10. Juli 2000 an das Grundbuchamt regte der Beteiligte zu 1) an, das
Grundbuch wegen einer bestehenden Unrichtigkeit zu berichtigen, da entgegen der
Verlautbarung des Grundbuchs nicht das gesamte Grundstück zur ursprünglichen Ziffer
1, sondern nur die ehemalige Parzelle 510/213 mit dem eingetragenen Recht belastet
sei. Da von mehreren Eigentümern der herrschenden Grundstücke beabsichtigt sei,
Teilflächen ihrer Grundstücke zum Zwecke der Bebauung zu verkaufen, bestehe die
Gefahr, daß zugunsten der jeweiligen Erwerber die gesamte Grundstücksfläche als mit
der Grunddienstbarkeit belastet gelte.
21
Dieses Schreiben nahm das Grundbuchamt zum Anlass, am 14. August 2000 von Amts
wegen zunächst einen Widerspruch gegen die gem. § 46 Abs. 2 GBO erfolgte Löschung
der Grunddienstbarkeit – mit dem Inhalt wie zu Ziffer 1 a) in Abteilung II des Grundbuchs
von C Band 1 Blatt 21 - bezogen auf die unter den laufenden Nummern 2 und 3 des
Bestandsverzeichnisses verzeichneten Grundstücke einzutragen.
22
Mit Beschluss vom 8. November 2000 wies das Grundbuchamt sodann die Anregung
des Beteiligten zu 1) auf Eintragung eines Amtswiderspruchs für die im Betreff
genannten Grundstücke zurück. Zur Begründung führte es aus, daß das Recht nicht mit
dem Zusatz "auf 510/213" in das Grundbuch von G1 Band 14 Blatt 43 eingetragen
worden sei. Die Aufnahme des Zusatzes bei der Übernahme des Rechts in das
Grundbuch von C Band 1 Blatt 21 habe keine Auswirkungen auf den Inhalt des Rechts
gehabt. Mit der Nichtübernahme des Zusatzes in das Grundbuch von C sei daher nur
der ursprüngliche Eintragungstext wieder hergestellt worden. Eine gesetzliche Vorschrift
habe das Grundbuchamt bei der Umstellung auf das Loseblattformat im Jahre 1975
nicht verletzt, da keine Verpflichtung bestehe, die ursprünglichen
Belastungsgegenstände der zu übernehmenden Rechte nachzuvollziehen und
gegebenenfalls durch entsprechende Vermerke klar zu stellen.
23
Die dagegen gerichtete Beschwerde des Beteiligten zu 1) hat das Landgericht mit
Beschluss vom 7. November 2002 zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der
Beteiligte zu 1) mit seiner weiteren Beschwerde, die er mit Schriftsatz seiner
Verfahrensbevollmächtigten vom 18. November 2002 eingelegt hat. Mit dieser erstrebt
er weiterhin die Eintragung eines Amtswiderspruchs hinsichtlich der Löschung des
Zusatzes "auf 510/213" bezogen auf das in Abteilung II zu Ziffer 1 eingetragene Recht.
24
II.
25
Die weitere Beschwerde ist nach § 78 GBO statthaft sowie gem. § 80 Abs. 1 S. 2 GBO
formgerecht eingelegt. Die Beschwerdebefugnis des Beteiligten zu 1) folgt bereits
daraus, daß das Landgericht seine erste Beschwerde zurückgewiesen hat.
26
In der Sache ist das Rechtsmittel begründet, weil die Entscheidung des Landgerichts
auf einer Verletzung des Rechts beruht ( § 78 S. 1 GBO ). Auf die weitere Beschwerde
waren die Beschlüsse des Grundbuchamts vom 8. November 2000 und des
Landgerichts vom 7. November 2002 aufzuheben und die Sache zur erneuten
Behandlung und Entscheidung an das Grundbuchamt zurückzuverweisen.
27
In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das Landgericht zutreffend von einer gem. § 71 Abs.
28
1 GBO zulässigen Erstbeschwerde des Beteiligten zu 1) ausgegangen. Mit der ersten
Beschwerde hat der Beteiligte zu 1) die Eintragung eines Amtswiderspruchs gegen eine
dem Regelungsbereich des § 71 Abs. 2 GBO unterfallende Eintragung erstrebt. Bei
dieser Eintragung handelt es sich um eine solche, die unter dem Schutz des öffentlichen
Glaubens des Grundbuchs steht und deshalb gem. § 71 Abs. 2 S. 2 GBO nur beschränkt
mit dem Ziel der Eintragung eines Amtswiderspruchs mit einem Rechtsmittel
angefochten werden kann. Diesem Umstand hat der Beteiligte zu 1) bereits bei der
Formulierung seines mit der ersten Beschwerde verfolgten Beschwerdeziels Rechnung
getragen. Dem entsprechend hat das Landgericht seine Prüfung darauf beschränkt, ob
die Voraussetzungen für die Eintragung eines Amtswiderspruchs gem. § 53 Abs. 1 S. 1
GBO vorliegen.
Mit diesem Ziel ist der Beteiligte zu 1) zur Einlegung der ersten Beschwerde gegen die
erfolgte Eintragung befugt. Richtet sich die Beschwerde gegen eine vom Grundbuchamt
vorgenommene Eintragung, ist nach einhelliger Rechtsprechung nur derjenige
beschwerdebefugt, der einen Grundbuchberichtigungsanspruch geltend machen kann,
zu dessen Gunsten also der Amtswiderspruch gebucht werden müßte
29
( BGHZ 106, 253, 255 = NJW 1989, 1609; BayObLGZ 1987, 231, 233 = NJW-RR 1987,
1416, 1417; Senat FGPrax 1996, 210 = NJW 1997, 593 ). Die von dem Beteiligten zu 1)
angestrebte Eintragung eines Amtswiderspruchs dient der Sicherung eines
Grundbuchberichtigungsanspruchs zur Richtigstellung des Inhalts der in Abteilung II zu
Ziffer 1 eingetragenen Belastung, so daß der Amtswiderspruch zu Gunsten der
Beteiligten zu 1) bis 3) in Erbengemeinschaft als Eigentümer des dienenden
Grundstücks gebucht werden müßte. Die Beschwerdebefugnis des Beteiligten zu 1)
ergibt sich daraus, daß dieser den Grundbuchberichtigungs-anspruch als Mitglied der
Erbengemeinschaft gem. § 2039 BGB allein geltend machen kann ( Budde in Bauer/von
Oefele, GBO, § 71 Rdn. 83; Demharter, GBO, 24. Aufl., § 53 Rdn. 33 ).
30
Nach § 53 Abs. 1 S. 1 GBO hat das Grundbuchamt von Amts wegen einen Widerspruch
einzutragen, wenn sich ergibt, daß unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften eine
Eintragung vorgenommen worden ist, durch die das Grundbuch unrichtig geworden ist.
31
Dabei kommt ein Amtswiderspruch nur gegen solche Eintragungen in Betracht, an die
sich ein gutgläubiger Erwerb anschließen kann ( Demharter, a.a.O., § 53 Rdn.
32
19; Meincke in Bauer/von Oefele, a.a.O., § 53 Rdn. 29 ). Dieses trifft auf die vorliegende
Grunddienstbarkeit zu. Auch eine Grunddienstbarkeit kann kraft guten Glaubens
erworben werden ( Palandt-Bassenge, BGB, 61. Aufl. § 892 Rdn. 11; OLG Frankfurt,
Rpfleger 1979, 418 ). Bei dem Erwerb eines Grundstücks werden die für den jeweiligen
Eigentümer dieses Grundstücks eingetragenen Grunddienstbarkeiten unbeschadet des
Umstandes, daß bei dem Rechtsübergang eine Eintragung auf dem dienenden
Grundstück nicht erfolgt, mit erworben, da Grunddienstbarkeiten als Bestandteil des
Grundstücks gelten. Es besteht kein Anlass, von dem in den §§ 892, 893 BGB zum
Ausdruck gekommenen Grundsatz über den Schutz des Vertrauens auf die Richtigkeit
des Grundbuchs eine Ausnahme zu machen, wenn es sich um eine Grunddienstbarkeit
handelt. Anderenfalls könnte der zukünftige Erwerber des herrschenden Grundstücks
trotz der durch eine Einsichtnahme in das Grundbuch des dienenden Grundstücks
gewonnenen Überzeugung nicht darauf vertrauen, daß er dieses Recht miterwirbt. Daß
die Grunddienstbarkeit nicht auch im Grundbuch des herrschenden Grundstücks
eingetragen ist, ist für den Erwerb einer Grund-dienstbarkeit kraft Rechtsscheins gem. §
33
892 BGB unerheblich, da es insoweit allein auf den Grundbuchstand des dienenden
Grundstücks ankommt ( BayObLG, Rpfleger 1987, 101, 102 ).
Nach Auffassung des Landgerichts liegt bereits eine Eintragung, gegen die sich der
begehrte Amtswiderspruch richten könne, nicht vor. Zwar sei unter einer Eintragung
auch eine Löschung zu verstehen. In der Nichtübertragung des Zusatzes "auf 510/213"
liege aber keine Löschung gem. § 46 Abs. 2 GBO, da das Recht selbst übertragen
worden sei. Der Zusatz beinhalte lediglich die Bezeichnung der Ausübungsstelle der
Grunddienstbarkeit und damit eine Beschränkung der Grunddienstbarkeit auf ein
bestimmtes Grundstück, die ihrerseits nicht in den Regelungsbereich des § 46 Abs. 2
GBO falle.
34
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung durch den Senat nicht Stand.
Im Ausgangspunkt zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, daß in der
Nichtübertragung des Zusatzes nicht eine Löschung i.S.d. § 46 Abs. 2 GBO zu sehen
ist. Wird bei der Übertragung eines Grundstücks oder eines Grundstücksteils auf ein
anderes Blatt ein eingetragenes Recht nicht mitübertragen, so gilt es in Ansehung des
Grundstücks oder des Teils nach der vorgenannten Vorschrift als gelöscht. Hier ist die in
Abteilung II zu Ziffer 1 des Grundbuchs von C Band 1 Blatt 21 eingetragen gewesene
Grunddienstbarkeit mit der Einführung des Loseblattgrundbuchs auf das Grundbuch von
C jedoch übertragen worden. Die Übernahme ohne den Zusatz bewirkte nicht eine auch
nur teilweise Löschung dieses Rechts. Vielmehr erstreckte sich durch die
Nichtübertragung des Zusatzes die Grunddienstbarkeit nach dem durch das Grundbuch
nunmehr verlautbarten Inhalt ohne eine Einschränkung auf das unter der laufenden
Nummer 1 des Bestandsverzeichnisses geführte Grundstück. Das Landgericht hätte
daher für seine weiteren Überlegungen davon ausgehen müssen, daß sich der von dem
Beteiligten zu 1) erstrebte Amtswiderspruch gegen die erstmalige Eintragung der
Grunddienstbarkeit in das Grundbuch von C mit dem aus dem Grundbuch ersichtlichen
Inhalt richtete.
35
In ihrer weiteren Begründung hat die Kammer ausgeführt, daß die Nichtübernahme des
Zusatzes, soweit darin eine Löschung gem. § 46 Abs. 2 GBO gesehen werden könne,
jedenfalls nicht unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften vorgenommen worden sei. In
vertretbarer Weise sei das Grundbuchamt davon ausgegangen, daß bei der
ursprünglichen Eintragung der Grunddienstbarkeit in das Grundbuch von G1 Band 14
Blatt 43 der Zusatz "auf 510/213" gefehlt habe. Nachdem zwischenzeitlich im
Grundbuch von C Band 1 Blatt 21 dieser Zusatz aufgenommen worden sei, habe das
Grundbuchamt mit dessen Nichtübertragung auf das Grundbuch von C den
ursprünglichen Text der Grunddienstbarkeit wieder hergestellt. Angesichts dessen
erscheine es vertretbar, daß das Grundbuchamt nicht auf die Vorlage einer
Löschungsbewilligung des im Grundbuch von C Band 1 Blatt 21 eingetragenen
Eigentümers hingewirkt habe.
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Auch diese Ausführungen der Kammer sind nicht frei von Rechtsfehlern. Das
Grundbuchamt hat die Eintragung der Grunddienstbarkeit zu Ziffer 1 der Abteilung II in
das Grundbuch von C unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften vorgenommen, weil
weder ein auf die konkrete Eintragung gerichteter Antrag gem. § 13 GBO vorgelegen hat
noch die Bewilligung der Eintragung seitens der Beteiligten zu 1) bis 3) dem
Grundbuchamt gem. § 19 GBO nachgewiesen worden ist. Die Anlegung des
Grundbuchs von C erfolgte im Zusammenhang mit der Umstellung der bis dahin in
festen Bänden geführten Grundbuchblätter auf das Loseblattgrundbuch im Jahre 1975.
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Die Übertragung auf das Loseblattgrundbuch erfolgte dabei durch Übernahme der in
dem bisher geführten Grundbuch enthaltenen Eintragungen, wobei die
Übereinstimmung des Inhalts des neuen Blattes mit dem bisherigen Blatt im
Bestandsverzeichnis und in jeder Abteilung zu bescheinigen war ( vgl. § 101 Abs. 3
GBV ). Auf den vorliegenden Fall nicht zutreffende Ausnahmemöglichkeiten bestanden
für die Abteilungen II und III nur dann, wenn diese nur gelöschte Eintragungen
enthielten, und die Übernahme dieser Eintragungen zum Verständnis noch gültiger
Eintragungen nicht erforderlich war.
Demnach war die Grunddienstbarkeit mit dem Inhalt in das Grundbuch von C zu
übernehmen, wie er sich aus der Eintragung des Grundbuchs von C Band 1 Blatt 21 zu
Ziffer 1 a) ergab. Die Eintragung der Grunddienstbarkeit mit einem von der bisherigen
Eintragung abweichenden, erweiterten Inhalt durfte von dem Grundbuchamt daher nur
auf entsprechenden Antrag gem. § 13 GBO nach Vorlage einer darauf gerichteten
Eintragungsbewilligung der Beteiligten zu 1) bis 3) gem. § 19 GBO vorgenommen
werden. Da weder ein solcher Antrag gem. § 13 GBO gestellt worden ist, noch die
erforderliche Bewilligung der Beteiligten zu 1) bis 3) vorgelegen hat, ist die Eintragung
der Grunddienstbarkeit mit dem aus dem Grundbuch von C ersichtlichen Inhalt unter
Verletzung gesetzlicher Vorschriften vorgenommen worden.
38
Durch diese unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften vorgenommene Eintragung ist
das Grundbuch unrichtig geworden. Unrichtig ist das Grundbuch, wenn die durch den
Grundbuchinhalt dargestellte Rechtslage bezüglich der Grunddienstbarkeit nicht mit der
tatsächlichen Rechtslage übereinstimmt ( Palandt-Bassenge, a.a.O. § 894, Rdn. 2 ).
Dieses ist im vorliegenden Fall von dem Beteiligten zu 1) glaubhaft gemacht worden.
Nach dem nunmehr durch das Grundbuch verlautbarten Inhalt erstreckt sich die
Grunddienstbarkeit auf das gesamte zu Ziffer 1 des Bestandsverzeichnisses genannte
Grundstück. Nachdem das unter Ziffer 1 verzeichnete Grundstück geteilt und die hieraus
neu entstandenen Grundstücke teilweise auf andere Grundbücher übertragen worden
sind, sind von der Eintragung im Grundbuch von C nur noch die Grundstücke unter den
laufenden Nummern 9 und 10 des Bestandsverzeichnisses (Flur X, Flurstücke X und X)
betroffen. Mit der Grunddienstbarkeit belastet sind die vorgenannten Grundstücke
jedoch nur, soweit diese aus der ursprünglichen Parzelle 510/213 hervorgegangen und
mit dieser identisch sind.
39
Ausweislich der Eintragungsbewilligung der Frau T vom 19. Februar 1914 ist nur die
ursprüngliche Parzelle 510/213 mit der Grunddienstbarkeit belastet. Entgegen der
Auffassung der Vorinstanzen ist die Grunddienstbarkeit mit diesem Inhalt in das
Grundbuch von G1 Band 14 Blatt 43 eingetragen worden. Zwar ist bei der Eintragung
der Grunddienstbarkeit zu deren näheren Bezeichnung nicht auf die
Eintragungsbewilligung der Frau T vom 19. Februar 1914 Bezug genommen worden, §
874 BGB. Auch ist in der Spalte 4 der Abteilung II des Grundbuchs der Zusatz "auf
510/213" nicht eingetragen worden. Daß mit der Grunddienstbarkeit das Grundstück mit
der ehemaligen Parzellenbezeichnung 510/213 belastet war, ergibt sich aber aus der
Eintragung in Spalte 3 der Abteilung II. In der vorbezeichneten Spalte 3 sind die mit der
in Spalte 4 näher gekennzeichneten Grunddienstbarkeit belasteten Grundstücke nach
der laufenden Nummer des Bestandsverzeichnisses bezeichnet. Aus der Eintragung der
Ziffer "41" ergibt sich, daß mit der Grunddienstbarkeit das unter der laufenden Nummer
41 des Bestandsverzeichnisses eingetragene Grundstück, bei dem es sich um die
ursprüngliche Parzelle 510/213 handelt, belastet war. Nach Teilung dieses Grundstücks
sind die hieraus hervorgegangenen Grundstücke unter den laufenden Nummern 112 bis
40
117 des Bestandsverzeichnisses eingetragen und in Spalte 3 der Abteilung II die mit der
Grunddienstbarkeit belasteten Grundstücke nunmehr mit den Ziffern 112 bis 117
bezeichnet worden. Auch ohne die Aufnahme des Zusatzes "auf 510/213" in Spalte 4
der Abteilung II des Grundbuchs ergaben sich die mit der Grunddienstbarkeit belasteten
Grundstücke ohne weiteres aus dem Inhalt des Grundbuchs.
Dieses war nicht mehr gewährleistet, nachdem die aus der ursprünglichen Parzelle
510/213 gebildeten Grundstücke 112 bis 115 an den Großvater des Beteiligten zu 1) im
Jahre 1918 verkauft und am 16. November 1918 zum Grundbuch von C Band 1 Blatt 21,
dort laufende Nummern 5 bis 8 des Bestandsverzeichnisses, übertragen worden sind.
Ebenfalls noch am 16. November 1918 ist das Grundstück Ziffer 5 mit den
mitveräußerten unbelasteten Grundstücken der Ziffern 4 und 9 des
Bestandsverzeichnisses zur laufenden Nummer 11 des Bestandsverzeichnisses
fortgeschrieben worden. Das Grundstück mit der Ziffer 6 ist mit den unbelasteten
Grundstücken 1, 3 und 10 zur laufenden Nummer 12 des Bestandsverzeichnisses und
das Grundstück mit der Ziffer 8 ist mit dem Grundstück 2 zur laufenden Nummer 13 des
Bestandsverzeichnisses fortgeschrieben worden. Diese Fortschreibung und die weitere
Fortschreibung der Grundstücke mit der Ziffer 11 zur neuen Nummer 14/15 und der
bisherigen Ziffer 13 zur neuen Nummer 16/17 im Jahre 1921, sowie die im Jahre 1955
erfolgte Vereinigung der bisherigen Grundstücke 12 und 14/15 zur neuen Nummer 18
und der Nummer 16/17 zur neuen Nummer 19 des Bestandsverzeichnisses hatten zur
Folge, daß Teile der mit der Grunddienstbarkeit belasteten ursprünglichen Parzelle
510/213 nunmehr in mehreren, neu gebildeten Grundstücken aufgegangen waren. Dies
machte eine Klarstellung des Inhalts der Grunddienstbarkeit erforderlich, wonach diese
ausdrücklich nur für die Parzelle mit der ursprünglichen Bezeichnung 510/213 bestellt
worden war. Mit der Hinzufügung des Zusatzes "auf 510/213" ist dieser Zweck erreicht
worden, ohne das dies zu einer inhaltlichen Änderung des mit der Grunddienstbarkeit
eingeräumten Rechts geführt hat.
41
Die Vereinigung der vorbezeichneten Grundstücke hatte entgegen der Auffassung des
Landgerichts nicht zur Folge, daß die Parzelle mit der ursprünglichen Bezeichnung
510/213 nunmehr zur Ausübungsstelle der Grunddienstbarkeit auf den neu gebildeten
Grundstücken geworden ist. Als Ausübungsstelle wird der reale Grundstücksteil
bezeichnet, auf den die Ausübung der auf dem gesamten Grundstück lastenden
Grunddienstbarkeit durch rechtsgeschäftliche oder tatsächliche Ausübung beschränkt
wird ( § 1023 BGB ). Ausübungsstelle der Grunddienstbarkeit kann die Parzelle mit der
ursprünglichen Bezeichnung 510/213 somit nur dann sein, wenn die durch die
Vereinigung neu gebildeten Grundstücke insgesamt mit der Grunddienstbarkeit belastet
wären. Dies ist jedoch nicht der Fall.
42
Zu einem Grundstück vereinigt werden können zwei oder mehrere Grundstücke
dadurch, daß der Eigentümer diese als ein Grundstück in das Grundbuch eintragen läßt
( § 890 Abs. 1 BGB ). Das neu gebildete Grundstück entsteht aus den bisher rechtlich
selbständigen Grundstücken, welche unwesentliche Bestandteile des neuen
Grundstücks werden. Belastungen der bisherigen Einzelgrundstücke bleiben bei der
Vereinigung als Belastungen des jeweiligen Grundstücksteils weiterhin selbständig
bestehen. Bestehende Belastungen des jeweiligen Grundstücksteils in Abteilung II des
Grundbuchs erstrecken sich daher gesetzlich nicht auf den jeweils anderen
Grundstücksteil des neuen Grundstücks ( Schöner/Stöber, Grundstücksrecht, 12. Aufl.,
Rdn. 624; Palandt-Bassenge, a.a.O., § 890, Rdn. 9; BGH, Rpfleger 1978, 52 ).
43
Mit der Grunddienstbarkeit belastet ist somit weiterhin nur das unter der ursprünglichen
Parzelle 510/213 bezeichnete Grundstück. Teile dieses ehemaligen Grundstücks sind
u.a. in dem zur laufenden Nummer 1 des Bestandsverzeichnisses des Grundbuchs von
C 0330 eingetragenen Grundstück aufgegangen. Nach Teilung des vorgenannten
Grundstücks und der erfolgten Abschreibung eines Teils des Bestandes sind insoweit
die unter den laufenden Nummern 9 und 10 des Bestandsverzeichnisses verzeichneten
Grundstücke Flur X, Flurstücke X und X verblieben. Mit der Grunddienstbarkeit belastet
sind diese Grundstücke nur in den Teilbereichen, die aus der Parzelle mit der
ursprünglichen Bezeichnung 510/213 hervorgegangen sind. Da sich diese
Einschränkung dem Inhalt des zu Ziffer 1) in Abteilung II eingetragenen Rechts nicht
entnehmen läßt, das Grundbuch vielmehr ein Recht verlautbart, wonach die
Grundstücke Flur X, Flurstücke X und 819 insgesamt mit der Grunddienstbarkeit belastet
sind, ist das Grundbuch durch die entgegen den gesetzlichen Vorschriften
vorgenommene Eintragung durch das Grundbuchamt unrichtig geworden.
44
Eine abschließende Entscheidung des Inhalts, daß das Grundbuchamt anzuweisen ist,
den begehrten Amtswiderspruch einzutragen, ist dem Senat nicht möglich. Insoweit
bedarf es noch der Anhörung der Eigentümer der durch die Grunddienstbarkeit
begünstigten Grundstücke. Von einer solchen Anhörung haben das Grundbuchamt und
auch die Kammer ausgehend von ihrem rechtlichen Standpunkt bislang absehen
können, da sie die Eintragung eines Amtswiderspruchs abgelehnt haben. Nachdem die
Entscheidung der Kammer aus den vorstehenden Gründen keinen Bestand haben kann,
ist nunmehr die bislang unterbliebene Anhörung der Eigentümer der herrschenden
Grundstücke als weitere Beteiligte des Verfahrens nachzuholen. Der Senat hat daher
die Beschlüsse des Grundbuchamts und der Kammer aufgehoben und die Sache nach
Ausübung des ihm zukommenden pflichtgemäßen Ermessens zur erneuten Behandlung
an das Grundbuchamt zurückverwiesen.
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Im Wege der einstweiligen Anordnung hat der Senat das Grundbuchamt zur Eintragung
eines vorläufigen Amtswiderspruchs mit dem aus dem Tenor ersichtlichen Inhalt
angewiesen. Zwar beschränkt § 76 Abs. 1 GBO seinem Wortlaut nach die Möglichkeit
des Erlasses einer einstweiligen Anordnung auf den Zeitraum vor Erlaß der
abschließenden Entscheidung über das Rechtsmittel. Verfahrensvorschriften sind
jedoch so auszulegen, daß ein effektiver Rechtsschutz tatsächlich auch gewährt werden
kann. In der vorliegenden Verfahrenssituation ist es dringend geboten, durch eine
einstweilige Anordnung über den Zeitpunkt der Entscheidung durch den Senat hinaus
eine vorläufige Regelung zu treffen. Anderenfalls entstünde für den Zeitraum, bis zu
dem das Grundbuchamt erneut tätig werden kann, eine Rechtsschutzlücke, während
deren Dauer hinsichtlich des eingetragenen Rechts mit Gutglaubenswirkung verfügt und
dadurch der abschließende Erfolg des Rechtsmittels vereitelt werden könnte ( Budde in
Bauer/von Oefele, a.a.O., § 76 Rdn 4 ).
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Die Wertfestsetzung beruht auf §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 1, 2 KostO und folgt der
unbeanstandet gebliebenen Wertfestsetzung durch das Landgericht.
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