Urteil des OLG Hamm vom 13.12.2004

OLG Hamm: klinik, krankenpfleger, operation, nierenentzündung, schmerzensgeld, behandlungsfehler, vorsorge, harnstauungsniere, anhörung, nacht

Oberlandesgericht Hamm, 3 U 135/04
Datum:
13.12.2004
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
3. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
3 U 135/04
Vorinstanz:
Landgericht Dortmund, 4 O 83/01
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das am 12. Februar 2004 verkündete
Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund wird
zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin wird gestattet, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung
in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn
nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
G r ü n d e
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I.
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Ende März 1995 wurden bei zwei Patientinnen in der Klinik der Beklagten
Streptokokken-A festgestellt. Maßnahmen der Hygienesicherung veranlasste die
Beklagte nicht.
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Am 4.4.1995 wurde in der Klinik der Beklagten im Operationssaal eine
Kaiserschnittentbindung bei der am 11.10.1963 geborenen Klägerin vorgenommen.
Operateur war der Zeuge Dr. Q. Die Instrumente wurden vom Krankenpfleger T3
gereicht. Unter den Parteien ist streitig, ob der Zeuge T3 um diese Zeit mit
Streptokokken-A infiziert war und ob er die Infektion an die Klägerin weitergegeben hat.
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In den folgenden Tagen verschlechterte sich der Zustand der Klägerin. In den
Morgenstunden des 7.4.1995 vermuteten die die Klägerin behandelnden Ärzte, u.a. die
Zeugin Dr. N2, eine Infektion. Im Rahmen einer Laparotomie wurden Gebärmutter und
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linker Eileiter entfernt. Ebenfalls am 7.4.1995 wurde die Streptokokken A- Infektion bei
der Klägerin festgestellt. Am 14.4.1995 wurde eine Re-Laparotomie vorgenommen, bei
der der rechte Eileiter entfernt wurde.
Am 17.5.1995 wurde bei der Zeugin U2 nach einer Kaiserschnittentbindung in der Klinik
der Beklagten eine Streptokokken-A-Infektion festgestellt. Am 19.5. und 22.5.1995
wurden in der Klinik der Beklagten zwei weitere Fälle von Streptokokken-A-Infektionen
diagnostiziert. Aufgrund einer Untersuchungsprobe vom 23.5.1995 wurde bei dem
Zeugen T3 eine Streptokokken A- Infektion festgestellt; wegen der Einzelheiten wird auf
den Untersuchungsbefund vom 25.5.1995 (Bl. 172 d.A.) verwiesen.
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Wegen einer am 28.5.1995 entstandenen Harnstauungsniere wurde der Klägerin in der
Klinik der Beklagten ein Urethersplint zu Schienung des linken Harnleiters gelegt. Am
13.7.1995 wurde der Splint durch einen niedergelassenen Urologen entfernt. Am
19.7.1995 legte der Urologe Dr. V in der Klinik der Beklagten einen neuen Urethersplint.
In der Nacht vom 26. auf den 27.8.1995 rutschte der Splint heraus. Die Klägerin begab
sich notfallmäßig in die Klinik der Beklagten. Dr. V schob den Splint in die Blase zurück.
Unter den Parteien ist streitig, ob sich die Klägerin bei dieser Gelegenheit eine
Nierenentzündung zuzog. Vom 7.9.1995 bis zum 13.9.1995 wurde die Klägerin wegen
einer Nierenentzündung in der Klinik der Beklagten behandelt.
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Am 19.9.1996 unterzog sich die Klägerin in der Klinik für Chirurgie der Beklagten einer
Narbenoperation wegen der Laparotomie-Narben. Operateur war der Zeuge Dr. N3, der
auch zuvor das Aufklärungsgespräch geführt hatte. Unter den Parteien ist streitig, ob der
Klägerin vor der Operation vom 19.6.1996 Zusagen über eine optische Besserung
gemacht worden sind.
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Vorprozessual teilte der Haftpflichtversicherer der Beklagten durch Schreiben vom
15.5.1997 (Bl. 7 d.A.) an die damaligen Verfahrensbevollmächtigen der Klägerin mit: "Es
ist danach unstreitig, dass es während der Kaiserschnittentbindung vom 4.4.1995 zu der
Streptokokken-A-Infektion gekommen ist. Es ist auch unstreitig, dass Keimträger ein OP-
Pfleger aus dem OP-Team gewesen ist… Es sind vielerlei Infektionsquellen möglich,
auch etwa der jeweilige Ehemann, der die werdende Mutter in die Entbindungsstation
begleitet, kann als Keimquelle in Betracht kommen…". Ein im wesentlichen
übereinstimmendes Schreiben gleichen Datums erhielt der Verfahrensbevollmächtigte
der Zeugin U2 (Bl. 493 d.A.).
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Die Klägerin hat Schmerzensgeld, Ersatz materiellen Schadens für eine Folgeoperation
zur Entfernung der Laparotomienarben sowie Feststellung der Ersatzpflicht der
Beklagten verlangt. Das Landgericht hat ein hygienemedizinisches Gutachten des
Mikrobiologen Prof. Dr. F eingeholt, ferner ein gynäkologisches, ein urologisches sowie
ein chirurgisches Sachverständigengutachten. Darüber hinaus hat das Landgericht
mehrere Zeugen vernommen: aus der Klinik der Beklagten den Krankenpfleger T3, die
die Klägerin behandelnden Ärzte Dr. Q und Fr. Dr. N, die Hygienefachkraft Maronde und
den Vorsitzenden der Hygienekommission Dr. F2. Des Weiteren hat das Landgericht die
Zeugin U2 und den damaligen Ehemann der Klägerin, den Zeugen U, vernommen. Auf
dieser Grundlage hat die Kammer die Klage abgewiesen. Auf die tatsächlichen
Feststellungen in dem angefochtenen Urteil wird Bezug genommen (§ 540 I Nr. 1 ZPO).
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Mit der Berufungsbegründung trägt die Klägerin vor: Die Streptokokken-Infektion
stamme aus dem von der Beklagten hygienisch beherrschbaren Bereich. Es sei
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angesichts des vorprozessualen Schreibens des Haftpflichtversicherers vom 15.5.1997
unstreitig, dass es während des Kaiserschnitts vom 4.4.1995 zu der Streptokokken-
Infektion gekommen sei. Es sei auch unstreitig, dass Keimträger ein Operationspfleger
gewesen sei. Eine Selbstinfektion sei unwahrscheinlich. Daher kehre sich die
Beweislast zu Lasten der Beklagten um.
Es beruhe auf Nachlässigkeit des Personals der Beklagten, dass es zu der Infektion
gekommen sei. Weitere Fälle bereits aus März 1995 seien der Beklagten bekannt
gewesen. Angesichts dessen hätte die Beklagte hygienische Vorsichtsmaßnahmen
ergreifen müssen. Dann wäre der Pfleger T3 noch vor dem 4.4.1995 als Keimträger
erkannt worden. Jedenfalls hätten die Ärzte der Beklagten informiert werden müssen;
sie hätten dann früher auf die Beschwerden reagieren können. Insbesondere die
Infektion der Gebärmutter hätte dann verhindert werden können.
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Bei der Rückführung des Splints am 26./27.8.1995 habe sie sich eine Infektion der Niere
zugezogen. Die Desinfektionsversuche seien unzureichend gewesen. Sollte die
Nierenentzündung bereits auf die Sepsis aus April 1995 zurückzuführen sein, hafte die
Beklagte ebenfalls.
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Vor der Narbenoperation am 19.9.1996 sei ihr zugesagt worden, dass eine optische
Besserung erzielt werde; das sei nicht geschehen.
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Die Klägerin hat die Berufung im Hinblick auf den Berufungsantrag zu 2) teilweise
zurückgenommen und beantragt nunmehr,
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1.
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an sie ein in das Ermessen des Senats gestelltes Schmerzensgeld – Vorstellung:
nicht weniger als 25.500,- € - nebst 4% Zinsen seit dem 30.10.1997 zu zahlen;
17
2.
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an sie 2.735,41 € zuzüglich 4% Zinsen ab dem 30.10.1997 zu zahlen,
19
3.
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festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr sämtlichen materiellen und
immateriellen Schaden, der im Zusammenhang mit der am 4.4.1995
durchgeführten Operation steht, zu ersetzen.
21
4.
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hilfsweise, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Verfahren zur
Fortsetzung an das Landgericht Dortmund zurückzuweisen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie trägt im Wesentlichen vor: Streptokokken seien Teil der normalen Mund-Rachen-
sowie Nasenbesiedlung. Namentlich bei einer Sectio könne es schicksalhaft zu einer
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Streptokokken-A-Infektion kommen. Bei der Klägerin könne es auch auf vaginalem
Wege zur Infektion gekommen sein. Sporadische Streptokokken-A-Infektionen seien
Bestandteil des Krankenhausalltages. Nicht jede Streptokokken-A-Infektion im
Krankenhaus indiziere eine Verletzung von Hygienestandards.
Auch die Fälle vom 20.3. und 22.3.1995 seien als sporadische Infektionen zu werten.
Maßnahmen der Hygienesicherung seien nicht geboten gewesen. Die die Klägerin
behandelnden Ärzte hätten auch bei Kenntnis dieser Vorfälle nicht anders und auch
nicht früher als am 7.4.1995 reagiert.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird
auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die beigezogenen
Behandlungsunterlagen, das Sitzungsprotokoll und den Vermerk des Berichterstatters
zum Senatstermin vom 12. Dezember 2004 über die Vernehmung der Zeugen U, Dr. N3
und Dr. F2 sowie die ergänzende Anhörung des hygienemedizinischen
Sachverständigen Prof. Dr. F Bezug genommen.
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II.
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Die Berufung bleibt ohne Erfolg.
30
Die Klägerin hat gegen die Beklagte keine Ansprüche auf Schmerzensgeld, Ersatz
materieller Schäden und Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten für
etwaige weitere Schäden aus §§ 823 I, 831, 31 BGB i. V. mit § 847 BGB a.F. oder –
soweit materielle Schäden in Rede stehen – aus Schlechterfüllung des
Behandlungsvertrages in Verbindung mit § 278 BGB. Auch die ergänzende
Beweisaufnahme durch den Senat hat keine Behandlungsfehler, namentlich kein
Organisationsverschulden und keine Hygieneversäumnisse, bei der Behandlung der
Klägerin in der Klinik der Beklagten ergeben. In der medizinischen Beurteilung des
Geschehens macht sich der Senat die Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. F
zu Eigen, der sein Gutachten in zweiter Instanz Weise sachlich überzeugend bestätigt
hat.
31
1.
32
Insbesondere liegt kein Organisationsverschulden der Organe bzw. Ärzte der Beklagten
vor. Auf die am 20.3.1995 und 22.3.1995 in der Klinik festgestellten Fälle von
Streptokokken-A hätte die Organe bzw. Ärzte der Beklagten nicht mit Maßnahmen der
Hygienesicherung oder sonstigen organisatorischen Maßnahmen reagieren müssen.
Insbesondere war es nicht geboten, die Ärzte des Hauses über diesen beiden Fällen zu
informieren, auch nicht die Chefärzte, ebenso wenig den Chefarzt der Abteilung für
Gynäkologie und Geburtshilfe. Der Sachverständige Prof. Dr. P hat einleuchtend
ausgeführt, dass die Fälle vom 20.3. und 22.3.1995 als Einzelfälle des
Krankenhausbetriebes zu sehen seien; eine Infektionsgefährdung sei daraus nicht zu
folgern gewesen.
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Die bei zwei anderen Patientinnen am 20.3. und 22.3.1995 entnommenen Abstriche
enthielten nach den Feststellungen des Sachverständigen nicht so virulente
Streptokokken wie im Fall der Klägerin; es seien für den Krankenhausbetrieb banale,
hinnehmbare Einzelfälle. Die beiden Fälle vom 20.3. und 22.3.1995 waren
untereinander zu unterschiedlich, um organisatorische Maßnahmen auszulösen. Die
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Antibiogramme der beiden Fälle unterscheiden sich, wie im Senatstermin mit den
Sachverständigen erörtert worden ist, durch verschiedene Antibiotikaresistenzen; es ist
danach auszuschließen, dass es ein und derselbe Erregerstamm war. Überdies waren
die Streptokokken-A bei der einen Patientin nicht auf der gynäkologischen Abteilung
festgestellt worden, sondern erst auf der Inneren Abteilung im Bronchialsekret
angezüchtet worden. Bei der anderen Patientin, die am 25.2.1995 entbunden hatte und
am 9.3.1995 entlassen worden war, waren die Streptokokken-A erst später – am
22.3.1995 - im Rahmen der ambulanten Behandlung einer Wundinfektion festgestellt
worden. Es gab darüber hinaus auch keine Umstände, die auf den später bei der
Klägerin verwendeten Operationssaal 4 und/oder den Krankenpfleger T3 hinwiesen.
Die beiden im März 1995 betroffenen Patientinnen wurden in den Operationssälen 2
bzw. 3 behandelt; der Krankenpfleger T3 war an beiden Operationen nicht beteiligt.
Vor diesem Hintergrund war es Ende März/Anfang April 1995 nicht geboten, in der
Klinik Informationen über die beiden im März aufgetretenen Fälle von Streptokokken-A
zu verbreiten. Das ist nach den Feststellungen des Sachverständigen nur bei besonders
gefährlichen Erregern oder bei gehäuftem Auftreten von Erregern notwendig. Diese
Voraussetzungen liegen nach seinen Feststellungen hier aber nicht vor. Dem Urteil des
OLG Oldenburg vom 3.12.2002 (OLGReport 2003, 82 = VersR 2003, 1544) liegt ein
anders gelagerter Sachverhalt zugrunde; dort war eine Infektionswelle in der Klinik
vorausgegangen.
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2.
36
Die Streptokokken-A-Infektion der Klägerin ging auch nicht nachweislich aus einem von
den Ärzten der Beklagten hygienisch voll beherrschbaren Bereich hervor.
Krankenhausinfektionen stellen sich von vornherein nicht als haftungsrechtlich
relevanter Vorgang dar, wenn die Keimübertragung auch bei Beachtung der gebotenen
hygienischen Vorsorge nicht vermeidbar war. Absolute Keimfreiheit des ärztlichen und
nichtärztlichen Personals ist nicht erreichbar. Die Wege, auf denen sich Keime
verbreiten können, sind im Einzelnen nicht stets kontrollierbar. Infektionen, die sich aus
solchen – nicht beherrschbaren – Gründen ereignen, gehören zum entschädigungslos
bleibenden Lebensrisiko des Patienten. Eine Haftung des Behandlers kommt nur in
Betracht, wenn die Keimübertragung durch die gebotene hygienische Sorgfalt hätte
verhindert werden können. Nur wenn feststeht, dass die Infektion aus einem hygienisch
beherrschbaren Bereich hervorgegangen sein muss, hat der Behandler für die Folgen
der Infektion einzustehen, sofern er sich nicht entlasten kann (BGH, NJW 1991, 1541;
OLG Zweibrücken, NJW-RR 2004, 1607). Das hat auch der Senat wiederholt
entschieden (Urteil vom 12.1.1998 3 U 99/97, AHRS II 3040/102; zuletzt durch Urteil
vom 11.10.2004 - 3 U 93/04).
37
a)
38
Die gebotene hygienische Vorsorge wurde in der Klinik der Beklagten beachtet. Das hat
das Landgericht anhand der Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. F auf der
Grundlage des Hygieneplans der Beklagten und den glaubhaften Bekundungen der
Hygienefachkraft Maronde und der an der Sectio vom 4.4.1995 beteiligten Zeugen Dr. Q
und T3 überzeugend feststellt. Der Operationssaal 4 wurde am 4.4.1995 vor dem
Kaiserschnitt gereinigt. Der Kaiserschnitt wurde sodann unter Wahrung der
Hygienestandards vorgenommen.
Sachverständige Prof. Dr. F nicht festgestellt. Auf S. 14-17 des angefochten Urteils wird
39
verwiesen. Das zieht die Klägerin mit der Berufungsbegründung nicht konkret in Zweifel.
Ein Anscheinsbeweis für die Nichteinhaltung von Hygieneanforderungen greift im
Übrigen ebenfalls nicht zugunsten der Klägerin ein, selbst dann, wenn sie sich während
der Sectio infiziert haben sollte (vgl. Deutsch/ Spickhoff, Medizinrecht, 5. Aufl., Rn. 385;
OLG Hamm, Urteil vom 26.11.2003 - 3 U 265/02). Auch die Klägerin hat diese
Auffassung nicht geäußert.
b)
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Selbst Keimübertragungen durch ein Mitglied des Operationsteams sind überdies nicht
stets vermeidbar (BGH, NJW 1991, 1541, 1542). Im vorliegenden Fall steht nicht einmal
fest, dass der Krankenpfleger T3 Keimüberträger gewesen ist. Für den 2.3.1995 ist eine
betriebsärztliche Untersuchung des Zeugen T3 dokumentiert, die ohne Befund blieb (Bl.
33 d.A.). Eine Streptokokken-A-Infektion wurde bei ihm erst am 23.5.1995 feststellt.
Insoweit mag ein Zusammenhang mit der Infektion der Zeugin U2 vom 17.5.1995
bestehen. Angesichts des infektionsfreien Intervalls vom 4.4. bis zum 17.5.1995 erlaubt
der Fall der Zeugin U2 nach den Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. F aber
keinen Rückschluss auf den Fall der Klägerin. Nach den Feststellungen des
Sachverständigen Prof. Dr. F ist die Infektionsquelle heute nicht mehr zu lokalisieren.
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Der gynäkologische Sachverständige Prof. Dr. I2 hat in diesem Zusammenhang
ausgeführt, dass z. B. auch eine vorbestehende Kolonisation des Gebärmutterhalses
denkbar sei. Die Klägerin hat zwar vorgetragen, dass ihr Frauenarzt wenige Tage vor
dem 4.4.1995 einen befundlosen Streptokokken-A-Abstrich entnommen habe. Die
Angaben der Klägerin dazu sind letztlich vage geblieben. Bei ihrer Anhörung im
Senatstermin hat die Klägerin nur geäußert, sie "denke schon", dass ihr Frauenarzt sie
auf Streptokokken-A untersucht habe. Aus den Behandlungsunterlagen des
Frauenarztes Dr. L ergibt sich dies jedoch nicht. Eine Zeugenvernehmung des
Frauenarztes ist nicht geboten, weil die Besiedlung ohnehin erst nach einer derartigen
Untersuchung eingetreten sein kann.
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Aus dem vorprozessualen Schreiben des Haftpflichtversicherers der Beklagten vom
15.5.1997 ergibt sich nichts zugunsten der Klägerin. Insbesondere war prozessual
niemals unstreitig, dass der Zeuge T3 am 4.4.1995 Keimüberträger gewesen sein soll.
Die Beklagte hat bereits mit der Klageerwiderung bestritten, dass die Infektion durch
einen Operationspfleger übertragen wurde (Bl. 30 d.A.). Das vorprozessuale Schreiben
entfaltet auch keine durchgreifende Indizwirkung. Der Satz, wonach es während des
Kaiserschnittes zu der Streptokokken-A-Infektion gekommen sein soll, besagt nichts.
Denn es sind vielerlei Infektionsquellen möglich. Das auch wird im Schreiben des
Haftpflichtversicherers vom 15.5.1997 weiter ausgeführt. Die möglicherweise etwas
missverständliche Formulierung "Es ist auch unstreitig, dass Keimträger ein OP-Pfleger
aus dem OP-Team gewesen ist", ist ebenfalls kein tragfähiges Indiz. Die Beklagte hat
die Formulierung, wonach ein OP-Pfleger Keimträger gewesen sei, bereits mit der
Klageerwiderung präzisiert; jedenfalls sei ihr eine etwaige Infektion des Zeugen T3 am
4.4.1995 nicht bekannt gewesen. Letztlich steht objektiv nicht fest, dass der
Krankenpfleger bereits am 4.4.1995 Keimträger gewesen ist.
43
3.
44
Die rechtzeitige Diagnose und Behandlung der aufgetretenen Streptokokken A-Infektion
sowie die weitere Behandlung der Klägerin durch den Urologen Dr. V am 19.7.1995
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sind nicht Gegenstand der Berufung.
Ein Behandlungsfehler von Dr. V bei der Behandlung in der Nacht vom 26. auf den
27.8.1995 liegt ebenfalls nicht vor. Ein Hygieneversäumnis ist nach den Feststellungen
des urologischen Gutachters Prof. Dr. S2 nicht bewiesen. Auf S. 17f des angefochtenen
Urteils wird Bezug genommen. Die Harnstauungsniere, unter der die Klägerin leidet, ist
nach den Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. S2 überdies auf die Sepsis
vom 7.4.19975 zurückzuführen. Wie ausgeführt, fällt die Sepsis aufgrund der
Streptokokken-A-Infektion jedoch unter das Lebensrisiko der Klägerin.
46
4.
47
Die chirurgische Narbenoperation am 19.9.1996 war frei von Behandlungsfehlern. Das
hat der chirurgische Sachverständige Prof. Dr. X festgestellt. Auf S. 18f des
angefochtenen Urteils wird Bezug genommen. Die Klägerin zieht das mit der
Berufungsbegründung nicht in Zweifel. Die Narbenbrüche sind auch beseitigt worden.
Das hat auch die Klägerin Senatstermin bestätigt. Die Klägerin war zwar mit dem
optischen Ergebnis nicht zufrieden. Dies begründet jedoch keinen Behandlungsfehler.
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Zusagen über optische Verbesserungen sind der Klägerin nicht nachweislich gemacht
worden. Der von der Klägerin benannte Zeuge U hat diese Behauptung der Klägerin
nicht bestätigt. Bei seiner Vernehmung im Senatstermin hat der Zeuge U letztlich
bekundet, er glaube nicht, dass er vor der Operation vom 19.9.1996 an Gesprächen mit
Ärzten der Beklagten teilgenommen habe. Von der Vernehmung des von der Beklagten
gegenbeweislich benannten Zeugen Dr. T2 konnte vor diesem Hintergrund abgesehen
werden. Der Zeuge Dr. N3, der das Aufklärungsgespräch vor der Operation vom
19.9.1996 geführt hat, hat im Übrigen glaubhaft bekundet, dass er der Klägerin keine
Zusagen über optische Verbesserungen gemacht habe.
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Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 I, 516 III, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
50
Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Voraussetzungen des § 543 II ZPO liegen nicht
vor. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die Fortbildung des Rechts
oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung
des Revisionsgerichts nicht.
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Das Urteil beschwert die Klägerin mit mehr als 20.000,- € (Art. 26 Nr. 8 EGZPO).
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