Urteil des OLG Hamm vom 18.11.2010

OLG Hamm (kläger, abnahme, verjährungsfrist, streitverkündung, zeitpunkt, firma, grund, zpo, abnahme des werkes, kündigung)

Oberlandesgericht Hamm, I-24 U 19/10
Datum:
18.11.2010
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
24. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
I-24 U 19/10
Vorinstanz:
Landgericht Münster, 2 O 308/08
Schlagworte:
Angabe des Grundes der Streitverkündung
Normen:
§§ 638 BGB a.F., 204 Abs. 1 Nr. 6 BGB, § 73 ZPO
Leitsätze:
Es fehlt an einer ausreichenden Angabe des Grundes der
Streitverkündung gem. § 73 ZPO, wenn sich aus der
Streitverkündungsschrift nicht hinreichend klar ergibt, wegen welcher
konkreten Pflichtverletzung und bezüglich welcher einzelnen Mängel
Ansprüche erhoben werden.
Tenor:
Die Berufung des Streithelfers der Kläger gegen das am 30. November
2009 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Münster
wird zurück-gewiesen.
Der Streithelfer der Kläger trägt die Kosten der Berufung.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Streithelfer der Kläger darf die Zwangsvollstreckung durch
Sicherheits-leistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils
vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der
Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu
vollstreckenden Betrages leisten.
G r ü n d e :
1
A.
2
Die Parteien streiten um die Zahlung von Schadensersatz wegen mangelhafter
Architekten- und Statikerleistungen.
3
Der Beklagte zu 1) war mit der Erbringung von Architektenleistungen auf Grund des
Architektenvertrages vom 16.03.1999 (Bl. 14 ff d.A.) und der Beklagte zu 2) mit der
4
Tragwerksplanung nebst Wärmeschutznachweis und einer Bauüberwachung bezüglich
der Eisenabnahme (Angebot und Auftrag vom 04./07.05.1999, Bl. 19, 20 d.A.) im
Zusammenhang mit der Errichtung des Einfamilienhauses der Kläger in H betraut.
Die Kläger wurden in dem vor dem Landgericht Münster geführten Rechtsstreit
2 O 642/01 - von der bauausführenden Firma N nach Abnahme ihrer Bauleistungen am
20.02.2001 auf Zahlung von Restwerklohn in Anspruch genommen. Sie haben in jenem
Rechtsstreit die Mängel, die sie in dem hiesigen Rechtsstreit gegen die Beklagten
geltend machen, weil sie ihrer Auffassung nach auch auf Mängel der Leistungen der
Beklagten zurückzuführen seien, bereits zum Gegenstand ihrer Verteidigung gegen die
Werklohnklage der Firma N gemacht.
5
Die Kläger verkündeten in jenem Rechtsstreit mit am 30.11.2005 zugestellten Schriftsatz
den hiesigen Beklagten den Streit, welche dem Rechtsstreit nicht beitraten.
6
Der um die Werklohnansprüche der Firma N geführte Rechtsstreit wurde mit einem am
06.02.2008 geschlossenen Vergleich beendet. Die durch ihren jetzigen Streithelfer
Rechtsanwalt N4 vertretenen Kläger vereinbarten dabei mit der Firma N, dass keine
wechselseitigen Ansprüche mehr aus dem Bauvorhaben bestehen würden. Die
Parteien des dortigen Rechtsstreits waren sich ferner darüber einig, dass ein
Mitverschulden der Klägerin (Firma N) aus Schäden aus mangelhaften
Planungsleistungen der hiesigen Beklagten entsprechend den Ausführungen des
Sachverständigen H2 mit 10 % zu berücksichtigen sei.
7
In dem vorliegenden Rechtsstreit haben die Kläger ihre Klage auf Rissbildungen im
Obergeschoss infolge einer nicht ausreichenden Planung einer ordnungsgemäßen
Lastabtragung, eine fehlende Isolierung der Außenwände im Wohnbereich, fehlendes
Gefälle der Dachrinne und eine zu dünne Erdgeschossdecke, bei der längere
Stützweiten durch den Beklagten zu 2) nicht berücksichtigt worden seien, sowie auf
verschiedene Nebenkosten gestützt.
8
Die Kläger und ihr Streithelfer haben geltend gemacht, dass von einer den Beginn der
Verjährungsfrist auslösenden Abnahme der Werkleistungen beider Beklagten nicht vor
dem Abschluss der Bauarbeiten und der Abnahme im Verhältnis zur Firma N am
20.02.2002 ausgegangen werden könne. Insbesondere könne keine Abnahme im
Zeitpunkt der Beendigung des Vertragsverhältnisses zu dem Beklagten zu 1) im
Dezember 2000 angenommen werden, weil die vom Beklagten zu 1) zu erbringenden
Leistungen, die u.a. die künstlerische Bauoberleitung umfasst hätten, nicht beendet
worden seien. Außerdem hätten sie in dem Anfang Dezember 2000 geführten
Schriftwechsel (Bl. 409, 411 d.A.) die Bauüberwachungsleistungen als mangelhaft
gerügt, weshalb ihnen der erforderliche Abnahmewille gefehlt hätte. Infolgedessen
komme auch zum 20.02.2001 eine Abnahme der Leistungen des Beklagten zu 1) nicht
in Betracht.
9
In der Bezahlung der Rechnung des Beklagten zu 2) vom 19.08.1999 am 15.02.2000
könne ebenfalls keine Abnahme der Statikerleistungen gesehen werden. Es habe sich
hierbei lediglich um eine Zwischenrechnung gehandelt, weil der Beklagte zu diesem
Zeitpunkt seine Bauüberwachungsleistungen als Statiker noch nicht erbracht habe.
10
Die Beklagten hafteten nach der von ihnen vertretenen Auffassung auch aus positiver
Vertragsverletzung auf Grund einer unzureichenden Aufklärung der ihnen bekannten,
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von ihnen, den Klägern, vorgetragenen und vom Sachverständigen H2 bestätigten
eigenen Mängel.
Die Kläger haben beantragt,
12
1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Kläger 50.605,99 €
nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit
Rechtshängigkeit zu zahlen,
13
2. den Beklagten zu 1) zu verurteilen, an die Kläger weitere 702,75 € nebst Zinsen
in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu
zahlen,
14
3. den Beklagten zu 2) zu verurteilen, an die Kläger weitere 5.804,49 € nebst
Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit
Rechtshängigkeit zu zahlen,
15
4. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, den
Klägern jeden weiteren Schaden zu ersetzen, der über den vorsehend zu Ziffer 1.
bezifferten Betrag hinausgeht und Folge der Pflichtverletzungen der Beklagten bei
der Planung und Bauüberwachung des Bauvorhabens B-Straße 14, H, bezüglich
der Positionen Rähm über den Seitenwänden des Flures des Obergeschosses und
Wärmeisolierung des Außenmauerwerkes auf der Süd, Nord- und Westseite des
Gebäudes in Höhe der Decke über dem Kellergeschoss, ist,
16
5. festzustellen, dass der Beklagte zu 1) verpflichtet ist, den Klägern jeden weiteren
Schaden zu ersetzen, der über den zu Ziffer 2. bezifferten Betrag hinausgeht und
Folge der Pflichtverletzung des Beklagten zu 1) bei der Planung der Regenrinnen
an dem Objekt B-Straße 14, H, ist,
17
6. festzustellen, dass der Beklagte zu 2) verpflichtet ist, den Klägern jeden weiteren
Schaden über den vorstehend zu Ziffer 3. bezifferten Betrag hinaus zu erstatten,
der Folge mangelhafter Auslegung der Decke über dem Erdgeschoss bei dem
Bauvorhaben B-Straße 14, H, ist.
18
Die Beklagten haben beantragt,
19
die Klage abzuweisen.
20
Sie haben sich damit verteidigt, dass sämtliche Mängel nach dem Gutachten des
Sachverständigen H2 durch den Vergleich zwischen den Klägern und der Firma N in
dem Vorprozess erledigt worden seien. Die Kläger hätten auf Grund einer
Kompensation der Mängel keinen Schaden mehr. Zumindest 90 % der Mängel seien
durch den Vergleich erledigt worden.
21
Die Beklagten haben die Einrede der Verjährung erhoben. Sie haben hierzu geltend
gemacht, dass nach der vertragsbeendenden Kündigung des Architektenvertrages mit
dem Beklagten zu 1) am 03./04.12.2000 und auch nach Abnahme des Werkes des
Beklagten zu 2) eine den Ablauf der Verjährungsfrist hemmende wirksame
Streitverkündung in dem Vorprozess nicht erfolgt sei, weil der Grund der
Streitverkündung mit einer Bezeichnung des konkreten Anspruches nicht ausreichend
22
deutlich angegeben worden sei und die gegen sie erhobenen Mängel nicht konkret
genug bezeichnet worden seien. Zum Zeitpunkt der Streitverkündung am 24.11.2005
seien die gegen sie erhobenen Vorwürfe in dem Vorprozess noch nicht thematisiert
worden. Die Mängel hätten sich erst aus dem Gutachten des Sachverständigen H2 vom
31.12.2006/13.01.2007 ergeben. Im Zeitpunkt der Streitverkündung sei es in dem
Vorprozess nur um solche Mängel gegangen, die bereits zu den von der Firma N
geltend gemachten Mehrkosten der Bauausführung geführt hätten, die aber nichts mit
den in diesem Rechtsstreit geltend gemachten Mängeln zu tun gehabt hätten.
Beide Beklagte haben die geltend gemachten Mängel mit näheren Ausführungen
sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach bestritten und ihre Verantwortung für
einzelne Mängel zurückgewiesen.
23
Wegen der weiteren Einzelheiten nimmt der Senat auf den Tatbestand des
angefochtenen Urteils Bezug.
24
Das Landgericht hat die Klage durch das angefochtene Urteil abgewiesen und hierzu im
Wesentlichen ausgeführt, dass Schadensersatzansprüche der Kläger gegen beide
Beklagte nach Ablauf der 5jährigen Verjährungsfrist verjährt seien.
25
Bezüglich des Beklagten zu 1) sei im Zeitpunkt der Kündigung des Vertrages am
04.12.2000 von einer endgültigen Ablehnung der Abnahme mit der Konsequenz
auszugehen, dass die Verjährungsfrist zu diesem Zeitpunkt zu laufen begonnen habe.
26
Im Verhältnis zum Beklagten zu 2) habe die Verjährung mit der vorbehaltlosen Zahlung
der Schlussrechnung am 15.02.2000 begonnen, zumindest aber am 20.02.2001 mit der
Abnahme der Werkleistungen der bauausführenden Firma N, womit zugleich eine
zumindest konkludente Abnahme der Leistungen des Beklagten zu 2) verbunden
gewesen sei.
27
Die Streitverkündungsschrift vom 24.11.2005 habe den Ablauf der Verjährungsfrist
deshalb nicht hemmen können, weil die Streitverkündung nicht den Anforderungen des
§ 73 ZPO genügt habe. Dies ergebe sich daraus, dass die Kläger den Grund der
Streitverkündung mit der Angabe der tatsächlichen Grundlagen nicht in ausreichender
Weise bezeichnet hätten. Mangels Angabe einzelner Pflichtverletzungen oder Mängel
sei eine Individualisierung aus Sicht der Beklagten nicht möglich.
28
Das Landgericht hat es offen gelassen, ob die Zustellung der Klage noch gemäß § 167
ZPO demnächst erfolgt sei, weil die Kläger die Klagezustellung zunächst unter falschen
Adressbezeichnungen der Beklagten veranlasst hätten.
29
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Streithelfers der Kläger, mit der er in
erster Linie die erstinstanzlichen Zahlungsanträge der Kläger weiterverfolgt. Er macht
geltend, dass das Landgericht überraschend entschieden habe, soweit es in der
Kündigung des Architektenvertrages mit dem Beklagten zu 1) eine Abnahme gesehen
habe und auf eine Abnahme der Leistungen des Beklagten zu 2) durch die Bezahlung
der Schlussrechnung oder auf eine Bauabnahme gegenüber der Firma N abgestellt
habe. Weil dieser Punkt erstmals in der mündlichen Verhandlung vom 30.11.2009
erörtert worden sei und das Landgericht den Antrag auf Nachlass einer
Stellungnahmefrist abgelehnt habe, liege hierin eine Verletzung des rechtlichen Gehörs.
Zudem habe das Landgericht den Sachvortrag und den Beweisantritt zur Kündigung
30
des Architektenvertrages übergangen.
Der Streithelfer der Kläger wiederholt das erstinstanzliche Vorbringen, wonach eine
Abnahme im Zeitpunkt der Beendigung des Vertrages mit dem Beklagten zu 1) Anfang
Dezember 2000 nicht erfolgt sei.
31
Eine Abnahme sei frühestens mit der Vollendung des Bauwerkes denkbar, weil sich
Planungs- und Überwachungsmängel erst in der Bauausführung realisieren würden.
32
Entgegen der Auffassung des Landgerichts sei es nicht unstreitig, dass es sich bei der
Rechnung des Beklagten zu 2) vom 19.08.1999 um eine Schlussrechnung gehandelt
habe. Mangels Erbringung der geschuldeten Überwachungsleistungen habe es sich
lediglich um eine Zwischenrechnung gehandelt, was auch bereits erstinstanzlich
vorgetragen worden sei.
33
Auch zum Zeitpunkt der Abnahme der Bauleistung der Firma N habe der Beklagte zu 2)
seine Leistungen nicht vollständig erbracht. Das Verschweigen der unterlassenen
Eisenabnahme beruhe auf Arglist des Beklagten zu 2).
34
Schließlich sei der Ablauf der Verjährungsfrist durch den Streitverkündungsschriftsatz
vom 24.11.2005 in dem Vorprozess rechtzeitig gehemmt worden. Ausreichend sei
insoweit, wenn der Streitverkündete gegebenenfalls nach Einsicht in die Akten prüfen
könne, ob er dem Rechtsstreit beitreten möchte. Es sei ausreichend gewesen, die
Streitverkündung auf Schadensersatzansprüche wegen Baumängeln und Mehrkosten
zu stützen und als Gründe hierfür Fehlplanungen des Beklagten zu 1) und eine
fehlerhafte statische Berechnung und unzureichende Bauüberwachung seitens des
Beklagten zu 2) anzugeben. Genauere Erkenntnisse zu den Fehlern der Beklagten
hätten die Kläger erst etwa 14 Monate später auf Grund des Gutachtens des
Sachverständigen H2 vom 13.01.2007 gewonnen und erst hieraus entnehmen können,
welche Baumängel und Mehrarbeiten auf den Planungsfehlern beruhten.
35
Der Streithelfer der Kläger beantragt,
36
unter Abänderung des angefochtenen Urteils der Klage nach Maßgabe der
erstinstanzlichen Anträge stattzugeben und
37
hilfsweise den Rechtsstreit gemäß § 538 Abs. 2 ZPO an das Landgericht Münster
zurückzuverweisen.
38
Die Beklagten beantragen,
39
die Berufung zurückzuweisen.
40
Die Beklagten verteidigen das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung
ihres erstinstanzlichen Vorbringens.
41
B.
42
I.
43
Die Berufung des Streithelfers der Kläger gegen das klageabweisende erstinstanzliche
44
Urteil ist unbegründet. Etwaige Schadensersatzansprüche des Klägers gegen beide
Beklagte sind verjährt.
1.
45
In verfahrensrechtlicher Hinsicht stellt das angefochtene Urteil weder eine
Überraschungsentscheidung dar noch beruht die Entscheidung auf einer Verletzung
des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs.
46
a)
47
Die Verjährungsproblematik ist in erster Instanz in allen Schriftsätzen bezüglich aller in
Betracht kommender Umstände Gegenstand des Parteivorbringens gewesen. Hiervon
war auch die Frage umfasst, ob für den Verjährungsbeginn auf eine Beendigung des
Architektenvertrages mit dem Beklagten zu 1) im Dezember 2000 abzustellen ist. Der
Beklagte zu 2) hat sich in erster Instanz bereits auf einen Verzicht auf die
Eisenabnahme durch die Kläger und auf die Bezahlung der Rechnung vom 19.08.1999
durch die Kläger im Februar 2000 gestützt.
48
Aus diesen Gründen stellt sich das landgerichtliche Urteil nicht als
Überraschungsentscheidung dar.
49
b)
50
Ebenso wenig kommt eine Verletzung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs in
Betracht.
51
Das Landgericht hat bereits im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 23.03.2009
(Bl. 229 f. d.A.) die Frage der Verjährung bezüglich beider Beklagter erörtert. Darüber
hinaus hat das Landgericht auch im Termin vom 30.11.2009 (Bl. 310 d.A.) darauf
hingewiesen, dass von der Verjährung der Ansprüche ausgegangen werden könne.
52
Auch soweit die Berufung geltend macht, dass das Landgericht dem Streithelfer der
Kläger keine Stellungnahmefrist eingeräumt habe, resultiert hieraus kein für die
Entscheidung des Landgerichts relevanter Verfahrensfehler.
53
Der Streithelfer der Kläger hat schon nicht vorgetragen, welches ergänzende oder von
seinem bis dahin erfolgten erstinstanzlichen Sachvortrag abweichendes Vorbringen
sodann noch vorgetragen worden wäre.
54
Im Übrigen ist eine Stellungnahmefrist nur bezüglich des erst im Termin übergebenen
Schriftsatzes des Beklagten zu 2) vom 25.11.2009 beantragt worden. In diesem
Schriftsatz waren allerdings keine zu diesem Zeitpunkt neuen Gesichtspunkte enthalten.
Sämtliche in diesem Schriftsatz angesprochenen Fragenkomplexe waren bereits
Gegenstand der vorangegangenen Schriftsätze des Beklagten zu 2) vom 10.12.2008
(Bl. 201 ff d.A.), vom 30.03.2009 (Bl. 233 ff d.A.) und vom 29.05.2009 (Bl. 263 ff d.A.).
55
2.
56
Die Klage ist bereits deshalb unbegründet, weil etwaige gemäß § 635 BGB a.F in
57
Betracht kommende Schadensersatzansprüche der Kläger gegen beide Beklagte
verjährt sind.
Die gemäß § 638 BGB a.F. 5-jährige Verjährungsfrist beginnt entweder im Zeitpunkt
einer Abnahme der Werkleistungen der Beklagten durch die Kläger oder im Falle einer
konkludent erklärten Abnahmeverweigerung (vgl. BGH ZfBR 2010, 773; Palandt/Sprau,
BGB, 69. Aufl., § 634 a Rdn. 9) bzw. eines Verzichtes auf die Abnahme zu laufen
58
a)
59
Bezüglich des Beklagten zu 1) ist spätestens im Laufe des Jahres 2001 von einem
beiderseitigen konkludenten Verzicht auf eine Abnahme der Werkleistungen des
Beklagten zu 1) und auch von einer Abnahmeverweigerung der Kläger auszugehen.
60
aa)
61
Zwar kommt eine konkludente Abnahme der Architektenleistungen des Beklagten zu 1)
auf Grund des am 03.12.2000 und 04.12.2000 geführten Schriftwechsels (Bl. 409, 411
d.A.) nicht in Betracht. Denn die Kläger haben in ihrem Schreiben vom 04.12.2000
"offenkundige Planungsfehler" angesprochen. Aus diesem Grunde kann kaum von
einem Willen der Kläger ausgegangen werden, die bis zur Kündigung erbrachten
Leistungen des Beklagten zu 1) als im Wesentlichen vertragsgerecht zu billigen.
62
bb)
63
Auf Grund der Kündigung des Architektenvertrages im Dezember 2000 kann auch nicht
ohne weiteres von einer Entbehrlichkeit der Abnahme ausgegangen werden, weil auch
ein gekündigtes Werk grundsätzlich abzunehmen ist (vgl. BGH BauR 2003, 689; NZBau
2006, 569).
64
cc)
65
Sobald aber infolge einer Kündigung seitens des Bauherrn - gegebenenfalls nach
Ablauf einer gewissen Prüfungsfrist - endgültig feststeht, dass eine weitere Erbringung
von ursprünglich geschuldeten vertraglichen Leistungen und auch wegen der
erbrachten Leistungen ein weiterer Kontakt nicht erwartet wird, kann ein zumindest
konkludenter Verzicht auf eine Abnahme angenommen werden.
66
Auf Grund des Schriftverkehrs Anfang Dezember 2000 stand fest, dass seitens des
Beklagten zu 1) keine weiteren Leistungen mehr erbracht werden würden und die
Kläger auf Grund ihrer Kündigung vom 04.12.2000 keine weiteren Leistungen von dem
Beklagten zu 1) mehr erwarteten. Nach Ablauf eines gewissen Prüfungszeitraumes
stand spätestens im Laufe des Jahres 2001 endgültig fest, dass die
Architektenleistungen des Beklagten zu 1), ohne dass man sich wegen des
Architektenwerkes noch einmal in Verbindung setzen wollte, in dem bis zur Kündigung
geschaffenen Zustand verbleiben würden und sollten. Auf Grund dessen kann
ungeachtet des mit Schreiben vom 04.12.2000 pauschal erhobenen Einwandes
mangelhafter Planungsleistungen zumindest von einem stillschweigenden Verzicht auf
eine Abnahme der Architektenleistungen des Beklagten zu 1) ausgegangen werden.
67
Im Übrigen haben die Kläger die Abnahme auch verweigert, indem sie gemäß ihrem
Schreiben vom 4.12.2000 jedes weitere Zusammenwirken mit dem Beklagten zu 1) als
unmöglich abgelehnt haben.
68
b)
69
Bezüglich des Beklagten zu 2) ist von einem Verjährungsbeginn infolge einer
konkludenten Abnahme in dem Zeitpunkt auszugehen, als die Kläger keine weiteren
Leistungen des Beklagten zu 2) mehr erwarteten und ein sich daran anschließender
angemessener Prüfungszeitraum bezüglich der vom Beklagten zu 2) bis dahin
erbrachten Leistungen abgelaufen war.
70
aa)
71
Entgegen der Auffassung des Landgerichts kann bezüglich des Beginns der
Verjährungsfrist weder auf die Bezahlung der Rechnung des Beklagten zu 2) vom
19.08.1999 durch die Kläger am 15.02.2000 noch auf eine Abnahme der Bauleistungen
durch die Kläger im Verhältnis zur Firma N am 20.02.2001 abgestellt werden.
72
Eine konkludente Abnahme unter der weiteren Voraussetzung eines Abnahmewillens
auf Auftraggeberseite kann grundsätzlich nur im Falle einer im Wesentlichen
vollständigen Leistungserbringung angenommen werden. Ein Abnahmewille lässt sich
dann nicht feststellen, wenn noch wesentliche Vertragsleistungen ausstehen und der
Auftraggeber nicht zugleich zu erkennen gegeben hat, dass er die Erbringung dieser
Leistungen nicht mehr für erforderlich hält.
73
Im Zeitpunkt der Rechnungserteilung am 19.08.1999 und im Zeitpunkt der Bezahlung
der Rechnung am 15.02.2002 stand als vom Beklagten zu 2) geschuldete vertragliche
Leistung noch die Eisenabnahme der Gründung, der Kellerwände und der
Geschossdecken als Bauüberwachungsleistung aus (vgl. Bl. 19 d.A.). Weil die
Betonierung erst im Juli 2000 erfolgt ist und die Eisenabnahme am 17.07.2000
stattfinden sollte, kann allein in der Bezahlung der Rechnung des Beklagten zu 2) noch
keine konkludente Abnahme gesehen werden.
74
bb)
75
Spätestens nachdem die Betonierungsarbeiten begonnen bzw. ausgeführt waren,
konnte eine Eisenabnahme durch den Beklagten zu 2) nicht mehr durchgeführt werden
und es stand für die Kläger fest, dass keine Leistungen des Beklagten zu 2) mehr zu
erbringen waren.
76
Entgegen der Auffassung der Kläger schuldete der Beklagte zu 2) keine umfassenden
statischen Bauüberwachungsmaßnahmen. Die Bauüberwachungsleistungen
beschränkten sich nach den ausdrücklichen vertraglichen Bestimmungen auf die
Eisenabnahme.
77
Mit Ablauf einer für eine konkludente Abnahme noch anzunehmenden angemessenen
Prüffrist begann die Verjährungsfrist gegenüber dem Beklagten zu 2) spätestens ab
Ende September 2000 zu laufen.
78
cc)
79
cc)
79
Dem Beginn der Verjährungsfrist steht es nicht entgegen, dass die Kläger sich
bezüglich der unterbliebenen Eisenabnahme auf arglistiges Verhalten des Beklagten zu
2) berufen. Ungeachtet dessen, dass die näheren subjektiven Voraussetzungen für ein
arglistiges Verhalten des Beklagten zu 2) von den Klägern nicht vorgetragen worden
sind, steht die Frage der unterbliebenen Eisenabnahme nicht in einem erkennbaren
Zusammenhang mit den in diesem Rechtsstreit geltend gemachten Mängeln der
vertraglich geschuldeten Leistungen des Beklagten zu 2).
80
c)
81
Eine Verschiebung des Ablaufs der Verjährungsfrist unter dem Blickwinkel einer
Sekundärhaftung der Beklagten kommt nicht in Betracht. Zwar ist der Auftragnehmer
gehalten, im Rahmen einer von ihm durchzuführenden Mängelursachenprüfung auch
Mängel des eigenen Architektenwerkes zu offenbaren, um den Auftraggeber in die Lage
zu versetzen, auch Rechte gegen ihn vor Eintritt der Verjährung geltend machen zu
können.
82
Es ist schon nicht ersichtlich, dass die Beklagten im Zuge einer von ihnen geschuldeten
Bauüberwachung oder einer Überwachung der Mängelbeseitigung mit einer
Mängelursachenprüfung betraut waren. Nach dem Architektenvertrag vom 16.03.1999
(Bl. 14 ff d.A.) endeten die vertraglich geschuldeten Leistungen des Beklagten zu 1) mit
der Erbringung der Leistungen nach der Leistungsphase 6 gemäß § 15 HOAI (§ 5 des
Architektenvertrages).
83
Im Übrigen haben die Kläger insoweit auch keine konkreten Vorwürfe gegen die
Beklagten erhoben. Der Streithelfer der Kläger hat in diesem Zusammenhang lediglich
vorgetragen, dass die Beklagten wegen positiver Vertragsverletzung haften würden,
weil sie die Kläger nur unzureichend über die "ihnen bekannten, von den Klägern
vorgetragenen und vom Sachverständigen bestätigen Mängel" aufgeklärt hätten (vgl. Bl.
258 d.A.).
84
Hieraus ergibt sich nicht hinreichend deutlich, bezüglich welcher einzelnen Mängel
welche Untersuchungsdefizite und daraus resultierende Aufklärungsdefizite welchem
Beklagten gegenüber vorgeworfen werden sollten.
85
d)
86
aa)
87
Eine Hemmung des Ablaufs der Verjährungsfrist gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 6 BGB konnte
bezüglich des Beklagten zu 2) durch die in dem zwischen den Klägern und der Firma N
geführten Rechtsstreit erfolgte Streitverkündung mit Schriftsatz vom 24.11.2005 nicht
mehr bewirkt werden, weil die 5jährige Verjährungsfrist zu diesem Zeitpunkt bereits
abgelaufen war.
88
bb)
89
Im Übrigen konnte die in dem Vorprozess erfolgte Streitverkündung gegenüber beiden
Beklagten keine verjährungshemmende Wirkung mehr entfalten.
90
(1)
91
Zwar hätte gegenüber dem Beklagten zu 1) - auch im Fall eines früheren
Verjährungsbeginns auf der Grundlage des am 03./04.12.2000 geführten
Schriftwechsels - die am 30.11.2005 erfolgte Zustellung der Streitverkündung (Bl. 351 d.
BA) den Ablauf der Verjährungsfrist grundsätzlich noch rechtzeitig hemmen können.
92
(2)
93
Die Streitverkündung konnte allerdings gegenüber beiden Beklagten deshalb keine
verjährungshemmende Wirkung mehr entfalten, weil es insoweit an einer
ausreichenden Angabe des Grundes der Streitverkündung gemäß § 73 ZPO fehlte.
94
(a)
95
In diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, ob die Angaben bezüglich der
Lage des Rechtsstreites in dem Streitverkündungsschriftsatz vom 24.11.2005
ausreichend waren. Verstöße bezüglich der Angabe der Lage des Rechtsstreites
gemäß § 73 S. 1 ZPO sind im Zusammenhang mit der rechtzeitigen Hemmung des
Ablaufs der Verjährungsfrist unbeachtlich (vgl. Staudinger/Peters, BGB, § 204 Rdn. 77).
96
(b)
97
Der Senat teilt jedoch die Auffassung des Landgerichts, dass das Rechtsverhältnis, aus
dem in diesem Rechtsstreit Ansprüche gegen die Beklagten hergeleitet werden, in dem
Streitverkündungsschriftsatz nicht hinreichend bezeichnet war, weil es an einer
ausreichenden Bezeichnung des Grundes der Streitverkündung fehlt.
98
Es kann insoweit offen bleiben, ob in diesem Zusammenhang die Anforderungen an
eine ausreichende Bezeichnung des Klagegrundes i.S.v § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zu
erfüllen sind. Jedenfalls müssen die gegen den Streitverkündeten erhobenen
Ansprüche in gegenständlich zuzuordnender Weise bezeichnet und hinreichend
individualisiert sein (vgl. BGH NJW 2008, 519 Tz. 28). Durch die Einhaltung dieser
Voraussetzung soll sichergestellt werden, dass der Streitverkündete in ausreichender
Weise Kenntnis darüber erlangt, welche Ansprüche der Streitverkündende gegen ihn
erhebt. Fehlen die insoweit erforderlichen Mindestangaben, wird der Ablauf der
Verjährungsfrist nicht gehemmt.
99
Zwar kann insoweit in einfach gelagerten Fällen auch eine typisierende Bezeichnung
des Rechtsverhältnisses in Verbindung mit individualisierenden Merkmalen genügen
(vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, 69. Aufl., § 204 Rdn. 21, 18).
100
Um eine hinreichende Information des Streitverkündungsempfängers darüber zu
gewährleisten, welcher Ansprüche sich der Streitverkündende ihm gegenüber berühmt,
muss jedenfalls dann eine hinreichend genaue Zuordnung erfolgen, wenn
unterschiedliche Pflichtverletzungen als Grundlage eines Schadensersatzanspruches in
Betracht kommen. Aus diesem Grunde muss bei Ansprüchen wegen Mängeln - ebenso
wie bei den erforderlichen Mindestangaben in einem Mahnbescheidsantrag -
ausreichend erkennbar werden, wegen welcher einzelnen Mängel Ansprüche geltend
gemacht werden (vgl. BGH NJW 2007 1952, 1956 f.).
101
Der Streitverkündungsschriftsatz der Kläger vom 24.11.2005 erfüllt diese Anforderungen
nicht. Sowohl bezüglich der von der Firma N als Klägerin des dortigen Verfahrens
geltend gemachten Mehrarbeiten als auch bezüglich der von den dortigen Beklagten
und den hiesigen Klägern eingewandten Baumängel beschränken sich die
Ausführungen der Streitverkündungsschrift darauf, dass sich die dortige Klägerin (Firma
N) insoweit auf den Bauherren (Kläger dieses Rechtsstreites) zuzurechnende
Fehlplanungen sowie auf fehlende oder unrichtige statische Berechnungen der
Streitverkündeten stütze und den Bauherren für einen Fall des teilweisen Unterliegens
ein Anspruch gegenüber den Streitverkündeten zusteht.
102
Diese Angaben reichen schon nicht aus, um den Beklagten darüber Klarheit zu
verschaffen, um welche der von der dortigen Klägerin geltend gemachten Mehrarbeiten
und um welche von den Bauherren seinerzeit eingewandten Mängel es sich bezüglich
einer in Frage stehenden Haftung der Beklagten handelt. Ferner ergibt sich nicht
hinreichend deutlich, ob in diesem Zusammenhang im Einzelnen Fehlplanungen des
Beklagten zu 1) und/oder fehlerhafte statische Berechnungen des Beklagten zu 2) in
Betracht zu ziehen sind.
103
Ungeachtet der nicht entscheidungserheblichen Frage, dass der
Streitverkündungsschrift weder in dem dortigen Verfahren gewechselte Schriftsätze
noch sonstige Anlagen beigefügt waren, konnten sich die Beklagten auch nicht im
Wege einer Einsicht in die Akten des Vorprozesses nähere Erkenntnisse darüber
verschaffen, wegen welcher konkreten Mängel Ansprüche gegen sie erhoben werden
würden. Dies ergibt sich insbesondere auch nicht aus den den in dem Vorprozess
gewechselten Schriftsätzen als Anlage beigefügten Mängellisten (Bl. 86 f. und 163 ff d.
BA).
104
Auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des Streithelfers der Kläger (Bl. 248 ff
d.A.), wonach Mängel der Tragwerksplanung und der Bauüberwachungsleistungen bis
zum späteren Gutachten des Sachverständigen H2 in dem Vorprozess keine Rolle
gespielt hätten ergibt sich, dass die Beklagten auf Grund des Inhaltes der
Streitverkündungsschrift und gegebenenfalls nach einer Akteneinsicht nicht in
ausreichender Weise hätten erkennen können, wegen welcher konkreten
Pflichtverletzung und bezüglich welcher einzelnen Mängel Ansprüche gegen sie
erhoben werden würden.
105
Damit waren im Zeitpunkt der Klageerhebung in diesem Rechtsstreit mit am 06.08.2008
eingegangenem Schriftsatz Ansprüche der Kläger gegen die Beklagten wegen der in
diesem Rechtsstreit geltend gemachten Mängel nach Ablauf der 5jährigen
Verjährungsfrist verjährt.
106
e)
107
Für die Entscheidung des Rechtsstreits kam es damit nicht mehr darauf an, ob die am
06.08.2008 beim Landgericht eingegangene Klage die - zu diesem Zeitpunkt bereits
abgelaufene Verjährungsfrist ein weiteres Mal rechtzeitig hätte hemmen können und ob
die verzögerte Zustellung der Klage mit einer Zeitverzögerung von 10 bzw. 16 Tagen
(Bl. 194, 195 d.A.) auf Grund einer unrichtigen Angabe der Anschriften der Beklagten in
der Klageschrift auf einer Nachlässigkeit der Kläger beruhte und dies eine rechtzeitige
Zustellung der Klage gemäß § 167 ZPO verhindert hat.
108
II.
109
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1. Die weiteren prozessualen
Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
110
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO sind
weder unter dem Gesichtspunkt der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache noch
im Hinblick auf die Rechtsfortbildung oder die Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung im Zusammenhang mit der Frage der Anforderungen an die Angabe
des Grundes der Streitverkündung gemäß § 73 ZPO erfüllt, weil der Senat den Fall auf
der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes lösen konnte.
111