Urteil des OLG Hamm vom 19.01.1994

OLG Hamm (kläger, höhe, eigenes interesse, brand, vgb, gebäude, haus, brandstiftung, fälligkeit, entschädigung)

Oberlandesgericht Hamm, 20 U 141/93
Datum:
19.01.1994
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
20. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
20 U 141/93
Vorinstanz:
Landgericht Münster, 15 O 270/92
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das am 25. Februar 1993 verkündete
Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Münster wird
zurückgewiesen.
Auf die Anschlußberufung des Klägers wird unter Zurückweisung im
übrigen die Beklagte zusätzlich verurteilt, auf den Betrag von 351.128,14
DM Zinsen ab 07.02.1992 in Höhe von 1 % unter dem Diskontsatz der
Deutschen Bundesbank, jedoch höchstens 6 % und mindestens 4 %, zu
zahlen.
Wegen der Zinsmehrforderung wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten der ersten Instanz trägt die Beklagte.
Die Kosten der Berufungsinstanz werden zu 90 % der Beklagten und zu
10 % dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch
Sicherheitsleistung in Höhe von 405.000,00 DM abzuwenden, wenn
nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Beide Parteien
können die Sicherheit auch durch unbefristete Bürgschaft einer
deutschen Bank oder Sparkasse erbringen.
Tatbestand:
1
Der Kläger hat für das Wohn- und Geschäftshaus ... in ... bei der Beklagten eine
Feuerversicherung abgeschlossen, der die VGB in einer Fassung 1986 zugrundeliegen
(Bl. 7 ff. GA). Bei dem Gebäude handelt es sich um ein sogenanntes Ökohaus. In dem
Gebäude waren auch die Büroräume der ... eG untergebracht, deren Genosse und
Vorstandsvorsitzender der Kläger war.
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Die Geschäfte gingen nicht gut. Es lagen Liquiditätsschwierigkeiten vor. Am 15.08. und
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am 31.10.1991 ergingen Haftandrohungen gegen den Kläger zur Abgabe der
eidesstattlichen Versicherung. Am 03.01.1992 wurden fünf Haftanordnungen zur
Abgabe der eidesstattlichen Versicherung gegenüber den ... erlassen. Weitere
Haftanordnungen datieren vom 30.01. und vom 07.02.1992. Am 09.03.1992 wurde dann
das Konkursverfahren über die Grünwerkstätten eröffnet.
Anfang 1992 fuhr der Kläger mit Bekannten zu einem Kurzurlaub nach Süddeutschland
und nahm zur Ausstattung der angemieteten Ferienwohnung Hausrat mit. Am
06.01.1992 früh morgens brannte das Wohn- und Geschäftshaus ... infolge Brandstiftung
vollständig aus. Dabei wurde ein handelsüblicher Ökoverdünner benutzt, der auch in
dem Betrieb der ... vorhanden war.
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Die Beklagte hat an die dinglich gesicherte ... und an die Sparkasse ... insgesamt
1.625.000,00 DM gezahlt. Die Differenz zu dem unstreitigen Zeitwertschaden von
2.025.659,06 DM weigert sie sich auszugleichen. Sie hat behauptet, der Kläger habe
"irgendjemand" angestiftet, das Anwesen in Brand zu setzen. Dies folge aus der
desolaten Situation der ... eG und des Klägers. Der Kläger habe auch Brandreden
gehalten. So habe er gegenüber der Zeugin ... geäußert: "Wenn das alles den Bach
runtergeht, sorge ich dafür, daß ihr alle keinen Schaden nehmen werdet. Dann stecke
ich das Ding an und ihr werdet aus der Hausratversicherung befriedigt". In gleicher
Weise habe er sich sogar wiederholt gegenüber dem Zeugen ... geäußert. Auffällig sei
ferner, daß der Kläger - versicherte - Hausratgegenstände mit in die Ferienwohnung
genommen habe. Eine Tür zum Haus, die abends verschlossen gewesen sei, sei nach
dem Brand geöffnet vorgefunden worden. Dasselbe gelte für das Tor zum Anwesen.
Einer der drei zugehörigen Schlüssel habe beim Tor gelegen. Er sei einige Zeit nach
dem Brand in einem Pkw Volvo, der nur von den Familien des Klägers und des Zeugen
... benutzt worden sei, nach Darstellung des Zeugen ... gefunden worden. Letztlich sei
merkwürdig, daß ein Genosse den Auftrag gegeben habe, die beiden Fahrzeuge der
Genossenschaft nicht am Gebäude zu parken.
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Im Prozeß hat sich die Beklagte ferner darauf berufen, daß der Kläger nicht
aktivlegitimiert sei, weil nämlich die von der Ökobank gepfändete Forderung des
Klägers gegenüber der Beklagten später, aber vor Prozeßbeginn, an die Ökobank auch
abgetreten worden sei. Wegen der Brandreden hält sich die Beklagte auch wegen
Gefahrerhöhung für leistungsfrei. Letztlich beruft sie sich auf fehlende Fälligkeit, weil der
zuständige Staatsanwalt auf Ersuchen der Beklagten die Ermittlungen wieder
aufgenommen habe.
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Mit der Klage verlangt der Kläger Zahlung eines Teiles des offenstehenden unstreitigen
Zeitwertschadens in Höhe von 351.128,14 DM zugunsten der Ökobank.
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Das Landgericht hatte der Klage im vollem Umfang entsprochen. Wegen der
Begründung und zur weiteren Sachdarstellung wird auf die angefochtene Entscheidung
verwiesen (Bl. 92 ff. GA).
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Mit der Berufung wiederholt die Beklagte ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie meint, der
Kläger sei nicht aktivlegitimiert. Der Anspruch sei, nach Wiederaufnahme der
Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft, auch nicht fällig. Insoweit regt sie die
Aussetzung des Verfahrens an. In erster Linie beruft sie sich mit näherer Begründung
auf Leistungsfreiheit, weil der Kläger, wie die Beklagte nunmehr auch behauptet, selbst
das Gebäude in Brand gesetzt habe, zumindest aber irgendjemand dazu angestiftet
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habe. Letztlich hält die Beklagte auch ihren Sachvortrag zur Leistungsfreiheit wegen
Gefahrerhöhung aufrecht.
Die Beklagte beantragt,
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abändernd die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
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die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
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Klageerweiternd beantragt er im Wege der Anschlußberufung,
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die Beklagte zu verurteilen, auf die zuerkannte Hauptforderung von 351.128,14 DM
Zinsen in folgender Höhe zu zahlen:
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11,75 % für die Zeit vom 07.02.1992 bis zum 01.04.1992
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12 % für die Zeit vom 02.04.1992 bis zum 03.02.1993
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11,75 % für die Zeit vom 04.02.1993 bis zum 15.03.1993
18
12,5 % für die Zeit vom 16.03.1993 bis zum 03.05.1993
19
12,25 % für die Zeit vom 04.05.1993 bis zum 12.09.1993
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11,25 % für die Zeit ab 13.09.1993.
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Der Kläger bestreitet, Brandreden gehalten zu haben. Wenn überhaupt Äußerungen
gefallen seien, sei dies in geselliger Runde scherzeshalber geschehen. Er habe mit
dem Brand auch nichts zu tun. Bezüglich der finanziellen Engpässe seien bereits
konkrete Schritte eingeleitet worden, die erst durch den Brand und den dadurch
unabwendbaren Konkurs durchkreuzt worden seien. Die Indizien für seine Beteiligung
seien, so meint der Kläger, ausnahmslos untauglich.
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Mit der Anschlußberufung verfolgt der Kläger Zinsschäden aus dem Gesichtspunkt des
Verzuges, hilfsweise vertraglich geschuldeter Zinsen.
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Die Beklagte beantragt insoweit,
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die Anschlußberufung zurückzuweisen.
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Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen .... Insoweit wird auf den
darüber angefertigten Vermerk des Berichterstatters verwiesen.
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Die Akten ... LG Münster, ... AG Rheine und ... StA Münster lagen vor und waren
Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen
Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Berufung der Beklagten ist unbegründet. Die Anschlußberufung des Klägers hat
teilweise Erfolg.
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1.
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Gegen die Aktivlegitimation des Klägers bestehen keine Bedenken (mehr), nachdem er
ein Schreiben der Rechtsvertreter der Ökobank vom 24.02.1993 vorgelegt hat, daß
diese mit der Einklagung der Forderung im Wege der Prozeßstandschaft einverstanden
ist (Bl. 158 GA). Daß er ein eigenes Interesse daran hat, versteht sich nicht zuletzt mit
Rücksicht darauf, daß er gegenüber der Ökobank auch persönlich haftet, von selbst. Die
Beklagte hat insoweit auch keine Rügen mehr erhoben.
32
2.
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Zu Unrecht beruft sich die Beklagte darauf, daß die eingeklagte Forderung nicht (mehr)
fällig sei, §19 Abs. 2 b VGB. Danach ist der Versicherer berechtigt, die Zahlung
aufzuschieben, wenn eine polizeiliche oder strafgerichtliche Untersuchung aus Anlaß
des Schadens gegen den Versicherungsnehmer eingeleitet ist, bis zum Abschluß dieser
Untersuchung. Die Voraussetzungen dieser Klausel liegen nicht vor.
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Es fehlt schon an dem Merkmal eines Ermittlungsverfahrens gegen den
Versicherungsnehmer. Das Ermittlungsverfahren hat sich nicht gegen den Kläger
gerichtet. Die von Amts wegen erstattete Strafanzeige richtete sich gegen Unbekannt.
Der Kläger ist im Verfahren nicht als Beschuldigter, sondern als Zeuge vernommen
worden. Der zuständige Staatsanwalt hat dann am 13.02.1992 das Verfahren
eingestellt, weil der Täter nicht ermittelt worden sei und zwar ohne Einstellungsnachricht
an den Kläger. Das Schreiben der Staatsanwaltschaft vom 01.02.1993 teilt nur mit, daß
die Ermittlungen wieder aufgenommen worden sind und daß diese noch lange Zeit
andauern werden. Daß der Kläger nunmehr als Beschuldigter angesehen und gegen
ihn ermittelt wird, ist nicht ersichtlich.
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Ob überhaupt ein Fall, in dem ein Versicherer durch die Mitteilung von Verdächtigungen
an die Staatsanwaltschaft, wodurch ein bereits eingestelltes Ermittlungsverfahren
wieder aufgenommen wird, unter die Klausel des §19 Abs. 2 b VGB subsumiert werden
kann, kann unerörtert bleiben. Denn Fälligkeit ist jedenfalls dadurch eingetreten, daß die
Beklagte die Entschädigung endgültig abgelehnt hat und diese Fälligkeit bleibt
bestehen, auch wenn sich der Versicherer erneut an die Staatsanwaltschaft wendet (vgl.
auch Martin, Sachversicherungsrecht, Y I Rdnr. 23). Zwar hat die Beklagte
vorprozessual die Entschädigung nicht endgültig abgelehnt. Im Schreiben vom
13.07.1992 (Bl. 28 GA) hatte sie zwar Zahlungen an den Kläger abgelehnt. Sie hatte
dies aber damit begründet, daß der von ihr eingeschaltete Detektiv seine Ermittlungen
noch nicht abgeschlossen habe. Die Beklagte hat aber im Prozeß mit Schriftsatz vom
02.02.1993 (Bl. 55 ff. GA) Klageabweisung ausdrücklich mit der Begründung verlangt,
daß der Kläger die Brandstiftung veranlaßt habe und daß sie, die Beklagte, deshalb und
wegen Brandreden des Klägers endgültig leistungsfrei sei.
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Der Senat hat auch keinen Anlaß gesehen, von seiner Befugnis zur Aussetzung des
Verfahrens Gebrauch zu machen, §149 ZPO. Die Beklagte hat hinreichend Gelegenheit
für Ermittlungen gehabt. Sie bzw. der Hausratversicherer haben hiervon auch durch
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für Ermittlungen gehabt. Sie bzw. der Hausratversicherer haben hiervon auch durch
Einschaltung eines Detektives und durch Auslobung eines erheblichen Geldbetrages für
die Mitteilung von sachdienlichen Hinweisen Gebrauch gemacht. Der Senat hält es
deshalb für angezeigt, dem Grundsatz der Beschleunigung des Zivilprozesses Vorrang
zu geben, zumal völlig offen ist, wann mit einem erneuten Abschluß der Ermittlungen zu
rechnen ist. Die Beklagte hat auch nicht aufgezeigt, in welcher Richtung
erfolgversprechende weitere Ermittlungen überhaupt möglich sind, obwohl der von der
Beklagten bzw. dem Hausratversicherer eingesetzte Detektiv nichts wesentliches hat
ermitteln können.
3.
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Die Beklagte ist auch nicht wegen Gefahrerhöhung, nämlich Brandreden durch den
Kläger, leistungsfrei. Zwar können Brandreden im Einzelfall eine Gefahrerhöhung
darstellen, die unter den Voraussetzungen der §§23 ff. VVG Leistungsfreiheit zur Folge
haben können, §8 Abs. 2 VGB.
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a)
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Es ist aber schon sehr zweifelhaft, ob das, was der Kläger nach Darstellung der
Beklagten erklärt haben soll, überhaupt als Brandrede qualifiziert werden kann.
Brandreden liegen in der Regel nur vor, wenn der Versicherungsnehmer ernsthaft
andere zur Brandstiftung auffordert, weil dadurch die Feuergefahr deswegen erhöht
wird, weil der Dritte meinen könnte, im Interesse und Willen des Versicherungsnehmers
zu handeln, wenn er das Objekt ansteckt. Dementsprechend kann auch der wiederholt
geäußerte Wunsch, das Haus möge abbrennen, genügen (Martin,
Sachversicherungsrecht N V Anm. 18; Wussow, Feuerversicherung, 2. Auflage, §6 Anm.
4; Prölss/Martin §23 VVG, Anm. 2 C; OLG Schleswig, VersR 92, 1258). Es erscheint
zweifelhaft, ob die nach Darstellung der Beklagten abgegebene Erklärung des Klägers,
er selbst werde erwägen, das Haus anzustecken, dem gleichsteht. Das Feuerrisiko wird
dadurch nicht notwendig erhöht, weil der Dritte durch diese Bemerkung nicht zu der
Überzeugung kommen muß, er handele im Interesse des Versicherungsnehmers, wenn
er das Objekt anstecke. Der Hinweis auf die Entscheidung des OLG Schleswig
rechtfertigt eine andere Beurteilung nicht, weil dort der Versicherungsnehmer, sogar
unter Auslobung eines Geldbetrages, Dritte zur Brandstiftung aufgefordert hat, was
Leistungsfreiheit begründen kann.
41
b)
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Das kann aber letztlich dahinstehen. Nach der vom Senat aus anderem Anlaß
durchgeführten Beweisaufnahme steht nicht fest, daß der Kläger die ihm angesonnene
Äußerung getan hat. Die von der Beklagten dazu benannte Zeugin ... hat - im Gegenteil
- bekundet, der Kläger habe eine solche Äußerung im Sommer 1991 nicht gemacht. Die
Genossen seien zwar anläßlich eines - von der Versicherung bezahlten (!) - Essens im
Hotel ... im einzelnen danach befragt worden. So habe auch die Frage von Brandreden
im Raum gestanden. Sie habe damals geäußert, längere Zeit vorher, vielleicht im Jahre
1989 oder 1990, habe der Kläger einmal in lockerer Atmosphäre bei Festivitäten mit
Alkohol über Anfeindungen ihres Ökomodells von draußen gewitzelt. Bei einer solchen
Gelegenheit habe der Kläger auch mal gesagt, die könnten ihnen gar nichts, dann
stecke er das Haus an. Niemand habe das aber ernst genommen. Danach handelt es
sich, wie der Kläger auch behauptet hatte, nicht um Brandreden, sondern eher um
schwarzen Humor. Nichts anderes ergibt sich aus der Aussage des Zeugen ... Auch
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dieser Zeuge hat bekundet, daß er im Hotel ... gesagt habe, daß er Jahre zuvor von
Dritten einmal gehört habe, daß Herr ... gesagt haben solle, wenn das ganze den Bach
runtergehe, könne man das Ding ja anstecken, oder so ähnlich. Genau konnte sich der
Zeuge nicht erinnern. Unrichtig sei, daß der Kläger ihn, den Zeugen, auf die Möglichkeit
einer Eigenbrandstiftung, sogar mehrere Male, angesprochen habe. Auch dieser Zeuge
hat bestätigt, daß die Worte in geselliger Runde gefallen seien. Die Zeugin ... hat
energisch in Abrede gestellt, durch die Äußerungen des Klägers schockiert worden zu
sein und dies fassungslos anderen Genossen mitgeteilt zu haben. Soweit sich die
Beklagte im Senatstermin auch auf die - ursprünglich nur gegenbeweislich benannten -
Zeugen ... und ... berufen hat, haben auch diese Zeugen die Behauptungen der
Beklagten nicht wahrgehalten. Nach allem liegen Brandreden auch tatsächlich nicht vor.
c)
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Eine Gefahrerhöhung liegt letztlich auch nicht darin, daß der Kläger selbst geplant hat,
unter bestimmten Voraussetzungen das Haus anzustecken. Denn es ist nach dem
Erörterten schon nicht feststellbar, daß der Kläger eine derartige Absicht hegte. Ob der
böse Wille eines Versicherungsnehmers allein entgegen §61 VVG zur Leistungsfreiheit
auch dann führen kann, wenn er nicht in die Tat umgesetzt wird, kann deshalb unerörtert
bleiben.
45
4.
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Die Beklagte hat auch nicht bewiesen, daß der Kläger das Haus selbst angesteckt oder
die Inbrandsetzung durch Dritte veranlaßt hat, §18 Abs. 1 VGB. Allerdings steht
aufgrund des im Ermittlungsverfahren eingeholten Gutachtens ... Brandstiftung fest.
Durchgreifende Indizien für Täterschaft oder Teilnahme des Klägers liegen aber nicht
vor.
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Soweit die Beklagte auf die desolate Situation der ... verweist, ist auch zu
berücksichtigen, daß der Wirtschaftsprüfer ... nach eigener Darstellung der Beklagten
ein Konzept zur Abwendung des Konkurses entwickelt hatte. Dafür, ob dieses Erfolg
gehabt hätte, was die Beklagte bestreitet, kommt es nicht an, weil ein solcher Erfolg
kaum einmal vorhersehbar ist. Noch weniger legt die Beklagte dar, aus welchen
Gründen die Inbrandsetzung des Gebäudes den Konkurs hätte abwenden können oder
dem Kläger sonst hätte nutzen können. Der Konkurs war - im Gegenteil - dann
unabwendbar und ist dann, nach der Brandstiftung, auch eingeleitet worden.
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Brandreden des Klägers sind, wie ausgeführt, nicht erwiesen. Es ist auch nicht
feststellbar, daß der Kläger beabsichtigte, ggf. das Gebäude anzustecken. Witzeleien
anläßlich von Festivitäten im Genossenkreis sind indiziell auch dann nur von geringem
Gewicht, wenn die bei den Witzeleien erwähnte schwierige wirtschaftliche Situation
tatsächlich vorlag. Zutreffend führt das Landgericht aus, daß die
Liquiditätsschwierigkeiten in gleicher Weise auch die anderen Genossen betroffen
haben und daß der Brandstifter durchaus auch ohne Beteiligung des Klägers in diesem
Kreis zu suchen sein kann.
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Es ist nicht ersichtlich, welche Bedeutung haben soll, daß eine Haustür abends
verschlossen und nach dem Brand geöffnet war. Daß das Tor zum Gelände des
Unternehmens von der Feuerwehr unverschlossen vorgefunden worden ist, besagt
nichts, wenn der Schlüssel am Tor lag, wie die Beklagte ausdrücklich behauptet. Ohne
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erheblichen Indizwert ist auch, daß ein Torschlüssel in dem von der Familie des Klägers
und des Zeugen ... benutzten Pkw Volvo später gefunden worden ist. Unstreitig gab es
mehrere Schlüssel für das Tor und es ist unklar, welcher Schlüssel später in dem Pkw
aufgefunden worden ist. Davon abgesehen würde selbst dann, wenn es sich um den
Schlüssel gehandelt hätte, mit dem mutmaßlich das Tor in der Brandnacht geöffnet
worden ist, sich kein verläßlicher Schluß darauf herleiten lassen, daß der Kläger
beteiligt war. Auch dann hatten eine Vielzahl von Personen Gelegenheit, den Schlüssel
in den Pkw zu verbringen. Wenig verständlich ist die Darstellung der Beklagten, das
asservierte Türschloß sei in unverschlossener Stellung aufgefunden worden, während
der Beklagte (gemeint ist vielleicht der Kläger) mitgeteilt habe, dieses Schloß sei
betätigt worden. Das eine bedingt gerade das andere, wenn es verschlossen gewesen
sein sollte. Ein Schluß darauf, daß der Kläger zur Tatzeit in der Nähe des Brandortes
gewesen sein müsse, läßt sich aufgrund der vorgetragenen Indizien auch nicht
ansatzweise ziehen.
Ohne durchgreifende Bedeutung ist auch, daß ein unweltfreundlicher Verdünner als
Brandbeschleuniger benutzt worden ist. Zwar mag er auch in den ... vorrätig gewesen
sein. Das ist er anderen Orts auch. Daß ein Verdünner aus dem Werkstattgebäude
benutzt worden ist, ist Spekulation. Ohne Bedeutung ist ferner, daß Fahrzeuge auf
Anweisung eines Genossen ... in der Nähe des Zufahrttores abgestellt worden sind,
während sie sonst immer am Gebäude geparkt gewesen sein sollen. Hierfür kommen
vielerlei Gründe in Betracht. Am wenigsten der von der Beklagten genannte Grund, der
Kläger habe die Lkw schonen wollen. Nach dem Ergebnis der polizeilichen
Ermittlungen bestanden in der Örtlichkeit ohnehin kaum andere Abstellmöglichkeiten.
Selbst wenn der Senat aber von der Beklagten ersichtlich frei erfundenen Darstellung
ausgeht, ist nicht nachvollziehbar, was die Anweisung des Zeugen ... mit einer
Tatbeteiligung des Klägers zu tun haben könnte. Noch weniger ist ersichtlich, warum
der Kläger die Fahrzeuge hätten schonen sollen, wenn der Betrieb ohnehin "den Bach
hinunterging".
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Für den Kläger spricht, daß der Versicherer trotz erheblicher finanzieller Mittel und des
Einsatzes eines Detektives nichts hat ermitteln können, was den Kläger über die
erwähnten Umstände hinaus zu belasten geeignet wäre.
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Ohne Bedeutung ist auch daß der Kläger bei Antritt seines Kurzurlaubs Hausrat in die
gemietete Wohnung mitgenommen hat. Abgesehen davon, daß der Kläger auch eine
Hausratversicherung unterhielt, ist nichts dafür ersichtlich, daß es sich bei dem aus dem
später abgebrannten Gebäude entfernten Hausrat um besonders Schützenswertes
gehandelt hat.
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Unter Berücksichtigung aller Umstände mag ein Verdacht für eine Tatbeteiligung des
Klägers verbleiben. Der erforderliche Vollbeweis ist nicht erbracht.
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5.
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Der Höhe nach ist die ausgeurteilte Hauptforderung unstreitig. Die Berufung erhebt - zu
Recht - auch keine Einwendungen wegen der ausgeurteilten Verpflichtung zur Zahlung
an die Ökobank.
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6.
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Die Anschlußberufung ist nur teilweise begründet.
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Zwar hat der Kläger einen Zinsschaden der ... eG in der mit der Anschlußberufung
geltendgemachten Höhe belegt (Bl. 172 GA). Er hat auch dargetan, daß er gegenüber
der Ökobank persönlich wegen der Hauptsumme von 350.000,00 DM den Schuldbeitritt
erklärt hat (Bl. 177 GA). Der Kläger behauptet aber nicht, daß er auch für den
Zinsschaden in vorgenannter Höhe eintreten muß. Aus der Urkunde ergibt sich das
nicht. Ein über den vertraglich vereinbarten Zins hinausgehender Zinsschaden ist
deshalb nicht nachgewiesen.
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Davon abgesehen hat der Kläger auch nicht dargelegt, ab wann die Beklagte sich in
Verzug befunden haben soll. Vorprozessual hatte die Beklagte die Entschädigung nicht
endgültig abgelehnt. Unstreitig ist erst im Laufe der ersten Instanz das
Wertermittlungsgutachten am 03.07.1992 bei der Beklagten eingegangen. Im übrigen
lagen unstreitig auch mehrfache Pfändungen vor. Fälligkeit und Verzug können deshalb
frühestens durch Stellung des Klageabweisungsantrages mit Schriftsatz vom
02.02.1993 eingetreten sein.
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Dem Kläger stehen aber Vertragszinsen ab 07.02.1992 zu, §19 Abs. 1 S. 2 VGB.
Unstreitig ist der Schaden noch am Brandtag bei der Beklagten angezeigt worden.
Darauf, daß der Kläger innerhalb der Monatsfrist (vgl. Martin, Sachversicherungsrecht Y
III Rdnr. 12 f.) durch schuldhaftes Verhalten verhindert hat, daß die Entschädigung nicht
ermittelt oder nicht gezahlt werden konnte, hat die Beklagte nichts dargetan. Es ist auch
sonst dafür nichts ersichtlich. Sie beruft sich auf den Hemmungstatbestand des §19 Abs.
1 S. 3 VGB auch gar nicht. Wegen der Zinsmehrforderung war die (erweiterte) Klage
abzuweisen.
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7.
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Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§92, 708 Nr. 10 ZPO.
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Die Beschwer der Beklagten übersteigt 60.000,00 DM, die Beschwer des Klägers
übersteigt 60.000,00 DM nicht.
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