Urteil des OLG Hamm vom 28.06.2004

OLG Hamm: neues vorbringen, miteigentumsanteil, verwirkung, aufrechnung, kündigung, erwerb, gesellschaftsvermögen, rückzahlung, korrespondenz, verjährung

Oberlandesgericht Hamm, 8 U 175/03
Datum:
28.06.2004
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
8. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
8 U 175/03
Vorinstanz:
Landgericht Dortmund, 9 O 336/01
Tenor:
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der Zivilkammer IV des
Land-gerichts Detmold vom 04.09.2003 unter Zurückweisung des
weitergehenden Rechtsmittels abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt,
1.
gegenüber der Klägerin zu erklären, daß Einigkeit darüber besteht, daß
der im Grundbuch von E, Blatt #### verzeichnete Miteigentumsanteil
von 90/108 an dem Flurstück ###, Flur # der Gemarkung I, im Wege der
Auseinandersetzung der zwischen den Parteien bestehenden
Gesellschaft bür-gerlichen Rechts mit dinglicher Wirkung zu 56,475/108
auf die Klägerin und zu 33,525/108 auf den Beklagten als
Bruchteilseigentümer übergeht;
2.
die dem Urteilstenor unter Ziffer 1) entsprechende Berichtigung im
Grundbuch von E, Blatt ####, Flurstück ###, Flur # der Gemarkung I, zu
beantragen,
jedoch jeweils nur Zug um Zug gegen Zahlung der Klägerin in Höhe von
10.272,21 EUR.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten der ersten Instanz tragen die Klägerin zu 2/3 und der
Beklagte zu 1/3.
Die Kosten der Berufung werden gegeneinander aufgehoben.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin verlangt die Auseinandersetzung einer mit dem Beklagten geführten
Gesellschaft bürgerlichen Rechts, deren einziger Vermögenswert noch in einem
Miteigentumsanteil an der Wegeparzelle Flurstück ###, Flur # der Gemarkung I in E
besteht.
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Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf den Tatbestand des angefochtenen
Urteils Bezug genommen. Das Landgericht hat unter Zurückweisung weitergehender
Anträge der Klägerin der Klage insoweit stattgegeben, als damit die Übertragung des
Gesamthandseigentums an der Wegeparzelle auf die Parteien in
Bruchteilsgemeinschaft begehrt worden ist. Zur Begründung hat es ausgeführt, die
Klägerin habe die Gesellschaft wirksam gekündigt, so daß nunmehr im Wege der
Auseinandersetzung eine Rückerstattung der Einlagen der Parteien in Natur zu erfolgen
habe, was durch die beantragte Überführung des Miteigentumsanteils auf die Parteien
als Bruchteilseigentümer zu geschehen habe. Der Forderung der Klägerin stehe kein
Anspruch des Beklagten auf Ausgleich der Kosten für den Ausbau des Weges im Jahre
1979 in Höhe von 38.572,90 DM entgegen. Dieser Erstattungsanspruch sei erloschen
durch die Vereinbarung des Beklagten mit dem Insolvenzverwalters über das Vermögen
des Ehemanns der Klägerin im Jahre 2001, wonach keine wechselseitigen Ansprüche
mehr geltend gemacht werden sollten. Diese Einigung habe auch den
Erstattungsanspruch für Aufwendungen im Jahre 1979 erfaßt. Wegen der weiteren
Einzelheiten der Begründung des landgerichtlichen Urteils wird auf die
Entscheidungsgründe Bezug genommen.
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Mit seiner hiergegen gerichteten Berufung strebt der Beklagte weiterhin
Klageabweisung an. Er vertritt die Auffassung, die vom Landgericht gebilligte Art der
Auseinandersetzung widerspreche der gesetzlichen Regelung und sei deshalb
unzulässig. Die zutreffende Auseinandersetzung müsse dahin erfolgen, daß das
Gesellschaftsvermögen, also der Miteigentumsanteil am Grundstück, "in Geld
umgesetzt" werden, davon die Verbindlichkeiten der Gesellschaft berichtigt und ein
eventueller Überschuß an die Gesellschafter verteilt werden müssten. Der Einwand der
Klägerin, die Wegeparzelle sei nicht marktgängig und lasse deshalb keinen
nennenswerten Erlös erwarten, sei unzutreffend. Der Auseinandersetzung durch
Überführung in Bruchteilseigentum, so meint der Beklagte weiter, stehe zudem
entgegen, daß ihm gegen die Gesellschaft ein Aufwendungsersatzanspruch wegen der
Kosten zur Errichtung der Straße im Jahre 1979 zustehe. Entgegen der vom Landgericht
vertretenen Auffassung sei dieser Anspruch nicht erloschen, da die Vereinbarung mit
dem Insolvenzverwalter des Ehemanns der Klägerin im Jahre 2001 ausschließlich den
Rechtsstreit 3 O 81/83 LG Detmold = 8 U 76/84 OLG Hamm betroffen und sich nicht auf
Ansprüche gegen die Ehefrau des damaligen Prozeßgegners oder die GbR erstreckt
habe. Das Recht zur Geltendmachung dieses Anspruchs habe er auch nicht verwirkt.
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Hilfsweise beruft sich der Beklagten wegen des Aufwendungsersatzanspruchs auf ein
Zurückbehaltungsrecht.
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Der Beklagte beantragt,
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das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
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die gegnerische Berufung zurückzuweisen.
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Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Die Veräußerung des Anteils an der
Wegeparzelle im Rahmen der Auseinandersetzung, so behauptet sie, sei wirtschaftlich
nicht sinnvoll, da es an Erwerbsinteressenten mangele, die bereit seien, nennenswerte
Beträge für die Parzelle oder Teile davon zu zahlen. Dies sei in erster Instanz unstreitig
gewesen.
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Zu Recht, so meint die Klägerin, habe das Landgericht auch die Auseinandersetzung
ohne Berücksichtigung einer Gegenforderung des Beklagten ausgesprochen. Unter
bestimmten Umständen, die hier gegeben seien, sei auch eine beschränkte
Auseinandersetzung möglich, wenn noch nicht alle Gesellschaftsverbindlichkeiten
geregelt seien. Unabhängig davon stehe dem Beklagten der geltend gemachte
Aufwendungserstzanspruch auch nicht zu. Bereits dem Grunde nach sei der Anspruch
nicht berechtigt. Der Beklagte habe persönlich den Ausbau der Straße in Auftrag
gegeben, so daß kein Grund ersichtlich sei, nunmehr die Klägerin daran zu beteiligen,
zumal ihm die Mittel hierfür von deren Ehemann zur Verfügung gestellt worden seien.
Zumindest sei ein eventueller Anspruch im Jahre 2001 durch die Vereinbarung mit dem
Insolvenzverwalter über das Vermögen ihres Ehemanns erloschen, wie das Landgericht
zutreffend festgestellt habe. Die zwischen dem Beklagten und dem Insolvenzverwalter,
dem Zeugen P, getroffene Vereinbarung über die Erledigung sämtlicher Ansprüche
habe auch den nunmehr geltend gemachten Aufwendungsersatzanspruch erfassen
sollen. Die Klägerin erhebt zudem die Einrede der Verjährung und meint, zumindest sei
Verwirkung eingetreten. Über einen Zeitraum von mehr als 20 Jahren habe der Beklagte
die Forderung nicht geltend gemacht, obwohl er in der Zwischenzeit die von ihr, der
Klägerin, beglichenen Grundbesitzabgaben anteilig erstattet habe. Auch in der
Korrespondenz, die sich an die Kündigung der Gesellschaft angeschlossen habe, sei
die Forderung nicht erhoben worden. Sie, die Klägerin, habe sich deshalb auch darauf
eingerichtet, die Ansprüche nicht befriedigen zu müssen.
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Der Senat hat eine schriftliche Aussage des Zeugen P eingeholt. Wegen des
Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die schriftliche Aussage des Zeugen vom
11.05.2004 (Bl. 294, 295 GA) Bezug genommen.
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II.
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Die zulässige Berufung des Beklagten hat zum Teil Erfolg. Zwar bleibt es auch nach
dem Ergebnis des Berufungsverfahrens grundsätzlich bei der Auseinandersetzung der
GbR durch Bildung einer Bruchteilsgemeinschaft, doch steht dem Beklagten entgegen
der Auffassung des Landgerichts ein Aufwendungsersatzanspruch zu, der ein
Zurückbehaltungsrecht begründet und deshalb zu einer Zug-um-Zug-Verurteilung führt.
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1.
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Die zwischen den Parteien bestehende Gesellschaft ist durch Kündigung der Klägerin
vom 27.03.2000 aufgelöst worden, wie auch der Beklagte inzwischen nicht mehr in
Zweifel zieht. Bei der nunmehr durchzuführenden Auseinandersetzung sind einerseits
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als einziges Vermögen der Gesellschaft der Anteil an der Wegeparzelle in E-I und
andererseits der Aufwendungsersatzanspruch des Beklagten (hierzu unten zu 2.) zu
berücksichtigen. § 733 Abs. 3 BGB stellt insoweit den Grundsatz auf, daß zur
Berichtigung der Schulden und Zurückerstattung der Einlagen das
Gesellschaftsvermögen soweit erforderlich in Geld umzusetzen und ein verbleibender
Überschuß anteilig zu verteilen sind (§ 734 BGB). Bei der konkreten Gestaltung der
Auseinandersetzung sind jedoch jeweils die Umstände des Einzelfalls zu
berücksichtigen; die Abwicklung hat sich wesentlich am Grundsatz der Wirtschaftlichkeit
zu orientieren (Ulmer, Gesellschaft bürgerlichen Rechts und Partnerschaftsgesellschaft,
4. Aufl. § 733 Rdnr. 22). Im Streitfall liegen besondere Umstände vor, nach denen die
Veräußerung der Wegeparzelle nicht dem wirtschaftlichen Interesse der Gesellschafter
entspricht, zumal die Klägerin keine weitergehende Auseinandersetzung als die
Errichtung einer Bruchteilsgemeinschaft anstrebt. Die Interessen des Beklagten als
einzigem Gesellschaftsgläubiger werden dadurch in ausreichendem Maße gewahrt, daß
ihm wegen seiner Forderungen ein Zurückbehaltungsrecht eingeräumt worden ist.
Die von dem Beklagten verlangte Versteigerung des Anteils der Gesellschaft an der
Wegeparzelle wäre gänzlich unwirtschaftlich, da aller Voraussicht nach ein
nennenswerter Erlös nicht zu erwarten ist. Die Klägerin hat bereits erstinstanzlich
vorgebracht, daß der Miteigentumsanteil an der Wegeparzelle nicht marktgängig und
damit nicht veräußerlich sei. Ein externer Kaufinteressent werde sich nicht finden, auch
die Anlieger werden wenig Interesse an dem Erwerb des Miteigentumsanteils oder
Anteilen daran haben, weil sie bereits über hinreichend gesicherte Zuwegungen zu
ihren Grundstücken verfügten. Dies war in erster Instanz unstreitig, so daß es sich bei
den nunmehr von dem Beklagten erhobenen Einwendungen um neues Vorbringen im
Sinne des § 531 ZPO handelt, mit dem er ausgeschlossen ist. Unabhängig davon
vermag der Senat auch unter Berücksichtigung der Darlegungen des Beklagten im
Berufungsverfahren nicht zu erkennen, daß eine Versteigerung des Miteigentumsanteils
an der Wegeparzelle zu erheblichen Erlösen führen wird, da etwa die
Grundstücksanlieger, denen gegenüber die Klägerin zur Eigentumsverschaffung
verpflichtet ist, keine weiteren Mittel aufwenden werden, um auf diesem Wege
Miteigentumsanteile zu erlangen.
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Die Versilberung des Immobilienvermögens der Gesellschaft ist auch zur Erreichung
einer sinnvollen Auseinandersetzung zwischen den Parteien nicht erforderlich.
Drittgläubiger existieren nicht. Die Klägerin begehrt nicht mehr als die Begründung einer
Bruchteilsgemeinschaft. Der Beklagte, der bis zuletzt an der BGB-Gesellschaft
festhalten wollte, wird hierdurch nicht beeinträchtigt. Insbesondere kann er jederzeit die
Auseinandersetzung dieser Bruchteilsgemeinschaft verlangen, wenn er dieses etwa
künftig wünschen sollte. Schließlich wird seinem Interesse an ausreichender
Berücksichtigung des Aufwendungsersatzanspruchs dadurch hinreichend Rechnung
getragen, daß die Verurteilung zur Abgabe der zur Begründung der
Bruchteilsgemeinschaft erforderlichen Willenserklärungen nur Zug um Zug gegen
Zahlung des Aufwendungsersatzbetrages erfolgt. Dadurch ist es sichergestellt, daß die
Willenserklärungen erst nach Zahlung des festgesetzten Betrages von 10.272,21 EUR
wirksam werden, § 894 Abs. 1 S. 2 ZPO.
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2.
18
Der Anspruch der Klägerin auf Begründung einer Bruchteilsgemeinschaft an dem
Straßengrundstück ist nur begründet Zug um Zug gegen Erfüllung des
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Aufwendungsersatzanspruchs des Beklagten in Höhe von 10.272,21 EUR.
a)
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Der Beklagte hatte nach Erwerb der Grundstücke durch die GBR auf der Wegeparzelle
eine Straße errichten lassen und dafür 38.572,90 DM aufgewandt. Hiervon betreffen den
noch im Gesellschaftsvermögen befindlichen Miteigentumsanteil 90/108 = 32.144,08
DM. Insoweit ist ein Erstattungsanspruch gegen die Gesellschaft begründet, der in die
Auseinandersetzung einzustellen ist. Die Klägerin, die 62,75 % der Gesellschaftsanteile
inne hatte, muß diesen Betrag anteilig in Höhe von 20.170,04 DM, das sind 10.312,97
EUR, erstatten. Nachdem der Beklagte mit Verbindlichkeiten gegenüber der Klägerin in
Höhe von 40,76 EUR aufgerechnet hat, verbleibt eine Restforderung in Höhe von
10.272,21 EUR, wegen der der Beklagte berechtigterweise ein Zurückbehaltungsrecht
geltend macht.
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b)
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Wie auch das Landgericht insoweit zutreffend angenommen hat, hatte der Beklagte die
zur Erschließung der übrigen Grundstücke erforderliche Straße auf der Wegeparzelle im
Auftrag der Gesellschaft übernommen, so daß ihm ein Aufwendungsersatzanspruch
nach § 670 BGB zusteht. Es kann dahin gestellt bleiben, ob der Anspruch entfiele, wenn
dem Beklagten die dafür eingesetzten Mittel von dem Ehemann der Klägerin
zweckgerichtet und ohne Verpflichtung zur Rückzahlung überlassen worden wären. Das
ist nämlich nicht der Fall. Zwar hat der Beklagte zur Begleichung der Rechnung der
Bauunternehmung U vom 23.04.1979 einen Betrag von 40.000,00 DM eingesetzt, den
er zuvor berechtigterweise von einem Geschäftskonto des Ehemanns der Klägerin
abgehoben hatte. Aus Sicht des Ehemanns der Klägerin, des Zeugen C, erfolgte die
Zahlung jedoch lediglich darlehnsweise. Dies folgt zur Überzeugung des Senats aus
dem Umstand, daß der Zeuge C die Rückzahlung unter anderem dieses Betrages in
dem Rechtsstreit 3 O 81/83 LG Detmold verlangt hat. Die ursprüngliche Klageforderung
von 2.749.370,70 DM erfaßte Darlehnsrückzahlungsansprüche des damaligen Klägers
in Höhe von 1.544.000,00 DM gemäß Anlage 2 zur Klageschrift vom 18.04.1983 (Bl. 13
d. A. 3 O 81/83 LG Detmold). Die erste Position dieser Aufstellung, eine Zahlung von
über 40.000,00 DM am 17.05.1979, betrifft den Betrag, mit dem die Baukosten für die
Straßenparzelle beglichen worden sind. Gegen die Berechtigung dieses
Darlehnsrückzahlungsanspruchs dem Grunde nach hatte der Beklagte in jenem
Rechtsstreit auch keine Einwendungen erhoben. Seine Rechtsverteidigung insoweit
beruhte lediglich auf der Aufrechnung mit Gegenforderungen. Dies läßt für den Senat
nur den Schluß zu, daß seinerzeit zwischen dem Beklagten und dem Ehemann der
Klägerin Einigkeit darüber bestanden hat, daß die Überlassung dieses Betrages wie
auch erheblicher anderer Mittel, die der Beklagte zur Errichtung seines Wohnhauses
eingesetzt hatte, darlehnsweise erfolgt war. Nicht nachvollziehbar für den Senat ist die
jetzige Behauptung der Klägerin, die Position über 40.000,00 DM vom 17.05.1979 sei in
die Anlage 2 zur Klage in dem Verfahren 3 O 81/83 LG Detmold nur versehentlich hinein
gekommen. Dies hatte der Beklagte in jenem Rechtsstreit nie geltend gemacht. Allein
die Vorlage einer Ablichtung der Anlage 2 mit einem handschriftlichen Vermerk des
Beklagten, es handele sich um eine Barauszahlung wegen Straßenausbaukosten GbR,
besagt dazu nichts.
23
c)
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Der danach begründete Erstattungsanspruch ist nicht durch die Vereinbarung zwischen
dem Beklagten und dem Insolvenzverwalter über das Vermögen des Ehemanns der
Klägerin aus dem Jahre 2001 erloschen. Zu Unrecht hat das Landgericht angenommen,
diese Vereinbarung betreffe auch die hier in Rede stehende Erstattungsforderung.
Unstreitig war es Anfang 2001 zu einer Vereinbarung zwischen dem Insolvenzverwalter
Rechtsanwalt P und dem Beklagten dahingehend gekommen, daß wechselseitige
Ansprüche aus dem Rechtsstreit 3 O 81/03 LG Detmold = 8 U 66/84 OLG Hamm nicht
mehr geltend gemacht werden. Der durch Eröffnen des Insolvenzverfahrens
unterbrochene Rechtsstreit ist von den Parteien jenes Rechtstreits dann nicht
aufgenommen worden. Diese Vereinbarung war begrenzt auf die wechselseitigen
Forderungen, die in jenem Rechtsstreit im Wege von Klage, Aufrechnung und
Widerklage geltend gemacht worden waren. Weder nach Wortlaut noch Sinn und Zweck
der Regelung läßt sich die Auslegung rechtfertigen, der Beklagte habe auch auf
Ansprüche gegen die Ehefrau seines damaligen Prozeßgegners verzichten wollen.
Veranlassung für den Beklagten, auf die Weiterverfolgung der von ihm für begründet
gehaltenen Ansprüche zu verzichten, war allein die durch die Insolvenz dokumentierte
wirtschaftliche Schwäche des Ehemanns der Klägerin. Dieser Gesichtspunkt traf auf die
Klägerin nicht zu, so daß kein Anhaltspunkt dafür besteht, daß die Parteien ohne eine
dahingehende ausdrückliche Vereinbarung eventuelle Forderungen gegen die Klägerin
in die Erledigungserklärung einbeziehen wollten. Daß der Beklagte über den durch
Urkunden dokumentierten Inhalt der Vereinbarung mit dem Insolvenzverwalter
Rechtsanwalt P hinaus auch auf die hier in Rede stehende Forderung verzichtet hat, ist
durch die Beweisaufnahme nicht bestätigt worden. Rechtsanwalt P, der als Zeuge diese
Frage schriftlich beantwortet hat, hat unter eingehender Darstellung des damaligen
Gangs der Verhandlungen ausgeführt, er habe sich ausschließlich über die in dem
Verfahren C gegen N 8 U 66/84 OLG Hamm anhängigen Ansprüche verglichen.
25
d)
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Der Beklagte ist schließlich an der Geltendmachung der Forderung weder durch
Verjährung noch durch Verwirkung gehindert. Der Aufwendungsersatzanspruch verjährt
in 30 Jahren; diese Frist ist noch nicht verstrichen.
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Entgegen der Auffassung der Klägerin ist der Anspruch auch nicht verwirkt. Es kann
dahin gestellt bleiben, ob angesichts der hier vorliegenden Umstände, daß unmittelbar
nach dem Erwerb getätigte Investionskosten über mehr als 20 Jahre nicht zur Erstattung
angemeldet worden sind, das zur Verwirkung erforderliche Zeitmoment erfüllt ist. Selbst
wenn man davon ausgehen wollte, fehlt es am sogenannten Umstandsmoment.
Verwirkung wäre nur dann eingetreten, wenn der Beklagte durch sein Verhalten den
Eindruck erweckt hat, den ihm zustehenden Erstattungsanspruch nicht mehr geltend
machen zu wollen, und die Klägerin sich darauf eingestellt hat, so daß die jetzige
Berücksichtigung der Forderung treuwidrig wäre. Der Senat vermag bereits nicht
festzustellen, daß die Klägerin anhand des Verhaltens des Beklagten in der
Vergangenheit davon ausgehen durfte, im Rahmen einer künftigen Auseinandersetzung
der Gesellschaft würde ein Anspruch auf Erstattung der anteiligen Ausbaukosten nicht
geltend gemacht werden. Dieser Eindruck konnte nicht etwa dadurch entstehen, daß der
Beklagte regelmäßig anteilige Zahlungen auf die laufenden Unterhaltskosten,
insbesondere die kommunalen Grundbesitzabgaben, geleistet hat, ohne etwa die
Aufrechnung zu erklären. Es ist nämlich durchaus nachvollziehbar, daß der Beklagte die
mit der Errichtung der Straße verbundenen Kosten, die sich in einer entsprechenden
Wertsteigerung des Gesellschaftsvermögens niedergeschlagen hatten, erst dann
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geltend machen wollte, wenn die Gesellschaft auseinandergesetzt würde oder die
betreffende Immobilie aus dem Vermögen der GBR ausschied. Ob der Beklagte darüber
hinaus auch Rücksichten auf ein weitgehend ungestörtes Nachbarschaftsverhältnis
genommen hat, wie er bei seiner Anhörung im Senatstermin ausgeführt hat, kann
dahingestellt bleiben. Ohne entscheidende Bedeutung ist der von der Klägerin
hervorgehobene Umstand, daß der Beklagte in der Korrespondenz unmittelbar nach
Kündigung der Gesellschaft (Schreiben der Rechtsanwälte N und Partner vom
28.03.2000 sowie Schreiben seines Sohnes vom 12.04.2000) den
Aufwendungsersatzanspruch nicht erwähnt hat. Zum einen mag es insbesondere im
Rahmen der Bemühungen des Sohnes des Beklagten, eine gütliche
Auseinandersetzung zu erreichen, verschiedene Gründe gegeben haben, den Anspruch
jedenfalls vorerst nicht zu thematisieren. Zum anderen ist das Verhalten des Beklagten
im Jahre 2000 nicht mehr geeignet, einen Verwirkungstatbestand zu begründen.
Die Klägerin hat darüber hinaus auch nicht dargelegt, dass und in welcher Form sie sich
darauf eingerichtet hat, im Rahmen der Auseinandersetzung Kosten für den Ausbau der
Straße im Jahre 1979 nicht tragen zu müssen. Zwar hat sie mit Schriftsatz vom
27.05.2004 ausgeführt, sich darauf eingerichtet und entsprechend ihre Dispositionen
getroffen zu haben. Dieser Vortrag ist jedoch gänzlich unsubstantiiert und der
beantragten Beweisaufnahme nicht zugänglich.
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Nach alledem steht dem Beklagten der dargelegte anteilige Anspruch gegen die
Klägerin in Höhe von 10.312,97 EUR zu, der wegen der Aufrechnung mit
Grundbesitzabgaben für die Jahre 2003 und 2004 in Höhe von 40,76 EUR nur noch in
Höhe von 10.272,21 EUR besteht.
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3.
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Die Kostenentscheidung ergeht nach §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung
über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 ZPO.
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