Urteil des OLG Hamm vom 09.09.1996

OLG Hamm (1995, nettoeinkommen, abzug, leistung des arbeitgebers, fahrtkosten, höhe, betrag, entfernung, einkommen, beitrag)

Oberlandesgericht Hamm, 8 UF 102/96
Datum:
09.09.1996
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
8. Senat für Familiensachen
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
8 UF 102/96
Vorinstanz:
Amtsgericht Borken, 9 F275/95
Tenor:
1.
Dem Beklagten wird Prozeßkostenhilfe unter Beiordnung von RA ... in ...
zur Durchführung der Berufung bewilligt, soweit er - abändernd - an die
Klägerin Trennungsunterhalt von nicht mehr als
a) 834,00 DM für Dezember 1995,
b) 714,00 DM monatlich für Januar bis Juni 1996 und
c) 733,00 DM monatlich ab August 1996
- abzüglich geleisteter Zahlungen -
zahlen will.
Das weitergehende PKH-Gesuch wird zurückgewiesen.
Die Anordnung von Ratenzahlungen bleibt vorbehalten.
2.
Der Klägerin wird Prozeßkostenhilfe für eine beabsichtigte
Anschlußberufung versagt.
Gründe:
1
I.
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Die Parteien streiten um Trennungsunterhalt für die Zeit ab Dezember 1995.
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Die unstreitig unterhaltsbedürftige einkommenslose Klägerin lebt seit November 1995
innerhalb des jeweils im hälftigen Miteigentum stehenden Einfamilienhauses der
Parteien getrennt. Der Beklagte ist als Aufsichtshauer berufstätig. Die Klägerin hat
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erstinstanzlichen Trennungsunterhalt von monatlich 1.461,00 DM verlangt.
Der Beklagte ist der Klageforderung entgegengetreten; er hat allerdings freiwillig für
Dezember 1995 und Januar 1996 monatlich 400,00 DM und ab Februar 1996 monatlich
500,00 DM Unterhalt gezahlt.
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Das Amtsgericht hat den Beklagten - unter Klageabweisung im übrigen - verurteilt, an
die Klägerin Trennungsunterhalt von monatlich 925,00 DM zu zahlen. Zur Begründung
hat es im wesentlichen ausgeführt: Das Nettoeinkommen des Beklagten betrage
monatlich 4.200,00 DM und vermindere sich um Fahrtkosten von 950,00 DM angesichts
einer einfachen Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte von 62 km. Von dem
Quotenanspruch von 1.392,85 DM (3/7 von 3.250,00 DM) seien die hälftigen
Hauskosten, die der Beklagte allein trage, mit einem Betrag von 467,87 DM in Abzug zu
bringen. Demgemäß stehe der Klägerin noch ein Barunterhaltsanspruch i.H.v. monatlich
925,00 DM zu.
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Dagegen wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung, mit der er anstrebt, nicht mehr
Trennungsunterhalt für Dezember 1995 als 809,53 DM und ab Januar 1996 nicht mehr
als monatlich 531,00 DM - abzüglich erbrachter Zahlungen - zu schulden. Insoweit bittet
er um Prozeßkostenhilfe. Er behauptet, 1996 sei im Hinblick auf den erfolgten
Steuerklassenwechsel von einer höheren Steuerlast von monatlich 450,00 DM
auszugehen. Außerdem habe er für 1995 im Jahre 1996 lediglich eine monatsanteilige
Steuererstattung von 20,00 DM erhalten. Ferner habe das Amtsgericht zu Unrecht den
monatlichen Beitrag von 140,00 DM an die Bausparkasse ... und den Monatsbeitrag an
die Allianz Lebensversicherung (129,40 DM bis Mai 1996 und sodann 135,00 DM)
unberücksichtigt gelassen. Über weitere Einkünfte verfüge er nicht. Im übrigen bestreite
er die Aktivlegitimation der Klägerin im Hinblick auf deren Sozialhilfeunterstützung.
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Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und bittet darüber hinaus um
Prozeßkostenhilfe für eine beabsichtigte Anschlußberufung, mit der sie einen
Unterhaltsanspruch von monatlich 1.118,00 DM geltend macht. Dazu behauptet sie:
Bislang habe der Beklagte nicht im einzelnen dargelegt, daß sein laufendes
Einkommen niedriger ausfalle als 1995. Überdies habe er Nebeneinkünfte aus
Taxifahrten für die Firma ... Das Amtsgericht habe die berufsbedingten Fahrtkosten mit
950,00 DM zu hoch angesetzt. Eine Entfernung von 62 km sei unterhaltsrechtlich nicht
anzuerkennen. Der Beklagte habe in erster Instanz selbst lediglich 477,40 DM geltend
gemacht. Ferner habe sich die Ratenhöhe der Schuldentilgung gegenüber der
Hypothekenbank ab August 1986 vermindert.
8
II.
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Die zulässige Berufung des Beklagten verspricht nur teilweise hinreichende Aussicht
auf Erfolg (§ 114 ZPO); er hat sich indessen im Hinblick auf das von der Klägerin
behauptete Festgeld noch zu seiner Kostenarmut zu erklären. Dagegen dürften keine
hinreichenden Erfolgsaussichten dafür bestehen, daß der Klägerin Trennungsunterhalt
in monatlicher Höhe von 1.118,00 DM zustehen könnte; insoweit war ihr
Prozeßkostenhilfe für eine beabsichtigte Anschlußberufung zu versagen. Im einzelnen
gilt vorläufig folgendes:
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1.
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Dezember 1995
12
Das bereinigte Nettoeinkommen des Beklagten für 1995 dürfte sich auf monatlich
3.202,00 DM belaufen. Von dem sich daraus ergebenen rechnerischen Quotenanspruch
von 1.372,00 DM (3/7 des Nettoeinkommens) sind unmittelbare Hauslasten mit
monatlich 538,00 DM in Abzug zu bringen. Der sich danach ergebende
Unterhaltsanspruch ist mit 834,00 DM niedriger als der vom Amtsgerichts titulierte
(925,00 DM).
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a)
14
Das Nettoeinkommen des Jahres 1995 errechnet sich auf der Grundlage der
Gehaltsmitteilung für Dezember 1995 (Bl. 141) mit den aufgelaufenen Jahressummen
auf monatlich rund 3.990,00 DM:
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Gesamtbrutto
(einschließlich Fahrtkostenerstattung)
70.858,82
DM
Lohnsteuer
- 8.364,00
DM
Kirchensteuer
- 752,76
DM
Solidaritätszuschlag
- 627,30
DM
RV
- 5.763,37
DM
AV
- 2.014,07
DM
KV
- 4.307,03
DM
PV
- 309,87
DM
Gesamtnetto
48.720,42
DM
oder monatlich
4.060,04
DM.
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Davon ist der Nettobetrag der vermögenswirksamen Leistung des Arbeitgebers mit
35,75 DM und der Gewerkschaftsbeitrag mit monatlich 34,25 DM (411: 12, vgl. Bl. 119)
in Abzug zu bringen, so daß sich ein Nettoeinkommen von 3.990,00 DM errechnet.
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b)
18
Das Nettoeinkommen erhöht sich um die unstreitig in 1995 geflossene Steuererstattung
für 1994 von monatsanteilig 300,00 DM (Bl. 17). Das Nettoeinkommen beträgt somit
monatlich 4.290,00 DM.
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c)
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Das Amtsgericht hat berufsbedingte Fahrtkosten vom Wohnort zur Arbeitsstätte (62 km
Entfernung) mit einem Monatsbetrag von rund 950,00. DM in Abzug gebracht. Dagegen
dürfte sich die Klägerin im Ergebnis zu Unecht wenden, weil letztlich nur ein Abzug für
Fahrtkosten von 443,00 DM gemacht wird. Zu berücksichtigen ist nämlich, daß im
bereits errechneten Nettoeinkommen eine Fahrtkostenerstattung des Arbeitgebers von
jährlich 6.141,00 DM oder monatlich 511,75 DM enthalten ist (vgl. Bl. 119 und 141).
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Dieser Erstattungsbetrag ist von den vollen Kosten von 954,80 DM (62 × 2 × 220/12 ×
0,42 DM) in Absatz zu bringen, so daß sich "echte" Fahrtkosten letztlich nur in Höhe von
443,00 DM ergeben. Dieser Aufwand ist zugunsten des Beklagten - jedenfalls im
summarischen PKH-Prüfungsverfahren - in Ansatz zu bringen. Das Nettoeinkommen
vermindert sich auf 3.335,00 DM (4.290 - 955).
d)
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Der Beklagte hat in zweiter Instanz unwidersprochen geltend gemacht, daß er einen
monatlichen Beitrag von 129,40 DM (ab Juni 1996 von 135,00 DM) an die ... geleistet
hat. Diese Vermögensbildung der Parteien hat das eheangemessene Einkommen
geprägt, so daß ein durchgängiger Betrag von monatlich 133,00 DM (zur Vereinfachung
auch für Dezember 1995) in Abzug gebracht werden soll. Danach beträgt das bereinigte
... Nettoeinkommen (3.335 - 133 =) 3.202,00 DM. Die 3/7-Quote macht einen Betrag von
1.372,00 DM aus.
23
e)
24
Für die Hausaufwendungen des gemeinsamen Eigenheims hat das Amtsgericht vom
Quotenanspruch unmittelbar die hälftigen Aufwendungen mit einem Monatsbetrag von
rund 468,00 DM in Abzug gebracht. Zugunsten des Beklagten soll der weiter geltend
gemachte Betrag an die Bausparkasse ... mit monatlich 140,00 DM: 2 = 70,00 DM
ebenfalls in Ansatz gebracht werden. Infolgedessen vermindert sich der
Quotenanspruch von 1.372,00 DM um 538,00 DM (468 + 70) auf 834,00 DM.
25
2.
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Januar bis Juli 1996:
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Das laufende bereinigte Nettoeinkommen des Beklagten dürfte monatlich 3.055,00 DM
ausmachen, mithin der 3/7-Anspruch 1.309,00 DM. Nach Abzug der hälftigen
Hausaufwendungen von 538,00 DM errechnet sich ebenfalls ein höherer Anspruch als
vom Amtsgericht ausgeurteilt, nämlich von monatlich 714,00 DM.
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a)
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Der Beklagte hat auf der Grundlage der bislang beigebrachten Gehaltsträger für die
Monate Mai, Juni und Juli 1996 (Bl. 124, 125, 143) nicht glaubhaft gemacht, daß sich
entsprechend seiner Behauptung das Nettoeinkommen wesentlich gegenüber dem
Vorjahr verringert haben soll, wenngleich auch im Hinblick auf die
Steuerklassenänderung eine höhere Lohnsteuer anfällt. In den ersten sieben Monaten
des laufenden Jahres dürfte der Beklagte ein Nettoeinkommen (einschl. der
Fahrtkostenerstattung) von rund monatlich 3.500,00 DM erzielt haben. Dieses erhöht
sich im Hinblick auf seine Obliegenheit, seine Steuerlast möglichst günstig zu gestalten,
um mindestens monatlich 200,00 DM Steuervorteil. Denn der Beklagte ist gehalten,
bereits im Jahre 1996 an der Möglichkeit des begrenzten Realsplittings in Form einer
Eintragung eines Steuerfreibetrages auf der Lohnsteuerkarte 1996 Gebrauch zu
machen. Diese Möglichkeit besteht deshalb für ihn, weil er den vom Amtsgericht
titulierten Trennungsunterhalt von monatlich 925,00 DM in monatlicher Höhe von 531,00
DM mit seiner Berufung nicht angegriffen hat. In Höhe von monatlich 531,00 DM hätte er
mithin einen Freibetrag zur Absenkung seiner Steuerlast eintragen lassen müssen. Da
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sich das Einkommen des Beklagten - wie auch ein Vergleich mit dem Vorjahr ergibt - in
der zweiten Jahreshälfte durch anfallende Sonderzuwendungen erheblich erhöht, dürfte
von einer Fortschreibung des Nettoeinkommens mit einem Monatsbetrag von 3.990,00
DM auszugehen sein.
b)
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Zutreffend weist der Beklagte allerdings darauf hin, daß die Steuererstattung für das
Jahr 1995 monatsanteilig lediglich 20,00 DM ausmacht (Bl. 119), so daß sich das
Nettoeinkommen - lediglich - auf monatlich 4.010,00 DM erhöht.
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c)
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Nach Abzug der (vollen) Fahrtkosten von monatlich 955,00 DM verbleibt ein
Nettoeinkommen von 3.055,00 DM, welches sich nach Abzug des Beitrages zur
Lebensversicherung ... von ... 133,00 DM auf 2.922,00 DM ermäßigt. Der 3/7-
Quotenanspruch beträgt somit 1.252,00 DM.
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Von diesem sind unmittelbar wiederum 538,00 DM Hausaufwendungen in Abzug zu
bringen. Der Barunterhaltsanspruch dürfte somit 714,00 DM ausmachen.
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3.
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Ab August 1996:
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Es gilt die Berechnung für die Vormonate mit dem Unterschied, daß von dem
Quotenanspruch von 1.252,00 DM nunmehr lediglich 519,00 DM Hausaufwendungen in
Abzug zu bringen sind, da die Klägerin glaubhaft darauf hingewiesen hat, daß sich der
Tilgungsbeitrag gegenüber der Hypothekenbank von 556,73 DM auf monatlich 518,92
DM (Bl. 139) ermäßigt. Die hälftige Differenz beträgt somit 18,91 DM. Danach ist der
laufende Unterhaltsanspruch der Klägerin auf voraussichtlich 733,00 DM monatlich zu
erhöhen.
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4.
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Der Klägerin war Prozeßkostenhilfe für eine beabsichtigte Anschlußberufung zu
verweigern. Zwar hat sie - erstmals in zweiter Instanz - vorgetragen, daß der Beklagte
gelegentlich als Taxifahrer nebenbei tätig sei. Doch läßt sich nicht hinreichend genau
feststellen, ob diese Nebentätigkeit überhaupt ehetypisch ist und inwieweit daraus evtl.
Einkünfte anrechenbar sein könnten. Jedenfalls dürften sie nicht dazu führen, daß der
Klägerin ein höherer als vom Amtsgericht titulierter Unterhaltsanspruch zustehen dürfte.
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