Urteil des OLG Hamm vom 25.06.1992

OLG Hamm (kläger, höhe, herausgabe, firma, kaufvertrag, zpo, leistung, maschine, verkauf, wert)

Oberlandesgericht Hamm, 27 U 257/91
Datum:
25.06.1992
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
27. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
27 U 257/91
Vorinstanz:
Landgericht Hagen, 16 O 348/90
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung des
weitergehenden Rechtsmittels das am 26. September 1991 verkündete
Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Hagen
teilweise abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, folgende Gegenstände an den Kläger zu
übereignen und innerhalb von zwei Wochen ab Rechtskraft dieses
Urteils herauszugeben:
1 Stück Rundfilteranlage Fabr. ... Typ ...
Höhe: Durchmesser 2.500 mm, Luftleistung: 20-25.00 cbm/h
1 Stück Unterkonstruktion
1 Stück Wartungsbühne mit Leiter
1 Stück Trockenlöschleitung
1 Stück Zeilenradschleuse, Typ ...
1 Stück Absaugventilator - gebraucht -
technische Daten:
Volumenstrom: 21.000 cbm/h, ges.
Pressung:
2.800 Pa, Kraftbedarf an der Welle ca. 27 KW
Motor: 380 Volt, 50 Hz, Drehzahl 1.460 min. 1
1 Stück Bodenkonsole
1 Stück Absaugleitung, für ... V = 21.000 cbm/h
1 Stück Ringleitung für Containerbeschickung mit Transportventilator
1 Stück Schaltschrank
1 gebr. Kantenbearbeitungsautomat Fabr. ... Typ ... Lagernr. ...
1 gebr. Doppelendprofiler Fabr. ... Typ ... Lagernr. ...
1 gebr. Alleskönner Fabr. ... Typ ... Lagernr. ...
1 gebr. Leimauftragungsmaschine Fabr. ... Typ ..., Lagernr. ...
1 gebr. 4-Walzen-Leimauftragungsmaschine Fabr. ... Typ ..., Lagernr. ...
1 gebr. Furnierschere, Fabr. ... Lagernr. ...
1 gebr. Rollenpresse, Fabr. ... Lagernr. ...
1 gebr. Rollenpresse, Fabr. ... Lagernr. ...
1 Düsentrockenkanal, Fabr. ... Typ ... Artikel-Nr. ...
1 neues Stabtransportband, Fabr. ... für Düsentrockner Typ ...
zugehöriges Elektroinstallationsmaterial.
Im übrigen bleibt die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 5/6 und die Beklagte
zu 1/6.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von
20.000,00 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in
gleicher Höhe leistet. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch
Sicherheitsleistung in Höhe von 9.000,00 DM abwenden, wenn nicht
zuvor der Kläger Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Beiden Parteien
bleibt nachgelassen, Sicherheit auch durch Prozeßbürgschaft eines als
Steuerbürgin zugelassenen Kreditinstitutes zu erbringen.
Tatbestand:
1
Der Kläger nimmt als Verwalter in dem am 15. August 1989 eröffneten Konkursverfahren
über das Vermögen der ... GmbH/ ... die Beklagte wegen Rückgewähr von
kapitalersetzenden Leistungen an die Gemeinschuldnerin auf Zahlung und Herausgabe
in Anspruch.
2
Die Gemeinschuldnerin wurde am 02. April 1986 von den Herren ... und ... mit
Betriebssitz in den Geschäftsräumen der Beklagten gegründet. Ihr Stammkapital betrug
50.200,00 DM; es wurde von den Herren ... mit jeweils 18.800,00 DM (37,45 %) sowie
von Herrn ... mit 12.600,00 DM (25,1 %) gehalten. Die Gemeinschuldnerin sollte
Verbundbauplatten herstellen, für welche die Beklagte Pressteile liefern wollte. Die
3
Beklagte hatte ein Stammkapital von 200.000,00 DM, an dem Herr ... mit 80.000,00 DM
(40 %), Frau ... - Mutter des ... - ebenfalls mit 80.000,00 DM (40 %) sowie die Herren ...
und ... mit je 20.000,00 DM (10 %) beteiligt waren. Für den Betrieb der
Gemeinschuldnerin kaufte die Beklagte gemäß Rechnungen vom 28. April und 23. Mai
1986 bei der Firma ... Fertigungsmaschinen zum Gesamtpreis von 551.555,20 DM unter
Eigentumsvorbehalt. Mit Rechnungen vom 28. Mai 1986 veräußerte sie diese zum
Einstandspreis an die Gemeinschuldnerin. Für die Installation verlangte sie weitere
58.850,28 DM und an Finanzierungskosten 97.985,47 DM; letztere hatte sie selbst
infolge Wechselzahlungen an die Firma ... aufzubringen. Die Beklagte erhielt aufgrund
des ihr abgetretenen Vorsteuererstattungsanspruchs von der Gemeinschuldnerin
78.222,60 DM sowie im August und Oktober 1987 zwei Teilbeträge von je 10.000,00
DM. Weitere Leistungen erbrachte die Gemeinschuldnerin nicht. Weil sie die
vereinbarten Raten von 6.000,00 DM nicht aufbringen konnte, stundete die Beklagte ihr
die Restforderung. Gemäß Rechnung der Gemeinschuldnerin vom 31. August 1988
über 610.234,47 DM nahm die Beklagte die Maschinen zurück. Der Betrag wurde mit
der Schuld der Gemeinschuldnerin bei der Beklagten verrechnet.
Der Kläger hat gemeint, die Verrechnung sei anfechtbar, weil die Lieferung der
Maschinen eine kapitalersetzende Leistung dargestellt habe. Das gelte auch für die
Kaufpreisstundungen. Die Beklagte sei wie eine Gesellschafterin zu behandeln, weil
zwischen ihren Gesellschaftern und denen der Gemeinschuldnerin teilweise Identität
bestehe. Die Gemeinschuldnerin sei mangels Kreditwürdigkeit nicht in der Lage
gewesen, die Maschinen selbst anzuschaffen. Statt den Kaufpreis zu stunden, hätten
ordentliche Gesellschafter Kapital zugeführt.
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Die Beklagte hat behauptet, zwischen ihr und der Gemeinschuldnerin sei eine echte
Betriebsaufspaltung vorgesehen gewesen. Sie selbst habe als Besitzunternehmen, die
Gemeinschuldnerin lediglich als Produktionsgesellschaft geführt werden sollen. Das sei
aber wirtschaftlich unvorteilhaft gewesen, weil dann keine Investitionszulage gezahlt
worden wäre. Nur deshalb habe sie die Maschinen nicht an die Gemeinschuldnerin
vermietet, sondern verkauft.
5
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil die Beklagte nicht Gesellschafterin der
Gemeinschuldnerin sei und einer solchen auch nicht gleichstehe. Insbesondere sei
keine Verbindung gemäß den §§15 ff AktG dargetan.
6
Der Kläger rügt diese Würdigung und verbleibt bei seiner Auffassung, daß der Verkauf
sowie die Bereitstellung des kompletten Maschinenparks in Verbindung mit der
Stundung des Kaufpreises aus wirtschaftlicher Sicht nicht anders zu beurteilen sei als
eine darlehensweise Überlassung des Kaufpreises für die Anschaffung der Maschinen.
Deren Rücknahme zu einem Verrechnungspreis von 610.234,47 DM verstehe sich nicht
lediglich als Ausübung des Eigentumsvorbehalts, sondern als selbständiger
Kaufvertrag. Hierdurch sei ein Zahlungsanspruch der Gemeinschuldnerin entstanden,
den die Beklagte in Höhe ihres Restkaufpreises von 609.997,35 DM (708.219,95 DM
Gesamtkaufpreis abzüglich gezahlter 98.222,60 DM) anfechtbar verrechnet habe. Sollte
die Beklagte hingegen die Maschinen aufgrund des Eigentumsvorbehalts
zurückgenommen haben, sei diese Rechtshandlung anfechtbar mit der Folge, daß er
Übereignung und Herausgabe verlangen könne.
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Der Kläger beantragt,
8
abändernd die Beklagte zu verurteilen, an ihn 609.997,35 DM nebst 4 % Zinsen seit
dem 18. Mai 1990 zu zahlen,
9
hilfsweise,
10
1.
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die Beklagte zu verurteilen, an ihn folgende Gegenstände zu übereignen und
herauszugeben:
12
1 Stück Rundfilteranlage Fabr. ... Typ ...
13
Höhe: Durchmesser 2.500 mm, Luftleistung: 20-25.00 cbm/h
14
1 Stück Unterkonstruktion
15
1 Stück Wartungsbühne mit Leiter
16
1 Stück Trockenlöschleitung
17
1 Stück Zeilenradschleuse, Typ JK 50 S
18
1 Stück Absaugventilator - gebraucht - technische Daten:
19
Volumenstrom: 21.000 cbm/h, ges. Pressung: 2.800 Pa, Kraftbedarf an der Welle ca. 27
KW Motor: 380 Volt, 50 Hz, Drehzahl 1.460 min. 1
20
1 Stück Bodenkonsole
21
1 Stück Absaugleitung, für ... V = 21.000 cbm/h
22
1 Stück Ringleitung für Containerbeschickung mit Transportventilator
23
1 Stück Schaltschrank
24
1 gebr. Kantenbearbeitunsautomat Fabr. ... Typ ..., Lagernr. ...
25
1 gebr. Doppelendprofiler Fabr. ... Typ ... Lagernr. ...
26
1 gebr. Alleskönner Fabr. ... Typ ... Lagernr. ...
27
1 gebr. Leimauftragungsmaschine Fabr. ... Typ ..., Lagernr. ...
28
1 gebr. 4-Walzen-Leimauftragungsmaschine Fabr. ... Typ ..., Lagernr. ...
29
1 gebr. Furnierschere, Fabr. ... Lagernr. ...
30
1 gebr. Rollenpresse, Fabr. ... Lagernr. ...
31
1 gebr. Rollenpresse, Fabr. ... Lagernr. ...
32
1 Düsentrockenkanal, Fabr. ... Typ ... Artikel-Nr. ...
33
1 neues Stabtransportband, Fabr. ... für Düsentrockner Typ ...
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zugehöriges Elektroinstallationsmaterial.
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2.
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der Beklagten eine Herausgabefrist von zwei Wochen ab Rechtskraft des Urteils zu
setzen,
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3.
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für den Fall des erfolglosen Fristablaufs die Beklagte zu verurteilen, an ihn 593.804,47
DM nebst 4 % Zinsen seit dem 18. Mai 1990 zu zahlen.
39
Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil und behauptet nach wie vor, daß die Firma ...
den Kaufvertrag anstelle mit ihr auch mit der Gemeinschuldnerin geschlossen haben
würde. Zum weiteren Parteivorbringen im einzelnen wird auf den vorgetragenen Inhalt
der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
42
Der Senat hat den Geschäftsführer ... der Beklagten gemäß §141 ZPO angehört.
Insoweit wird auf den Vermerk des Berichterstatters zum Sitzungsprotokoll vom 26. Mai
1992 verwiesen.
43
Die Konkursakte 29 N 23/89 des Amtsgerichts Hagen ist Gegenstand mündlicher
Verhandlung gewesen.
44
Entscheidungsgründe:
45
Die Berufung ist mit den Hilfsanträgen zu 1) und 2) erfolgreich, im übrigen jedoch
unbegründet.
46
Der Kläger kann die Beklagte gemäß den §§37, 32 a KO, 32 a III GmbHG auf
Rückgewähr der Maschinen in Anspruch nehmen, weil die Beklagte wie eine
Gesellschafterin der Gemeinschuldnerin zu behandeln ist (1), durch die Rücknahme der
Maschinen von ihrem Eigentumsvorbehalt Gebrauch gemacht hat (2) und eine solche
Rechtshandlung zu Lasten der späteren Konkursgläubiger nicht (mehr) vornehmen
durfte (3). Die Herausgabe der Maschinen ist antragsgemäß zu befristen (4). Hingegen
ist ein Anspruch auf Wertersatz vom Kläger nicht zureichend dargetan (5).
47
1.
48
Die Beklagte steht als Dritte im Sinne des §32 a III GmbHG einer Gesellschafterin
gleich. Sie hat für die Gemeinschuldnerin gesellschaftsrechtliche Verantwortung
übernommen und deren Geschicke maßgeblich mitbestimmt. Es kann dahinstehen, ob
nicht schon die personellen Verflechtungen zwischen der Beklagten und der
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Gemeinschuldnerin ausreichend erscheinen müssen, um die gesellschafterähnliche
Rolle der Beklagten festzustellen. Die insoweit vom Landgericht erhobenen Bedenken
erscheinen dem Senat allerdings nicht stichhaltig. Zwar hielt die Beklagte keine
Mehrheitsbeteiligung an der Gemeinschuldnerin, wohl aber ihre Mehrheitsgesellschafter
bzw. deren Angehörigen. Da bei der gesellschaftsinternen Willensbildung für
gewöhnlich die einfache Stimmenmehrheit ausreicht, ist es zumindest naheliegend,
beide Gesellschaften als verbundene Unternehmen entsprechend §15 AktG jedenfalls
zu vermuten, so daß die Beklagte einen solchen Schein zu widerlegen hätte. Letztlich
kann dieser Gedanke aber auf sich beruhen, weil die Beklagte selbst vorträgt, daß sie
die Leitung der Gemeinschuldnerin von Anfang an ganz entscheidend beeinflußt hat
(vgl. dazu Urteil des BGH vom 26. März 1984 in BGHZ 90, 380 ff). Zur Gründung der
Gemeinschuldnerin ist es nur gekommen, weil die Beklagte daran interessiert gewesen
ist, auf diese Weise einen ausgefallenen Geschäftspartner zu ersetzen. Der Betrieb der
Gemeinschuldnerin war deshalb ganz auf die Beklagte abgestellt. Nach dem
schriftsätzlichen Vorbringen der Beklagten soll ursprünglich sogar eine "Konzernlösung"
dergestalt vorgesehen gewesen sein, wonach die Beklagte lediglich als Besitz- und die
Gemeinschuldnerin als Produktionsunternehmen fungiert hätten. Das ist zwar von dem
Geschäftsführer ... bei seiner Anhörung vor dem Senat so nicht nachgehalten worden.
Aber auch der praktizierte An- und Verkauf des Maschinenparks zeigt deutlich, daß die
Beklagte über ihre Mehrheitsgesellschafter die Geschäftspolitik der Gemeinschuldnerin
gestaltet hat.
2.
50
Es mag durchaus sein, daß bereits der Verkauf der Maschinen an die
Gemeinschuldnerin vom 28. Mai 1986 eine kapitalersetzende Leistung der Beklagten
gewesen ist. Dies wäre dann der Fall, wenn die Firma ... nicht bereit gewesen sein
sollte, direkt mit der Gemeinschuldnerin zu kontraktieren, weil ihr deren Bonität nicht
ausreichend erschien. Das hat der Kläger zwar behauptet, ist jedoch von dem
Geschäftsführer der Beklagten bei seiner Anhörung vor dem Senat bestritten worden.
Die Vertragsgestaltung über die Beklagte als Zwischenerwerberin soll allein auf der
bereits bestehenden Geschäftsverbindung zwischen der Firma ... und der Beklagten
beruht haben; falls sich die Beklagte geweigert haben würde, hätte die Firma ... den
Vertrag auch inhaltsgleich mit der Gemeinschuldnerin abgeschlossen. Hiervon muß
zugunsten der Beklagten einstweilen ausgegangen werden. Ob die entgegenstehende
Behauptung des Klägers erweislich wäre, bedarf keiner Klärung. Denn jedenfalls die
Stundung der Kaufpreisraten, die aufzubringen der Gemeinschuldnerin aus
wirtschaftlichen Gründen nicht möglich gewesen ist, hatte kapitalersetzende Funktion.
Hierdurch wird der Kläger letztlich ebenso gestellt, wie er stehen würde, wenn das
bereits für den Kaufvertrag vom 28. Mai 1988 gälte.
51
Durch den Verkauf der Maschinen unter Eigentumsvorbehalt hat die Beklagte der
Gemeinschuldnerin den Besitz mit Nutzungsmöglichkeit verschafft sowie die Chance
zum Erwerb des Eigentums eröffnet (Anwartschaftsrecht). Diesen Zustand hat sie
rechtlich wie tatsächlich bis August 1988 aufrechterhalten, obwohl die
Gemeinschuldnerin ihn nicht aus eigener Kraft erwirtschaften konnte und die als
Gegenleistung vereinbart gewesenen Kaufpreisraten schuldig blieb. Statt dessen hätte
die Beklagte ohne weiteres die Wahlmöglichkeit gehabt, vom Vertrage zurückzutreten;
§455 BGB. Indem sie davon keinen Gebrauch gemacht und so die Gemeinschuldnerin
am Leben gehalten hat, trägt sie die Verantwortung dafür, wie deren Fortbestehen bei
ordnungsgemäßer Unternehmensfinanzierung herbeigeführt worden wäre (vgl. Urteil
52
des BGH vom 19. September 1988 in BGHZ 106, 7 ff.).
Das Rückgabeverlangen der Beklagten versteht sich bei interessengerechter
Auslegung als Rücktrittserklärung gemäß §455 BGB und nicht etwa - wie der Kläger
meint - als Rückkaufangebot, was allein möglicherweise den Hauptantrag hätte
rechtfertigen können. Grundlage war die Nichtzahlung der Kaufpreisraten; die Beklagte
wollte offensichtlich nur ihre daraus sich ergebenden Rechte geltend machen. Für
weitergehende Erklärungen bestand keine Veranlassung. Abgesehen davon konnte die
Gemeinschuldnerin der Beklagten das Eigentum an den Maschinen ohnehin nicht
verschaffen (§433 I 1 BGB), weil die Beklagte noch Eigentümerin war. Insgesamt
erweist sich die Rechnung vom 31. August 1988 lediglich als Mittel zur buchmäßigen
Glattstellung der gegenseitigen Ansprüche aus dem letztlich fehlggeschlagenen
Abzahlungsgeschäft (vgl. die §§1, 2 und 3 AbzG).
53
Die Ausübung des Eigentumsvorbehalts qualifiziert sich als anfechtbare Befriedigung
einer Forderung im Sinne des §32 a Satz 2 KO, da die Beklagte ihr Rücktrittsrecht vom
Kaufvertrag gemäß §32 a GmbHG aufgrund kapitalersetzender Bedeutung der
Käuferposition der Gemeinschuldnerin nach Konkurseröffnung nicht mehr hätte geltend
machen dürfen. Durch die mehrjährige Stundung der monatlich fällig gewordenen
Kaufpreisraten ist das Belassen der Maschinen bei der Gemeinschuldnerin gleichsam
zur Sacheinlage erstarkt. Bei ordnungsgemäßer Unternehmensfinanzierung hätte die
kapitalschwache Gemeinschuldnerin nur dann in den langfristigen Genuß der
kostenlosen Be- und Abnutzung des Maschinenparks kommen können, wenn ihr dieser
als Betriebsvermögen zur Verfügung gestellt worden wäre. Mit jedem Monat, den die
Beklagte trotz Nichtzahlung der jeweiligen Kaufpreisrate ohne Rückgabeverlangen hat
verstreichen lassen, ist der Nutzungs- und Substanzwert auf ihre Kosten zugunsten der
Gemeinschuldnerin angewachsen. Das hätte ein gewöhnlicher Lieferant und
Kaufpreisgläubiger im wirtschaftlichen Eigeninteresse nicht zugelassen und erklärt sich
nur aus der unternehmerischen Verbundenheit. Da nicht abzusehen war, daß die
Gemeinschuldnerin jemals aus eigener Kraft die gestundeten Raten würde nachzahlen
können, hat die Beklagte - wirtschaftlich betrachtet - praktisch Monat für Monat ihre
Rechte aus dem Kaufvertrag Immer mehr aufgegeben. Ab wann dieses Beugen vor dem
Unvermögen der Gemeinschuldnerin einem völligen Rechtsverzicht gleichzusetzen ist
mit der Folge, daß die Beklagte die Maschinen von da an im Konkursfall hätte aufgeben
müssen, bedarf keiner Klärung. Denn jedenfalls bei einer Zeitspanne von weit über
einem Jahr erweist sich das Stillhalten des gesellschafterähnlichen
Abzahlungsverkäufers tatsächlich wie das Einbringen der Kaufsache in das
Gesellschaftsvermögen. Das ist die kapitalersetzende Leistung, bei der es die Beklagte
durch Übereignung rechtlich belassen muß (vgl. Ullmer in Hachenburg zu §32 a, b
GmbHG; 8. Aufl., 1991; Rdnr. 102 m.w.N.).
54
4.
55
Das Begehren des Klägers auf Fristsetzung zur Erfüllung des mit dem
Eigentumsverschaffungsanspruch verbundenen Herausgabeverlangens ist gemäß §255
ZPO zulässig und entsprechend §283 BGB in Verbindung mit §37 KO begründet. Zwar
haftet die Beklagte nicht auf Schadensersatz, soweit ihr die Erfüllung des
Rückgewähranspruchs unmöglich sein sollte, sondern auf Wertersatz. Dieser Anspruch
des Klägers ist aber ebenfalls auf Geld gerichtet und geht - unabhängig vom
Verschulden der Beklagten - auf Ausgleich dessen, was durch die Rückgabe der
Maschinen den Konkursgläubigern entzogen worden ist (vgl. Urteil des BGH vom 15.
56
Oktober 1969 in NJW 1970, 44 ff.). Hinsichtlich ihrer Ersatzfunktion sind die
Anspruchspositionen vergleichbar. Das gilt auch für das Durchsetzungsinteresse schon
innerhalb des Erfüllungsprozesses. Deshalb hält der Senat es für geboten, die
Unmöglichkeitsfiktion des §283 BGB hier ebenfalls eingreifen zu lassen und so dem
Kläger ohne weiteres im Wege der Anspruchshäufung die Geltendmachung auch des
Wertersatzanspruchs zu eröffnen (vgl. Senatsurteile vom 28. Juni 1990 zu 27 O 169/87
und vom 20. September 1988 zu 27 U 291/87 sowie Böhle-Stamschräder/Kilger zu §7
AnfG, Anm. III 10 b).
5.
57
Ein solcher Anspruch kann jedoch (derzeit) nicht ausgeurteilt werden, weil jede
Bemessungsgrundlage zur Höhe fehlt. Insoweit genügt der Zahlungsantrag bereits nicht
den Bestimmtheitsanforderungen des §253 II Nr. 2 ZPO. Die Beklagte braucht
Wertersatz nur in dem Umfang zu leisten, wie sie zur Herausgabe außerstande ist. Ein
Fall des §283 II BGB (uninteressante Teilerfüllung) kommt ersichtlich nur bei Fehlen von
Einzelteilen einer Maschine für dieselbige, nicht aber schon dann in Betracht, wenn die
Beklagte die eine oder andere Maschine nicht mehr hat. Deshalb hätte der Kläger
hinsichtlich jeder einzelnen Maschine den Wert des Ersatzanspruches beziffern
müssen. Hierauf würde der Senat auch hingewirkt haben, wenn allein dieser formelle
Punkt offen wäre. Letztlich geht es aber um die materielle Frage, wie hoch der Wert der
jeweiligen Maschine anzusetzen ist.
58
Entgegen der Auffassung des Klägers ist für den Wertersatzanspruch gemäß §37 KO
nicht der Zeitpunkt entscheidend, zu dem der Anfechtungsgegner wegen seiner
kapitalersetzenden Leistung Befriedigung erlangt hat. Das Anfechtungsrecht entsteht
überhaupt erst mit Konkurseröffnung. Deshalb kann es frühestens auf diesen Zeitpunkt
ankommen (vgl. Urteil des BGH vom 09. Juli 1987 in NJW 1987, 2821 ff). Sollte die
Herausgabe erst später unmöglich geworden sein, so käme dieses Ereignis als Stichtag
in Betracht. In jedem Fall dürfte dem Konkursverwalter allerdings der aktuelle Zeitwert -
bezogen auf die letzte mündliche Verhandlung - zustehen. Vorliegend muß sich das
Wertstellungsdatum allein hierauf beschränken, da der Eintritt eines die Unmöglichkeit
zur Herausgabe begründenden Geschehens ungeklärt ist. Zu dem gegenwärtigen Wert
der Maschinen fehlt aber jedweder Vortrag. Aus ihrem Wert am 31. August 1988 lassen
sich keine Rückschlüsse ziehen; es handelt sich um technische Wirtschaftsgüter, die
schon wegen fortschreitender Entwicklung schnell überaltern können, und
zwischenzeitlich sind seit der Rückgabe an die Beklagte nahezu vier Jahre vergangen.
Deshalb hätte der Kläger im einzelnen ausführen müssen, wie es um den einschlägigen
Gebrauchtmaschinensektor steht. Der Senat hat keinerlei Anhaltspunkte für eine
verläßliche Schätzung.
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Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§92 I, 708 Nr. 10, 711, 108 ZPO.
60
Das Urteil beschwert jede Partei mit mehr als 60.000,00 DM.
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