Urteil des OLG Hamm vom 14.01.1999

OLG Hamm (antragsteller, verteidiger, bewilligung, höhe, ausgleich, dauer, sonderopfer, vergleich, bemessung, nachbesserung)

Oberlandesgericht Hamm, 2 (s) Sbd. 5 - 125, 126, 127, 204, 205, 217 und
218/98
Datum:
14.01.1999
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
2. Strafsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
2 (s) Sbd. 5 - 125, 126, 127, 204, 205, 217 und 218/98
Tenor:
Den Antragstellern werden - unter Zurückweisung ihrer weiterge-henden
Anträge - anstelle ihrer gesetzlichen Gebühren Pauschvergütungen
bewilligt und zwar
1. Rechtsanwalt G2 34.000,- DM
(in Worten vierunddreißigtausend Deutsche Mark),
2. Rechtsanwalt U2 27.000,- DM
(in Worten siebenundzwanzigtausend Deutsche Mark),
3. Rechtsanwalt G 34.000,- DM
(in Worten vierunddreißigtausend Deutsche Mark),
4. Rechtsanwalt S 34.000,- DM
(in Worten vierunddreißigtausend Deutsche Mark),
5. Rechtsanwalt L2 22.000,- DM
(in Worten zweiundzwanzigtausend Deutsche Mark),
6. Rechtsanwalt C 13.000,- DM
(in Worten dreizehntausend Deutsche Mark) und
7. Rechtsanwalt T 11.000,- DM
(in Worten elftausend Deutsche Mark).
Gründe:
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Die Antragsteller begehren mit näherer Begründung, auf die zur Vermeidung von
Wiederholungen Bezug genommen wird, Pauschvergütungen für ihre Tätigkeit als
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gerichtlich bestellte Verteidiger der früheren Angeklagten.
Die gesetzlichen Gebühren belaufen sich für Rechtsanwalt G2 auf 25.780,- DM, für
Rechtsanwalt U auf 20.460,- DM, für Rechtsanwalt G auf 25.020,- DM, für Rechtsanwalt
S auf 21.600,- DM, für Rechtsanwalt L2 auf 14.300,- DM, für Rechtsanwalt C auf 8.500,-
DM und für Rechtsanwalt T auf 6.560,- DM.
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Der Vertreter der Staatskasse hat in seinen ausführlichen Stellungnahmen vom 11.
September und 19. November 1998 gegen die Bewilligung von Pauschvergütungen für
alle Antragsteller keine Bedenken erhoben; allerdings seien die Anträge, soweit
Pauschvergütungen noch über die Wahlverteidigerhöchstgebühren hinausgehend
beantragt worden seien, übersetzt.
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Der Senat schließt sich dem voll umfänglich an.
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Das Verfahren war für sämtliche Antragsteller sowohl besonders schwierig in
tatsächlicher Hinsicht, wie auch vom Strafkammervorsitzenden ausgeführt, als auch
besonders umfangreich.
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Der beträchtliche Aktenumfang, die Fülle des Prozeßstoffes und der in Anbetracht von
fünf Angeklagten, die in wechselnder Beteiligung tätig waren, und sieben Verteidigern
erforderliche Abstimmungs- und Besprechungsbedarf haben zu einer deutlichen
zeitlichen Mehrbelastung der Antragsteller geführt, die mit den gesetzlichen Gebühren
keinen angemessenen Ausgleich erfährt. Hinzu kommt eine Reihe überdurchschnittlich
langer Hauptverhandlungstermine, die bei einer insgesamt nur durchschnittlichen Dauer
je Hauptverhandlungstag von etwa fünf Stunden durch die kürzeren Termine jedoch
weitgehend kompensiert werden.
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Der Senat hält zudem an seiner ständigen Rechtsprechung fest, wonach die Fahrzeiten
auswärtiger Verteidiger von ihrem Kanzleisitz zum Gerichtsort und zurück - hier C3/N -
bei der B e m e s s u n g der bereits aus anderen Gründen zu
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bewilligenden Pauschvergütung zu berücksichtigen sind (vgl. dazu ausführlich den
Beschluß des Senats vom 19. Oktober
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1998 - 2 (s) Sbd. 5 - 183/98; so auch Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert, BRAGO, 12.
Auflage § 99 Rdnr. 5; OLG Köln NJW 1964, 1334; OLG Karlsruhe, StV 1990, 369 u. OLG
Bremen, StraFo 1998, 358; a.A. OLG Bamberg, JurBüro 1989, 965 u. BayObLG, JurBüro
1988, 480). Zwar sollte dieser Zeitaufwand grundsätzlich durch die Tage- und
Abwesenheitsgelder nach § 28 Abs. 2 BRAGO abgegolten sein. Die dort
ausgeworfenen Sätze sind jedoch nach Auffassung des Senats für Verteidiger, die eine
längere An- und Abreise zu bewältigen haben, nur unzureichend bemessen. Es ist
daher, solange eine gesetzgeberische Nachbesserung aussteht, aus Billigkeitsgründen
angezeigt, einen angemessenen Ausgleich im Rahmen der Bemessung der
Pauschvergütung vorzunehmen, um auswärtigen Verteidigern im Einzelfall im Vergleich
zu (gerichts-) ortsansässigen oder ortsnah tätigen Rechtsanwälten kein
ungerechtfertigtes Sonderopfer abzuverlangen.
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Auf der Grundlage dessen hält der Senat die Pauschvergütungen in der
zugesprochenen Höhe für angemessen und ausreichend, um dem besonderen
Schwierigkeitsgrad und dem besonderen Umfang des vorliegenden Verfahrens
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Rechnung tragen zu können.
Die weitergehenden Anträge, die deutlich über die Wahlverteidigergebühren hinaus
gehen, waren indes abzulehnen.
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Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats kommt die Bewilligung einer
Pauschvergütung in Höhe der Wahlverteidigerhöchstgebühren oder gar darüber nur
dann in Betracht, wenn die Arbeitskraft eines Antragstellers durch die fragliche
Pflichtverteidigung über einen längeren Zeitraum ausschließlich oder nahezu
ausschließlich in Anspruch genommen worden wäre (vgl. Senatsbeschluß in JurBüro
1997, 84). Davon ist im vorliegenden Falle trotz der langen Verfahrensdauer und der
Vielzahl der Hauptverhandlungstermine in Anbetracht der nur durchschnittlichen
Terminsdichte, die ausreichend Zeit für die Wahrnehmung anderer Mandate gelassen
hat, und der ebenfalls nur durchschnittlichen Dauer je Hauptverhandlungstag auch unter
Berücksichtigung der Fahrtzeiten und des erhöhten Besprechungsbedarfs nicht
auszugehen.
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