Urteil des OLG Hamm vom 06.12.2010

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Oberlandesgericht Hamm, I-13 U 172/09
Datum:
06.12.2010
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
13. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
I-13 U 172/09
Vorinstanz:
Landgericht Bielefeld, 2 O 20/09
Schlagworte:
Ersatzfähigkeit der Kosten vorgerichtlicher Gutachten zum
Haushaltsführungs- und Verdienstausfallschaden
Normen:
§ 249 BGB
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das am 15. September 2009
verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld wird
zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten der Berufungsinstanz.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
1
Die Berufung des Klägers ist unbegründet. Denn dass Landgericht hat einen Anspruch
des Klägers auf Ersatz von Aufwendungen für die Erstellung von Gutachten zum
Umfang seines unfallbedingten Verdienstausfallschadens und seines unfallbedingten
Haushaltsführungsschadens zu Recht verneint.
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Am 25.04.2000 wurde der Kläger bei einem Verkehrsunfall schwer verletzt.
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Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger
sämtlichen Schaden zu ersetzen, der auf den Unfall vom 25.04.2000 zurück zu führen
ist.
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Zum vom Schädiger zu ersetzenden Schaden zählen grundsätzlich auch Kosten der
Schadensfeststellung und der Rechtsverfolgung. Zum zu ersetzenden Schaden rechnen
diese Aufwendungen allerdings nur, soweit sie zur zweckentsprechenden
Rechtsverfolgung erforderlich sind (vgl. dazu Palandt/Grüneberg, BGB, 69. Aufl. § 249
Rn 58 m. w. N.; Hentschel/König, Straßenverkehrsrecht, 40. Aufl., § 12 StVG Rn 50;
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Geigel/Knerr, Der Haftpflichtprozess, 25. Aufl., Kap 4 Rn 112 ff). Neben den für die zur
Rechtsverfolgung aufgewendeten anwaltlichen Kosten waren zusätzliche
Aufwendungen des Klägers für die Gutachten zum Verdienstausfallschaden und zum
Haushaltsführungsschaden nach Auffassung des Senats jedenfalls hier nicht
erforderlich.
Im Rahmen der außergerichtlichen Schadensregulierung hat der Kläger zur Darstellung
seines Erwerbsschadens ein 22 Seiten umfassendes "Gutachten über die Feststellung
des Verdienstausfallschadens" vorgelegt. Über die Erstellung dieses Gutachtens verhält
sich die Rechnung der PP D Dipl. Kfm. C X vom 27.05.2008 in Höhe von brutto 3.570,00
Euro. Diesen Betrag hat die Beklagte dem Kläger nicht zu ersetzen, weil die
Aufwendungen für ein derartiges Gutachten zusätzlich zur anwaltlichen Beratung des
Klägers nicht erforderlich waren. Sachverständiger Beratung bedarf es zwar unter
Umständen dann, wenn zur Schadensfeststellung besondere Kenntnisse und
Erfahrungen auf einem bestimmten Sachgebiet notwendig sind, über die weder die
geschädigte Person selbst noch ihr Rechtsanwalt verfügt. Solcher besonderer
Kenntnisse und Erfahrungen bedurfte es in der vorliegenden Sache zur Ermittlung des
Erwerbsschadens des Klägers jedoch nicht. Der Kläger war im Unfallzeitpunkt als
Fräser bei der Fa. P angestellt. Sein Erwerbsschaden ließ sich im Wesentlichen durch
Vergleich des Lohneinkommens aus der Zeit vor dem Unfall mit den
Einkommensverhältnissen in der Zeit nach dem Unfall unter Mitberücksichtigung von
Lohnersatzleistungen ermitteln. Geeignete Methoden zur Ermittlung des
Verdienstausfallschadens eines Arbeitnehmers wie des Klägers sind aus der
Rechtsprechung bekannt und in der juristischen Fachliteratur, etwa dem auch im
Gutachten auf Seite 22 zitierten Werk von Pardey (Berechnung von Personenschäden,
3. Auflage 2005), dargestellt. Die Kenntnis und die Umsetzung von Rechtsprechung und
Fachliteratur gehören zum Aufgabengebiet eines eine geschädigte Person vertretenden
Rechtsanwalts. Etwas anderes ergibt sich entgegen der Auffassung des Klägers auch
nicht daraus, dass ein Rechtsanwalt unter Umständen viel Zeit aufwenden muss, um
erforderliche Informationen von der Mandantschaft zu erhalten. Denn dies ändert nichts
an der Entbehrlichkeit einer zusätzlichen Person mit besonderen Kenntnissen und
Erfahrungen über diejenigen eines mit einer Schadensregulierung betrauten
Rechtsanwalts hinaus.
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Aus im Wesentlichen gleichen Erwägungen scheitert ein Anspruch des Klägers auf
Ersatz von Aufwendungen für die Erstellung eines Gutachtens zum
Haushaltsführungsschaden. Zur außergerichtlichen Schadensregulierung hat der
Kläger insoweit ein 12 Seiten umfassendes "Gutachten über die Feststellung der
vermehrten Bedürfnisse und des Haushaltsführungsschadens" vorgelegt, für das ihm
die PP D Dipl.-Kfm. C X am 27.05.2008 wiederum einen Betrag in Höhe von 3.570,00
Euro in Rechnung gestellt hat. Auch dieser Betrag fällt nicht in den von der Beklagten zu
ersetzenden Schaden. Denn auch zur Ermittlung des Schadens, der dadurch
eingetreten ist, dass der Kläger verletzungsbedingt in der Führung seines
Einpersonenhaushalts eingeschränkt gewesen ist, bedurfte es nicht besonderer
Kenntnisse und Erfahrungen, die einem mit der Schadensabwicklung vertrauten
Rechtsanwalt, erst recht einem Fachanwalt für Verkehrsrecht wie dem Rechtsanwalt,
dem sich der Kläger anvertraut hatte, verschlossen sind. Vielmehr ließ sich der
Haushaltsführungsschaden mit Hilfe der auf Seite 12 des Gutachtens zitierten
juristischen Fachliteratur, insbesondere dem Werk von Schulz-Borck/Hofmann
(Schadensersatz bei Ausfall von Hausfrauen und Müttern im Haushalt, 6. Aufl.) auch von
einem Rechtsanwalt ermitteln und berechnen.
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Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
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Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 543, 708 ZPO.
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Da die Entscheidung des Senats soweit ersichtlich nicht von der bisherigen
obergerichtlichen Rechtsprechung abweicht, bedarf es zur Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung nicht der Revisionszulassung. Die Zulassung der Revision erachtet der
Senat ferner nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache oder zur
Fortbildung des Rechts für erforderlich.
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