Urteil des OLG Hamm vom 09.11.1998

OLG Hamm (bewilligung, antragsteller, betrag, höhe, pflichtverteidiger, antrag, teil, beginn, härte, wahlverteidiger)

Oberlandesgericht Hamm, 2 (s) Sbd. 5 - 212/98
Datum:
09.11.1998
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
2. Strafsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
2 (s) Sbd. 5 - 212/98
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt.
G r ü n d e :
1
Der Antragsteller war seit dem 7. Juni 1994 zunächst als Wahlverteidiger des
Angeklagten C3 tätig und ist danach seit seiner Bestellung am 6. Februar 1996 als
Pflichtverteidiger in einem besonders umfangreichen und besonders schwierigen
Wirtschaftsstrafverfahren tätig.
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Durch Senatsbeschlüsse vom 22. Mai 1997 (2 (s) Sbd. 5 - 90/97) und vom 8. Januar
1998 (2 (s) Sbd. 5 - 248/97) sind dem Antragsteller bereits Vorschüsse auf eine
demnächst zu bewilligende Pauschvergütung in Höhe von 15.000,- DM und 10.000,-
DM gewährt worden. In jenen Beschlüssen, auf die Bezug genommen und auf die
verwiesen wird, hat der Senat auch auf die Grundsätze und Kriterien hingewiesen, nach
denen auch ohne eine entsprechende gesetzliche Bestimmung ganz ausnahmsweise
ein Vorschuß auf eine künftige Pauschvergütung bewilligt werden kann.
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Unter weiterem Festhalten an diesen Grundsätzen ist der nunmehr gestellte Antrag auf
Bewilligung eines weiteren Vorschusses in Höhe von 20.000,- DM nicht - gegenwärtig
auch nicht zum Teil - begründet.
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Dies ergibt sich namentlich aus folgenden Erwägungen:
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Seit der letzten Bewilligung eines Vorschusses am 8. Januar 1998 hat der Antragsteller
bis zum 19. August 1998 an weiteren 28 Hauptverhandlungstagen teilgenommen und
seitdem bis heute, dem für die Bemessung maßgeblichen Zeitpunkt, an maximal
weiteren 14 Hauptverhandlungstagen, insgesamt also an höchstens 42
Hauptverhandlungstagen. Bei dem Bemessungsmaßstab, den der Senat bei der
Bewilligung eines Vorschusses im vorliegenden Verfahren bislang angelegt hat und von
dem abzuweichen kein Anlaß besteht, bedeutet dies, daß unter Zugrundelegung eines
weiteren Arbeitstages pro Sitzungswoche mit zwei Hauptverhandlungstagen und bei
Orientierung an der einem Pflichtverteidiger zustehenden Gebühr für einen weiteren
Hauptverhandlungstag sich jetzt rechnerisch ein zusätzlicher Betrag von weniger als
8.000,- DM ergäbe.
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Unter weiterer Berücksichtigung der Voraussetzung, daß die Höhe der bewilligten
Vorschüsse durch den Gang des weiteren Verfahrens vermutlich nicht mehr nach unten
beeinflußt werden kann und unter weiterem Festhalten daran, daß die Höchstgebühren
eines Wahlverteidigers in der Regel die Obergrenze der Pauschvergütung darstellen
und dieser Betrag jedenfalls im Rahmen einer - vom Gesetz nicht vorgesehenen -
Vorschußbewilligung auf eine solche nicht vollständig erreicht oder gar überschritten
werden soll, kommt derzeit die Bewilligung eines weiteren Vorschusses auf eine
Pauschvergütung auch deshalb nicht in Betracht, weil zudem auch daran festzuhalten
ist, daß die Versagung von Teilzahlungen auf eine voraussichtliche spätere
Pauschvergütung als eine unzumutbare Härte für den Verteidiger erscheinen müßte, die
ggf. bis zu existentiellen Konsequenzen führen kann. Der Senat vermag jedoch eine
solche Härte noch nicht darin zu erkennen, daß jetzt ein Betrag von allenfalls in Betracht
kommenden rund 8.000,- DM nicht vorschußweise bewilligt wird.
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Der Senat beabsichtigt auch weiterhin, an seiner bisherigen Bewilligungspraxis, die
durch das vorliegende "C3-Verfahren" ohnehin bereits eine gegenüber der früheren
strengen Rechtsprechung nicht unerhebliche Ausweitung erfahren hat, festzuhalten,
wonach seit der letzten Bewilligung eines Vorschusses etwa 50 - 60 weitere
Hauptverhandlungstage stattgefunden haben müssen, bis ein Betrag erreicht ist, der als
- weiterer - Vorschuß bewilligt werden kann, sofern nicht sonstige besondere und
außergewöhnliche Umstände zu einer anderen Entscheidung Anlaß geben sollten (vgl.
auch Senatsbeschlüsse vom 24. Juli 1998 in
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2 (s) Sbd. 5 - 135 u. 145/98 betreffend die Pflichtvertei-
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diger Rechtsanwälte S und T des Mitangeklagten Brandenberger, vom 2. März 1998 in 2
(s) Sbd. 5 - 30/98 betreffend den Pflichtverteidiger Rechtsanwalt C2 des Mitangeklagten
P sowie Senatsbeschluß vom 10. Juni 1998 in 2 (s) Sbd. 5 - 64 - 70/98 = StV 1998, 616).
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Dabei verkennt der Senat nicht, daß er dem Antragsteller bei nahezu gleicher Sachlage
wie jetzt mit Beschluß vom 8. Januar 1998 einen weiteren Vorschuß in Höhe von
10.000,- DM bewilligt hat. Dieser Betrag lag jedoch bereits über dem nach dem oben
dargelegten Bemessungsmaßstab des Senats sich ergebenden Betrag für einen
weiteren Vorschuß und würde bei erneuter Bewilligung eines Vorschusses auch nur in
gleicher Höhe dazu führen, daß dieser Bemessungsmaßstab aufgegeben würde. Hinzu
kommt, daß der Antragsteller bis zum 8. Januar 1998 tatsächlich an zwei
Hauptverhandlungstagen weniger als zunächst angenommen teilgenommen hatte.
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Auch im Hinblick auf eine Gleichbehandlung des Antragstellers mit seinen
Mitverteidigern erscheint es nicht geboten, bereits jetzt einen weiteren Vorschuß zu
gewähren, wie dies der Vertreter der Staatskasse in seiner im übrigen zutreffenden
Stellungnahme vom 8. Oktober 1998 befürwortet hat. Bei den Mitverteidigern, denen
inzwischen zum Teil bereits ein dritter Vorschuß bei einer Gesamtsumme bis zu
37.000,- DM bewilligt worden ist, liegt der Sachverhalt anders. Jenen Verteidigern ist
nämlich ein erster nicht unerheblicher Vorschuß im Hinblick auf ihre zum Teil einjährige
Tätigkeit als Pflichtverteidiger bis zum Beginn der Hauptverhandlung gewährt worden,
während der Antragsteller bis kurz vor Beginn derselben noch Wahlverteidiger war (vgl.
auch vorletzter Absatz des Senatsbeschlusses vom 22. Mai 1997 betreffend den
Antragsteller).
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Gegenwärtig sind daher die Kriterien für die Bewilligung eines weiteren Vorschusses
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noch nicht vollständig erfüllt, so daß der Antrag - jedenfalls derzeit - abzulehnen war.