Urteil des OLG Hamburg vom 23.08.2013

OLG Hamburg: stille gesellschaft, anleger, stillen, wirkung ex nunc, publikumsgesellschaft, widerrufsrecht, gesellschaftsvertrag, nachschusspflicht, einlage, rechtsform

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Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Urteil vom 23.08.2013, 11 U 11/13
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 04.07.2012 – 318 O 330/11 – wird
zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten
gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages
abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu
vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Der Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren wird auf 84.800,- € festgesetzt.
Gründe
I.
Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO
auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Ergänzend hierzu wird festgestellt:
Die Klägerin begehrt Schadensersatz aus Prospekthaftung im weiteren Sinne.
Der verstorbene Ehemann der Klägerin beteiligte sich durch Beitrittserklärung vom 12.11.2003 mit einer
Zeichnungssumme in Höhe von 80.000,00 € zzgl. Agio in Höhe von 4.800,00 € am Beteiligungsmodell
"Classic" als atypisch stiller Gesellschafter an der Beklagten. Grundlage für die Zeichnung war der
Emissionsprospekt 2003 (Anl. K 3) der Beklagten.
Mit ihrer Klage hat die Klägerin als Alleinerbin die Beklagte auf die Rückzahlung der von ihrem Ehemann
eingezahlten Beteiligungsbeträge zuzüglich des gezahlten Agios in Anspruch genommen, Schadensersatz in
Form entgangenen Gewinns geltend gemacht sowie weitergehende Feststellungsanträge verfolgt.
Die Klägerin hat sich darauf berufen, dass der von der Beklagten verwandte Prospekt erhebliche Fehler
aufweise, woraus eine Verpflichtung zur Leistung von Schadensersatz resultiere.
Des Weiteren hat die Klägerin vorgetragen, dass die Beklagte infolge fehlerhaften Produktcoachings zur
Leistung von Schadensersatz verpflichtet sei. Der Vermittler habe die fehlerhaften Schulungsunterlagen
genutzt.
Mit Schriftsatz vom 27.03.2012 hat die Klägerin den Beitritt aufgrund fehlerhafter Widerrufsbelehrung
widerrufen.
Die Klägerin hat in erster Instanz dieselben Anträge gestellt, die sie auch in zweiter Instanz weiter verfolgt.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat ausgeführt, dass die ausgehändigten Emissionsprospekte nicht zu beanstanden seien, sie
hat die Fehlerhaftigkeit der Schulungsunterlagen bestritten und die Einrede der Verjährung erhoben.
Mit dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht die Klage abgewiesen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Klägerin,
mit der diese ihre erstinstanzlichen Klaganträge weiterverfolgt.
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In der Berufungsbegründung führt die Klägerin im Einzelnen aus, worin die Fehlerhaftigkeit der
Emissionsprospekte zu sehen sei. Insbesondere werde nicht hinreichend über das Totalverlustrisiko, die
Konsequenzen für erhaltene Ausschüttungen, die Risiken durch personelle Verflechtungen, die Risiken der
Fremdfinanzierung, die sog. weichen Kosten und den Misserfolg eines Vorgängerfonds aufgeklärt.
Im Übrigen habe das Landgericht bei seiner Entscheidung den in erster Instanz erfolgten Widerruf der
Beteiligungen unberücksichtigt gelassen. Ihrem Ehemann sei ein vertragliches Widerrufsrecht eingeräumt
worden. Die zweiwöchige Widerrufsfrist sei bei Erklärung des Widerrufs noch nicht abgelaufen gewesen, da
die Widerrufsbelehrung fehlerhaft gewesen sei.
Die Klägerin beantragt:
I. Das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 04.07.2012, Az: 318 O 330/11, wird aufgehoben.
II. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 61.466,67 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit Zug um Zug gegen Übertragung aller
Rechte der Klägerin aus ihrer Beteiligung als atypisch stille Gesellschafterin der .. AG, Vertragsnummer
494/025, in Höhe von 80.000,00 € zu zahlen.
III. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen weiteren Betrag in Höhe von 34.522,08 € nebst
Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basis- zinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
IV. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der in Ziffer II. bezeichneten Zug-um-
Zug-Leistung in Verzug befindet.
V. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin von ihrer Haftung als atypisch stille
Gesellschafterin nach § 236 HGB i.V.m. § 4 des Gesellschaftsvertrages im Falle einer Insolvenz
freizustellen, und dass der Beklagten keine Ansprüche gegen die Klägerin aus diesem
Gesellschaftsverhältnis zustehen.
VI. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtlichen finanziellen Schaden
zu ersetzen, der über die unter Ziffer III. bezifferten Schäden und den unter Ziffer V. bezeichneten
Freistellungsanspruch hinausgeht und der in der Zeichnung der in Ziffer II. näher bezeichneten
Beteiligung seine Ursache hat.
VII. Die Beklagte wird verurteilt, die außergerichtlichen Kosten der anwaltlichen Vertretung in Höhe von
3.429,58 € an die Klägerin zu bezahlen.
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihrer erstinstanzlichen
Argumentation und beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien
gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
II.
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Im Ergebnis zu Recht hat das
Landgericht die Klage abgewiesen.
1. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Rückabwicklung der atypisch stillen Beteiligung auch unabhängig von
der Frage des Vorliegens von Prospektfehlern schon grundsätzlich nicht zu (a). Prospektfehler liegen jedoch
auch nicht vor (b).
a) Bei der Beklagten handelt es sich um eine mehrgliedrige atypisch stille Gesellschaft, auf die die
Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft wie bei einer Publikumsgesellschaft in der Rechtsform einer GmbH
& Co. KG mit der Folge anzuwenden sind, dass der einzelne Gesellschafter gegen die Gesellschaft
grundsätzlich nur einen etwaigen Abfindungsanspruch geltend machen kann.
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommen auf Rückgewähr der Einlage gerichtete
Schadensersatzansprüche gegen Publikumsgesellschaften in der Rechtsform der Kommanditgesellschaft
("Publikums-KG") nicht in Betracht. Wer einer solchen Publikumsgesellschaft beitritt, um Vermögen
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anzulegen, kann bei einer mangelhaften Aufklärung über die Risiken und Chancen des Anlageprojekts von
der Gesellschaft weder Schadensersatz noch sonst Rückabwicklung seiner Gesellschaftsbeteiligung
verlangen, weil die fehlerhafte Aufklärung der Gesellschaft nicht zugerechnet werden kann. Er ist regelmäßig
auf seinen Abfindungsanspruch beschränkt (vgl. etwa BGH, Urteil vom 19. Juli 2004, II ZR 354/02, juris Rn.
10); der eintretende Gesellschafter hat allerdings Schadensersatzansprüche gegen die Initiatoren der
Gesellschaft, gegen die Gründungsgesellschafter und gegen diejenigen, die sonst für die Mängel seines
Beitritts verantwortlich sind. Der einzelne Gesellschafter hat auf die Beitrittsverträge neuer Gesellschafter
keinerlei Einwirkungsmöglichkeit, tritt insoweit auch nicht in Erscheinung und ist im Gegenteil bei seinem
eigenen Eintritt in die Gesellschaft regelmäßig selbst getäuscht oder jedenfalls nicht ordnungsgemäß
aufgeklärt worden. Die Rückabwicklung der Beteiligung und die Rückzahlung der Einlage würden dazu führen,
dass die danach ebenso schutzwürdigen Mitgesellschafter nicht nur die Folgen ihres eigenen, von einer
fehlerhaften Willensbildung getragenen Beitritts tragen, sondern auch die Lasten, die sich aus der
Rückabwicklung der Beteiligung und der Erstattung der vollen Anlage anderer Gesellschafter ergeben,
mittragen müssten. Folge wäre, dass die Mitgesellschafter einem Wettlauf um das noch vorhandene
Gesellschaftsvermögen ausgesetzt wären (vgl. etwa BGH, EuGH-Vorlage vom 5. Mai 2008, II ZR 292/06,
juris Rn. 20). Diese Interessenlage rechtfertigt es, den einzelnen Gesellschafter einer Publikumsgesellschaft
im Ergebnis auf seinen (geringeren) Abfindungsanspruch zu verweisen, um zum Schutz der übrigen
Gesellschafter ein "Windhundrennen" der Anleger zu vermeiden und alle Gesellschafter gleich zu behandeln.
Die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft sind regelmäßig auch auf eine atypisch stille Gesellschaft
anwendbar (vgl. BGH, Urteil vom 29. Juni 1970, II ZR 158/69, juris Rn. 38, unter Hinweis auf den Charakter
des Gesellschaftsverbundes als Leistungs- und Risikogemeinschaft). Einen Ausnahmefall hat der
Bundesgerichtshof nur dann gesehen, wenn der Inhaber des Handelsgeschäfts verpflichtet ist, den stillen
Gesellschafter im Wege des Schadensersatzes so zu stellen, als hätte dieser den Gesellschaftsvertrag nicht
geschlossen (BGH, Urteil vom 19. Juli 2004, II ZR 354/02, juris Rn. 11; kritisch hierzu Blaurock, Handbuch
Stille Gesellschaft, 7. Auflage 2010, Rn. 11.26 und 19.44). Dies hat der Bundesgerichtshof allerdings nur für
den Fall einer sog. zweigliedrigen Beteiligung ohne gesellschaftsrechtliches Sonderverhältnis zwischen den
einzelnen Stillen entschieden; für den Fall einer mehrgliedrigen atypisch stillen Gesellschaft mit
Verbandscharakter hat der Bundesgerichtshof die Frage der Anwendung der Grundsätze über die fehlerhafte
Gesellschaft ausdrücklich offengelassen (vgl. BGH, Urteil vom 29. November 2004, II ZR 6/03, juris Rn. 20).
bb) Im vorliegenden Fall handelt es sich nicht um eine zweigliedrige, sondern um eine mehrgliedrige stille
Gesellschaft in Form einer Publikumsgesellschaft. Eine zweigliedrige stille Gesellschaft liegt vor, wenn jeder
stille Gesellschafter für sich allein mit dem Inhaber des Handelsgeschäfts in einem Gesellschaftsverhältnis
steht. Es liegen also regelmäßig so viele voneinander unabhängige, selbständige Gesellschaften vor wie
stille Gesellschafter beteiligt sind. Bei der mehrgliedrigen Ausgestaltung ist der Wille der Beteiligten hingegen
darauf gerichtet, nur eine stille Gesellschaft mit einer Mehrheit von Teilhabern - ähnlich einer
Publikumskommanditgesellschaft - zu errichten. Was dem Willen der Beteiligten entspricht, ist im Wege der
Vertragsauslegung zu ermitteln (vgl. Blaurock, a.a.O., Rn. 19.20) und richtet sich in erster Linie nach der
Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag.
Im vorliegenden Gesellschaftsvertrag ist in § 1 davon die Rede, dass sich die Gesellschafter als atypisch
stille Gesellschafter am Handelsgewerbe des Geschäftsinhabers beteiligen. Dass es sich dabei um eine
mehrgliedrige atypisch stille Gesellschaft handelt, ergibt sich aus den weiteren Regelungen des
Gesellschaftsvertrages.
Die Mehrgliedrigkeit ergibt sich im Vertragstext unter anderem daraus, dass die Gesellschaft körperschaftlich
durch eine Gesellschafterversammlung organisiert ist (vgl. §§ 7 und 8 des Gesellschaftsvertrages), welcher
nicht nur alle stillen Gesellschafter, sondern auch der Geschäftsinhaber angehört (vgl. § 7 Abs. 3 des
Gesellschaftsvertrags); dieser Umstand spricht für einen mehrgliedrigen Innenverband. Auch die weiteren
Regelungen im Gesellschaftsvertrag gehen ersichtlich vom Vorliegen einer mehrgliedrigen Gesellschaft aus:
Laut § 5 Ziffer 1. beträgt das stille Gesellschaftskapital bis zu 300 Mio. Euro; § 3 Ziffer 5. trifft eine Regelung
"Im Hinblick auf die Vielzahl der Gesellschafter"; § 10 Ziffer 1. regelt für den Fall der Liquidation die
Beteiligung am Vermögen entsprechend dem Verhältnis der erbrachten Kapitalbeteiligung zu den Einlagen
"aller Gesellschafter"; eine ähnliche Regelung sieht § 11 Ziffer 2. zur Beteiligung an Gewinn und Verlust vor.
Hinsichtlich der (unterschiedlichen) Vertragslaufzeiten und Kündigungsmöglichkeiten der einzelnen stillen
Gesellschafter sind es die Rechtsfolgen, die deutlich werden lassen, dass es sich bei der Regelung in § 1
Ziffer 2. des Gesellschaftsvertrages um eine mehrgliedrige stille Gesellschaft handelt, auch wenn des Wort
„mehrgliedrig“ nicht ausdrücklich aufgeführt wird. Das Ausscheiden des einzelnen stillen Gesellschafters
(wegen Zeitablaufs oder Kündigung) führt nämlich gerade nicht - wie üblicherweise bei einer zweigliedrigen
Gesellschaft - zur Beendigung der Gesellschaft (s. § 16 Ziffer 4 des Gesellschaftsvertrags: "Die Kündigung
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oder eine etwaige einvernehmliche Vertragsaufhebung haben nicht die Auflösung der atypisch stillen
Gesellschaft zur Folge, sondern lediglich das Ausscheiden des betroffenen Gesellschafters."). Zudem ist in
§§ 10 Ziffer 1. und 17 des atypisch stillen Gesellschaftsvertrags geregelt, dass die Gesellschafter im Falle
des Ausscheidens oder bei Liquidation des Unternehmens des Geschäftsinhabers entsprechend dem
Verhältnis ihrer erbrachten Einlagen zum Gesamtbetrag der Einlagen aller Gesellschafter und dem zu diesem
Zeitpunkt eingezahlten Kommanditkapital des Geschäftsinhabers einen Anteil an dem seit ihrem Beitritt zu
dem Unternehmen des Geschäftsinhabers gebildeten Vermögen einschließlich der stillen Reserven der
bilanzierten Wirtschaftsgüter erhalten.
Auch die Regelung in § 8 Ziff. 1 S. 2 des Gesellschaftsvertrages, wonach Gesellschafter, die zusammen
mehr als 10 % des atypisch stillen Gesellschaftskapitals repräsentieren, die Einberufung einer
Gesellschafterversammlung verlangen können, ist auf eine mehrgliedrige Gesellschaft zugeschnitten.
Der Annahme einer mehrgliedrigen stillen Gesellschaft steht nicht entgegen, dass es im Gesellschaftsvertrag
keine Regelungen zu einer Innengesellschaft der stillen Gesellschafter untereinander sowie zu deren
Willensbildung und Auftreten als ein Gesellschafter gegenüber dem Inhaber des Handelsgeschäfts gibt. Im
Gegenteil würde die bloße Koordination mehrerer stiller Gesellschafter untereinander im Sinne einer BGB-
Innengesellschaft ohne körperschaftliche Binnenorganisation eher gegen als für eine mehrgliedrige stille
Gesellschaft sprechen (vgl. hierzu MünchKomm/Schmidt, HGB, 3. Auflage 2010, § 230 Rn. 85). In
Abgrenzung zur bloßen Innengesellschaft ohne mehrgliedrigen Innenverband verlangt die Aufnahme neuer
Mitglieder bei mehrgliedriger Ausgestaltung allerdings eine Zustimmung aller bereits am Verband beteiligten
Gesellschafter (vgl. hierzu etwa Röhricht/Graf v. Westphalen, HGB, 3. Auflage 2008, § 230 Rn. 72). In einer
Publikumsgesellschaft wie der vorliegenden kann indes der Geschäftsinhaber (oder auch eine andere Stelle)
zur Aufnahme neuer Mitglieder bevollmächtigt oder ermächtigt werden (vgl. MünchKomm/Schmidt, a.a.O.,
Rdn. 84). Dabei dürfen an die Form der Bevollmächtigung keine zu hohen Anforderungen gestellt werden, da
stille Publikumsgesellschaften als Kapitalsammelstellen darauf angelegt sind, Kapital durch die Aufnahme
einer Vielzahl von Anlegern aufzubringen.
§ 1 Ziffer 3. des Gesellschaftsvertrages enthält hierzu folgenden Passus:
"Den Gesellschaftern ist bekannt, daß sich an der AG Aktionäre sowie weitere atypisch stille Gesellschafter
nach Maßgabe des § 5 Abs. 1 dieses Vertrages beteiligen. Der Geschäftsinhaber hat darüber hinaus das
jederzeit ausübbare Recht, sein Grundkapital von zur Zeit 500.000 Euro auf bis zu 30 Millionen Euro nominal
zu erhöhen (...). Sie erklären sich hiermit ausdrücklich einverstanden".
Diese Erklärung reicht angesichts der Funktion der stillen Gesellschaft als Kapitalsammelstelle als
Einverständniserklärung aus; weitere Anforderungen können im Hinblick auf den vorgenannten Zweck nicht
gestellt werden, zumal sich eine Bevollmächtigung auch ohne ausdrückliche Regelung im Zweifel durch
Auslegung des Gesellschaftsvertrags ergeben dürfte (vgl. etwa Blaurock, a.a.O., Rdn. 19.23).
Zusammenfassend gibt es damit keine Anhaltspunkte dafür, dass es sich vorliegend nicht um eine
mehrgliedrige, sondern um eine zweigliedrige Gesellschaft handelt.
cc) Der erkennende Senat beurteilt die vom Bundesgerichtshof offengelassene Frage der Anwendung der
Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft auf die mehrgliedrige atypisch stille Gesellschaft in gleicher Weise
wie das Oberlandesgericht München (vgl. Urteil vom 28. November 2012, 20 U 2232/12, juris Rn. 39; Urteil
vom 11. Juni 2012, 21 U 4562/11, juris Rn. 29; Beschluss vom 6. August 2012, 7 U 2261/12, juris Rn. 4) und
das Oberlandesgericht Düsseldorf (Urteil vom 29. Oktober 2012, 9 U 44/12, juris Rn. 31) dahingehend, dass
bei einer mehrgliedrigen atypisch stillen Gesellschaft in Form einer Publikumsgesellschaft die Grundsätze der
fehlerhaften Gesellschaft jedenfalls dann einem Schadenersatzanspruch des Anlegers/stillen Gesellschafters
gegen den Geschäftsinhaber auf Rückzahlung der Einlage entgegenstehen, wenn das Vermögen des
Geschäftsinhabers im Wesentlichen aus Einlagen der stillen Gesellschafter besteht (hierzu bereits
Senatsurteil vom 17.05.2013, 11 U 30/12, juris Rn. 25).
Die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft haben regelmäßig zur Folge, dass bei einer in Vollzug
gesetzten Gesellschaft die Nichtigkeit des Beitritts, sogar bei Anfechtung der Beitrittserklärung wegen
arglistiger Täuschung, von dem Gesellschafter nur mit Wirkung ex nunc geltend gemacht werden kann. Die
Beschränkung der Gesellschafter auf ein etwaiges Abfindungsguthaben gründet im Wesentlichen auf der
Überlegung, dass die schutzwürdigen Interessen der Mitgesellschafter Berücksichtigung finden müssen.
Eine Ausnahme von diesen Grundsätzen hat der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 19. Juli 2004 für die
zweigliedrige stille Gesellschaft zugelassen, weil "im Gegensatz zu einer Publikumsgesellschaft in der
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Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder einer Kommanditgesellschaft" der Anleger nicht
einer bestehenden Publikumsgesellschaft beitritt, sondern mit der "von dem Initiator des Anlageprojekts
gegründeten Aktiengesellschaft eine neue - stille - Gesellschaft" bildet; dabei "beschränken sich seine
Rechtsbeziehungen allein auf diese Aktiengesellschaft“ (a.a.O.). Diese Argumentation stellt maßgeblich
darauf ab, dass die Rechtsbeziehung auf eine zweiseitige beschränkt ist, es somit an einer mehrschichtigen
Interessenlage gerade fehlt. Da sich die Rechtsbeziehung der Stillen in einer mehrgliedrigen Gesellschaft wie
der vorliegenden nicht nur auf den Inhaber des Handelsgeschäfts beschränkt, sondern sich alle
gleichermaßen schutzwürdigen Stillen zusammen mit dem Geschäftsinhaber in einem Verband befinden und
die Interessenlage dementsprechend vielschichtig ist, können Schadensersatzansprüche, die aus einem auf
fehlerhafter Willensbildung beruhenden Beitritt resultieren, nicht ohne Rücksicht auf die Interessen der
Mitgesellschafter geltend gemacht werden (vgl. OLG München, Urteil vom 28. November 2012, 20 U 2232/12,
juris Rn. 42).
b) Der streitgegenständliche Emissionsprospekt 2003 weist auch nicht die von der Klägerin gerügten
Prospektfehler auf.
Nach den von Rechtsprechung und Literatur entwickelten Grundsätzen hat der Prospekt, der für den
Interessenten im Allgemeinen die einzige Unterrichtungsmöglichkeit über eine Beteiligung darstellt, den
Anleger über alle Umstände, die für seine Entscheidung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können,
sachlich richtig und vollständig zu unterrichten (vgl. BGH, Urteil vom 06.02.2006, II ZR 329/04, juris Rn. 7);
dabei müssen die Formulierungen in dem Prospekt hinreichend eindeutig sein.
Für die Beurteilung, ob ein Prospekt unrichtig oder unvollständig ist, ist nicht isoliert auf eine bestimmte
Formulierung, sondern auf das Gesamtbild abzustellen, das er dem Anleger vermittelt (BGH, Urteil vom 31.
Mai 2010, II ZR 30/09, Rn. 11; Urteil vom 28. Februar 2008, III ZR 149/07, juris Rn. 8; Urteil vom 12. Juli
1982, II ZR 175/81, juris Rn. 9). Dabei darf der Prospektersteller eine sorgfältige und eingehende Lektüre
durch den Beitrittsinteressenten erwarten (BGH, Urteil vom 5. März 2013, II ZR 252/11, juris Rn. 14; Urteil
vom 23. Oktober 2012, II ZR 294/11, juris Rn. 12; Urteil vom 14. Juni 2007, III ZR 300/05, juris Rn. 8; Urteil
vom 31. März 1992, XI ZR 70/91, juris Rn. 26).
Daraus ergibt sich für die einzelnen von der Klägerin erhobenen Rügen Folgendes:
aa) Totalverlustrisiko
Es finden sich im Prospekt ausdrückliche und unmissverständliche Hinweise auf das Totalverlustrisiko,
nämlich bereits auf Seite 15 und sodann im weiteren Verlauf, z.B. im Zusammenhang mit dem Blind Pool (S.
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Nicht erforderlich ist es nach Auffassung des Senats, die Anleger über sämtliche Szenarien aufzuklären, in
denen ein Totalverlust eintreten könnte. Auch wird das Risiko nicht dadurch verharmlost oder relativiert, dass
das Totalverlustrisiko an Umstände geknüpft wird, die „eine Fortführung der Gesellschaft nicht gestatten“. Im
Übrigen weist der Prospekt ausdrücklich darauf hin, dass die Konzeption als Blind Pool das Totalverlustrisiko
erhöht (S. 15, 47). Schließlich weist auch die Bezeichnung als unternehmerische Beteiligung (S. 13, 15, 46)
auf das Risiko des Totalverlusts hin.
bb) Liquiditätsabhängige Auszahlungen
Entgegen der zunächst geäußerten Auffassung vermag der Senat auch keinen Prospektfehler im
Zusammenhang mit den liquiditätsabhängigen Auszahlungen, insbesondere in Bezug auf die mögliche
Rückzahlungspflicht, festzustellen.
In dem Prospekt wird dargelegt, dass es sich bei den geplanten Auszahlungen aus Liquidität um
Einlagenrückzahlungen handeln kann, die im Falle der Insolvenz, der Liquidation oder der Kündigung zu einer
Nachschusspflicht (im Sinne einer erneuten Zahlung der gezeichneten und anschließend zurückgewährten
Einlage) des Anlegers führen können. Zwar findet sich auf Seite 15 des Prospektes unter „Chancen und
Risiken im Überblick“ und auf Seite 46 „Chancen und Risiken“ nur der Hinweis, dass im Insolvenzfall
zurückgezahlte Einlagen (z.B. bei Auszahlungen, die nicht durch zugewiesene Ergebnisse gedeckt sind)
wieder einzulegen seien, während an dieser Stelle nicht darauf hingewiesen wird, dass eine Nachhaftung
infolge von Ausschüttungen auch im Falle der Kündigung oder Liquidation der Gesellschaft in Betracht
kommt. Bei der gebotenen sorgfältigen Lektüre des gesamten Prospektes - und nicht lediglich der Teile
„Chancen und Risiken“ - kann der Anleger dies allerdings ohne Weiteres erkennen. So wird auf Seite 57 im
Teil „Rechtliche Verhältnisse“ unter dem Stichwort „Haftung der atypisch stillen Gesellschafter“ dargelegt,
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dass der Gesellschafter auf die Zahlung der Einlage hafte; dies gelte auch für zurückgezahlte Einlagen (z.B.
bei Auszahlungen, die nicht durch zugewiesene Ergebnisse gedeckt sind). Auch die Ausführungen unter dem
Stichwort „Abfindungsguthaben“ (S. 61 - 63) informieren den Anleger über die Möglichkeit einer
Nachschusspflicht. Auf Seite 62 unten wird auf eine etwaige Nachschusspflicht im Falle des Ausscheidens
hingewiesen, die durch Auszahlungen entstehe könne, die nicht durch zugewiesene Ergebnisse gedeckt sind.
Auch in § 17 Nr. 1 d) des Gesellschaftsvertrages wird auf das Risiko einer Nachschusspflicht infolge von
nicht durch zugewiesene Ergebnisse gedeckten Auszahlungen im Falle des Ausscheidens hingewiesen.
Der Annahme der Prospektfehlerfreiheit steht nicht entgegen, dass mit den prognostizierten
liquiditätsabhängigen Auszahlungen im Prospekt nahezu "blickfangmäßig“ unter dem Aspekt der
Rendite/Chance geworben wird (vgl. etwa Seiten 9, 13, 14, 52), ohne dass an denselben Stellen und mit
gleichem Gewicht auf das Risiko einer Nachhaftung im Falle der Insolvenz, der Kündigung oder der
Liquidation hingewiesen wird. Dieses Risiko ergibt sich - wie ausgeführt - aus den vorgenannten Stellen des
Prospektes; die Klägerin musste hierauf nicht allumfassend im Prospektteil „Chancen und Risiken“
hingewiesen werden, da - wie bereits ausgeführt - die sorgfältige und eingehende Lektüre des gesamten
Prospektes bei jedem Anleger vorausgesetzt werden darf. Ein Anleger kann nicht erwarten, dass ihm
sämtliche Risiken der Anlagen kurzgefasst auf 1 - 2 Seiten verständlich dargestellt werden, da die
vorliegende stille Beteiligung hierfür zu komplex ist. Dementsprechend entbindet den Anleger das
Vorhandensein der Rubrik „Chancen und Risiken“ nicht von der Obliegenheit, den Prospekt sorgfältig und
eingehend zu lesen und sich den Inhalt bei Zweifelsfragen erläutern zu lassen; dies gilt jedenfalls dann, wenn
- wie vorliegend auf S. 15 - das Risiko einer erneuten Zahlung zurückgezahlter Einlagen angesprochen wird.
Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass nach dem Vortrag der Klägerin der Prospekt von ihrem
Ehemann selbst gar nicht gelesen worden ist, sondern dass sich der Vermittler bei dem Beratungsgespräch
in erster Linie des Prospektes bediente. Wenngleich grundsätzlich ein Prospektfehler auch dann kausal für
eine Anlageentscheidung sein kann, wenn sich der Vermittler des Prospektes bedient und der Inhalt in das
einzelne Werbegespräch einfließt (vgl. BGH, Urteil vom 03.12.2007, II ZR 21/06, juris Rn. 18 für den Fall der
Unvollständigkeit der Prospektangaben), so würde eine solche Kausalitätsvermutung nicht gelten können,
wenn der Prospekt keine Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit aufweist, sondern er über das hier in Rede
stehende Risiko der Nachschusspflicht lediglich an einer Stelle aufklärt, auf die der Anleger erst nach
detailliertem Studium des Prospektes stößt. Denn jedenfalls von einem Vermittler kann erwartet werden,
dass er den Prospekt vollständig durchgelesen hat, so dass die geschuldete Aufklärung des Anlegers nicht
dadurch fehlerhaft erfolgt sein kann, dass der Hinweis auf die drohende Nachschusspflicht erst im „hinteren
Bereich“ des Prospektes erfolgt.
cc) Kein Hinweis auf Blind-Pool-Risiko
Die Klägerin macht zu Unrecht geltend, dass ein Hinweis darauf fehle, dass der Anleger dem
Geschäftsinhaber unterlegen und ohne Entscheidungsbefugnis sei. Der Anleger wird im Prospekt im
Zusammenhang mit den Erläuterungen zum Blind Pool ausdrücklich auf Folgendes hingewiesen: „Die
Beteiligung als atypisch stiller Gesellschafter setzt damit Vertrauen in die Qualifikation des Managements
voraus.“ (S. 47). Schon hieraus erfährt er, dass er kein Mitspracherecht hat. Außerdem kann er dem
Gesellschaftsvertrag entnehmen, dass die Geschäftsführung allein der Beklagten obliegt (§ 6 Ziff. 1) und es
lediglich einen Anlageausschuss gibt (§ 9).
dd) Personelle Verflechtungen
Die Klägerin trägt insoweit vor, dass sich aus dem Prospekt nicht ergebe, welche für die Beklagte tätigen
Personen auch für andere Gesellschaften des ...-Konzerns tätig sind. Personelle Verflechtungen bestünden
bereits bezüglich der Beklagten. Deren Vorstand .. sei zugleich Geschäftsführer der ... GmbH „sowie weiterer
Gesellschaften der ... Unternehmensgruppe“, ohne dass der Anleger erfahre, welche Gesellschaften das sind.
Im Übrigen würde der Prospekt nur die Vorteile, nicht aber die Risiken der Verflechtungen aufzeigen.
Zwar trifft es zu, dass zu den offenbarungspflichtigen Tatsachen in einem Emissionsprospekt wesentliche
kapitalmäßige und personelle Verflechtungen zwischen den Gesellschaftern und den Unternehmen gehören,
in deren Hand die nach dem Prospekt durchzuführenden Vorhaben wesentlich liegen, um die Möglichkeit der
Interessenkollision aufzuzeigen (BGH, Urteil vom 15.07.2010, III ZR 322/08, juris Rn. 26) Diesem Erfordernis
wird der Prospekt allerdings gerecht. Die ..-Gruppe, der ...-Konzern und die Fondsgesellschaft werden
ausführlich vorgestellt, und zwar mit ihren Vorständen, wobei auf deren Tätigkeiten für andere Gesellschaften
hingewiesen wird (S. 24 ff). Dass personelle Verflechtungen die Gefahr von Interessenkollisionen in sich
tragen, erfährt der Anleger unter dem Punkt Schlüsselpersonen/Vertragspartner“ (S. 49).
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ee) Fremdfinanzierung
Insoweit macht die Klägerin geltend, dass es keinen Hinweis darauf gebe, dass der hohe
Fremdfinanzierungsanteil von 67 % zu einem erhöhten Risiko der Anleger führe. Es erfolge keine Aufklärung
über die Folgen eines Scheiterns der Finanzierung oder die Gefahr höherer Zinsen und Darlehenskosten und
darüber, dass der Ausfall von Fremdkapitalgebern ein erhöhtes Insolvenz- und Totalverlustrisiko berge.
Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Der Prospekt weist deutlich darauf hin, dass höhere Zinskonditionen
als prognostiziert einen negativen Einfluss auf die Liquiditätslage und die Ergebnisse der
Objektgesellschaften und damit auf die wirtschaftliche Entwicklung der Beklagten haben und dass Gleiches
für Zinsverschlechterungen bei den variabel finanzierten Darlehen oder für eine Erhöhung der
Eigenkapitalquote bei den Immobilienfinanzierungen gelte (S. 48). Dass der Ausfall von Fremdkapitalgebern
problematisch werden kann, muss ein durchschnittlicher Anleger wissen.
Insoweit rügt die Klägerin auch zu Unrecht, dass es keinen Hinweis darauf gebe, dass die Einmalanleger die
Kapitalbeschaffungskosten für die Ratenanleger mittrügen, da diese Kosten schon vor vollständiger
Erbringung der Einlagen fällig würden; es bedürfe auch eines Hinweises, dass für den Fall, dass Ratenanleger
nicht zahlten, schon vor Aufnahme der Geschäftstätigkeit die Insolvenz drohe. Eines solchen Hinweises
bedurfte es schon deshalb nicht, weil die Beklagte ihre Geschäftstätigkeiten bereits aufgenommen hatte, wie
sich aus dem Prospekt ergibt (S. 16). Im Übrigen weist der Prospekt unter dem Punkt „Zufluß des atypisch
stillen Beteiligungskapitals/Emissionsvolumen“ (S. 50) zunächst darauf hin, dass das atypisch stille
Beteiligungskapital in das Vermögen der Beklagten fließe und dort u.a. zur Finanzierung der weichen Kosten
eingesetzt werde. Iunter "Durchführungsrisiko" (S. 51) wird auf die negative Folgen ausbleibender
Ratenzahlungen hingewiesen.
ff) Emissionskosten
Die Klägerin macht zu Unrecht geltend, die Anleger seien nicht in hinreichender Form über die weichen
Kosten aufgeklärt worden; sie könnten dem Prospekt nicht entnehmen, in welchem Umfang die von ihnen
eingezahlten Einlagemittel nicht in das Anlageobjekt fließen, sondern für Aufwendungen außerhalb der
Anschaffungs- und Herstellungskosten verwendet würden. Auch sei es dem Anleger nicht möglich, die
tatsächlichen Emissionskosten, die er zahle, zu ermitteln. Es werde weder deutlich, was als
Emissionskosten zu verstehen sei, noch würden diese detailliert aufgeschlüsselt.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist in einem Prospekt zutreffend über die
Emissionskosten aufzuklären, und zwar in einer so übersichtlichen und strukturierten Weise, dass ein
durchschnittlicher Anleger erkennen kann, welche Kosten mit der Emission der Anlage verbunden sind (BGH,
Urteil vom 06.02.2006, II ZR 329/04, juris Rn. 9), d.h., die Kosten müssen sich unmittelbar aus dem Prospekt
und den maßgebenden Erläuterungen ergeben und dürfen von dem Anleger nicht eine Reihe von
Abgleichungen verschiedener Prospektangaben und sodann eine Reihe von Rechengängen verlangen (BGH,
Urteil vom 06.02.2006, II ZR 329/04, juris Rn. 9).
Diesen Anforderungen hält der Prospekt stand, da die Emissionskosten hinreichend aufgeführt und auch
erläutert werden (S. 38 ff.). Der Anleger erfährt, woher die Mittel stammen und wofür sie verwendet werden.
Dabei wird deutlich, dass die Mittelherkunft nicht auf die Einlagen beschränkt ist. Bei der Mittelverwendung
ist zu erkennen, in welchem Umfang in Immobilien und Beteiligungen investiert wird. Im Anschluss werden
die „weichen Kosten“ aufgelistet. Das wird im Einzelnen im Fließtext erläutert. Der Anleger kann also ohne
ihn überfordernde Rechengänge ermitteln, welcher Teil seiner Einlage für weiche Kosten verwendet wird. Von
einem Anlageinteressenten, der die Relation der Emissionskosten zu der Höhe der Einlagen der
Gesellschafter hergestellt wissen möchte, kann erwartet werden, dass er diesen einfachen Rechenschritt
selbst vollzieht.
Soweit der Vortrag der Klägerin dahin zu verstehen sein könnte, dass es nicht genüge, die weichen Kosten
lediglich in Relation zu den Gesamtmitteln darzustellen, da der Anleger so nicht erkennen könne, dass die
Platzierungskosten allein aus den eingeworbenen Einlagen der stillen Gesellschafter hätten beglichen werden
sollen, lässt sich dem Prospekt ohne Weiteres entnehmen, dass für die Platzierung der Emission 11,9 Mio.
Euro an die .. AG abzuführen waren (S. 39). Selbst wenn der Anleger davon ausgegangen wäre, dass dieser
Betrag allein aus den Einlagen zu erbringen war, hätte er wiederum mit einfachen Rechenschritten selbst
ermitteln können, dass hierfür fast ein Drittel der Einlagen hätte aufgewendet werden müssen.
gg) Tragweite der rechtlichen Ausgestaltung der stillen Beteiligung als einheitliches Gesellschaftsverhältnis
für die einzelnen Anleger
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Einen diesbezüglichen Aufklärungsmangel kann der Senat nicht erkennen, da sich die Zusammenhänge aus
dem Gesellschaftsvertrag ergeben, im Übrigen hat die Klägerin schon nicht dargetan, welche konkreten
Angaben ihr fehlen.
hh) Unabhängigkeit des Anlageausschusses
Soweit die Klägerin geltend macht, entgegen der mehrfachen Darstellung im Prospekt sei der
Anlageausschuss nicht unabhängig, da Herr ... zugleich Gesellschafter bei der ... GmbH sei, auf die die
Anleger ihre Stimmrechtsvollmachten übertragen hätten, ist ein Aufklärungsmangel nicht erkennbar, da im
Prospekt darauf hingewiesen wird, dass Herr ... als Mitglied des Anlageausschusses zugleich Gesellschafter
dieser Gesellschaft ist (S. 20).
ii) Kein Hinweis auf Vorläuferfonds O.I.L. AG
Diesbezüglich kann der Senat schon deshalb keinen Aufklärungsmangel erkennen, da dieser Fonds erst 2006
endgültig gescheitert ist. Im Übrigen hat die Klägerin nicht dargetan, dass es sich um einen Vorläuferfonds
handet, an dem die Beklagte beteiligt gewesen ist; hinzu kommt, dass der von der Klägerin angesprochene
Fonds nicht in Logistikimmobilien investiert hat.
jj) Fehlende Aufklärung über die Interne Zinsfuß-Methode (IRR)
Schließlich sind auch die Ausführungen der Klägerin zur internen Zinsfuß-Methode nicht geeignet, einen
Prospektfehler zu begründen.
(1) Soweit die Klägerin die allgemeine Tauglichkeit der Methode anzweifelt, schließt sich der Senat der
Auffassung des OLG Köln aus dem Urteil vom 30.08.2012 (18 U 79/11, juris Rn. 176) an. Dort heißt es:
"Dass die interne Zinsfußmethode in der Betriebswirtschaftslehre teilweise als taugliches Instrument von
Investitionsplanung und Investitionsrechnung angezweifelt wird, führt gleichfalls nicht zu einem
Prospektfehler. Es mag sein, dass andere Berechnungsarten generell oder im Einzelfall zu
überzeugenderen Ergebnissen führen als der in dem Verkaufsprospekt gewählte Weg. Darauf kommt es
indes nicht entscheidend an. Die Art der Renditeermittlung ist den Propektherausgebern nicht
vorgegeben, sie darf lediglich nicht auf der Grundlage unvertretbarer oder offenbar unsachlicher
Erwägungen vorgenommen werden. Ferner dürfen wesentliche die Entscheidung bedingende Tatsachen
nicht außer Acht bleiben. Diesen Anforderungen trägt die hier verwandte interne Zinsfußmethode
hinreichend Rechnung. Ihre Problematik ist in der Fachliteratur beschrieben worden. Die bisweilen
erhobenen und von der Klagepartei aufgegriffenen Bedenken gegen die Methode der Renditeermittlung
(vgl. z.B. Jaeger, VW 2006, 1747 ff, 1847 ff) werden - unbeschadet von Streitfragen im Detail - im
betriebswirtschaftlichen Schrifttum nicht allenthalben geteilt (vgl. etwa Laux, VW 2009, 1893 ff). Bei
dieser Sachlage ist es den Propektherausgebern nicht verwehrt, die interne Zinsfußmethode als
Berechnungsgrundlage für die Beurteilung der Rentabilität des Fonds heranzuziehen, ohne dass die
Unterschiede zu anderen finanzmathematischen Verfahren zur Beurteilung der Vorteilhaftigkeit einer
Investition - etwa in Gestalt der Kapitalwertmethode, deren individuelle Berechnung auf Seite 42 des
Verkaufsprospektes ausdrücklich angeboten wird - hätten besonders erläutert werden müssen."
(2) Die Behauptung der Klägerin, es werde nicht deutlich, dass die unter Anwendung der IRR prognostizierten
Renditen nicht vergleichbar seien mit Renditen oder Zinsen aus anderen Anlageformen, sondern nur mit
Renditen aus ähnlichen Anlageformen, trifft nicht zu. Auf S. 44 findet sich dieser Hinweis ausdrücklich unter
der Überschrift "Vergleichbarkeit mit Renditen aus anderen Anlageformen".
c) Die Klägerin kann ihr Rückabwicklungsbegehren auch nicht mit Erfolg auf den Widerruf der Beteiligung
stützen.
aa) Unabhängig von der Frage, ob überhaupt ein Widerrufsrecht bestand und ob es rechtzeitig ausgeübt
wurde, führt auch der Widerruf nur zu einer Beendigung der Beteiligung ex nunc; dies gilt sogar für
Haustürgeschäfte (BGH, Urteil vom 12.07.2010, II ZR 292/06, juris Rn. 10).
bb) Selbst wenn der Klägerin ein vertragliches Widerrufsrecht eingeräumt worden sein sollte - ein
gesetzliches Widerrufsrecht kommt nicht in Betracht, da die Klägerin die Voraussetzungen eines
Haustürgeschäfts nicht vorgetragen hat -, hätte sie dieses nicht rechtzeitig ausgeübt.
Ob die auf dem Zeichnungsschein abgedruckte Widerrufsbelehrung nur für die Konstellationen eines
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Haustürgeschäfts gelten sollte oder ob die Beklagte den Anlegern unabhängig davon ein vertragliches
Widerrufsrecht einräumen wollte, kann offenbleiben, denn die Klägerin hat den Widerruf unstreitig nicht
innerhalb der Zweiwochenfrist erklärt. Sie kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Frist noch
nicht begonnen habe, da die Widerrufsbelehrung fehlerhaft sei. Ein verständiger Anleger kann der
Widerrufsbelehrung nicht entnehmen, dass ihm die Beklagte auch für den Fall, dass die gesetzlichen
Voraussetzungen nicht vorliegen, ein vertragliches Widerrufsrecht einräumen wollte, dessen Ausübung über
die genannten Voraussetzungen hinaus möglich sein soll, falls die Vorgaben für die Belehrung über ein
gesetzliches Widerrufsrecht nicht eingehalten worden sein sollten (vgl. BGH, Urteil vom 22.05.2012, II ZR
233/10, juris Rn. 22.; Senatsurteil vom 19.06.2009, 11 U 210/06, Rn. 122).
d) Da sich die Klägerin somit weder rückwirkend noch für die Zukunft von ihrer Beteiligung an der Beklagten
lösen kann, sind auch die weiteren Anträge nicht begründet.
Da die Klägerin keinen Schadensersatzanspruch geltend machen darf, hat sie auch keinen Anspruch auf
entgangenen Gewinn (Antrag zu III.). Ebenso geht der Freistellungsantrag ins Leere (Antrag zu VI.), denn die
Klägerin bleibt an der Beklagten beteiligt. Deshalb ist auch der Feststellungsantrag mit Bezug auf die Haftung
im Insolvenzfall (Antrag zu V.) nicht begründet. Auch der weitere Feststellungsantrag (Antrag zu VI.) ist nicht
begründet, denn er bezieht sich auf die von der Klägerin begehrte Rückabwicklung ihrer Beteiligung. Auch der
Antrag auf Feststellung des Annahmeverzuges (Antrag zu IV.) ist nicht begründet, da die Klägerin keinen
Rückabwicklungsanspruch hat. Mangels Schadensersatzanspruchs kann die Klägerin auch nicht die Zahlung
ihrer außgerichtlichen Kosten verlangen (Antrag zu VII.).
2. Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
3. Die Revision wird zugelassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des
Rechts eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 ZPO). In
seinem Urteil vom 29. November 2004 (a.a.O.) hat der Bundesgerichtshof ausdrücklich offengelassen, ob die
Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft bei einer mehrgliedrigen stillen Gesellschaft, jedenfalls in der
Rechtsform der Publikumsgesellschaft, einem Anspruch auf Einlagenrückgewähr entgegenstehen. Der Senat
ist der Auffassung, dass die Entscheidung dieser Rechtsfrage für eine Vielzahl von Fällen bedeutsam ist und
sein wird, weil mehrgliedrige stille Gesellschaften in der Rechtsform von Publikumsgesellschaften und
Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit dem Beitritt von stillen Gesellschaftern vermehrt auftreten.
Dasselbe gilt im Hinblick auf die von der Klägerin gerügten Fehler des streitgegenständlichen Prospektes.
4. Der Streitwert des Berufungsverfahrens ergibt sich aus der Beteiligungssumme der Klägerin zzgl. Agio.
Der Antrag auf Ersatz des entgangenen Gewinns bleibt als Nebenforderung unberücksichtigt (vgl. BGH,
Beschluss vom 27.06.2013, III ZR 143/12, juris Rn. 6).