Urteil des OLG Frankfurt vom 15.03.2017

OLG Frankfurt: verordnung, europarecht, beendigung, anpassung, quelle, immaterialgüterrecht, verwaltungsrecht, zivilprozessrecht, inhaber, ordnungswidrigkeit

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Gericht:
OLG Frankfurt
Senat für
Bußgeldsachen
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
2 Ss-OWi 43/07, 2
Ss OWi 43/07
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 8 Abs 1 Nr 1 Buchst b
FahrpersStG, § 22 Abs 1 Nr 2
FPersV, Art 6 Abs 1 EWGV
3820/85, Art 15 EWGV
3820/85, Art 28 EGV 561/2006
(Ahndung von Lenkzeitverstößen: Fehlende Anpassung des
Fahrpersonalgesetzes und der Fahrpersonalverordnung an
Europarecht)
Leitsatz
Wird das Gesetz, das bei Beendigung der beanstandeten Handlung gilt, vor der
Entscheidung geändert, so ist gemäß § 4 Abs.3 OWiG das mildeste Gesetz
anzuwenden.
Tenor
Das angefochtene Urteil wird aufgehoben.
Der Betroffene wird freigesprochen.
Die Kosten des Verfahrens und die dem Betroffenen erwachsenen notwendigen
Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.
Gründe
Das Amtsgericht Limburg Zweigstelle Hadamar hat den Betroffenen mit Urteil
vom 13. Dezember 2006 zu einer Geldbuße von 600,- € verurteilt, weil er als
Inhaber der Speditionsfirma A in O1 nicht dafür gesorgt habe, dass die
(verlängerte) Tageslenkzeit von 10 Stunden eingehalten wird (§§ 8 Abs.1 Nr.1b
FPersG, 22 Abs.1 Nr.2 FPersV, Art. 6 Abs.1, Art. 15 Verordnung (EWG) Nr.
3820/85). Mit seiner Rechtsbeschwerde rügt der Betroffene die Verletzung
formellen und materiellen Recht.
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt
und ebenso begründet worden. Sie hat auch in der Sache Erfolg.
Die Rechtsgrundlage zur Ahndung der dem Betroffenen zur Last gelegten
Ordnungswidrigkeit ist mit Wirkung vom 11. April 2007 entfallen. Zu diesem
Zeitpunkt ist die Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 aufgehoben und durch die
Verordnung (EG) Nr. 561/2006 vom 15. März 2006 ersetzt worden (Art. 28 und 29
der letztgenannten Verordnung). Das FPersG und die FPersV sind nicht mit
Inkrafttreten der neuen EG-Verordnung entsprechend geändert worden, so dass
deren Vorschriften auf eine aufgehobene Verordnung verweisen. Wird – wie hier -
das Gesetz, das bei Beendigung der Handlung gilt, vor der Entscheidung geändert,
so ist gemäß § 4 Abs.3 OWiG das mildeste Gesetz anzuwenden. Das führt dazu,
dass die dem Betroffenen zur Last gelegte Tat nicht geahndet werden kann (vgl.
HansOLG, Beschluss vom 24. April 2007 (1-11/07 (RB)-3 Ss 34/07 (OWi) sowie zur
vergleichbaren Rechtslage bei Inkrafttreten der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85
OLG Köln, NJW 1988, 657; BayObLG VRS 74,227; OLG Düsseldorf VRS 74,45). Der
Betroffene ist daher freizusprechen.
Die Kosten- und Auslagenentscheidung beruht auf § 467 Abs.1 StPO i.V.m. § 46
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Die Kosten- und Auslagenentscheidung beruht auf § 467 Abs.1 StPO i.V.m. § 46
OWiG.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.