Urteil des OLG Frankfurt vom 19.08.2009

OLG Frankfurt: culpa in contrahendo, lizenznehmer, eigenes verschulden, schuldübernahme, anleger, anerkennung, rückvergütung, aufklärungspflicht, rechtsirrtum, agio

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Gericht:
OLG Frankfurt 17.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
17 U 98/09
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 280 Abs 1 BGB, § 675 Abs 2
BGB
(Bankenhaftung: Aufklärungspflichten bei Anlageberatung
über den Beitritt zu einem Medienfonds)
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 31. März 2009 verkündete Urteil der 17.
Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Kläger wird gestattet, eine Zwangsvollstreckung der Beklagten durch
Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil zu vollstreckenden
Betrages abzuwenden, wenn die Beklagte nicht zuvor Sicherheit in Höhe von 110
% des von ihr zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Mit der Berufung wendet sich der Kläger gegen die Abweisung seiner Klage, mit der
er die Beklagte im Hinblick auf eine angebliche fehlerhafte Anlageberatung im
Zusammenhang mit der durch die Beklagte vermittelten Beteiligung an dem
geschlossenen A GmbH & Co. KG auf Schadensersatz in Anspruch nimmt.
Der Kläger beteiligte sich am 19. November 2003 mit insgesamt 52.500,00 € über
einen Treuhänder an der A GmbH Co. KG. Wegen der näheren Einzelheiten der
Anteilsübernahme wird auf die als Anlage K 1 (Bl. 31 d.A.) vorgelegte „Persönliche
Erfolgsprognose – Kurzreport“ Bezug genommen.
Die Beteiligung wurde dem Kläger von einem Mitarbeiter der beklagten Bank, dem
Zeugen Z1, empfohlen. Der Zeuge Z1 übergab dem Kläger den als Anlage K 2 (Bl.
32 ff. d.A.) zur Akte gereichten Prospekt, auf dessen Deckblatt (Anlage K 3, Bl. 58
d.A.) der Fonds als „Garantiefonds“ bezeichnet wird.
Auf S. 7 des Prospekts ist unter der Überschrift „Investitionsplan“ festgehalten,
dass anfänglich ca. 87,2 % des Kommanditkapitals ohne Agio in Produktionskosten
(inkl. Liquiditätsreserve) und 12,8 % in sonstige Fondsnebenkosten/-
Dienstleistungsgebühren investiert werden. Zur näheren Erläuterung wird auf das
Kapitel 10 „Investitionsplanung/ Modellrechnung“ verwiesen. In diesem Kapitel ist
auf Seite 40 des Prospekts (Bl. 42 d. A.) unter dem Stichwort „Mittelverwendung“
festgehalten, dass für die Eigenkapitalvermittlung 8,90 % emissionsbedingte
Nebenkosten anfallen und ein Agio in Höhe von 5% auf die Zeichnungssumme
(Kommanditkapital) der Eigenkapitalvermittlerin, der B AG, zur zusätzlichen
Abdeckung von Vertriebsaufwendungen dient.
Auf S. 68/69 des Prospekts (Bl. 49 d.A.) heißt es unter der Überschrift
„Eigenkapitalvermittlungsvertrag“ u.a.:
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„Die Fondsgesellschaft hat die B AG (im folgenden B AG) mit der Organisation
und Abwicklung der Eigenkapitalvermittlung beauftragt, und übernimmt die
Haftung dafür, dass die der B AG zur Verfügung gestellten Projektinformationen
richtig sind. Die B AG hat das Recht, ihre Rechte und Pflichten aus dieser
Vertriebsvereinbarung auf Dritte zu übertragen, und die Verpflichtung, nur die vom
‚C zur Verfügung gestellten Beteiligungsunterlagen zu benutzen.“
Die Beklagte erhielt eine in Höhe von 8,5% der
Anlagesumme, worauf der Kläger vom Anlageberater Z1 nicht mündlich oder
schriftlich gesondert hingewiesen wurde.
Unter der Überschrift: „Schuldübernahme durch die D-Bank AG“ heißt es auf S. 9
des Prospekts (Bl. 33 R d.A.):
„Die D-Bank AG wird bezüglich aller realisierten Filme bzw. Ersatzproduktionen
der Fondsgesellschaft (nachfolgend auch Lizenzgeber) jeweils die Verpflichtungen
des Lizenznehmers (in der Regel E AG) zur Erbringung der Schlusszahlungen in
Höhe von 100% des Anteils des Lizenzgebers an den Produktionskosten aller
realisierten Filme bzw. Ersatzproduktionen zzgl. Fondsnebenkosten, ohne Agio,
übernehmen. Die Schuldübernahmen erfolgen mit schuldbefreiender Wirkung für
die Lizenznehmer. Dies bedeutet, dass die Schlusszahlungen im vorgenannten
Umfang anstelle des Lizenznehmers von der D-Bank AG an die Fondsgesellschaft
zu leisten sind. Die D-Bank AG erhält für die Schuldübernahmen vom
Lizenznehmer den erforderlichen Gegenwert in Höhe des Barwertes der
übernommenen Zahlungsverpflichtungen sowie die sonstigen nach den
Schuldübernahmevereinbarungen zu zahlenden Entgelte. Sämtliche Zahlungen im
Rahmen der Schuldübernahmen erfolgen in Euro.“
Für die Schuldübernahmen sollte die D-Bank AG ausweislich der Prospektangaben
auf S. 27 (Bl. 38 R d.A.) vom Lizenznehmer den erforderlichen Gegenwert in Höhe
des Barwertes der übernommenen Zahlungsverpflichtungen sowie die sonstigen
nach den Schuldübernahmevereinbarungen zu zahlenden Entgelte erhalten.
S. 66 ff. des Prospekts (Bl. 48 R ff. d.A.) enthält Erläuterungen zur
Mittelverwendungskontrolle („Mittelverwendungskontrollvertrag“). Risikohinweise,
auch steuerlicher Art, sind auf S. 74/75 des Prospekts (Bl. 50 R d.A.) zu finden.
Die steuerliche Abschreibungsmöglichkeit scheiterte, weil die Anlagegelder von
den Fondsinitiatoren prospektwidrig zur Finanzierung der Schuldübernahme durch
die D-Bank AG verwendet und nicht – wie prospektiert - zu mehr als 80 % in die
Filmproduktionen geflossen sind. Der Kläger konnte die ihm zugesagten
Steuervorteile nicht erhalten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands erster Instanz wird
auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt,
dass die Beklagte auch nach dem eigenen Vorbringen des Klägers die ihr
obliegenden Beratungspflichten nicht verletzt habe. Die behaupteten Erklärungen
des Anlageberaters Z1 seien für den Normalfall richtig und nicht zu beanstanden.
Die steuerliche Anerkennung der F-KG sei gewährleistet gewesen, wobei sich diese
Gewährleistung aber der Natur jeder Voraussage nach nur auf den Normalfall
unternehmerischer Tätigkeit habe beziehen können. Gerichtsbekannt beruhe die
Aberkennung steuerlicher Verlustzuweisungen durch die Finanzverwaltung im
Wesentlichen darauf, dass die Fonds-Verantwortlichen das eingeworbene
Kommanditkapital prospektwidrig nicht für die Produktion von Filmen, sondern zur
Finanzierung der als „Garantie“ bezeichneten Schuldübernahme durch die D-Bank
verwendet hätten. Auch erscheine der Fondsprospekt nicht deshalb unplausibel,
weil bis zum Ende der Laufzeit eine Auszahlung von insgesamt 208% des
eingesetzten Kapitals dargestellt worden sei. Dies entspreche erkennbar einer
durchschnittlichen jährlichen Rendite vor Steuern von über 10%. Ob diese Rendite
bei einer unternehmerischen Beteiligung im Filmgewerbe erwartet werden könne,
sei eine rein wirtschaftliche Frage und nicht eine Frage der Plausibilität. Wenn der
Zeuge Z1 dargelegt habe, der Kläger werde am Ende der Laufzeit 100% der
Einlage zurückerhalten, so sei dies für den im Prospekt dargestellten Normalfall
richtig. Für den vorliegenden Fall einer Straftat der Steuerhinterziehung sei nicht
über Sicherungen berichtet worden. Schließlich wirke sich auch der Umstand, dass
der Zeuge Z1 nicht etwa von sich aus die Höhe der Provision der Beklagten
angegeben habe, nicht zugunsten des Klägers aus. Es fehle schon an der
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angegeben habe, nicht zugunsten des Klägers aus. Es fehle schon an der
notwendigen Kausalität einer solchen Information. Aus dem Beschluss des BGH
vom 20.01.2009 – XI ZR 510/07 – könne der Kläger nichts anderes herleiten. Dass
es geboten sein solle, den Kunden über etwaige Rückvergütungen in jedem Fall
und unaufgefordert aufzuklären, und zwar unabhängig von der
Rückvergütungshöhe und ebenfalls unabhängig vom Geltungsbereich des WpHG,
sei ein weitgehender, sachlich zweifelhafter und mit der bisher bekannten
Senatsrechtsprechung nicht in Einklang stehender Rechtsgrundsatz. Ein
Rechtsirrtum schließe Vorsatz aus. Für die Annahme von Fahrlässigkeit gelte
nichts wesentlich anderes. Es habe bis zum Jahre 2009 keinen Rechtsgrundsatz
derart gegeben, dass ein Kunde, der einen Gesamtvermittlungsaufwand kenne, in
jedem Fall ungefragt über interne Anteile dieses Gesamtaufwandes informiert
werden müsse.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger seine Klageanträge weiter. Er rügt zunächst,
das Landgericht habe sich nicht hinreichend mit dem von ihm erhobenen Vorwurf
der Verletzung der Pflicht zur Plausibilitätsprüfung auseinander gesetzt. Der
beklagten Bank hätten aufgrund der auf S. 11 ff. der Klageschrift dargelegten
Unstimmigkeiten Zweifel kommen müssen, ob tatsächlich die Voraussetzungen
für die steuerliche Anerkennung der negativen Einkünfte der Anleger erfüllt seien.
Nach dem Anlagekonzept habe einerseits das Kommanditkapital in voller Höhe
steuerlich abzugsfähig sein sollen und andererseits habe der Anleger aufgrund der
Schuldübernahme der D-Bank keine unternehmerischen Risiken tragen sollen.
Diesen Widerspruch hätte die Beklagte zumindest zum Anlass nehmen müssen,
weitere Untersuchungen anzustellen. Die erstmals mit Schriftsatz der
Beklagtenvertreter vom 15.07.2009 vorgelegten Gutachten der G-GmbH und der
H-mbH seien als neue Verteidigungsmittel gemäß § 531 Abs. 2 ZPO nicht
zuzulassen. Dessen ungeachtet könnten diese Gutachten die Beklagte nicht von
eigenen Prüfungspflichten entlasten. Die Aberkennung der Steuervorteile liege in
erster Linie darin begründet, dass die Anleger auf Grund der Schuldübernahme der
D-Bank kein unternehmerisches Risiko getragen hätten. Dies gelte, so meint der
Kläger, unabhängig davon, ob nun die „Produktionskosten“ vor oder nach Abgabe
der Schuldübernahmeerklärung an den Lizenznehmer bezahlt worden seien. Für
die Beklagte streite auch nicht das als Anlage CB 3 (Bl. 522 d.A.) zur Akte
gereichte Schreiben des Finanzamts O1 II vom 04.06.2003. Auch dieses Schreiben
sei gemäß § 531 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen. Es sei auch nicht als
„Vorbescheid“, sondern lediglich als unverbindliche Auskunft des Finanzamts zu
qualifizieren, die auf der fehlerhaften Grundlage beruhe, dass der „I“ und der hier
streitgegenständliche J gleichgelagert seien.
Das Landgericht habe sich bei seiner Annahme, die Beklagte habe das
Verschweigen der Rückvergütungen nicht zu vertreten, über die Rechtsprechung
des Bundesgerichtshofs hinweggesetzt, wonach derjenige, der sich auf einen
Rechtsirrtum berufe, diesen auch darzulegen und zu beweisen habe. Die Beklagte
habe bisher aber nicht substantiiert dargelegt, welche Maßnahmen sie ergriffen
habe und welche Überlegungen sie angestellt habe, die dazu geführt hätten, dass
sie einem Rechtsirrtum unterlegen sei. Es bleibe deshalb bei der Vermutung des §
280 Abs. 1, Satz 2 BGB, nach der die Beklagte die Pflichtverletzung zu vertreten
habe. Der Kläger könne sich weiterhin auf die Vermutung aufklärungsrichtigen
Verhaltens stützen. Er habe insbesondere nicht dadurch auf die Aufklärung über
die verdeckten Rückvergütungen verzichtet, dass er den Vermögensanlage-Bogen
unterzeichnet habe. Der Beklagtenvortrag zu dem Vermögensanlage-Bogen auf S.
8 f. der Berufungserwiderung (Bl. 295 d.A.) sei gemäß § 531 Abs. 2 ZPO nicht
zuzulassen. Der Kläger bestreitet, dass er von der dort niedergelegten Klausel
betr. Vermittlungsprovisionen für Wertpapiergeschäfte Kenntnis genommen habe.
Er hält diese Klausel wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB für
unwirksam. Zudem vertritt er die Auffassung, diese Erklärung beziehe sich nicht
auf Fondsbeteiligungen, sondern nur auf Wertpapiergeschäfte.
Der Kläger vertritt die Auffassung, die Prospektangaben zur Höhe der
Eigenkapitalbeschaffungskosten seien nicht geeignet gewesen, die Beklagte von
einer ihr nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung obliegenden Pflicht zur
Aufklärung des Klägers über die von ihr erzielte Vermittlungsprovision zu
entlasten. Dem Kläger habe vielmehr von der Beklagten offengelegt werden
müssen, was diese an der Vermittlung der Beteiligung konkret verdiene. Hierzu
behauptet der Kläger, er habe zudem die Angaben des Prospekts zur Höhe der
Eigenkapitalbeschaffungskosten vor Zeichnung der Beteiligung nicht zur Kenntnis
genommen. Er habe vielmehr die Beitrittserklärung nach Zugang der
Zeichnungsunterlagen (einschließlich des Verkaufsprospekts) unterzeichnet.
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Der Kläger meint weiter, die Beklagte habe bei kritischer Überprüfung erkennen
müssen, dass der Verkaufsprospekt nicht plausibel erklärte, wie 80% des
Kommanditkapitals in Filme investiert und gleichzeitig die Gegenleistung und
Sicherheit für die Schuldübernahmeerklärung erbracht werden sollte, ohne dass
dadurch das Sicherheits- und Steuerkonzept des Fonds litten. Jedenfalls sei im
Emissionsprospekt nicht erläutert worden, dass der Lizenznehmer die
Schuldübernahme der Bank habe finanzieren sollen. Die prognostizierte Rendite
von 10% sei schon allein deshalb zu hinterfragen gewesen, weil sie ungewöhnlich
hoch sei.
Der Kläger beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, € 52.500,00 zzgl. Zinsen in Höhe von 5%-
Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit an den Kläger zu zahlen
Zug um Zug gegen Übertragung der Beteiligung an der A GmbH & Co. KG im
Nennwert von € 50.000,00 des Klägers an die Beklagten;
2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger alle
weitergehenden Vermögensnachteile aus und im Zusammenhang mit der
Kommanditbeteiligung über nominal € 50.000,00 an der A GmbH & Co. KG zu
ersetzen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung und
Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags. Sie hält den in der
Berufungsbegründung enthaltenen klägerischen Vortrag zur Rendite für gemäß §
531 Abs. 2 ZPO präkludiert und bestreitet, dass die prognostizierte Rendite
außergewöhnlich gewesen sei.
Die Beklagte vertritt die Auffassung, die behaupteten Aussagen des Zeugen Z1,
„es sei eine 100%-ige Sache“ oder das Kapital sei gegen Verluste abgesichert,
seien anpreisender Natur und auch zutreffend gewesen. Auch der
Garantiecharakter des Fonds bezüglich des Anlagekapitals werde zutreffend
dargestellt: Die Lizenznehmer hätten nach den Lizenzverträgen zum Ende der
Fonds-Laufzeit am 15.12.2011 Schlusszahlungen in Höhe von 100% des
Kommanditkapitals ohne Agio an den Fonds (S. 65 f.) zu leisten gehabt, wobei die
Bonität dieser Forderungen dadurch gewährleistet worden sei, dass die D-Bank AG
diese Schuld mit befreiender Wirkung übernommen habe. Dabei sei klargestellt
worden, dass sich diese Absicherung auf das Kommanditkapital der GmbH & Co.
KG beziehe und nicht auf den Anspruch des einzelnen Kommanditisten auf
Rückzahlung seiner Kommanditeinlage bei Beendigung der
Kommanditgesellschaft. Auf Risiken, die auf Fehlleistungen des Managements
beruhten, seien die Anleger hinreichend auf S. 13 des Prospekts hingewiesen
worden.
Die Beklagte habe ihre Pflicht zur Aufklärung über die von ihr vereinnahmten
Vertriebskosten nicht verletzt, da der Prospekt nicht nur die Höhe der insgesamt
anfallenden Vertriebsprovisionen mitgeteilt habe, sondern auch den Umstand,
dass die von der Fonds-KG mit dem Anteilsvertrieb beauftragte B AG die
entgeltliche Eigenkapitalvermittlungstätigkeit auf Dritte übertragen könne (S. 68 f.
d. Prospekts) und die in dem Prospekt genannten Provisionen somit teilweise dem
mit dem Beteiligungsvertrieb befassten Anlageberater bzw. –vermittler zuflössen.
Jedenfalls treffe den Kläger ein Mitverschulden an einem etwaigen infolge der
Beteiligung eingetretenen Schaden, weil der Prospekt die erforderlichen Hinweise
enthalten habe.
Die Beklagte meint weiterhin, eine etwaige schuldhafte Verletzung einer Pflicht zur
ungefragten Mitteilung des (ihr zufließenden) eigenen Anteils der im Prospekt
ausgewiesenen Vertriebsprovisionen sei jedenfalls nicht ursächlich für den
Beteiligungserwerb geworden, da sich der Kläger am 19.11.2003, am Tage der
Zeichnung der streitgegenständlichen Beteiligung, damit einverstanden erklärt
habe, dass die Beklagte beim Vertrieb von Vermögensanlagen von dritter Seite
Vertriebsprovisionen erhalte. Hierzu behauptet die Beklagte unwidersprochen, der
Kläger habe eine Einverständniserklärung folgenden Wortlauts unterzeichnet:
„Einverständniserklärung (…)
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Der Bank können im Zusammenhang mit der Abwicklung von
Wertpapiergeschäften Geldzahlungen oder geldwerte Vorteile (z.B.
Vermittlungsprovisionen wie Vertriebs- oder Vertriebsfolgeprovisionen) durch
Dritte gewährt werden.“
Ferner ist die Beklagte der Auffassung, sie habe ihrer Pflicht zur
Plausibilitätsprüfung durch Einholung des in Anlage CB 1 vorgelegten
Steuergutachtens vom 09.10.2002 der G GmbH und des in Anlage CB 2
vorgelegten Prospektgutachtens vom 12.11.2002 der H mbH genügt. Beide
Gutachten belegten die Anerkennungsfähigkeit des Fonds sowie die
Ordnungsgemäßheit des Prospekts und die wirtschaftliche Plausibilität des Fonds.
Ferner sei aufgrund des Vorbescheids des Finanzamts O1 II vom 04.06.2003
(Anlage CB 3) davon auszugehen gewesen, dass die Finanzbehörden die im
Prospekt dargestellte Fondskonzeption steuerlich anerkennen würden. Bei J hätten
aufgrund der prospektierten Fondskonzeption insbesondere die Voraussetzungen
der steuerlichen Anerkennung einer Mitunternehmerschaft der Anleger nach § 15
Abs. 1 Nr. 2 EStG vorgelegen. Steuerlich fehlerhaft sei die Erwägung, wegen der
Schuldübernahme bestehe kein Mitunternehmerrisiko der Anleger. Soweit die
Finanzbehörden schließlich die steuerliche Anerkennung abgelehnt hätten, sei dies
nicht wegen fehlenden Mitunternehmerrisikos, sondern allein wegen eines im
Rahmen der Plausibilitätsprüfung mit zumutbarem Aufwand nicht erkennbaren,
von dem prospektierten Fondskonzept abweichenden Zahlungsflusses erfolgt.
Wegen des weitergehenden Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den
Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
II.
Die zulässige, weil form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung ist
unbegründet. Auch unter Berücksichtigung des mit der Berufung Vorgebrachten
gelangt der Senat zu dem Ergebnis, dass das Landgericht die Klage zu Recht
abgewiesen hat. Eine etwaige Pflichtverletzung der Beklagten, die darin bestehen
könnte, dass diese den Kläger nicht über die Höhe der ihr nach dem Fondsmodell
zukommenden Rückvergütung aufgeklärt hat, ist jedenfalls nicht für den
Beitrittsentschluss des Klägers geworden.
Rechtlich zutreffend ist zunächst die Annahme des Landgerichts, dass zwischen
den Parteien ein Anlageberatungsvertrag zustande gekommen ist. Dabei kann
offen bleiben, ob die Initiative zur Zeichnung der Fondsbeteiligung vom Kläger als
Kunden oder von dem Kundenberater der Beklagten ausgegangen ist. Tritt ein
Anlageinteressent an eine Bank oder der Anlageberater einer Bank an einen
Kunden heran, um über die Anlage eines Geldbetrages beraten zu werden bzw. zu
beraten, so wird das darin liegende Angebot zum Abschluss eines
Beratungsvertrages stillschweigend durch die Aufnahme des Beratungsgesprächs
angenommen (vgl. BGH, Urt. v. 06.07.1993, XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126 ff., zit.
nach juris, Rn. 11 m.w.Nw.).
Dem Landgericht kann auch in der Beurteilung gefolgt werden, dass sich die
Beklagte nicht wegen Verletzung von Beratungspflichten gegenüber dem Kläger
schadensersatzpflichtig gemacht hat.
Inhalt und Umfang der Beratungspflicht hängen von den konkreten Umständen
des Einzelfalls ab. Die Beratung hat sich zunächst daran auszurichten, ob das
beabsichtigte Anlagegeschäft der sicheren Geldanlage dienen soll oder
spekulativen Charakter hat. Die empfohlene Anlage muss unter Berücksichtigung
dieses Ziels auf die persönlichen Verhältnisse des Kunden zugeschnitten, also
„anlegergerecht“ sein (vgl. BGH, Urt. v. 25.11.1981, IV a ZR 286/80, NJW 1982,
1095, 1096; BGH, Urt. v. 06.07. 1993, XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126 ff., zit. nach
juris, Rn. 17). Die Bank trifft eine Pflicht zur Aufklärung über
das konkrete Anlagerisiko (vgl. BGH, Urt. v. 06.03.2008, III ZR 198/05, WM 2008,
725 ff., zit. nach juris, Rn. 25). Fehlen ihr derartige Kenntnisse, so hat sie das dem
Kunden mitzuteilen und offenzulegen, dass sie zu einer Beratung z.B. über das
konkrete Risiko eines Geschäfts mangels eigener Information nicht in der Lage ist
(vgl. BGH, Urteil vom 06.07.1993, a.a.O., Rn. 19; BGH, Urteil vom 07.10.2008, XI
ZR 89/07, WM 2008, 2166 ff., zit. nach juris, Rn. 14). Die Beklagte hat diese
aufgezeigten Verpflichtungen zur anlegergerechten und anlagegerechten
Beratung nicht verletzt, als sie dem Kläger empfahl, sich an dem
streitgegenständlichen Medienfonds zu beteiligen.
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Dies gilt zunächst hinsichtlich der die Beklagte treffenden Pflicht zur
des Anlagekonzeptes, in deren Erfüllung sie die prospektierte
Anlageform mit banküblichem kritischem Sachverstand zu prüfen hatte (vgl. BGH,
Urteil vom 07.10.2008, XI ZR 89/07, WM 2008, 2166 ff., zit. nach juris, Rn. 12). Dies
hat die Beklagte dadurch erfüllt, dass sie das Emissionsprospekt einer Prüfung
nach den Prüfungsgrundsätzen des K e.V., K Standard S. 4 („K Standard)
unterzogen hat. Soweit sie diese Prüfung der G GmbH übertragen hat, würde die
Beklagte für etwaige, dieser Gesellschaft zur Last fallende Beurteilungsfehler zwar
gemäß § 278 BGB wie für eigenes Verschulden haften. Fehler des beklagtenseits
vorgelegten Wirtschaftsprüfergutachtens vom 12.11.2002 sind jedoch weder
konkret vorgetragen, noch ersichtlich. Die gutachterliche Prüfung war ausweislich
der Ausführungen auf S. 4 des Gutachtens vom 12.11.2002 (Bl. 341 d.A.) darauf
gerichtet, festzustellen, ob der Prospekt die für die Entscheidung eines
verständigen und durchschnittlich vorsichtigen Anlegers erheblichen Angaben mit
hinreichender Sicherheit vollständig und richtig enthält und ob diese Angaben klar
– d.h. gedanklich geordnet, eindeutig und verständlich – gemacht werden. Die
Beurteilung i.S. des K Standards bezog sich auf Vollständigkeit, Richtigkeit und
Klarheit der Prospektangaben einschließlich der Plausibilität der im Prospekt
enthaltenen Werturteile, der Schlüssigkeit der Folgerungen sowie der Darstellung
der mit der Kapitalanlage verbundenen Chancen und Risiken.
Soweit der Kläger mit der Berufung rügt bei kritischer Prüfung habe die Beklagte
erkennen müssen, dass der Verkaufsprospekt nicht plausibel erkläre, wie 80% des
Kommanditkapitals in Filme investiert und gleichzeitig die Gegenleistung und
Sicherheit für die Schuldübernahmeerklärung erbracht werden solle, hat die
Beklagte zu Recht darauf hingewiesen, dass die Zahlung des
Schuldübernahmeentgelts nicht durch die Fondsgesellschaft, sondern vielmehr
durch die Lizenznehmer an die schuldübernehmende Bank erfolgen sollte und erst
nach Abgabe der Schuldübernahmeerklärung die
Produktionsdienstleistungsvergütung gezahlt werden sollte. Die Anlegergelder
sollten danach zur Zahlung des Schuldübernahmeentgelts an die Bank
verwendet werden, sondern zur Vergütung der Filmproduzenten nach Maßgabe
der abzuschließenden Produktionsdienstleistungsverträge (vgl. dazu die
Ausführungen auf S. 64 des Prospekts). Auch hat die Beklagte nachvollziehbar
erklärt, dass eine Plausibilitätsprüfung, die die Zahlungskraft der Lizenznehmer,
welche ihrerseits das Schuldübernahmeentgelt an die Bank hätten leisten sollen,
nicht möglich war, weil die Lizenznehmer noch nicht feststanden. Ausweislich der
Ausführungen auf S. 65 des Prospekts kam die E AG als Lizenznehmerin in
Betracht, deren Liquidität der Kläger nicht in Zweifel gezogen hat.
Auch hat die Beklagte die ihr obliegende Pflicht zur Plausibilitätsprüfung nicht in
Bezug auf die klägerseits beabsichtigte
verletzt. Offen bleiben kann, ob dem Landgericht in der
Beurteilung gefolgt werden kann (S. 4 f. der Entscheidungsgründe des
erstinstanzlichen Urteils), dass die dem Kläger zugesagte steuerliche
Anerkennung des vorliegenden Fondsmodells dem Grunde nach gewährleistet war.
Letzteres hat der Kläger in Abrede gestellt. Er hat vorgetragen und unter Beweis
gestellt, dass die Aberkennung der Steuervorteile in erster Linie darauf beruhe,
dass die Anleger aufgrund der Schuldübernahme der D-Bank kein
unternehmerisches Risiko hätten tragen sollen. Selbst wenn diese klägerische
Behauptung zuträfe, wäre der Beklagten kein Beratungsfehler zur Last zu legen.
Insoweit kann sich die Beklagte haftungsentlastend auf den im Zeitpunkt der
maßgeblichen, mit dem Kläger geführten Beratungsgespräche bereits
vorliegenden Bescheid des Finanzamts O1 II vom 04.06.2003 (Anlage CB 3, Bl. 522
d.A.) berufen. Dieser erstmals in der Berufungsinstanz vorgelegte Bescheid
bedurfte nicht der Zulassung gemäß § 531 Abs. 2 ZPO; er unterliegt nicht dem
sog. Novenausschluss. Denn die Behauptung der Beklagten, dass dieser Bescheid
erteilt worden war, ist klägerseits nicht bestritten worden. Neues
Vorbringen ist in der Berufungsinstanz zu berücksichtigen (vgl. Zöller-Heßler,
Kommentar zur Zivilprozessordnung, 27. Aufl. 2009, Rn. 21 zu § 531). In
Anbetracht dessen, dass der Aussageinhalt dieser vorläufigen Auskunft des
Finanzamts mit der steuerrechtlichen Begutachtung der G GmbH konform ging,
durfte die Beklagte von der steuerlichen Anerkennung des Fondskonzepts
einschließlich der Mitunternehmerschaft der Fondsanleger ausgehen.
Das Fehlen der steuerlichen Anerkennungsfähigkeit von Verlustzuweisungen war
bei Prospekterstellung auch nicht, wie der Kläger meint, deshalb absehbar, weil
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bei Prospekterstellung auch nicht, wie der Kläger meint, deshalb absehbar, weil
sich der Bescheid des Finanzamts O1 II vom 04.06.2003 (Anlage CB 3, Bl. 522
d.A.) auf einen Vorgängerfonds, den „I“ bezogen hätte, der mit dem hier
streitgegenständlichen J nicht vergleichbar sei. Denn die Möglichkeit, dass das
Finanzamt einem Irrtum hinsichtlich der Vergleichbarkeit der Fondskonzeptionen
unterlegen war, war der Beklagten nicht erkennbar. Gegen die Offensichtlichkeit
dieser klägerseits behaupteten Fehleinschätzung spricht schon der Umstand, dass
die angestrebte Verlustzuweisung dem Kläger auch zunächst einmal gewährt
worden war. Das zeigt deutlich, dass das Fonds-Konzept dem Anliegen des
Klägers, Steuervorteile zu erlangen, auch dem Grunde nach gerecht wurde. Darauf
hat auch das Landgericht zutreffend hingewiesen.
Die Beklagte hat weiterhin den Kläger nicht hinsichtlich des
fehlerhaft beraten. Der Zeuge Z1 hat dem Kläger vor Zeichnung der Kapitalanlage
den Beteiligungsprospekt überlassen, welcher auf Seite 12 (Bl. 34 R d.A.) und 71
(Bl. 49 R d.A.)unter der Überschrift „Chancen und Risiken“ hinreichend klarstellt,
dass es sich um eine Beteiligung handelt, die zum Totalverlust
des investierten Kapitals führen kann. Eine Mitunternehmerstellung der Anleger
war ja gerade Voraussetzung der steuerlichen Verrechnung von
Verlustzuweisungen. Der klägerische Vortrag, ihm sei durch den Mitarbeiter Z1
mitgeteilt worden, sein eingesetztes Kapital sei gegen Verluste abgesichert, die
„Garantie“ der D-Bank habe zur Folge, dass die Rückzahlung der
Kommanditeinlage gewährleistet sei, begründet keine Beratungspflichtverletzung.
Die behaupteten Angaben des Zeugen Z1 bezogen sich erkennbar auf das
prospektierte Anlagekonzept und waren als solche zutreffend. Denn nach dem im
Prospekt ausgewiesenen Modell sollte die (aus Einlagegeldern zu zahlende)
Produktionsdienstleistungsvergütung erst Vorlage der
Schuldübernahmeerklärung durch die Bank an die Filmproduzenten geleistet
werden. Damit sollte sichergestellt werden, dass Auszahlungen aus dem
Fondskapital Einnahmen in Höhe der Lizenzvergütungen gegenüberstanden. Dass
diese Sicherung des Einlagekapitals gegen Verluste von den Fondsinitiatoren
pflichtwidrig „außer Kraft gesetzt“ werden würde, war von der Beklagten nicht
vorhersehbar.
Eine Täuschung des Klägers ist auch nicht durch die behaupteten Aussage des
Zeugen Z1, die streitgegenständliche Beteiligung am J sei dieser Garantie wegen
eine „100%-ige Geschichte“, vermittelt worden. Diese Aussage stellt schon keine
Tatsachenbehauptung, sondern vielmehr ein Werturteil dar, dem ein
Tatsachenkern fehlt. Sie musste vom Kläger als subjektive Wertung in dem Sinne
aufgefasst werden, dass der Zeuge Z1 ihm diese Anlage wegen des durch die
Garantie begrenzten Risikos .
Die Beklagte haftet dem Kläger auch nicht wegen Verschuldens bei
Vertragsverhandlungen (culpa in contrahendo) deshalb auf Schadensersatz, weil
sie die notwendige Aufklärung des Klägers über die ihr zugesagte und
zugeflossene unterlassen hätte.
Allerdings traf die Beklagte aus dem mit dem Kläger geschlossenen
Beratungsvertrag die Pflicht, den Kläger über die Höhe der Innenprovision
wahrheitsgemäß aufzuklären.
In seiner Entscheidung vom 20.01.2009 (XI ZR 510/07, u. a. abgedruckt in WM
2009, 405-406 = ZIP 2009, 455-460 u. BKR 2009, 354-355 u. NJW 2009, 1416-
1417) hat der Bundesgerichtshof ausgesprochen, dass eine Bank eine
Aufklärungspflicht über beim Vertrieb von Fondsanteilen (dort: Medienfonds)
erhaltene Rückvergütung trifft. Dem folgt der Senat. Denn der Kunde wird erst
durch die Aufklärung über die Innenprovision in die Lage versetzt, das
Umsatzinteresse der Bank selbst einzuschätzen (BGH, Urt. v. 19.12.2006, XI ZR
56/05, BGHZ 170, 226 ff., zit. nach juris, Rn. 23).
Für den Mitarbeiter der Beklagten bestand im Hinblick auf die
Vermittlungsprovision ein ganz erheblicher Anreiz, gerade diese konkrete
Fondsbeteiligung zu empfehlen. Darüber und über den damit verbundenen
Interessenkonflikt musste die Beklagte den Kläger im Rahmen des
Beratungsgesprächs grundsätzlich informieren, um ihn in die Lage zu versetzen,
das Umsatzinteresse der Beklagten einschätzen und beurteilen zu können, ob die
Beklagte und ihr Berater die Fondsbeteiligung nur deshalb empfahl, weil sie selbst
daran verdienten.
Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, insoweit fehle es an einem
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Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, insoweit fehle es an einem
Verstoß, weil sich die Rechtsprechung zur Aufklärungspflicht durch
die vorstehend wiedergegebene Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur
Aufklärungspflicht hinsichtlich Innenprovisionen und Rückvergütungen geändert
habe und sie auf die frühere abweichende Rechtsprechung, die eine
Aufklärungspflicht verneint habe, im Zeitpunkt der Beratung habe vertrauen
dürfen. Tatsächlich hat eine Vielzahl erstinstanzlicher Entscheidungen in diesem
Sinne entschieden und ein Verschulden des Anlageberaters bei fehlender
Aufklärung verneint. Auch in Kenntnis der Entscheidung des XI. Zivilsenats vom
20.01.2009 wird in Urteilsanmerkungen weiterhin vertreten, in Bezug auf ältere
Fälle erscheine es nicht als ausgeschlossen, dass sich eine Bank im Einzelfall
darauf berufen könne, eine Pflicht zur ungefragten Offenlegung von
Vermittlungsgebühren beim Vertrieb von geschlossenen Fonds sei für
Anlageberater vor Veröffentlichung des Beschlusses vom 20.01.2009 nicht
erkennbar gewesen (vgl. die Anmerkung zu BGH Beschluss v. 20.01.2009 von Prof.
Dr. Buck-Heeb in jurisPR-BKR 3/2009 Anm. 1 u. Geist, BKR 2009, S. 127, 128). Der
Senat kann sich dieser Auffassung nicht anschließen. Auch wenn man von einem
vorsatzausschließenden Rechtsirrtum der Beklagten ausgehen muss, bleibt der
Vorwurf einer Pflichtverletzung grundsätzlich bestehen, denn von
einem unvermeidlichen Rechtsirrtum kann ausgegangen werden.
Es gab nämlich im Zeitpunkt der maßgeblichen Anlageentscheidung des Klägers
(1996) keine höchstrichterliche Rechtsprechung, die eine Aufklärungspflicht der
Bank über Innenprovisionen bei Empfehlung und anschließender Vermittlung von
Fondsanteilen verneint hätte. Auch begründete die Entscheidung des BGH vom
20.01.2009 keine Rechtsprechungsänderung. Vielmehr hatte der BGH bereits im
Urteil v. 19.12.2006, XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 ff., die Pflicht zur Aufklärung über
Rückvergütungen im Rahmen eines – allerdings einen
Aktienfonds betreffend – angenommen. Die abweichende Entscheidung vom
22.03.2007 (III ZR 218/06, WM 2007, 873, 874, Tz. 9) betraf die Haftung eines
Anlage (vgl. zur Maßgeblichkeit dieser Unterscheidung: BGH, Beschluss
v. 20.01.2009, XI ZR 510/07, WM 2009, 405, zit. nach juris, Rn. 10). Der Senat folgt
vielmehr dem Landgericht Hamburg (Urteil vom 18.03.2009 - 301 O 26/08, zit.
nach juris, Rn.36 ff.) darin, dass an das Vorliegen eines unverschuldeten
Rechtsirrtums strenge Maßstäbe anzulegen sind, die hinsichtlich der
Aufklärungspflicht über Rückvergütungen im Rahmen von Beratungsverträgen
nicht erfüllt sind.
Einer abschließenden Entscheidung seitens des Senats hinsichtlich dieser
Problematik unter Einbezug der von der Beklagten vorgelegten erstinstanzlichen
Rechtsprechung, die für ihren Standpunkt streitet, bedarf es allerdings nicht, weil
hier eine Pflichtverletzung der Beklagten daran scheitert, dass es einer Angabe
des genauen Prozentsatzes der der Beklagten aus einer Vermittlung der
streitgegenständlichen Fondsbeteiligung zufließenden Rückvergütung aus den
besonderen Umständen des vorliegenden Falles nicht bedurfte. So ist eine
notwendige Aufklärung des Klägers darüber, dass für die Eigenkapitalbeschaffung
von Seiten der Fondsgesellschaft Innenprovision gezahlt wurden, in dem dem
Kläger bei Beteiligungserwerb vorliegenden Fondsprospekt erfolgt. Im Prospekt ist
bereits auf S. 40 (Bl. 41 R d.A.) unter der Überschrift „Investitionsplanung/
Modellrechnung“- Stichwort „Mittelverwendung“ - festgehalten, dass für die
Eigenkapitalvermittlung 8,90 % anfallen und ein Agio in Höhe von 5% auf die
Zeichnungssumme (Kommanditkapital) der Eigenkapitalvermittlerin, der B AG, zur
zusätzlichen Abdeckung von Vertriebsaufwendungen dient. Dieser Hinweis auf die
Höhe der für die Eigenkapitalvermittlung anfallenden Provisionen wird auf S. 68/69
des Prospekts (Bl. 48 d.A.) unter der Überschrift:
„Eigenkapitalvermittlungsvertrag“ wiederholt und ergänzt um die Angabe, die B
AG habe als Vermittlerin das Recht, ihre Rechte und Pflichten aus der
Vertriebsvereinbarung auf Dritte zu übertragen.
Aus diesen Prospektangaben war für den Kläger nicht nur der Umstand ersichtlich,
dass die Beklagte für die Vermittlung der Fondsbeteiligung von der
Fondsgesellschaft eine Rückvergütung erhielt. Es wurde ihm vielmehr auch die
Provisionshöhe annähernd deutlich gemacht, die (für die Beklagte) tatsächlich bei
8,5% der Anlagesumme lag.
Durch seine mangelnde Nachfrage zu diesem Punkt machte der Kläger deutlich,
dass die Provisionshöhe, die die Beklagte für die Vermittlung der
streitgegenständlichen Fondsbeteiligung erhalten würde, für seine
Anlageentscheidung unwesentlich war und sich weitere Aufklärung dazu erübrigte.
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Anlageentscheidung unwesentlich war und sich weitere Aufklärung dazu erübrigte.
Diese Beurteilung steht auch im Einklang mit der Darstellung des Klägers
hinsichtlich seiner Motivation in der Klageschrift, dass er nämlich dem Medienfonds
nicht beigetreten wäre, wenn er die seiner Meinung nach bestehende
Steuerschädlichkeit des Garantiekonzepts gekannt hätte. Demnach kam es dem
Kläger gerade auf die Möglichkeit an, Steuern zu sparen. Damit ist die
unterlassene Aufklärung des Klägers über die Höhe der an
die Beklagte gezahlten Vertriebsprovision für die Anlageentscheidung jedenfalls
nicht kausal geworden.
Zwar streitet zugunsten des Anlegers im Fall einer Aufklärungspflichtverletzung
eine Kausalitätsvermutung, dass er bei entsprechender Aufklärung die Beteiligung
nicht eingegangen wäre. Da aus den vorgeschilderten Gründen hier die
erheblichsten Zweifel bestehen, dass die Höhe der der Beklagten für den Vertrieb
gezahlten Provision für die Anlageentscheidung eine Rolle gespielt hat, vielmehr
davon auszugehen ist, dass die Steuerersparnis für ihn im Vordergrund stand, und
er die Anlage auch bei Kenntnis dieses Punktes gezeichnet hätte, streitet die
Kausalitätsvermutung hier nicht zu seinen Gunsten. Dem steht insbesondere nicht
entgegen, dass der Kläger den Prospekt erst unmittelbar vor Zeichnung der
Beteiligung erhalten haben und nicht zur Kenntnis genommen und sich vor allem
auf die Einschätzung des Zeugen Z1 verlassen haben will.
Dafür, dass ihm der Prospekt nicht rechtzeitig vor der Anlageentscheidung
zugegangen sei, trägt der Kläger die Darlegungs- und Beweislast (vgl. BGH, Urt. v.
11.05.2006, III ZR 205/05, WM 2006, 1288 ff., zit. nach juris, Rn. 6 ff.; OLG
München, Urt. v. 02.06.2008, 17 U 5698/07, zit. nach juris, Rn. 51). Unstreitig hat
der Kläger den Prospekt bei der Anlageentscheidung in Händen gehabt. Dass es
ihm nicht möglich gewesen sein sollte, von dem Prospektinhalt Kenntnis zu
nehmen und sich damit eingehend zu befassen, hat der Kläger nicht substantiiert
vorgetragen. Insoweit hätte es konkreter Darlegungen dazu bedurft, warum die
Unterzeichnung der Beteiligung nicht bis zur Durchsicht des Prospekts hätte
aufgeschoben werden können.
Ein etwaiges Vertrauen des Klägers, die Beklagte erhalte keine Innenprovision,
wäre nicht schutzwürdig. Denn der Zeuge Z1 hatte dem Kläger ja gerade den
Prospekt vor Zeichnung der Anlage zu dem Zwecke übergeben, sich über nicht
ausdrücklich angesprochene Fragen kundig zu machen. Zudem musste der Kläger
auch deshalb mit einer Rückvergütung der Beklagten rechnen, weil er in einem
Vermögensanlage-Bogen auf mögliche, der Beklagten zufließende,
Vertriebsprovisionen und Interessenkonflikte der Beklagten hingewiesen worden
ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur
vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision lagen nicht vor,
weil der Senat nicht abschließend über die umstrittene Frage entschieden hat, ob
es Anlageberatern zum Vorwurf gereicht, vor Veröffentlichung des BGH-
Beschlusses vom 20.01.2009 nicht ausdrücklich über Rückvergütungen aufgeklärt
zu haben.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.