Urteil des OLG Frankfurt vom 14.03.2017

OLG Frankfurt: bad, verkündung, meinung, gesetzesänderung, verschulden, widerklage, quelle, zivilprozessrecht, revisionsfrist, rechtsmittelfrist

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Gericht:
OLG Frankfurt
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
3 UF 49/78
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 705 ZPO, § 547 ZPO vom
08.07.1975, Art 12 Nr 7
Buchst d EheRG 1, § 621 Abs 1
ZPO vom 14.06.1976, § 628
Abs 1 S 1 ZPO vom
14.06.1976
Orientierungssatz
1. Eheurteile der OLG werden, sofern nicht die Revision zugelassen oder die Berufung
als unzulässig verworfen worden ist, mit der Verkündung rechtskräftig.
2. Ist das Ehe-Urteil des OLG im Juni 1977 verkündet wor-den, kam ein Quasi-Verbund
nicht mehr in Frage.
Tenor
Die Beschwerde wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen.
Beschwerdewert: 1.000,-- DM.
Die weitere Beschwerde wird zugelassen.
Gründe
Das Landgericht Wiesbaden hat die Ehe der Parteien am 8. September 1976
(Aktenzeichen: 6 R 44/76) auf Klage und Widerklage geschieden und ein
überwiegendes Verschulden des Mannes festgestellt. Seine Berufung ist mit am 1.
Juni 1977 verkündetem Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main
(Aktenzeichen: 7 U 207/76) zurückgewiesen worden. Die Revision hat der Senat
dabei nicht zugelassen. Dieses Urteil ist der Antragstellerin nicht vor dem 12. Juli
1977 zugestellt worden.
Am 13. Juli 1977 hat die Antragstellerin bei dem Familiengericht in Bad Schwalbach
die Durchführung des Versorgungsausgleichs für die Ehezeit der am … 1954
geschlossenen Ehe der Parteien beantragt. Das Amtsgericht Bad Schwalbach hat
mit am 28. Dezember 1977 verkündetem Urteil den Antrag auf
Versorgungsausgleich abgewiesen, weil die Ehe der Parteien nach dem vor dem 1.
Juli 1977 geltenden Recht rechtskräftig geschieden worden sei, ein
Versorgungsausgleich danach nicht vorgenommen werden könne. Auf die
Entscheidung wird im Übrigen wegen ihres weiteren Inhalts Bezug genommen (Bl.
71 - 74 d. A.).
Gegen die am 12. Januar 1978 zugestellte Entscheidung hat die Antragstellerin am
7. Februar 1978 „Berufung" eingelegt, die sie am 7. März 1978 als Beschwerde
klargestellt und begründet hat.
Die Antragstellerin ist der Ansicht, dass die Scheidungssache noch nach dem 1.
Juli 1977 bei dem Oberlandesgericht anhängig gewesen sei, weil das
Scheidungsurteil nicht mit der Verkündung, sondern erst nach Ablauf der
Revisionsfrist rechtskräftig geworden sei. Damit aber sei der Versorgungsausgleich
für die 21 Jahre Ehezeit vorzunehmen.
Die Antragstellerin beantragt,
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unter Aufhebung des angefochtenen Urteils den Rechtsstreit zur erneuten
Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Bad Schwalbach zur
Durchführung des Versorgungsausgleichs zurückzuverweisen
hilfsweise
unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Versorgungsausgleich
vorzunehmen.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Der Antragsgegner verteidigt das angefochtene Urteil. Wegen des Sach- und
Streitstandes im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf die zum
Versorgungsausgleich erteilte Auskunft der A vom 23. November 1977 (Bl. 59 - 61
d.A.) Bezug genommen.
Das Rechtsmittel ist als Beschwerde gemäß §§ 621 e Abs. 1, 516, 519 ZPO
zulässig, weil die angefochtene Entscheidung nach § 621 Abs. 1 Nr. 6 ZPO
ergangen ist.
Insbesondere ist die Beschwerde form- und fristgerecht eingelegt und begründet
worden. Die ursprünglich falsche Bezeichnung des Rechtsmittels schadet nichts.
In der Sache hat die Beschwerde jedoch keinen Erfolg. Der Senat tritt der
vordringenden Meinung bei, dass Urteile der Oberlandesgerichte in Ehesachen, in
denen die Revision nicht zugelassen ist, mit der Verkündung rechtskräftig werden,
sofern es sich nicht um ein Urteil handeln sollte, mit dem die Berufung als
unzulässig verworfen worden ist.
Zwar war es vor der Änderung des § 547 ZPO durch das Gesetz vom 8. Juli 1975
(BGBl. I Seite 1863) durchaus herrschende Meinung, dass Urteile der
Oberlandesgerichte in nicht vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn die
Revision nicht zugelassen ist, auch dann erst rechtskräftig werden, wenn entweder
das Revisionsgericht eine eingelegte Revision als unzulässig verworfen oder als
unbegründet zurückgewiesen hat oder wenn die Rechtsmittelfrist abgelaufen ist,
ohne dass Revision eingelegt wurde (vgl. BGHZ 4, 294 f.). Die Gesetzesänderung
hat der Lehre auch weitgehend noch keinen Anlass gegeben, von dieser Ansicht
abzuweichen (vgl. Stein - Jonas - Münzberg, ZPO, 19. Aufl., § 705 Anm. II 1;
Rosenberg - Schwab, ZPO, 12. Aufl., § 136 I 1 und § 151 II 1 a, b; Wieczorek, ZPO,
1977, § 705 Anm. B III b 2; Thomas - Putzo, ZPO, 1977, 9. Aufl., § 705 Anm. 3 a;
ferner Münzberg, NJW 1977 Seite 2058 ff.).
Diese Auffassung vermag der Senat aber für die Zeit nach der Gesetzesänderung
nicht zu teilen.
Urteile werden nur dann nicht rechtskräftig, wenn gegen sie ein Rechtsmittel
statthaft ist (§ 705 ZPO). Nur nach § 547 Abs. 2 ZPO a. F., die durch das Gesetz
vom 8. Juli 1975 abgeändert worden ist, bestand die Rechtslage, dass gegen
Scheidungsurteile der Oberlandesgerichte Revision mit der Begründung eingelegt
werden konnte, das Berufungsgericht habe zu Unrecht die Zulässigkeit der
Berufung bejaht. Nachdem aber auf Grund von § 547 ZPO n. F. die Revision nicht
mehr stattfindet, „insoweit es sich um die Unzulässigkeit der Berufung handelt“,
sondern nur noch, „soweit das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig
verworfen hat", ist eine Revision gegen Scheidungsurteile, abgesehen von den
Fällen ausdrücklicher Zulassung, nur noch bei entsprechender Fassung der
Entscheidung zulässig (vgl. OLG Frankfurt FamRZ 1977, 715; OLG Hamm FamRZ
78, 124; OLG Karlsruhe DJ 1976, 362 und FamRZ 78, 124; OLG Saarbrücken NJW
76, 1325; Baumbach - Hartmann, ZPO, 36. Aufl., § 705 Anm. 1 Cbcc; Schneider
DRiZ 1977, 114; anderer Ansicht OLG Celle NJW 1977, 204).
Danach ist der angefochtenen Entscheidung darin zu folgen, dass ein
Versorgungsausgleich weder nach Art. 12 Nr. 3 Abs. 3 noch nach Art. 12 Nr. 7 d
der Übergangs- und Schlussbestimmungen des 1. Eherechtsgesetzes in Betracht
kommt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, da der Rechtsstreit als
Folgesache im Quasiverbund (Art. 12 Nr. 7 d 1. EheRG) geführt ist.
Da die zur Entscheidung stehende Rechtsfrage nach wie vor umstritten ist,
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grundsätzliche Bedeutung hat und der Senat in Abweichung von BGHZ 4, 294
entschieden hat, ist die weitere Beschwerde zugelassen worden (§§ 621 e Abs. 2,
546 Abs. 1 Satz 2 ZPO).
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.