Urteil des OLG Frankfurt vom 21.04.2011

OLG Frankfurt: prozessvoraussetzung, unterschlagung, schlichtungsverfahren, diebstahl, vollstreckbarkeit, korrespondenz, anmerkung, quelle, dokumentation, schmerzensgeld

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Gericht:
OLG Frankfurt 3.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
3 U 256/09
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 1 Nr 3 SchlichtG HE 2001, §
2 SchlichtG HE 2001
Prüfung Prozessvoraussetzungen in der Berufung
Leitsatz
Auch im Berufungsverfahren ist die Durchführung einer Schlichtungsverfahrens als
Prozessvoraussetzung zu prüfen (entgegen LG Marburg - 5 S 81/04 - vom 13.04.2005).
Anmerkung
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Hanau -4.
Zivilkammer- vom 30.09.2009 (4 O 285/09) abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird als unzulässig abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten beider Instanzen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Unterlassung ihr verletzende Behauptung und
Zahlung eines Schmerzensgeldes in Anspruch. Sie war die Lebensgefährtin des
am ….2008 verstorbenen A. Die Beklagte ist dessen geschiedene Ehefrau.
Gesetzliche Erbin des Verstorbenen ist seine Tochter B. Anlass des Streits ist ein
Vorfall vom ….2008 aus dem sich nachfolgend eine Korrespondenz entwickelte, in
welcher die von der Klägerin beanstandeten Äußerungen gemacht wurden. Auf die
diesbezüglichen Schreiben des Beklagtenvertreters vom 23.01. und 04.02.2009
(Bl. 14 f. und 21 f. d. A.) wird verwiesen.
Gegenstand der Klage ist die Unterlassung der in diesen Schreiben aufgestellten
Behauptung, die Klägerin habe einen versuchten Diebstahl bzw. eine versuchte
Unterschlagung begangen und sei über das Vermögen des Verstorbenen
hergefallen, als dieser noch nicht einmal kalt gewesen sei. Die Klägerin begehrt
ferner ein Schmerzensgeld wegen Eheverletzung.
Das Landgericht, auf dessen Urteil zur Darstellung des weiteren Sach- und
Streitstandes in vollem Umfang Bezug genommen wird, hat dem
Unterlassungsbegehren vollständig und dem Schmerzensgeldbegehren zum Teil
entsprochen, weil die Beklagte nicht erweislich wahre Tatsachen behauptet habe,
indem sie die Klägerin des versuchten Diebstahls bzw. der versuchten
Unterschlagung bezichtigt habe und sie als raffgierige, emotional unberührte
Person hingestellt habe. Auf die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils
wird im Übrigen Bezug genommen.
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Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, die ihr Abweisungsbegehren
weiterverfolgt, soweit sie verurteilt wurde. Sie macht geltend, das Landgericht
habe die Tatsachen weder richtig noch vollständig festgestellt, gebotene
Beweiserhebungen nicht durchgeführt und eine Beweiswürdigung zu Lasten der
Beklagten betrieben. Ferner sei vor Klageerhebung das vorgeschriebene
Schlichtungsverfahren nicht durchgeführt worden.
Die Klägerin verteidigt die angegriffene Entscheidung.
Die Berufung der Beklagten ist statthaft und zulässig, sie ist form- und fristgerecht
eingelegt und begründet worden. Die Berufung hat auch in der Sache Erfolg und
führt zur Abweisung der Klage als unzulässig.
Denn gemäß §§ 1 Ziff. 3, 2 des Hessischen Schlichtungsgesetzes in der ab
01.12.2005 geltenden Fassung war im vorliegenden Fall vor Klageerhebung ein
Schlichtungsverfahren durchzuführen. Die Nichtdurchführung dieses Verfahrens
führt zur Unzulässigkeit der Klage, denn es handelt sich dabei um eine von Amts
wegen zu beachtende unverzichtbare besondere Prozessvoraussetzung (Zöller-
Hessler, ZPO 28. Auflage, § 15 a EGZPO, Randziffer 24; BGH Z 161,145). Auch das
Berufungsgericht hat dies zu beachten. Die Einhaltung eines solchen
unverzichtbaren Postulats muss der Kontrolle des Rechtsmittelgerichts unterliegen
können. Der Auffassung des Landgerichts Marburg in der von dem Klägervertreter
vorgelegten Entscheidung, wonach dies im Hinblick auf den Rechtsgedanken der
§§ 513 Abs. 2, 545 Abs. 2 ZPO nicht mehr zu überprüfen sei, wird aus diesem
Grunde nicht gefolgt (so auch OLG Saarbrücken NJW 2007,1292).
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über
die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils aus §§ 708 Ziff. 10, 713 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen ihrer Zulassung (§
543 Abs. 2 ZPO) nicht gegeben sind.
Eine Divergenz, die die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert,
liegt nur vor, wenn die anzufechtende Entscheidung ein und dieselbe Rechtsfrage
anders beantwortet als die Vergleichsentscheidung eines höher oder
gleichrangigen Gerichts (BGH NJW 2003,1943). Das ist hier nicht der Fall.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.