Urteil des OLG Frankfurt vom 02.11.2006

OLG Frankfurt: squeeze out, börsenkurs, beachtliche gründe, vertreter, vergütung, abfindung, entschädigung, verkehrswert, aktiengesellschaft, aktionär

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Gericht:
OLG Frankfurt 20.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
20 W 233/93
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 304 AktG vom 06.09.1965,
§§ 304ff AktG vom 06.09.1965,
§ 327a AktG
(Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrag einer
Aktiengesellschaft: Bemessung des angemessenen
Ausgleichs für außenstehende Aktionäre)
Leitsatz
Zur Festsetzung eines angemessenen Ausgleichs bzw. einer Abfindung für die
außenstehenden Aktionäre nach §§ 304 ff. AktG
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird dahingehend abgeändert, dass aufgrund des
Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrags vom 23.10.1985 die
angemessene Abfindung auf 85,58 € (= 167,38 DM) und der angemessene
Ausgleich auf jährlich 5,45 € (= 10,65 DM)je Aktie im Nennwert von 50 DM
bestimmt wird.
Die gesamten gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des
Beschwerdeverfahrens einschließlich der Vergütung der Vertreter der
außenstehenden Aktionäre mit Ausnahme derjenigen des Antragstellers zu 3)
haben die Antragsgegnerinnen zu tragen.
Die Vergütung des Vertreter der außenstehenden Aktionäre für den Aus-gleich
wird auf 4.000 € und die für den Vertreter der außenstehenden Aktionäre für die
Abfindung wird auf 5.000 € jeweils zuzüglich 16 % Mehr-wertsteuer festgesetzt.
Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 200.000 € fest-gesetzt;
der Wert für die Berechnung der außergerichtlichen Kosten der Antragsteller ist
davon unberührt.
Gründe
Am 23.10.1985 schlossen die Antragsgegnerin zu 6), zum damaligen Zeitpunkt
eine Aktiengesellschaft mit einem Grundkapital von 5 Millionen DM, eingeteilt in
100.000 Aktien zum Nennwert von jeweils 50 DM, und die Antragsgegnerin zu 7)
als deren Mehrheitsaktionärin (95 %) einen Beherrschungs- und
Ergebnisabführungsvertrag mit Wirkung zum 01.01.1986, um dessen
Kompensation es hinsichtlich der außenstehenden Aktionäre vorliegend geht. Die
Zustimmung der Hauptversammlung der Antragsgegnerin zu 6) zu diesem
Vertrag erfolgte am 06.12.1985, die Eintragung in das Handelsregister am
18.12.1985. Die Antragsgegnerin zu 7) verpflichtete sich gegenüber den
außenstehenden Aktionären zu einer jährlichen Bardividende in Höhe von 3,50 DM
bzw. auf Verlangen zu einer Barabfindung in Höhe von 55 DM je Aktie im Nennwert
von 50 DM.
Das Landgericht hat die Anträge u. a. der jetzigen Antragsteller zu 1) und 2) auf
gerichtliche Bestimmung des vertraglich geschuldeten Ausgleichs und der
vertraglich geschuldeten Abfindung nach Einholung eines
Sachverständigengutachtens und nach mündlicher Verhandlung durch Beschluss
vom 19. Mai 1993 (Bl. 393 ff d. a.) zurückgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird
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vom 19. Mai 1993 (Bl. 393 ff d. a.) zurückgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird
auf den landgerichtlichen Beschluss verwiesen.
Gegen die landgerichtliche Entscheidung wenden sich die Antragsteller zu 1) und
2) mit ihren sofortigen Beschwerden. Sie halten das Sachverständigengutachten
für unzutreffend und verweisen auf die höheren Börsenkurse.
Die Antragsgegnerinnen verteidigen den angefochtenen Beschluss.
Die sofortigen Beschwerden sind zulässig und haben in dem aus der
Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg.
Das Gesetz gibt den außenstehenden Aktionären bei Gewinnabführungs- und
Beherrschungsverträgen, wie dem hier vorliegenden, einen Anspruch auf einen
angemessenen Ausgleich als Kompensation für die Verluste, die durch den
Unternehmensvertrag eintreten (§ 304 AktG). Der Aktionär kann aber auch gegen
eine angemessene Barabfindung ausscheiden (§ 305 AktG). Die Angemessenheit
der angebotenen Regelungen ist im Spruch(stellen)verfahren überprüfbar. Da der
Antrag auf gerichtliche Entscheidung vor dem 01.09.2003 gestellt worden und
auch die Beschwerde vor diesem Zeitpunkt eingelegt worden ist, ist das
Spruchverfahrensgesetz hier nicht maßgeblich. Es sind vielmehr weiter die bis zum
01.09.2003 geltenden Vorschriften des Aktiengesetzes anzuwenden (§ 17 II
SpruchG)
Die Antragsberechtigung der Antragsteller zu 1) und 2) ist nicht dadurch
weggefallen, dass die Antragsteller durch Beschluss der Hauptversammlung der
Antragsgegnerin zu 6) vom 16.05.2002 gem. § 327 a AktG als Aktionäre
ausgeschlossen worden sind. Die Antragsteller zu 1) und 2) und die sonstigen
außenstehenden Aktionäre haben dadurch ihre wegen des Beherrschungs- und
Ergebnisabführungsvertrags vom 23.10.1985 erworbenen Rechte nach §§ 304, 305
AktG nicht verloren, weswegen ihnen auch weiter Rechtsschutz hinsichtlich der
Angemessenheit des Ausgleichs bzw. der Entschädigung zu gewähren ist (vgl.
auch BVerfG, AG 1999, 217 ff; BGH DB 2006, 1547 ff m. w. N.). Ihren Aktienbesitz
haben sie nachgewiesen.
Die vom Gesetz vorgeschriebene angemessene Barabfindung muss die
Verhältnisse der beherrschten Gesellschaft im Zeitpunkt der Beschlussfassung
ihrer Hauptversammlung über den Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrag
berücksichtigen. Sie ist nur dann angemessen, wenn dem außenstehenden
Aktionär eine volle Entschädigung gewährt wird. Diese darf nicht unter dem
Verkehrswert zum Stichtag liegen. Das Bundesverfassungsgericht hat dazu in
einer am 27.04.1999, also nach dem landgerichtlichen Beschluss ergangenen
Entscheidung festgestellt, dass der Unternehmenswert bei börsennotierten
Unternehmen nicht ohne Rücksicht auf den Börsenkurs festgesetzt werden darf
(BVerfGE 100, 289 ff). Das Bundesverfassungsgericht hat dabei ausgeführt, das
Gebot, bei der Festsetzung der angemessenen Entschädigung den Börsenkurs zu
berücksichtigen, bedeute nicht, dass er stets allein maßgeblich sein müsse. Eine
Überschreitung sei verfassungsrechtlich unbedenklich. Es könne aber auch
verfassungsrechtlich beachtliche Gründe geben, ihn zu unterschreiten. Da Art. 14 I
GG keine Entschädigung zum Börsenkurs sondern zum „wahren“ Wert,
mindestens aber zum Verkehrswert verlange, komme eine Unterschreitung dann
in Betracht, wenn der Börsenkurs ausnahmsweise nicht den Verkehrswert der
Aktie widerspiegele, etwa weil längere Zeit praktisch überhaupt kein Handel mit
den Aktien der Gesellschaft stattgefunden habe, aufgrund der Marktenge der
einzelne außenstehende Aktionär nicht in der Lage sei, seine Aktien zum
Börsenpreis zu veräußern oder der Börsenpreis manipuliert worden sei.
Der Bundesgerichtshof hat in der der Entscheidung des BVerfG vom 27.04.1999
nachfolgenden Entscheidung (DAT/ Altana, BGHZ 147, 108 ff) als maßgeblichen
Referenzzeitraum, in dem der Börsenkurs zu bestimmen ist, die letzten drei
Monate vor dem Stichtag angesehen. Außergewöhnliche Tagesausschläge oder
kurzfristige sich nicht verfestigende sprunghafte Entwicklungen seien dabei
auszuschließen.
Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerinnen ist vorliegend der Börsenkurs nicht
unbeachtlich. Zwar waren zum Stichtag nur noch 5,7 % der Aktien im freien
Handel verfügbar. Im Referenzzeitraum fand indessen nach den Angaben der
Antragsgegnerinnen an 18 Tagen ein Handel mit Aktien statt. Es wurden
insgesamt nach Angaben der Antragsgegnerinnen 274 Aktien umgesetzt. Nach
dem von ihnen vorgelegten Auszug aus der Datenbank der X AG, erstellt vom
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dem von ihnen vorgelegten Auszug aus der Datenbank der X AG, erstellt vom
Institut Y der Universität O2 (TH) geschah dies zu Kursen zwischen zunächst bis zu
200 DM und später teilweise fallend auf bis zu 170 DM. Die Antragsgegnerinnen
haben dazu weiter ausgeführt, dass der Kurs am Tage nach der Beschlussfassung
rapide gefallen und am 30.12.1985 wieder bei 150 DM angelangt gewesen sei.
Die Antragstellerin zu 2) bringt unwidersprochen vor, dass es sehr wohl Nachfrage
gegeben habe, die aber nur deshalb nicht zu Umsätzen geführt habe, weil in jenen
Tagen keine außenstehenden Aktionäre bereit gewesen seien, zu den in Rede
stehenden Kursen zu verkaufen. Die Aktionäre hätten verkaufen können, wenn sie
nur gewollt hätten. Im übrigen seien die Aktien an der Börse vor und nach dem
Stichtag zu Preisen von 150,00 DM und darüber gehandelt worden. Außerdem
habe die Mehrheitsaktionärin kurz vor Abschluss des hier in Rede stehenden
Unternehmensvertrages auf der Grundlage der Börsenbewertung die
Kapitalmehrheit außerbörslich von der früheren Mehrheitsaktionärin gekauft. Nach
Ansicht der Antragstellerin zu 2) war dies kein Paketkauf, bei dem Paketzuschläge
denkbar sind, sondern ein Unternehmenskauf, bei dem es ebenfalls auf den
wirklichen Unternehmenswert angekommen ist. Bei diesem Vorbringen hätten die
Antragsgegnerinnen nachvollziehbar darlegen müssen, dass die
Minderheitsaktionäre ihre Aktien im Referenzzeitraum nicht zu den aufgezeigten
Kursen hätten verkaufen können. Dies ist jedoch nicht geschehen.
Der Senat legt seiner Entscheidung den vom Antragsteller zu 1) für den
Referenzzeitraum als Durchschnittswert insoweit unwidersprochen genannten Kurs
von 167,38 DM zu Grunde. Es gibt keine nachprüfbaren und nachvollziehbaren
Anhaltspunkte dafür, dass dieser Wert zu hoch oder zu niedrig ist. Nach dem von
den Antragsgegnerinnen vorgelegten Auszug über die Geldkurse errechnet sich
zwar ein höherer Durchschnittswert. Darauf haben aber weder die wirtschaftlich
sehr erfahrenen Antragsteller zu 1) und 2) noch die Vertreter der außenstehenden
Aktionäre abgestellt. Der Senat wertet dies als Zeichen, dass es infolge
besonderer Umstände, die in diesem Verfahren aber nicht deutlich gemacht
wurden, zu für den wirklichen Wert nicht signifikanten Spitzen gekommen ist. Der
Senat geht deshalb davon aus, dass die Antragsteller dies stillschweigend
akzeptiert und ihr Tatsachenvorbringen danach ausgerichtet, d.h. gewisse
Ausschläge abgezogen haben. Dies vollzieht der Senat nach (§ 287 ZPO).
Für eine weitere Korrektur des Börsenwerts nach unten fehlen hinreichende
Anhaltspunkte. Sie ist insbesondere nicht deswegen geboten, weil für das
Squeeze-out im Jahr 2002 nur eine Entschädigung von 50 € je Aktie festgesetzt
worden ist. Aus diesem Wert lässt sich schon angesichts des langen Zeitablaufs
nichts für den hier maßgeblichen Unternehmenswert ableiten. Dass der
Durchschnittskurs ein Ergebnis von Manipulationen sein könnte, kann nicht
angenommen werden. In dieser Richtung gibt es keine Anhaltspunkte. Zwar
scheint es möglich, dass die Antragsgegnerin zu 7) während der Referenzperiode
Aktien zu einem teureren Preis gekauft hat, um ihre Bestände aufzustocken. Ob
und in welchem Umfang dies etwa erfolgt sein könnte, haben die Beteiligten aber
nicht thematisiert. Dass Minderheitsaktionäre den Börsenkurs angetrieben haben
könnten, ist nicht wahrscheinlich, da der Börsenkurs im Jahr 1985 durchweg nicht
als tauglich für die Bemessung von Ausgleich und Barabfindung angesehen wurde
(vgl. Großfeld, Börsenkurs und Unternehmenswert, BB 2000, 261 ff). Nach alledem
kommt es vorliegend auch nicht darauf an, ob im allgemeinen für den Börsenkurs
auf den gewichteten Durchschnittskurs (so OLG München, ZIP 2000, 1722; OLG
Frankfurt am Main, AG 2003, 581 ff) abzustellen ist oder auf den ungewichteten
(so OLG Düsseldorf, AG 2003, 329 ff).
Die Einholung eines neuen Gutachtens oder die Befragung der früheren
Gutachtenersteller ist nicht angezeigt. Die vorliegenden Gutachten können für die
Feststellung des Unternehmenswerts nicht maßgeblich sein, weil sie den
Unternehmenswert weit unterhalb des Börsenwerts angesetzt haben. Die im
Vorfeld eingeschaltete Wirtschaftsprüfergesellschaft hat im Gutachten vom
17.10.1985 eine Barabfindung in Höhe von 44,00 DM und eine jährliche
Ausgleichszahlung von 2,11 DM jeweils pro Aktie im Nennbetrag von 50 DM für
angemessen erachtet . Die vom Landgericht beauftragten Sachverständigen
haben diese Einschätzung mit Gutachten vom 16.04.1992 bestätigt. Sie haben
darauf hingewiesen, dass sie keine eigenständige Unternehmensbewertung
sondern nur eine Plausibilitätsuntersuchung durchgeführt haben. Es kann nicht
angenommen werden, dass sich durch ein neues Gutachten ein höherer
Unternehmenswert als der aus dem Börsenwert abgeleitete Verkehrswert ergeben
würde. Es sind im gesamten Verfahren keine Anhaltspunkte ersichtlich geworden,
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würde. Es sind im gesamten Verfahren keine Anhaltspunkte ersichtlich geworden,
dass diese Gutachten, insbesondere die Erfolgsprognosen und die Zuordnung von
Synergieeffekten in solch einem Umfang falsch gewesen sein könnten, dass bei
einer neuen Begutachtung der mittels anerkannter sonstiger
Bewertungsmethoden ermittelte Unternehmenswert zum Stichtag noch über dem
Börsenwert liegen könnte. Demzufolge kommt es nicht mehr darauf an, welche
Prognosen der Gutachter im einzelnen angreifbar waren, insbesondere ob die
Zukunftsprognosen auch vom Erkenntnisstand des Stichtags aus gesehen zu
düster ausgefallen waren.
Einer ausdrücklichen Festsetzung des Zinsanspruchs bedarf es nicht, da sich
dessen genauer Umfang aus dem Gesetz ergibt (§ 305 III S. 3 AktG; OLG
Hamburg, AG 2002, 89). Dies gilt auch, wenn diese Vorschrift im Zeitpunkt der
Eintragung des Unternehmensvertrags in das Handelsregister noch nicht galt.
Entscheidend ist, dass das Spruchstellenverfahren nach Inkrafttreten der
Neufassung noch anhängig war (OLG Frankfurt am Main, AG 2003, 581;
MüKommAktG (2000), § 305 Rn 93).
Neben der Erhöhung der Barabfindung war auch der Anspruch auf die jährliche
Ausgleichszahlung (§ 304 Abs. 1 S. 1 AktG) für die Dauer des Beherrschungs- und
Ergebnisabführungsvertrags zu erhöhen. Der Senat hat eine im Vergleich zur
Anhebung der Barabfindung verhältnismäßige Anhebung von 3,50 DM auf 10, 65
DM = 5,45 € für angemessen gehalten (§ 287 ZPO).
Die Entscheidung über die gerichtlichen und die außergerichtlichen Kosten des
Beschwerdeverfahrens beruht auf §§ 306 VII S. 7 AktG, 13 a I S. 1 FGG. Da die
Beschwerde Erfolg hat, entspricht es nicht der Billigkeit die Kosten anderen
Beteiligten als den Antragsgegnerinnen aufzuerlegen. Eine Ausnahme macht hier
nur der Antragsteller zu 3), der sich nicht mit eigenen Anträgen an dem
Beschwerdeverfahren beteiligt hat.
Der Geschäftswert ist von Amts wegen nach § 30 I KostO zu bestimmen (§ 306 VII
S. 5 und 6 AktG a.F.). Die gerichtliche Praxis übt das von ihr vom Gesetz
eingeräumte freie Ermessen dahin aus, dass sie auf die Differenz zwischen der
vertraglich angebotenen und der gerichtlich festgesetzten angemessenen
Leistung je Aktie, vervielfacht mit der Gesamtzahl der Aktien der außenstehenden
Aktionäre abstellt. Dabei kommt es darauf an, wie viele Aktien sich im Zeitpunkt
der Entscheidung noch in den Händen abfindungsberechtigter außenstehender
Aktionäre befinden (BGH AG 2002, 559). Dieser rechnerisch ermittelte Wert dient
aber lediglich als Ausgangspunkt und Maßstab für die Festsetzung, bei der im
übrigen sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind (vgl. BayObLG,
AG 2001, 592 ff). Vorliegend ist zu berücksichtigen, dass sich infolge des Squeeze-
out praktisch keine Aktien mehr in den Händen außenstehender Aktionäre
befinden dürften. Im Jahr 2003 teilte die Antragsgegnerin die Anzahl der durch die
Entscheidung betroffenen Aktien außenstehender Aktionäre mit 637 mit, während
es zur Zeit der landgerichtlichen Entscheidung noch weit mehr als 5.000 gewesen
seien. Ein an 637 Aktien außenstehender Aktionäre oder weniger anknüpfender
Geschäftswert würde der wirtschaftlichen Bedeutung des Spruchverfahrens
insgesamt nicht gerecht. Der Senat hält es deshalb hier für angemessen, sich an
das gesetzgeberische Ermessen im Spruchverfahrensgesetz (§ 15 I SpruchG)
anzulehnen und von einem Mindestwert von 200.000,00 € auszugehen (vgl. auch
OLG München, ZIP 2006, 1722 ff). Dieser Wert unterschreitet die landgerichtliche
Wertfestsetzung, so dass die tatsächliche Entwicklung nicht außer Acht bleibt.
Die gemeinsamen Vertreter der außenstehenden Aktionäre für Abfindung und
Ausgleich haben gegenüber den Antragsgegnerinnen Anspruch auf den Ersatz
ihrer baren Auslagen und eine angemessene Vergütung für ihre Tätigkeit (§§ 306
VII a.F. AktG, 13 a I FGG). Entscheidend für die Höhe der Vergütung des jeweiligen
gemeinsamen Vertreters sind der Umfang seiner Verantwortung, die von ihm
geleistete Arbeit und deren Schwierigkeit, die Dauer des Verfahrens sowie die
Verwendung besonderer Kenntnisse und Erfahrungen. Dabei ist von der
Gesamtleistung, die der gemeinsame Vertreter erbracht hat, auszugehen
einschließlich ihrer wirtschaftlichen Bedeutung für die nicht antragstellenden
außenstehenden Aktionäre (OLG Frankfurt am Main, AG 2003, 581; BayObLG, AG
2001, 592 ff). Den von beiden Vertretern der außenstehenden Aktionäre
vorgebrachten Vergütungsvorstellungen konnte nach diesen Maßstäben nicht
entsprochen werden. Es erscheint vielmehr vorliegend im Hinblick auf die
Reduzierung des Kreises der Betroffenen angemessen, die Vergütung des
jeweiligen Vertreters der außenstehenden Aktionäre für das zweitinstanzliche
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jeweiligen Vertreters der außenstehenden Aktionäre für das zweitinstanzliche
Verfahren gegenüber der unangefochten gebliebenen landgerichtlichen
Wertfestsetzung maßvoll herabzusetzen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass
sich die Bedeutung der Aufgaben des Vertreters für den Ausgleich weiter durch
das zwischenzeitliche Squeeze-out reduziert hat und er in dem
Beschwerdeverfahren einen geringeren Aufwand hatte als der Vertreter der
außenstehenden Aktionäre für die Abfindung. Die Vergütung trägt auch dem
Umstand Rechnung, dass das Beschwerdeverfahren zwar sehr lange gedauert hat,
andererseits aber ein großer Verfahrensaufwand nicht angefallen ist.
Die Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren ist hier nicht für die Antragsteller
maßgeblich, weil sich der Gegenstand der gerichtlichen Tätigkeit nicht mit dem der
anwaltlichen Tätigkeit deckt. In diesem Fall setzt das Gericht des jeweiligen
Rechtszuges den Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit auf Antrag
durch Beschluss selbständig fest (§§ 10 I und 2 BRAGO, 60 RVG; BayObLG, AG
2004, 389). Ein solcher Antrag liegt bislang nicht vor.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.