Urteil des OLG Frankfurt vom 10.12.2002

OLG Frankfurt: grundbuch, subjektives recht, beschwerdebefugnis, stimmrecht, vollzug, erbengemeinschaft, ermächtigung, antragsrecht, eigentumswohnung, erwerb

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Gericht:
OLG Frankfurt 20.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
20 W 531/00
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Norm:
§ 8 WoEigG
(Wohnungseigentum: Rechtsgeschäftlicher Ersterwerb von
einer teilenden Erbengemeinschaft)
Leitsatz
1. Dem Erwerber einer Eigentumswohnung steht vor der Umschreibung im
Wohnungsgrundbuch ein eigenes Stimmrecht in der Eigentümerversammlung einer
vollständig rechtlich in Vollzug gesetzten Wohnungseigentümergemeinschaft nicht zu.
2. In diesem Fall fehlt es dem Erwerber auch an der Antragsbefugnis im Sinne des § 43
Abs. 1 WEG und der Beschwerdebefugnis gegen eine gerichtliche Entscheidung, durch
die ein Wohnungseigentümerbeschluss für ungültig erklärt wird.
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die
Erstbeschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluss des Amtsgerichts
Königstein vom 7.1.2000 als unzulässig verworfen wird.
Die Antragsgegner haben die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren
Beschwerde zu tragen.
Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Wert des Verfahrens der weiteren Beschwerde: 47.237,13 Euro.
Gründe
Durch Beschluss vom 7.1.2000 hat das Amtsgericht auf Antrag der Antragstellerin
die in der Wohnungseigentümerversammlung vom 6.7.1999 zu TOP 7 bis 10 und
12 gefassten Beschlüsse für unwirksam erklärt. Hiergegen haben die
Antragsgegner sofortige Beschwerde eingelegt, mit der sie die Zurückweisung der
Anfechtungsanträge begehrt haben. Hilfsweise haben sie im Beschwerdeverfahren
zuletzt noch beantragt, festzustellen, dass sämtliche anlässlich der
Zusammenkunft der werdenden Wohnungseigentümer am 6.7.1999 gefassten
Beschlüsse unwirksam seien. Durch den angefochtenen Beschluss, auf den
verwiesen wird, hat das Landgericht die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.
Hiergegen haben die Antragsgegner sofortige weitere Beschwerde eingelegt, mit
der sie ihre zuletzt gestellten Anträge weiter verfolgen. Höchst hilfsweise haben sie
beantragt, die Anfechtungsanträge der Antragstellerin als unzulässig
zurückzuweisen. Die Antragstellerin ist der sofortigen weiteren Beschwerde
entgegengetreten.
Die sofortige weitere Beschwerde ist gemäß § 45 Abs. 1 WEG statthaft und auch
form- und fristgerecht eingelegt worden. Der Verfahrensbevollmächtigte der
Antragsgegner ist zu deren Einlegung von ihnen auch wirksam bevollmächtigt
worden. Dies wird durch die auf Rüge der Antragstellerin und Auflage des Senats
vorgelegten Originalvollmachten belegt. Nach deren Vorlage sind konkrete
Einwendungen der Antragstellerin hierzu nicht mehr erhoben worden.
Die Zulässigkeit der weiteren Beschwerde wird für den vorliegenden Fall auch nicht
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Die Zulässigkeit der weiteren Beschwerde wird für den vorliegenden Fall auch nicht
dadurch in Frage gestellt, dass - wie noch auszuführen sein wird - die
Erstbeschwerde der Antragsgegner mangels Beschwerdebefugnis unzulässig ist.
Die Beschwerdeberechtigung der Antragsgegner für die weitere Beschwerde folgt
schon daraus, dass ihre Erstbeschwerde zurückgewiesen worden ist. Nach einem
allgemeinen Grundsatz steht dem Beschwerdeführer, wenn das
Beschwerdegericht seine Beschwerde nach sachlicher Prüfung als unbegründet
zurückgewiesen hat, obwohl sie als unzulässig hätte verworfen werden müssen, die
weitere Beschwerde zu (zur Beschwerdebefugnis: BayObLG Rpfl 1992, 23; OLG
Zweibrücken OLGZ 1981, 396, 397; OLG Thüringen FamRZ 1998, 705, 706; OLG
Köln FamRZ 1972, 218; allgemein: Bärmann/Pick/Merle, WEG, 8. Aufl., § 45 Rdnr.
75; Keidel/Kuntze/Kahl, FGG, 14. Aufl., § 27 Rdnr. 10; Jansen, FGG, 2. Aufl., § 27
Rdnr. 8; jeweils mit weiteren Nachweisen). Ob die sofortige weitere Beschwerde aus
diesen rechtlichen Überlegungen heraus mangels Rechtsschutzbedürfnisses
bereits unzulässig sein könnte, wie es das Bayerische Oberste Landesgericht für
eine ähnliche Sachverhaltskonstellation angenommen hat (vgl. ZMR 2002, 138),
kann vorliegend im Ergebnis offen bleiben, da die sofortige weitere Beschwerde
aus den inhaltlich gleichen Erwägungen heraus – mangels Beschwerdebefugnis -
jedenfalls unbegründet ist.
Die sofortige weitere Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die Entscheidung
des Landgerichts ist lediglich dahingehend abzuändern, dass die Erstbeschwerde
gegen den Beschluss des Amtsgerichts Königstein vom 7.1.2000 als unzulässig zu
verwerfen ist. Ansonsten beruht sie nicht auf einer Verletzung des Rechts, §§ 43
Abs. 1 WEG, 27 FGG, 561 ZPO.
Die Erstbeschwerde der Antragsgegner gegen den amtsgerichtlichen Beschluss ist
unzulässig; es fehlt an der Beschwerdebefugnis der Antragsgegner. Denn diese
sind durch die angegriffene Entscheidung des Amtsgerichts nicht in eigenen
Rechten betroffen. Dazu ist gemäß den §§ 43 Abs. 1 WEG, 20 Abs. 1 FGG
erforderlich, dass der Beschwerdeführer nach seinem Vorbringen in einem Recht
wirklich betroffen ist (vgl. BayObLG ZMR 2002, 138, unter Hinweis auf Senat OLGZ
1982, 420; Bärmann/Pick/Merle, a.a.O., § 45 Rdnr. 14). Notwendig, aber auch
genügend ist, dass die angefochtene Entscheidung die Rechtsstellung des
Beschwerdeführers aufhebt, beschränkt oder mindert oder daß ihm eine
Verbesserung seiner Rechtsstellung vorenthalten wird (BayObLG ZMR 2002, 138;
WE 1988, 106; Keidel/Kuntze/Kahl, a.a.O., § 20 Rn. 12 m.w.N.). Diese materielle
Beschwer setzt also voraus, dass das betroffene Recht ein subjektives Recht des
Beschwerdeführers, nicht jedoch eines Dritten ist. Allerdings genügt auch eine
eigene rechtlich gesicherte Anwartschaft. Die Berührung bloß rechtlicher,
wirtschaftlicher, ideeller oder sonstiger Interessen genügt nicht (BayObLG ZMR
2002, 138).
Ausgehend davon ist die Beschwerde der Antragsgegner gegen den den
Anfechtungsanträgen der Antragstellerin stattgebenden Beschluss des
Amtsgerichts mangels Beschwerdebefugnis unzulässig, so dass die sofortige
Beschwerde als unzulässig zu verwerfen war, was auf die sofortige weitere
Beschwerde durch das Rechtsbeschwerdegericht im Tenor auszusprechen war (vgl.
BayObLG Rpfl 1992, 23; OLG Zweibrücken OLGZ 1981, 396, 397). Die
Antragsgegner waren im Zeitpunkt der Antragstellung und während des gesamten
Beschwerdeverfahrens nicht im Grundbuch als Wohnungseigentümer eingetragen;
sie sind dies ausweislich des Vorbringens der weiteren Beschwerde immer noch
nicht. Dabei ist das Landgericht im Ergebnis zutreffend von der Rechtsprechung
des Bundesgerichtshofs (BGHZ 106, 113 ff = NJW 1989, 1087) ausgegangen,
wonach dem Erwerber einer Eigentumswohnung vor der Umschreibung im
Wohnungsgrundbuch ein eigenes Stimmrecht in der Eigentümerversammlung
einer vollständig rechtlich in Vollzug gesetzten Wohnungseigentümergemeinschaft
auch dann nicht zusteht, wenn sein Übereignungsanspruch durch eine
Vormerkung gesichert ist und Besitz, Nutzungen, Lasten und Gefahr auf ihn
übergegangen sind (vgl. auch Senat OLGZ 1992, 439). Dann steht dem Erwerber
einer Eigentumswohnung vor der Umschreibung im Wohnungsgrundbuch auch
kein eigenes Antragsrecht im Sinne des § 43 Abs. 1 WEG zu, was vorliegend
allerdings allenfalls für den von den Antragsgegnern gestellten (Hilfs-)Gegenantrag
von Bedeutung gewesen wäre. Die oben genannte Rechtsprechung ließe sich zur
Überzeugung des Senats jedenfalls im vorliegenden Fall auf das Antragsrecht des
§ 43 Abs. 1 WEG übertragen, denn es geht bei beiden um die gleiche Rechtsfrage,
nämlich darum, ob bereits dem werdenden Wohnungseigentümer Rechte
zustehen können, die nach dem Gesetz nur der im Grundbuch eingetragene
Wohnungseigentümer hat (Saarl. OLG FGPrax 1998, 97; vgl. auch Saarl. OLG NZM
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Wohnungseigentümer hat (Saarl. OLG FGPrax 1998, 97; vgl. auch Saarl. OLG NZM
2002, 610; BayObLG ZMR 2002, 138; Niedenführ/Schulze, WEG, 6. Aufl., § 43 Rdnr.
51a; Staudinger/Wenzel, BGB, Stand: Juni 1997, § 43 Rdnr. 6; Staudinger/Kreuzer,
a.a.O., § 10 WEG Rdnr. 12; Bärmann/Pick/Merle, a.a.O., § 43 Rdnr. 88). Steht den
Antragsgegnern mithin kein Stimm- und Antragsrecht zu, fehlt es den
Antragsgegnern bei Ungültigerklärung eines Eigentümerbeschlusses durch das
Amtsgericht in Wohnungseigentumsverfahren aber auch an einer
Beschwerdebefugnis, wenn ein Eigentümerbeschluss gerichtlich für ungültig erklärt
wird (vgl. BayObLG ZMR 2002, 138; Palandt/Bassenge, BGB, 62. Aufl., § 45 WEG
Rdnr. 3).
So liegt – wie bereits erwähnt - nach den verfahrensfehlerfrei getroffenen
Feststellungen des Landgerichts der Fall hier. Nach weitgehend einhelliger
Auffassung in Literatur und Rechtsprechung ist eine
Wohnungseigentümergemeinschaft rechtlich in Vollzug gesetzt, wenn die
Wohnungsgrundbücher angelegt und mindestens zwei Wohnungseigentümer
eingetragen sind (vgl. BayObLG WuM 1990, 617; OLG Hamm WuM 2000, 319;
Thüringer OLG WuM 2001, 504; Weitnauer/Lüke, WEG, 8 . Aufl., § 10 Anhang Rdnr.
9; jeweils mit weiteren Nachweisen; vgl. auch BayObLG ZMR 2002, 138;
Bärmann/Pick/Merle, a.a.O., Vor § 43 Rdnr. 6; Staudinger/Kreuzer, a.a.O., § 10 WEG
Rdnr. 8; Palandt/Bassenge, a.a.O., Überbl. v. § 1 Rdnr. 6). Dies war hier nach den
Feststellungen des Landgerichts im Januar 1998 der Fall; in diesem Zeitpunkt
wurden die Antragstellerin und die Beteiligten zu 6. und 7. als
Wohnungseigentümerinnen im Grundbuch eingetragen. Wie das Landgericht
ebenfalls verfahrensfehlerfrei festgestellt hat, haben die Antragsgegner die
Eigentumswohnungen ausweislich der notariellen Kaufverträge von den
Wohnungseigentümerinnen, mithin unter der rechtlichen Voraussetzung des
Wohnungseigentumserwerbs durch die Verkäuferinnen, erworben. Die
Antragsgegner konnten mithin auch nicht zeitlich vor deren Eintragung die
Stellung eines werdenden Wohnungseigentümers erwerben, abgesehen davon,
dass auch die Auflassungsvormerkungen erst danach bewilligt werden konnten
(vgl. die §§ 3 der notariellen Erwerbsverträge).
bedarf mithin keiner Entscheidung, ob gar der weitergehenden Auffassung des
OLG Saarbrücken (FGPrax 1998, 97; NZM 2002, 610) zu folgen wäre, wonach die
Wohnungseigentümergemeinschaft bereits früher entsteht und es darauf, ob
neben dem teilenden Eigentümer zumindest noch ein weiterer Erwerber im
Grundbuch eingetragen ist, nicht ankommt.
Entgegen der Rechtsauffassung der weiteren Beschwerde ändert sich an dieser
Rechtslage nichts durch den Umstand, dass es sich bei den Mitgliedern dieser
rechtlich in Vollzug gesetzten Wohnungseigentümergemeinschaft um dieselben
natürlichen Personen handelte, die als ehemalige Mitglieder einer
Bruchteilsgemeinschaft, diese wiederum bestehend aus der Antragstellerin und
einer Erbengemeinschaft bestehend aus der Antragstellerin und den Beteiligten zu
6. und 7., die Teilung gemäß § 8 WEG vorgenommen hatten. Wie bereits dargelegt,
hat das Landgericht verfahrensfehlerfrei festgestellt, dass nach Wahrung der
Teilungserklärung im Grundbuch die Antragstellerin und die Beteiligten zu 6. und 7.
nach Auflassung am 23.10.1997 am 20.1.1998 als Wohnungseigentümer der
einzelnen Wohnungseigentumseinheiten im Grundbuch eingetragen worden sind.
Dies war auch ausweislich § 1 Ziffer 5 der notariellen Erwerbsverträge mit den
Antragsgegnern – soweit sie zeitlich vorher abgeschlossen wurden - so
vorgezeichnet. Nach den obigen Ausführungen ist damit eine
Wohnungseigentümergemeinschaft rechtlich in Vollzug gesetzt worden. Soweit die
Antragsgegner demgegenüber darauf verweisen, dass Voraussetzung für das
Entstehen einer Wohnungseigentümergemeinschaft der rechtsgeschäftliche
Erwerb eines Sondereigentums durch einen Dritten, also nicht dem teilenden
Alleineigentümer, sei (vgl. Bärmann/Pick/Merle, a.a.O., Vor § 43 Rdnr. 17;
Staudinger/Kreuzer, BGB, Stand: Juni 1997, § 10 WEG Rdnr. 11; Weitnauer/Lüke,
WEG, 8. Aufl., § 8 Rdnr. 16; Palandt/Bassenge, a.a.O., Überbl. V. § 1 Rdnr. 6;
Niedenführ/Schulze, a.a.O., § 8 Rdnr. 15, der von der Umwandlung der
"Einmanngemeinschaft" in eine Wohnungseigentumsgemeinschaft ausgeht), so
wäre diese Voraussetzung erfüllt.
Entgegen der Rechtsauffassung der Antragsgegner kommt es dabei aber nicht
entscheidend auf die Identität der an der Übertragung beteiligten natürlichen
Personen an. Auch die Übertragung von Wohnungseigentum durch eine Bruchteils
- bzw. Erbengemeinschaft an eines bzw. mehrere ihrer Mitglieder stellt eine
Übertragung im oben beschriebenen Sinn dar. Damit haben die Antragsgegner
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Übertragung im oben beschriebenen Sinn dar. Damit haben die Antragsgegner
nicht direkt vom teilenden Alleineigentümer erworben, es liegt kein Ersterwerb in
dem von den Antragsgegnern beschriebenen Sinn vor. Ausweislich des
Grundbuchs sind die Antragstellerin und die Beteiligten zu 6. und 7. durch
Auflassung und Eintragung Eigentümerin der einzelnen Wohnungseigentumsrechte
geworden und waren es danach nicht mehr in Form einer Bruchteils- bzw.
Erbengemeinschaft. Es war nämlich entgegen der von den Antragsgegnern
vertretenen Rechtsauffassung nicht lediglich Bruchteilseigentum der Mitglieder der
Eigentümergemeinschaft an den einzelnen Raumeigentumsrechten entstanden.
Dies wäre nur dann der Fall gewesen, wenn es die Eigentümergemeinschaft bei der
Teilung in eine bestimmte Anzahl von Eigentumswohnungen belassen hätte (vgl.
Bärmann/Pick/Merle, a.a.O., § 8 Rdnr. 23; Staudinger/ Rapp, a.a.O., § 8 Rdnr. 9).
Das Grundbuch weist etwas anderes aus. Die einzelnen
Wohnungseigentumsrechte waren damit gerade nicht mehr in einer Hand vereinigt
mit der Folge, dass noch keine Gemeinschaft entstanden gewesen wäre.
Gegen die Rechtsauffassung der Antragsgegner würde auch sprechen, dass das
Stimmrecht schon aus praktischen Erwägungen an formale Kriterien gebunden
sein muss. Die Funktion des Grundbuchs, Auskunft über den Inhaber des
Wohnungseigentums zu geben, kann auch insoweit nicht eingeschränkt und der
Grundsatz nicht aufgegeben werden, dass der Erwerb des Wohnungseigentums
untrennbar mit der Eintragung im Grundbuch verbunden ist. Für den Zeitpunkt
einer Eigentümerversammlung lässt sich für alle Beteiligten mit der gebotenen
Klarheit die Stimmberechtigung aus dem Grundbuch entnehmen. Die
Voraussetzungen für die Ausnahme eines "werdenden" Eigentümers lassen sich
demgegenüber nur schwer feststellen (vgl. BGHZ 106, 113; Saarl. OLG FGPrax
1998, 97). Wie gerade der vorliegende Fall zeigt, würde es für den Rechtsverkehr
eine unzumutbare Belastung darstellen, die Stimm- und Antragsberechtigung
eines noch nicht eingetragenen Wohnungseigentümers von der richtigen
rechtlichen Beurteilung schuldrechtlicher Erwerbsvorgänge abhängig zu machen
(vgl. insoweit auch Saarl. OLG NZM 2002, 610, 611). Es würde zur Überzeugung
des Senats – entgegen der Rechtsauffassung der Antragsgegner – auch gar kein
Bedürfnis bestehen, die hier vorliegende Rechtssituation, in der zumindest eine
rechtlich in Vollzug gesetzte Wohnungseigentümergemeinschaft besteht, mit
derjenigen der sog. werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft vor ihrer
rechtlichen Invollzugsetzung gleichzusetzen, unabhängig davon, welche
Folgerungen sich hieraus für den vorliegenden Fall ergäben. Anders als bei der
werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft vor ihrer rechtlichen
Invollzugsetzung ist die Gemeinschaft in der bestehenden Ausgestaltung im
Verhältnis der (eingetragenen) Wohnungseigentümer untereinander durchaus
handlungsfähig; eine gemeinschaftliche Verwaltung ist möglich. Bei der sog.
werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft (vor ihrer rechtlichen
Invollzugsetzung) geht es ja gerade um die Frage, ob die Vorschriften des WEG auf
sie überhaupt anzuwenden sind, wofür ein Bedürfnis gesehen wird, während es
beim Erwerb nach rechtlicher Entstehung der Gemeinschaft nur darum geht, ob
diese für die Gemeinschaft geltenden Vorschriften auch bereits für die nicht
eingetragenen Erwerber anzuwenden sind (vgl. BayObLG WuM 1990, 617, 618).
Alle diese Gesichtspunkte sprechen dagegen, den dinglich gesicherten
Antragsgegnern im Hinblick auf die von ihnen behaupteten Stellung der
Wohnungseigentümer in ihrer Gesamtheit als Bauträger – gar unter Ausschluss
der noch im Grundbuch eingetragenen Wohnungseigentümer - ein Stimm- und
Antragsrecht und damit ein Beschwerderecht zuzubilligen.
Es kann hier ersichtlich auch nicht von einer Ermächtigung der Antragsgegner
durch die Wohnungseigentümer ausgegangen werden, das diesen verbliebene
Stimmrecht auszuüben (vgl. BayObLG ZMR 2002, 138; Kammergericht WuM 1994,
714; Bärmann/ Pick/Merle, a.a.O., § 25 Rn. 9; Staudinger/Bub, a.a.O., § 25 WEG
Rdnr. 113). Unabhängig von der Wirksamkeit der von den Antragsgegnern
beanstandeten - das Stimmrecht betreffenden - kaufvertraglichen Klauseln,
könnte sich aus diesen Regelungen jedenfalls eine Ermächtigung nicht ergeben.
Eine solche würde auch § 3 Ziffer 3 der Teilungserklärung widersprechen, auf die
die Kaufverträge Bezug nehmen. Auch aus der Beteiligung der Antragsgegner an
den vorangegangenen Versammlungen würde sich eine solche Ermächtigung nicht
mit der hinreichenden Deutlichkeit ergeben, zumal die Antragsgegner im
vorliegenden Verfahren zu den Wohnungseigentümerinnen – von denen eine
solche Ermächtigung herzuleiten wäre - entgegen gesetzte Interessen verfolgen.
Auf eine solche Ermächtigung berufen sich denn die Antragsgegner auch gar nicht,
sondern lediglich auf ein eigenes Stimmrecht, dass ihnen aber – wie ausgeführt –
nicht zusteht.
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Ausgehend davon ist die sofortige Beschwerde aus den vom Landgericht
zutreffend ausgeführten rechtlichen Erwägungen nicht lediglich unbegründet,
sondern mangels Beschwerdebefugnis bereits unzulässig. Vorsorglich bemerkt der
Senat, dass sich hieran auch dann nichts ändern würde, wenn das Amtsgericht die
Antragsgegner von sich aus fehlerhaft am Verfahren formell beteiligt hätte (vgl.
Thüringer OLG FamRZ 1998, 705; vgl. auch BayObLG WuM 1994, 635, das neben
der formellen Beteiligung eine rechtliche Betroffenheit verlangt), was aber nicht
einmal der Fall wäre. Die Antragsgegner haben sich nach Zustellung der
Antragsschrift an die ehemalige Verwalterin, die Beteiligte zu 8., als solche
bezeichnet und entsprechende Anträge und in zweiter Instanz Gegenanträge
gestellt. Grundsätzlich wäre auch formell zu beteiligen, wer am Verfahren zwecks
Wahrung ihrer Rechte teilnimmt (vgl. Niedenführ/Schulze, a.a.O., Vor § 43 Rdnr.
65). Auf die Frage, ob die angefochtenen in der Versammlung vom 6.7.1999
gefassten Beschlüsse unwirksam waren, braucht mithin nicht eingegangen zu
werden; wobei allerdings in diesem rechtlichen Zusammenhang die gleichen
Erwägungen zum Tragen kämen. Ist mithin die sofortige Beschwerde bereits
unzulässig, so umfasst dies auch den erstmals im Beschwerdeverfahren gestellten
(Hilfs-)Gegenantrag. Der in der Rechtsbeschwerdeinstanz erstmals gestellte zweite
Hilfsantrag hat in der Sache keinen Erfolg. Er wäre zwar nicht bereits deshalb
unzulässig, weil im Rechtsbeschwerdeverfahren grundsätzlich neue Anträge nicht
zulässig sind (vgl. Bärmann/ Pick/Merle, a.a.O., § 45 Rdnr. 83). Es handelt sich
dabei nämlich lediglich um eine auf der Rechtsauffassung des Landgerichts
basierende rechtliche Hilfsüberlegung, die die Verfahrensvoraussetzungen des
Antrags betreffen, die das Rechtsbeschwerdegericht ohnehin von Amts wegen zu
prüfen hätte. Ist aber – wie ausgeführt - bereits die sofortige Beschwerde der
Antragsgegner gegen den amtsgerichtlichen Beschluss unzulässig, so kann es
hierauf nicht mehr ankommen. Es entspricht billigem Ermessen, dass die
Antragsgegner die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde zu
tragen haben, § 47 Satz 1 WEG, nachdem ihr Rechtsmittel keinen Erfolg hatte. Der
Senat hat trotz der Erfolglosigkeit des Rechtsmittels keine Veranlassung gesehen,
die Erstattungsfähigkeit außergerichtlicher Kosten anzuordnen, § 47 Satz 2 WEG.
Den Geschäftswert hat der Senat gemäß § 48 Abs. 3 WEG anhand der nicht
beanstandeten
Festsetzungen durch die Vorinstanzen in Ansatz gebracht, wobei die nicht weiter
verfolgten (die Beschlüsse vom 27.4.1998 und 19.11.1998 betreffenden) Anträge
hier unberücksichtigt zu bleiben hatten. Der zweite Hilfsantrag der Antragsgegner
hatte aufgrund seines lediglich verfahrensrechtlichen Charakters keinen eigenen
wirtschaftlichen Wert und war mithin ebenfalls wertmäßig ohne Bedeutung.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.