Urteil des OLG Frankfurt vom 10.05.2007

OLG Frankfurt: schiedsverfahren, schiedsspruch, widerklage, factoring, aufrechnung, gegenleistung, kaufpreis, abweisung, beweisstück, geschäft

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Gericht:
OLG Frankfurt 26.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
26 Sch 20/06
Dokumenttyp:
Bußgeldbescheid
Quelle:
Norm:
§ 1059 ZPO
Schiedsverfahren: Anfechtbarkeit eines
Zwischenschiedsspruchs
Leitsatz
Gegen einen Zwischenschiedsspruch über den Anspruchsgrund ist der
Aufhebungsantrag unzulässig. Das gilt ebenso, wenn in dem Zwischenschiedsspruch
eine Schiedswiderklage endgültig abgewiesen worden ist.
Tenor
Der Antrag der Antragstellerin, den Schiedsspruch vom 15.09.2006 aufzuheben,
wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Der Beschluss ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
Die Antragstellerin wendet sich mit einem Aufhebungsantrag gegen einen
Schiedsspruch.
Die Antragsgegnerin, die damals noch als … firmierte, war Muttergesellschaft der
A AG, die wiederum die Muttergesellschaft der B GmbH (nachfolgend: C) war. Die
Antragsgegnerin beherrschte die C aufgrund eines Treuhandvertrages (Fiduciary
Agreement).
Die Antragstellerin wollte die C von der Antragsgegnerin kaufen. Nachdem sie
mehrere Angebote abgegeben hatte, schlossen die Parteien am 02./03.05.2004
vor einem Notar in … (Schweiz) ein Sale & Purchase Agreement (nachfolgend:
SPA), in dem die Bedingungen für das Closing-Geschäft festgelegt wurden.
Die zu zahlende Gegenleistung der Antragstellerin wurde wie folgt vereinbart:
1. der Kaufpreis für die Übertragung der Geschäftsanteile sowie Rechte und
Verpflichtungen von C und der Rechte und Pflichten unter dem Fiduciary
Agreement, insgesamt 197.844.000 EUR,
2. ein Ausgleich für die sog. Internal Financial Debt von C gegenüber
Gesellschaften des Konzernverbundes. Maßgebliches Datum für die vorläufige
Berechnung der Internal Financial Debt sollte das Datum des Closing sein. Der zu
diesem Zeitpunkt vorläufig festgestellte Wert der Internal Financial Debt sollte, wie
auch der Kaufpreis, auf ein Treuhandkonto eingezahlt und Gegenstand der
späteren Feststellung der endgültigen Internal Financial Debt sein.
Die Antragstellerin verpflichtete sich, als eine der Closing-Bedingungen, das
Geschäft von C im üblichen Geschäftsablauf fortzusetzen und nicht über
geschäftswichtige Gegenstände zu verfügen (Bl. 15/16 d. A.).
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In Nr. 28 des SPA vereinbarten die Parteien, dass alle Streitigkeiten aus oder in
Zusammenhang mit dem SPA endgültig durch ein Schiedsgericht nach den Regeln
des Deutschen Institutes für Schiedsgerichtsbarkeit e. V. (DIS) entschieden
werden sollten. Als Schiedsort wurde Frankfurt am Main bestimmt. Das
Schiedsgericht sollte drei Schiedsrichter umfassen. Das Schiedsverfahren sollte in
englischer Sprache geführt werden.
C hatte zur Herstellung von Liquidität mit der Antragsgegnerin und A AG ein
Factoring-Modell vereinbart, wonach C Kundenforderungen nach ihrem Entstehen
an A AG verkaufte, die sie wiederum an D GmbH weiterverkaufte. Letztere zahlte
für die Forderungen einen Kaufpreis an A AG, die den Betrag nachfolgend an C
auszahlte. Die Kunden beglichen ihre Verbindlichkeiten an C. Diese Zahlungen
wurden an A AG und von dieser an die D GmbH weitergeleitet. Am 23.07.2004,
eine Woche vor dem anvisierten Closing, vereinbarten die Antragsgegnerin, A AG
und C, dass die Forderungen aus Lieferungen und Leistungen von C direkt an D
GmbH verkauft und diese den Kaufpreis an C zahlte. Die Zahlungen von Kunden
waren von C an D GmbH weiterzuleiten. Die Antragstellerin beanstandet, dass dies
zur Erhöhung des Kaufpreises führe, da das Factoring nicht mehr konzernintern,
sondern über Außenstehende erfolge und der Eingang von Forderungen aus
Lieferungen und Leistungen die liquiden Mittel von C erhöhe.
Gemäß einer von der Antragstellerin im Schiedsverfahren vorgelegten e-Mail der A
AG an C vom 27.07.2004 erklärte A AG, dass sie von einer Factoring-Forderung
der C über annähernd 63 Mio. EUR ein Darlehen von 50 Mio. EUR abziehe (Bl. 36 d.
A., Anlage CC 20).
Nach Ansicht der Antragstellerin wirkte sich diese Aufrechnung wie folgt auf die zu
zahlende Gegenleistung aus: Der 50 Mio. EUR-Loan sei als konzerninterne
Verpflichtung zu betrachten, welche als Teil der Internal Financial Debt von der
Antragstellerin zum Zeitpunkt des Closing bezahlt, zugleich aber über die
Kaufpreisanpassungsmechanismen (Ziffer 6 Abs. 2 des SPA) berücksichtigt
worden wäre. Die Aufrechnung habe aber bewirkt, dass Forderungen von C in Höhe
von 50 Mio. EUR ohne tatsächliche Gegenleistung „entfernt“ worden seien. Ohne
die Forderungen und ohne das konzerninterne Darlehen habe C finanziell am
Rande der Insolvenz gestanden. Sie (Antragstellerin) wäre gezwungen gewesen,
weiteres Kapital in C zu stecken, um eine Insolvenz abzuwenden und das Geschäft
nach dem Closing fortzuführen.
Die Antragstellerin bestritt den Bestand dieses Darlehens und sah darin eine
Manipulation der von ihr zu erbringenden Gegenleistung. Unter Hinweis auf
mangelnde Klarheit über zahlreiche finanzielle Details auf Seiten der
Antragsgegnerin bzw. des Kaufobjektes versuchte die Antragstellerin, eine
Verschiebung des Closing zu erreichen. Die Antragsgegnerin war hierzu jedoch
nicht bereit und verkaufte C an einen anderen Käufer. Den Differenzschaden
klagte sie mit Schiedsklage vom 21.10.2004 ein. Das Schiedsgericht erließ am
24.03.2005 eine erste Procedural Order, mit der es u. a. bestimmte, dass es einen
oder mehrere Sachverständige auf eigene Initiative oder auf Verlangen einer
Partei ernennen kann (Bl. 26/101 d. A.).
Nach einer ersten vorbereitenden mündlichen Verhandlung am 07./08.12.2005
stellte die Antragsgegnerin am 11.01.2006 ihren ursprünglich auf Feststellung der
Schadensersatzpflicht gerichteten Klageantrag um auf einen Antrag auf Ersatz der
Schäden, deren Höhe vom Schiedsgericht festzulegen sei, sowie auf Zahlung von
Zinsen. Die Antragstellerin erhob am 11.01.2006 Widerklage mit den Anträgen, die
Antragsgegnerin zu verpflichten, an die Antragstellerin einen Betrag in Höhe von
6.708.398,98 EUR zuzüglich Zinsen zu zahlen, ihr sämtliche gegenwärtigen und
zukünftigen Schäden aus dem Kaufvertrag vom 02/03.05.2004 und der
Veräußerung der C an E zu ersetzen, bestimmte, näher genannte Behauptungen
zu unterlassen, die Antragstellerin über die Art und den Umfang dieser
Behauptungen in Kenntnis zu setzen sowie Schadensersatz wegen der
Behauptungen zu leisten.
Mit der Procedural Order Nr. 3 vom 24.01.2006 beschloss das Schiedsgericht, das
Schiedsverfahren in eine Phase zum Haftungsgrund (Liability Phase) und eine
Phase zur Anspruchshöhe (Quantum Phase) zu teilen. Die erste Phase sollte durch
einen Partial Award beendet werden, der jeweils über den Anspruchsgrund der
Klage und der Widerklage eine abschließende Entscheidung enthalte. Die Frage
des Haftungsgrundes sollte im ersten Verfahrensabschnitt endgültig und
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des Haftungsgrundes sollte im ersten Verfahrensabschnitt endgültig und
abschließend sowie mit Bindungswirkung für den zweiten Teil des Verfahrens
beschieden werden (Bl. 28/103 f. d. A.).
In dem Schiedsverfahren trug die Antragstellerin u. a. vor, dass Bedenken
bezüglich des Bestandes und der Höhe des 50 Mio. EUR Loan bestünden. Sie
bezog sich dabei zum einen auf eine Mitteilung der Antragsgegnerin von Ende Juni
2004, dass die gesamten konzerninternen Verpflichtungen (Internal Financial
Debt) von C 83.308.000,00 EUR betrugen, wovon insgesamt 74.454.000,00 EUR
auf Verpflichtungen gegenüber der ... Bank AG sowie weitere ca. 8 Mio. EUR auf
eine spanische Tochtergesellschaft von C entfielen. Nach Ansicht der
Antragstellerin lasse der Gesamtbetrag insoweit keinen Raum für ein weiteres
Darlehen, welches Teil der Internal Financial Debt gewesen wäre (Bl. 35 d. A.).
Weiterhin verwies sie auf eine e-Mail der Antragsgegnerin vom 31.08.2004 über die
bestehenden konzerninternen Verbindlichkeiten, in der zu dem Darlehen der A AG
vermerkt war:
Amount currently owing 21,472.8
Overall Commitment
50,000.0
Comments
Compensated by receivables from factoring
(Bl. 36 d. A., Anlage CC 22). Die Antragstellerin bot ein
Sachverständigengutachten für die Tatsache an, dass das angegebene Darlehen
nicht den Wert von 50 Mio. EUR gehabt habe (Bl. 37, 113 d. A.). Ferner vertrat sie
die Ansicht, das Darlehen sei kapitalersetzend gewesen. Darüber hinaus
argumentierte sie, die A AG habe, angeleitet von der Antragsgegnerin, die Mittel
unterschlagen, welche sie auf Treuhandbasis für die fakturierten Forderungen
erhalten habe, und habe diese widerrechtlich mit dem 50 Mio. EUR-Darlehen
aufgerechnet (Bl. 37/38, 114 d. A.).
Weiterhin machte sie geltend, dass die Einflussnahme der Antragsgegnerin auf A
AG nur eine bewusste Manipulation der Finanzen von C darstellen konnte, und bot
auch hierfür ein Sachverständigengutachten an (Bl. 39 d. A.). Diese Manipulation
stelle eine Verletzung der Verpflichtungen des SPA dar und habe sie berechtigt,
die Umsetzung des SPA, also das Closing, zu verweigern oder zumindest ein
Zurückbehaltungsrecht auszuüben (Bl. 40 d. A.).
Das Schiedsgericht führte mehrere Beweistermine durch. Im zweiten Beweistermin
vom 09. bis 11.05.2006 vernahm es zu dem 50 Mio. EUR Loan die von der
Antragsgegnerin benannten Zeugen Frau Z1 und Dr. Z2 sowie die von der
Antragstellerin benannten Zeugen, die Herren Z3 und Z4. Nach dem Ende der
Vernehmungen forderte das Schiedsgericht die Parteien auf, auf weitere Zeugen
und Sachverständigen zu verzichten. Die Parteien erklärten sich mit einem
Verzicht auf die Vernehmung weiterer Zeugen, mit Ausnahme des Zeugen Z5,
einverstanden. Die Antragstellerin war jedoch nicht bereit, auf weiteren
Sachverständigenbeweis zu verzichten. Darauf äußerte der Vorsitzende des
Schiedsgerichts, Herr … , er werde auch ohne den Verzicht nun die zweite
Beweisaufnahme für geschlossen erklären; es werde für die Frage der
Beweiserhebung keine neuen Dokumente und keine neuen Argumente noch
Sachverständigengutachten geben, außer wenn sich dort etwas Neues ergebe, so
dass das Schiedsgericht wiedereröffnen müsse (Bl. 47, 129 d. A.).
Nachdem am 06.06.2006 ein weiterer Beweisaufnahmetermin mit dem Zeugen
Z5 stattgefunden hatte, erließ das Schiedsgericht am 15.09.2006 eine als „Partial
Award“ (Teilschiedsspruch) bezeichnete Entscheidung, die in deutscher
Übersetzung folgenden Tenor hat:
1. Die Schiedsbeklagte haftet der Schiedsklägerin für Schäden aufgrund der
Tatsache, dass die Schiedsbeklagte ihren Verpflichtungen zum Vollzug der im SPA
aufgeführten Rechtsgeschäfte am 31. Juli 2004 nicht nachgekommen ist.
2. Das Schiedsgericht behält sich die Entscheidung über die Schadenshöhe
vor. Die Schadenshöhe ist kein Bestandteil dieses Teilschiedsspruchs, sondern
wird durch das Schiedsgericht in einem gesonderten Schiedsspruch festgelegt
werden, der im Anschluss an die Quantifizierungsphase dieses schiedsrichterlichen
Verfahrens erlassen wird.
3. Das Schiedsgericht behält sich die Entscheidung über den Anspruch der
Schiedsklägerin auf Zahlung von Zinsen … vor….
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4. Die Widerklage wird abgewiesen.
Das Schiedsgericht sah die Existenz und die Höhe des 50 Mio. EUR – Darlehens
durch mehrere, im Schiedsverfahren vorgelegte Dokumente (Darlehensvertrag
zwischen A AG und C; Präsentation für das Treasury-Meeting vom 02.06.2004;
Übersicht der C über Kontendetails, die der Antragstellerin am 14.07.2004
zugekommen war; e-Mail vom 27.07.2004) sowie aufgrund der Aussage der
Zeugin Z1 als erwiesen an. Zur Höhe der Gesamtverbindlichkeiten verwies der
Schiedsspruch auf Beweisstück R 21, wonach sich der Betrag von 83.308.000,00
EUR nur auf den Saldo der internen finanziellen Verbindlichkeiten und nicht auf den
Gesamtbetrag der Konzernverbindlichkeiten beziehe; das Beweisstück stelle dar,
dass zum Ende Juni 2004 Verbindlichkeiten in Höhe von 143.326.000 EUR
bestanden hätten, so dass das Beweisstück keinen Zweifel an der Existenz des 50
Mio. EUR-Darlehens aufkommen lasse (Rdn. 423). Bezüglich des in der e-Mail vom
31.08.2004 genannten Betrages von 21.472,8 TEUR führte das Schiedsgericht aus,
der Betrag habe höchstwahrscheinlich den Saldo zwischen den
Gesamtverbindlichkeiten über 50 Mio. EUR und dem zu diesem Zeitpunkt gemäß
dem gruppeninternen Factoring-System bestehenden Betrag der Forderungen von
C bezeichnet. Das würde den Kommentar erklären, dass das Darlehen als
„ausgeglichen durch Forderungen aus Factoring“ angesehen wurde. Bei der
zweiten Verhandlung habe die Schiedsbeklagte (d. h. die Antragstellerin) Frau Z1
mit der Tatsache konfrontiert, dass in der e-Mail der Betrag über 21.472,8 TEUR
und nicht der Betrag über 50 Mio. EUR als der „aktuell ausstehende Betrag“
bezeichnet worden sei. Auf Befragung durch das Schiedsgericht und die
Schiedsbeklagte sei Frau Z1 bei ihrer Position geblieben und habe nochmals
bestätigt, dass das Darlehen bis zu seiner Verrechnung am 29.07.2004 50 Mio.
EUR betragen habe (Rdn. 421 – 435 des Schiedsspruchs).
Gegen den am 20.09.2006 zugestellten Schiedsspruch hat die Antragstellerin am
20.12.2006 Aufhebungsklage eingereicht.
Sie meint, gegen den Teilschiedsspruch, bei dem es sich tatsächlich um ein
Grundurteil handele, sei die Aufhebungsklage zulässig. Wenn sich – wie vorliegend
– das Schiedsgericht an die Entscheidung im Zwischenschiedsspruch binde und
die weitere Erörterung des Haftungsgrundes in der weiteren Phase des
Schiedsverfahrens ausgeschlossen werde, sei durch den Zwischenschiedsspruch
eine endgültige und damit bindende Entscheidung über die Frage der Haftung
erfolgt. Prozessökonomische Gesichtspunkte, die das Schiedsgericht veranlasst
hätten, das Verfahren zweizuteilen, würden in ihr Gegenteil verkehrt, wenn die
Parteien den zweiten Teil und damit ein gegebenenfalls langjähriges
Schiedsverfahren zur Anspruchshöhe abwarten müssten, um sodann die
Feststellungen des Schiedsgerichts zum Haftungsgrund in einem
Aufhebungsverfahren anzugreifen (Bl. 55 d. A.).
In der Sache stützt sich die Antragstellerin darauf, das Schiedsgericht habe ihr die
Gelegenheit verwehrt, Angriffs- und Verteidigungsmittel geltend zu machen und ihr
das rechtliche Gehör versagt, so dass die Aufhebungsgründe des § 1059 Abs. 2
Nr. 1 b) und 2 b) ZPO vorlägen. Das Schiedsgericht habe sich mit dem
Sachvortrag und ihren Beweisantritten zu den Manipulationsvorwürfen in Bezug auf
die Internal Financial Debt der C nicht auseinander gesetzt. Das Schiedsgericht
habe an verschiedenen Stellen des Verfahrens die Verhandlung abgebrochen,
sobald der Eindruck bzw. die Gefahr entstanden sei, dass gegebenenfalls
strafrechtlich relevante Tatsachen Gegenstand des Schiedsverfahrens geworden
wären. Entsprechend habe das Schiedsgericht ihr in der Beweisaufnahme
ausdrücklich weiteren Vortrag abgeschnitten sowie ihren entsprechenden, bereits
erfolgten Vortrag und die Beweisantritte nicht hinreichend berücksichtigt. Die
Begründung des Schiedsspruchs sei lediglich vorgeschoben. Es handele sich nicht
um ein valides Gegenargument, aus dem sich die Unerheblichkeit ihres (der
Antragstellerin) Sachvortrages ergeben würde. Tatsächlich sei es so, dass das
Schiedsgericht offensichtlich dem womöglich prekären Thema der Manipulation
nicht habe nachgehen wollen und entsprechenden Sachvortrag deshalb mit dieser
„Begründung“ beiseite gewischt habe. Das Schiedsgericht habe sich bezüglich des
ausstehenden Betrages aus dem Darlehen, dessen Existenz sie bestritten habe,
vollständig auf die Aussage der Zeugin Z1 verlassen. Es habe mit einer sehr
fragwürdigen Begründung spekulativ ausgeführt, dass der abweichende Betrag
(ca. 21 Mio. EUR) vermeintlich auf das Factoring-Schema der Antragsgegnerin
zurückzuführen sei. Dieser Ansatz sei zumindest insoweit fragwürdig, als die e-Mail
vom 31.08.2004 eine Aufstellung der Internal Financial Debt von C ausweise.
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vom 31.08.2004 eine Aufstellung der Internal Financial Debt von C ausweise.
Unterstützend habe das Schiedsgericht auf die Aussage der Zeugin Z1
zurückgegriffen, die dieses Verständnis vermeintlich bestätigt habe. Gleichzeitig
habe das Schiedsgericht jedoch eingeräumt, dass die Zeugin keinerlei Angaben zu
den Hintergründen bzw. Einzelheiten, dem Sinn und Zweck, der Funktion oder den
Gründen des Darlehens machen konnte.
Gerade vor dem Hintergrund, dass die Zeugin, wie das Schiedsgericht selbst habe
einräumen müssen, keine ergiebige Aussage zu diesem Punkt habe machen
können, sei es deshalb nicht nur angezeigt, sondern notwendig gewesen, ihrem
(der Antragstellerin) Vortrag nachzugehen.
Auch bezüglich des Problembereichs „Beurkundung in …“ habe das
Schiedsgericht seine Auffassung zur Gleichwertigkeit der deutschen und
schweizerischen Beurkundung an die Stelle des Parteivortrages und deren
Beweisantritte gesetzt.
Die Antragstellerin beantragt,
den in der Schiedssache der Parteien, geführt unter dem Aktenzeichen der
Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit DIS-SV-B-457/04, von den
Schiedsrichtern Herrn Prof. Dr. … (Vorsitzender des Schiedsgerichtes)
sowie Herrn Dr. ... und Herrn Dr. ... (parteibenannte Schiedsrichter) am 15.
September 2006 abgefasste Schiedsspruch aufzuheben.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Aufhebungsantrag zurückzuweisen.
Sie meint, die Antragstellerin sei mit der Geltendmachung des
Aufhebungsgrundes ausgeschlossen, da sie am Ende des dritten
Beweisaufnahmetermins ausdrücklich ihr Einverständnis mit der Prozessführung
und dem Verfahrensablauf erklärt habe (Bl. 150 d. A.; Seite 1681 f. des Protokolls).
Ohnehin hätte die Antragstellerin die Verletzung des rechtlichen Gehörs
gegenüber dem Schiedsgericht rügen müssen. Die Antragstellerin habe für die
Behauptung, der 50 Mio. EUR Loan habe gar nicht oder nur in Höhe von 21,4 Mio.
EUR valutiert, weder in ihrer Klageerwiderung noch später im Schiedsverfahren
Sachverständigenbeweis angeboten (Bl. 160 f. d. A.). Das Schiedsgericht habe
sich im Teilschiedsspruch auch ausreichend mit der Existenz und der Höhe des
Darlehens auseinander gesetzt (Bl. 165 d. A.). Selbst wenn das Darlehen zum
Zeitpunkt der Aufrechung Ende Juli 2004 nicht oder nicht mehr in voller Höhe
bestanden hätte und dieser Umstand vom Schiedsgericht in rechtswidriger Weise
unberücksichtigt geblieben wäre, wäre der Aufhebungsantrag dennoch
unbegründet, da der Schiedsspruch nicht auf der Versagung des rechtlichen
Gehörs beruhen würde (Bl. 172 d. A.).
Weder hätte dies nach dem Kaufvertrag der Antragstellerin ein Recht gegeben,
den Vollzug des Vertrages zu verweigern, noch hätte die Antragstellerin wegen des
Kaufpreisanpassungsmechanismus Nachteile aus der fehlenden oder zu niedrigen
Valutierung des 50 Mio. EUR-Loan gehabt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrages wird auf die gewechselten
Schriftsätze und die vorgelegten Anlagen Bezug genommen.
II.
Der Aufhebungsantrag ist unzulässig, weil kein Schiedsspruch im Sinne von § 1059
ZPO vorliegt. Schiedsspruch nach dieser Vorschrift ist nur die das
Schiedsverfahren vollständig oder in einem abtrennbaren Teil abschließende
Entscheidung des Schiedsgerichts. Dagegen fallen darunter nicht sogenannte
Zwischenschiedssprüche, die nur einzelne Fragen, wie die Zulässigkeit der
Schiedsklage, materiellrechtliche vorgreifliche Anspruchsmerkmale oder den
Grund der mit der Schiedsklage geltend gemachten Forderung betreffen,
jedenfalls, wenn das Schiedsgericht noch über die Höhe der Forderung zu
entscheiden hat (BGHZ 10, 325, 327; LAG Baden-Württemberg, Betriebsberater
1960, 1021; österreichischer OGH IPrax 1994, 138, 140; Wieczorek/Schütze, ZPO,
3. Aufl., § 1039 Rdn. 4; Münch in: Münchener Kommentar ZPO, 2. Aufl., § 1056
Rdn. 5; Stein/Jonas/Schlosser, ZPO, 22. Aufl., § 1042 Rdn. 38; Zöller/Geimer, ZPO,
26. Aufl., § 1059 Rdn. 13; Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 7. Aufl., Kap. 18
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26. Aufl., § 1059 Rdn. 13; Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 7. Aufl., Kap. 18
Rdn. 10 und Kap 26 Rdn. 5 zur fehlenden Möglichkeit der Vollstreckbarerklärung).
Grund für diese Beschränkung der Anfechtbarkeit ist vor allem, dass der Ausgang
des schiedsrichterlichen Verfahrens noch offen ist und es auch noch nach der
Zwischenentscheidung zur endgültigen Abweisung der Schiedsklage kommen
kann. Dies ist im Falle eines Grundurteils – mag dieses auch analog § 318 ZPO für
das Schiedsgericht im weiteren Verlauf des Schiedsverfahrens bindend sein
(Münch a. a. O.; Schwab/Walter Kap. 18 Rdn. 10, 12) – dann möglich, wenn das
Betragsverfahren zu dem Ergebnis gelangt, dass der Anspruch der Höhe nach
unbegründet ist. Vorliegend ist über die Schiedsklage nur dem Grunde nach
entschieden worden, so dass nach dem Vorhergesagten insofern keine
abschließende Entscheidung vorliegt. Dabei kann der hier vorliegende Fall eines
Grundurteils nicht – worauf die Antragstellerin hinaus will – anders behandelt
werden als ein Schiedsspruch unter Vorbehalt der Entscheidung über eine
Aufrechnung des Schiedsbeklagten (so in der Sache BGHZ 10, 325). Denn beide
Konstellationen stimmen in dem entscheidenden Punkt überein, dass es aufgrund
der Fortführung des Schiedsverfahrens noch zur Abweisung der Schiedsklage
kommen kann. Zu Unrecht beruft sich die Antragstellerin auch auf die
Entscheidung des Reichsgerichts in RGZ 169, 52, 53. Dort hatte das Reichsgericht
nicht nur die Vollstreckbarerklärung, sondern auch den Gegenantrag auf
Aufhebung eines Schiedsspruches abgelehnt, mit dem nur über das Vorliegen
eines für den Erfolg der Schiedsklage erforderlichen Umstandes entschieden
worden war. Das Reichsgericht ging davon aus, dass das Schiedsgericht selbst für
sein weiteres Verfahren daran nicht gebunden sei, so dass der
Zwischenschiedsspruch umso weniger Gegenstand eines
Vollstreckbarerklärungsverfahrens sein könne. Daraus kann jedoch nicht der
Schluss gezogen werden, das Reichsgericht habe eine Vollstreckbarerklärung oder
Aufhebung immer dann für möglich gehalten, wenn die Zwischenentscheidung für
das Schiedsgericht bindend sei. Über diese Frage hat das Reichsgericht nicht
entscheiden müssen und es hat sich dazu auch nicht geäußert.
Bezüglich der Entscheidung über die Schiedswiderklage ist der Aufhebungsantrag
ebenfalls unzulässig. Zwar ist durch die Abweisung über die Widerklage vollständig
entschieden worden, jedoch handelt es sich bei der Widerklage bezüglich des
Streitgegenstandes im Schiedsverfahren nicht um einen abtrennbaren Teil. Dieser
Begriff entspricht der Abtrennbarkeit, der für das Teilurteil (§ 301 ZPO) gilt. Sie
fehlt, wenn die Entscheidung über den Teil des Streitgegenstandes nicht von der
Entscheidung über den restlichen Streitgegenstand im anhängig bleibenden
Verfahren unabhängig ist. Eine solche Abhängigkeit besteht beispielsweise dann,
wenn die Entscheidung über den Reststreit zumindest eine Vorfrage des erledigten
Teils umfasst (BGH NJW-RR 2003, 303; Zöller/Vollkommer, § 301 Rdn. 7). Das gilt
insbesondere auch für das Verhältnis von Klage und Widerklage (z. B. BGH NJW-RR
2005, 22; Zöller/Vollkommer, a. a. O. Rdn. 9a). Im Streitfall fehlt es an der
Abtrennbarkeit der Schiedswiderklage, weil es für die Begründetheit von
Schiedsklage und Schiedswiderklage auf identische Vorfragen und damit auch auf
den Bestand des aufgerechneten Darlehensanspruchs in Höhe von 50,0 Mio. EUR
und die Zulässigkeit der Aufrechnung ankommt. Die Antragstellerin leitet ihre
Berechtigung, den Abschluss des Closing zum damaligen Zeitpunkt verweigern zu
können, daraus her, dass der Verdacht der Manipulation in Bezug auf das zur
Aufrechnung gestellte Darlehen bestanden habe (Bl. 50 d. A.). Wenn dies zutrifft,
hätte – nach Ansicht der Antragstellerin – die Antragsgegnerin nicht das
Unternehmen der C an einen Dritten veräußern dürfen, so dass deren
Schadensersatzanspruch unbegründet und die Schadensersatzforderung der
Antragstellerin möglicherweise begründet gewesen wäre. Wäre gegen die
Abweisung der Schiedswiderklage ein gesondertes Aufhebungsverfahren zulässig,
müsste das staatliche Gericht eventuell in zwei getrennten Aufhebungsverfahren
über denselben Aufhebungsgrund entscheiden, was bereits wegen der Gefahr
widersprechender Entscheidungen nicht hinnehmbar ist. Der Aufhebungsantrag ist
gegenüber dem die Widerklage abweisenden Teil des Schiedsspruchs auch nicht
deshalb statthaft, weil die Antragstellerin nach § 1059 Abs. 3 ZPO die Aufhebung
innerhalb einer Frist von drei Monaten seit dem Tag des Empfangs des
Schiedsspruches einzureichen hat. Denn die Frist beginnt nicht vor dem Empfang
des Schlussschiedsspruches, wenn der Teilschiedsspruch nicht selbständig mit
einem Aufhebungsantrag angefochten werden kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf entsprechender Anwendung von § 1064
Abs. 2 ZPO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.