Urteil des OLG Frankfurt vom 25.06.2003

OLG Frankfurt: reisekosten, ausnahme, unterrichtung, gespräch, obliegenheit, quelle, unternehmen, zivilprozessrecht, zahl, anerkennung

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Gericht:
OLG Frankfurt 12.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
12 W 60/03
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Norm:
§ 91 Abs 1 ZPO
(Kostenfestsetzungsverfahren: Reisekostenerstattung zum
auswärtigen Prozessgericht für "Hausanwalt" eines
Wettbewerbsverbandes)
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss
der Rechtspflegerin der 3. Kammer für Handelssachen des Landgerichts
Darmstadt vom 27. Dezember 2002 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Beschwerdewert: 607,41 €
Gründe
Die sofortige Beschwerde des Klägers, eines zur Führung von Prozessen nach § 13
UWG klagebefugten Vereins, gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss ist zulässig
(§§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO n.F.; §§ 21 Nr. 1, 11 Abs. 1 RPflG), hat
in der Sache jedoch keinen Erfolg.
Zu Recht hat das Landgericht die vom Kläger geltendgemachten Reisekosten
seines Berliner Prozessbevollmächtigten zu den Verhandlungsterminen am
Gerichtsort Darmstadt als nicht erstattungsfähig abgelehnt, weil diese zur
zweckentsprechenden Rechtsverfolgung im Sinne des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO
nicht erforderlich waren, denn der Kläger hätte bei Wahrung seiner Obliegenheit,
unter mehreren gleich gearteten Maßnahmen die kostengünstigste zu wählen,
unmittelbar einen Prozessbevollmächtigten am Gerichtsort beauftragen können.
Zwar entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Senats (JurBüro 1984,
1886), dass normalerweise jede Partei in jeder Instanz die Möglichkeit haben
muss, ohne Kostennachteile ein persönliches Gespräch mit ihrem Rechtsanwalt zu
führen. Aus diesem Grund hat der Senat seit jeher großzügig
Verkehrsanwaltskosten und ersatzweise Kosten des Unterbevollmächtigten oder
Reisekosten zugebilligt. Er hat aber schon immer (Senat a.a.O. 1889) dann eine
Ausnahme gemacht, wenn es sich bei dem Prozessstoff um einen sehr einfach
gelagerten Sachverhalt handelte, der häufig und typischerweise in den
Geschäftsbereich der Partei fiel, und wenn die Partei aufgrund ihrer Fähigkeiten zur
schriftlichen Unterrichtung eines Rechtsanwalts am Ort des Prozessgerichts in der
Lage war.
Von dieser Rechtsprechung abzugehen besteht keine Veranlassung, weil sie von
dem nunmehr für Rechtsbeschwerden in Kostensachen zuständigen
Bundesgerichtshof bestätigt worden ist (BGH - Beschluss vom 16. Oktober 2002 -
VIII ZB 30/02). Auch der Bundesgerichtshof stellt auf die Notwendigkeit eines
persönlichen Gesprächs zwischen der auswärtigen Partei und ihrem Rechtsanwalt
ab und macht demzufolge dann eine Ausnahme vom Grundsatz der
Erstattungsfähigkeit der Reisekosten, wenn schon im Zeitpunkt der Beauftragung
feststeht, dass ein eingehendes Mandantengespräch für die Prozessführung nicht
erforderlich sein wird, etwa bei gewerblichen Unternehmen, die über eine eigene
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erforderlich sein wird, etwa bei gewerblichen Unternehmen, die über eine eigene
Rechtsabteilung verfügen, die die Sache bearbeitet hat (BGH a.a.O. unter B. II. 2.
B) bb) (2)).
So liegt der Fall hier. Der Kläger, in dem sich nach eigener Darstellung seit 1976
eine erhebliche Zahl von Gewerbetreibenden als Verband zur Wahrung des
lauteren Wettbewerbs zusammengeschlossen hat, und der nach seiner
personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung zur Erfüllung seiner
satzungsgemäßen Aufgaben in der Lage ist, kann Wettbewerbsverstöße erkennen
und abmahnen. Er ist deshalb auch in der Lage, den dem Wettbewerbsvorstoß
zugrundeliegenden Sachverhalt (in der Regel nur die beanstandete Anzeige),
seinem Prozessbevollmächtigten mitzuteilen. Alles Weitere sind juristische
Bewertungen und Einschätzungen, die dem Prozessbevollmächtigten obliegen.
Der hierfür erforderliche einschlägige Wissensstand aus früheren Prozessen des
Klägers liegt beim Kläger verschriftet vor und kann dem Prozessbevollmächtigten
überlassen werden. Für die Übermittlung sind eingehende persönliche
Mandantengespräche nicht erforderlich. Der Kläger macht solche auch nicht
geltend.
Auf den Umfang der Akten kommt es ebenso wenig an wie auf das Argument des
Klägers, der seine bundesweite Prozesstätigkeit zentral betreuende Rechtsanwalt
besitze subtile Rechtskenntnisse und jahrzehntelange Erfahrung in der
einschlägigen Materie. Dass er seine Rechtsangelegenheiten grundsätzlich immer
von einem bestimmten Anwalt bearbeiten lässt, kann den Kläger nicht
privilegieren. Dies liefe auf die kostenmäßige Anerkennung des sog. "Hausanwalts"
hinaus, die der Senat ablehnt. (Senat, OLGR 1995, 227; ebenso OLG Rostock,
OLGR 1998, 71 m.w.N.; OLG München, OLGR 1997, 34; OLG Nürnberg, MDR 1997,
1068). Etwas anderes kann auch dann nicht gelten, wenn der Kläger seinen Betrieb
so organisiert, dass solche ständige anwaltliche Betreuung zur Durchführung
seiner satzungsgemäßen Aufgaben erforderlich wird (OLG München, OLGR 1998,
334).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine
grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts und die Sicherung
einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des
Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 3 ZPO n.F.). Es handelt sich um
eine Einzelfallentscheidung und der Senat weicht nicht von Grundsätzen anderer
Obergerichte ab.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.