Urteil des OLG Frankfurt vom 18.11.2003

OLG Frankfurt: unternehmen, händler, firma, geschäft, hersteller, vermarktung, fahrzeug, behinderung, lieferung, senkung

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Gericht:
OLG Frankfurt 1.
Kartellsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
11 U (Kart) 35/03
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 276 BGB, § 276aF BGB, § 20
GWB, § 33 GWB
(Kfz-Vertragshändler: Verpflichtung des Herstellers zum
Ausgleich von durch Preissenkungen erlittenen Einbußen
im Gebrauchtwagengeschäft)
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main
vom 22.1.2003 - Az. 3/9 O 145/02 - wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der
Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % der der Beklagten
entstandenen Kosten abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor in gleicher Höhe
Sicherheit leistet. Beiden Parteien wird gestattet, die Sicherheit durch Bürgschaft
eines in der Bundesrepublik Deutschland als Zoll- oder Steuerbürge zugelassenen
Kreditinstituts zu erbringen.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
A.
Die Klägerin, eines der größten ...-Vertragshändlerunternehmen in Deutschland,
verlangt von der Beklagten, der Schadensersatz in Höhe von 1.528.000 € wegen
Verletzung von Vertragspflichten und nach den §§ 20, 33 GWB, und zwar 1.338.000
€ wegen verweigerter Finanzhilfen (Komplex 1) und 190.000 € wegen schuldhafter
Vereitelung der Durchführung eines für die Klägerin vorteilhaften Kaufvertrags mit
der Firma Y (Komplex 2).
Komplex 1: Die Parteien sind durch einen Vertragshändlervertrag miteinander
verbunden. Nach diesem Vertrag obliegt der Klägerin der Verkauf von Neuwagen
der Beklagten sowohl an Einzel- als auch an Großkunden. Unter den Großkunden
befinden sich auch die Unternehmen der internationalen Autovermietungen (..., ...,
... u.a., i.F. "IAV"). Für die von diesen Unternehmen benötigten Neufahrzeuge
gelten besondere Regelungen. So hat die Beklagte mit den IAV
Rahmenvereinbarungen getroffen, nach denen diese bei den Vertragshändlern der
Beklagten eine bestimmte Anzahl an Fahrzeugen zu vergünstigten Konditionen
erwerben können (sog. Werbekostenzuschüsse), die sie nach einer bestimmten
Frist an den jeweiligen Vertragshändler zurückverkaufen können und müssen. Die
Kaufverträge über die Fahrzeuge werden dann zwischen den IAV und den
Vertragshändlern geschlossen; ihr Inhalt weist folgende Besonderheiten auf: Es
wird im Voraus eine bestimmte Verweildauer des verkauften Fahrzeugs beim IAV-
Unternehmen vereinbart ("Haltefrist", im Jahr 2001 4 Monate, im Jahr 2002 6
Monate). Ferner verpflichtet sich der Vertragshändler, das Fahrzeug nach Ablauf
der Haltefrist vom IAV-Unternehmen - ob zu einem bestimmten, durch monatliche
Abschläge auf den Verkaufspreis oder die Preisempfehlung zu errechnenden Preis,
ist unter den Parteien streitig - zurück zu kaufen, das IAV-Unternehmen
übernimmt eine korrespondierende Rückverkaufsverpflichtung; eine
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übernimmt eine korrespondierende Rückverkaufsverpflichtung; eine
entsprechende Rückkaufverpflichtung des Vertragshändlers besteht auch
gegenüber der Beklagten. Wird der Kaufvertrag zwischen dem Vertragshändler und
dem IAV-Unternehmen in dieser Weise gestaltet und abgewickelt und hält sich der
Vertragshändler bei der Preisgestaltung - so das von der Beklagten bestrittene
Vorbringen der Klägerin - an eine "Sondernachlassempfehlung" der Beklagten, so
erhält er von dieser einen Nachlass ("Verkaufshilfe"), der im Jahr 2001 7,8 % der
unverbindlichen Preisempfehlung betrug. Die so zurück erworbenen Fahrzeuge
werden sodann vom jeweiligen Vertragshändler als Gebrauchtwagen vermarktet.
In den Jahren 1999 bis 2002 hatte die Klägerin - ebenso wie andere
Vertragshändler der Beklagten - Schwierigkeiten beim Verkauf der von den IAV-
Unternehmen zurück erworbenen Gebrauchtwagen. Dies war jedenfalls auch
darauf zurück zu führen, dass die Beklagte wegen der ungünstigen wirtschaftlichen
Situation beim Absatz von Neufahrzeugen ihren Vertragshändlern gegenüber dem
regulären Händler-Einkaufspreis erhebliche Vergünstigungen gewährte (so etwa im
Jahr 2001 bei Modell "..." 2.000 € bzw. im Fall einer "Tageszulassung" sogar
2.706,73 €); diese Vergünstigungen sollten nach dem Willen der Beklagten an die
Neuwagenkunden weiter gegeben werden, was regelmäßig auch geschah. Von
diesen Vergünstigungen waren aber Verkäufe an IAV-Unternehmen oder Verkäufe
von Fahrzeugen, die von IAV-Unternehmen zurück gegeben worden waren,
ausgeschlossen; hier wurde von der Beklagten nur die bereits angesprochene
"Verkaufshilfe" gewährt. Dies hatte zur Folge, dass - jedenfalls nach dem
Vorbringen der Klägerin - die von den IAV zurück gegebenen Fahrzeuge bei
normaler Kalkulation nicht mehr absetzbar waren; sie konnten daher jedenfalls
zum Teil nur ohne Gewinn oder sogar mit Verlust abgesetzt werden.
Der Beklagten waren diese Probleme beim Absatz der IAV-Fahrzeugen bekannt.
Sie gewährte darum der Klägerin und ihren übrigen im IAV-Geschäft tätigen
Vertragshändlern in den Jahren 1999, 2000 und 2002 erhebliche finanzielle Hilfen
beim Absatz der von den Händlern zurück gekauften IAV-Fahrzeuge; so erhielt die
Klägerin im Jahr 1999 beim Modell "..." DM 600.- je Fahrzeug, im Jahr 2000 eine
Pauschalzahlung von ca. 1,3 Mio. DM und im Jahr 2002 eine Zahlung von 500 € je
Fahrzeug; dabei ist in den Schreiben, mit denen im Jahr 1999 und 2002 diese
Hilfen zugesagt wurden, jeweils hervorgehoben, die Zahlungen erfolgten "ohne
Präjudiz" bzw. ohne "Rechtsanspruch". Als die Klägerin nach Gewährung der Hilfe
für 2002 am 18.2.2002 mit Schreiben vom 12.3.2002 auch für das Jahr 2001 um
eine entsprechende Unterstützung bat, erhielt sie von der Beklagten unter Hinweis
auf die Freiwilligkeit der bisher erbrachten oder zugesagten Leistungen eine
Absage.
Eine ausdrückliche Regelung bezüglich solcher Unterstützungsleistungen der
Beklagten beim Absatz zurück gekaufter IAV-Fahrzeugen, insbesondere eine
Verpflichtung der Beklagten zur Erbringung solcher Leistungen, findet sich in den
Verträgen zwischen den Parteien nicht. Geregelt ist in Ziff. 3.3.1 der Liefer- und
Zahlungsbedingungen der Beklagten lediglich ein ähnlicher Fall; es heißt dort:
Falls X den Händler-Nettopreis von Kraftfahrzeugen und/oder deren
Sonderausstattungen senkt und im Zusammenhang damit die unverbindliche
Preisempfehlung herabsetzt, gewährt X dem Vertragshändler einen Nachlass in
Höhe der Händler-Nettopreisermäßigung auf jedes Kraftfahrzeug, welches für den
Vertragshändler als nachlassberechtigtes Kraftfahrzeug im Sinn von Ziff. 3.4. gilt.
Nach Ziff. 3.4 der Bedingungen sind solche Fahrzeuge nachlassberechtigt, die sich
an einem von der Beklagten fest zu setzenden Stichtag noch neu und unbenutzt
im Besitz des Vertragshändlers befinden, und solche Fahrzeuge, die der
Vertragshändler als Vorführwagen zugelassen hat und weniger als sechs Monate
im Einsatz sind.
Die Klägerin meint, die Beklagte sei ihr auch für das Jahr 2001 zur Gewährung
entsprechender finanzieller Hilfen verpflichtet. Sie hat im Jahr 2001 4363
Fahrzeuge an IAV-Unternehmen veräußert und wieder zurück erhalten; für jedes
dieser Fahrzeuge beansprucht sie entsprechend den Zahlungen der Beklagten für
1999 eine Unterstützung von DM 600 (= 306,78 €). Dies ergibt (abgerundet) den
mit der Klage zu Komplex (1) geforderten Betrag von 1.338.000 €.
Komplex 2: Die Klägerin schloss mit der Firma Y am 19.2.2002 einen Vertrag über
den Verkauf von 1.000 Fahrzeugen, darunter auch 380 des erst im Lauf des Jahres
2002 auf den Markt gekommenen Modells "..."; Liefertermine sollten April, Mai und
Juni 2002 sein. Etwa zur selben Zeit, nämlich am 25.2.2002, traf die Beklagte mit
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Juni 2002 sein. Etwa zur selben Zeit, nämlich am 25.2.2002, traf die Beklagte mit
der Firma Y ein Rahmenabkommen für 2002 über die Lieferung von IAV-
Fahrzeugen und die dabei zu gewährenden Nachlässe, in dem vermerkt ist,
Zulassungen des Modells "..." erfolgten "ab August 2002". Nachdem die Klägerin
die Bestellung der Firma Y an die Beklagte weiter geleitet hatte, weigerte diese
sich - zu welchem Zeitpunkt, ist unter den Parteien streitig -, vor August 2002 an Y
zu liefern. Die Firma Y bestand auf den zwischen ihr und der Klägerin vereinbarten
Lieferterminen und trat, als die Klägerin diese nicht einhalten konnte, vom
Kaufvertrag zurück. Die Klägerin verlangt insoweit als Schadensersatz wegen
entgangenen Gewinns, den sie je Fahrzeug auf mindestens 500 € beziffert,
insgesamt 190.000 €.
Das Landgericht hat durch Urteil vom 22.1.2003 die Klage abgewiesen. Die
Entscheidung ist zu Komplex 1) im Wesentlichen damit begründet, dass sich aus
den Vereinbarungen zwischen den Parteien keine Verpflichtung der Beklagten zur
Leistung der geforderten finanziellen Hilfen ergebe, hinsichtlich Komplex 2) mit der
Erwägung, dass angesichts der Rahmenvereinbarung zwischen Y und der
Beklagten nicht ersichtlich sei, woraus sich ein Rücktrittsrecht von Y gegenüber der
Klägerin ergeben könne.
Mit ihrer hiergegen erhobenen Berufung trägt die Klägerin zu Komplex 1) vor:
Durch die jeweils ohne Vorankündigung erfolgten und ihr nicht bekannten
Preisherabsetzungen der Beklagten für Neuwagen sei den Kaufverträgen zwischen
ihr - der Klägerin - und den IAV-Unternehmen die Kalkulationsgrundlage entzogen
worden; dies sei der Beklagten auch bekannt. Infolge mehrerer derartiger
Verkaufsförderungsaktionen, die in mehr als 90 % aller Fälle erst den Verkauf
eines Neuwagens an Endverbraucher ermöglicht hätten, seien die
Händlereinkaufspreise für Neuwagen im Jahr 2001 - wie die Klägerin an Beispielen
im Einzelnen darlegt - niedriger gewesen als die Preise für IAV-
Rückläuferfahrzeuge. Diese Fahrzeuge seien daher nicht mehr kostendeckend
absetzbar gewesen. Der Ertrag aus dem Verkauf der Neuwagen an IAV-
Unternehmen habe - insbesondere angesichts der Preissenkungen der Beklagten
im Neuwagengeschäft - nicht ausgereicht, um diesen Verlust aufzufangen. Da sie
als Vertragshändlerin eine Absatzförderungspflicht treffe, habe sie auch nicht
einfach von den IAV-Geschäften Abstand nehmen können. Sie sei auch nicht frei in
ihrer Entscheidung, ob und inwieweit sie die von der Beklagten gewährten Vorteile
an die Kunden weiter geben wolle; sowohl die Beklagte als auch die Kunden
verlangten die Weitergabe dieser Vorteile. Bei dieser Sachlage verletze die
Beklagte durch den Ausschluss der IAV-Geschäfte von den
Verkaufsförderungsmaßnahmen für Neuwagen ihre Hauptpflicht aus dem
Vertragshändlervertrag, nämlich die Pflicht, ihr - der Klägerin - eine
Verdienstmöglichkeit einzuräumen; ebenso verstoße die Beklagte gegen
Rücksichtnahmepflichten, die ihr aufgrund des Händlervertrags oblägen. Dies gelte
um so mehr, als sie mehrfach erklärt habe, die Verkaufsfördermaßnahmen im
Neuwagengeschäft nicht fortsetzen zu wollen. Da ihr die Problematik von den
Vertragshändlern und deren Verband immer wieder vorgetragen worden sei, sie
also hiervon wisse und dem Anliegen der Händler in den Jahren 1999, 2000 und
2002 auch entsprochen habe, handele sie auch schuldhaft. Im Übrigen habe die
Beklagte ihr gegenüber erklärt, auch im Jahr 2001 werde es einen Ausgleich für die
Entwertung der IAV-Fahrzeuge durch die Neupreisreduzierungen geben, der nur
der Höhe nach noch nicht fest stehe; ein angemessenes Angebot werde von der
Finanzierungsabteilung der Beklagten berechnet. Sie werde ihre Händler nicht "im
Regen stehen lassen".
Die Stabilität der Neuwagenpreise sei ferner Geschäftsgrundlage für die
gegenüber der Beklagten übernommene Rückkaufverpflichtung gewesen. Aus der
Vereinbarung zwischen den Parteien, wonach Verkäufe an IAV-Unternehmen und
entsprechende Rückkäufe von den Verkaufsförderungsmaßnahmen der Beklagten
ausgeschlossen seien, ergebe sich nichts anderes, da diese formularmäßig
getroffene Vereinbarung nach § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB unwirksam sei. Zudem stelle
es eine unbillige Behinderung der Klägerin i.S.v. § 20 GWB dar, die
Verkaufsgeschäfte mit IAV-Unternehmen von den Verkaufsförderungsmaßnahmen
auszuschließen; die Beklagte sei darum nach § 33 GWB zum Schadensersatz
verpflichtet. Da die Preisreduzierungen der Beklagten den Betrag von DM 600.-
(306,78 €) weit überstiegen, belaufe sich der Schaden mindestens auf diesen, von
ihr - der Klägerin - geforderten Betrag. Auch nach den §§ 675, 670 BGB seien die
infolge der Kaufpreisreduzierung für Neuwagen entstandenen Aufwendungen zu
ersetzen. Schließlich ergebe sich ihr Anspruch auch aus der hier entsprechend
anzuwendenden Regelung in Ziff. 3.3.1 der Liefer- und Zahlungsbedingungen der
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anzuwendenden Regelung in Ziff. 3.3.1 der Liefer- und Zahlungsbedingungen der
Beklagten.
Zu Komplex 2) trägt die Klägerin vor: Weder sie noch die Firma Y seien nach dem
Vertragsschluss von der Beklagten darauf hingewiesen worden, dass eine
Lieferung der Fahrzeuge des Typs "..." erst im August 2002 erfolgen könne. Wäre
eine solche Information erfolgt, hätten andere Lieferzeitpunkte mit Y vereinbart
werden können. Indem die Beklagte dies unterlassen habe, habe sie ihre
Informationspflichten verletzt und sich schadensersatzpflichtig gemacht.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Landgerichts zur Zahlung von
1.528.000 € nebst 8 % Zinsen hieraus über dem Basiszinssatz seit
Klagezustellung zu verurteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt zu Komplex 1 vor: Es treffe nicht zu, dass die Verträge der
Vertragshändler mit IAV-Unternehmen einen von der Beklagten vorgegebenen
Inhalt hätten. Die Vertragshändler seien frei, mit einem IAV-Unternehmen einen
Vertrag zu schließen oder hiervon abzusehen; auch der Inhalt der Verträge sei
abgesehen von Haltefrist und Rückkaufverpflichtung Sache der Vertragsparteien.
Dies gelte insbesondere für die Festlegung des Rückkaufpreises. Insbesondere
könne jeder Vertragshändler darüber entscheiden, inwieweit er dem IAV-
Unternehmen einen Sondernachlass gewähren oder die von der Beklagten
erhaltene Verkaufshilfe weitergeben wolle. Dass der Klägerin bei Verkäufen an IAV-
Unternehmen die Verkaufsförderungsmaßnahmen für Neuwagen nicht bekannt
gewesen seien, treffe nicht zu. Auch treffe es nicht zu, dass die zwischen der
Klägerin und den IAV-Unternehmen vereinbarten Rückkaufpreise höher gewesen
seien als die reduzierten Händlereinkaufspreise; die Berechnungen der Klägerin
hierzu seien nicht nachvollziehbar und gingen von Ausnahmefällen aus.
Insbesondere habe die Klägerin nicht im Einzelnen dargelegt, ob und zu welchem
Preis sie die einzelnen "Rückläufer" habe absetzen können; die Annahme einer
Schadenshöhe von DM 600.- sei willkürlich. Die Verkaufsförderungsmaßnahmen
für Neufahrzeuge hätten die Klägerin nicht geschädigt, da hierdurch auch ihr
Absatz an solchen Fahrzeugen gesteigert worden sei. Auch Treuepflichten habe sie
- die Beklagte - nicht verletzt; angesichts der angespannten wirtschaftlichen Lage
im Jahr 2001 sei es nicht treuwidrig gewesen, die IAV-Geschäfte von den
Verkaufsförderungsmaßnahmen auszunehmen. Da der Klägerin die
bevorstehenden Förderungsmaßnahmen bekannt gewesen seien oder sie doch
hiermit habe rechnen müssen, komme eine Störung der Geschäftsgrundlage nicht
in Betracht. Eine Behinderung i.S.v. § 20 GWB liege nicht vor, da alle ihre im IAV-
Geschäft tätigen Vertragshändler zu gleichen Konditionen beliefert würden.
Zu Komplex 2) trägt die Beklagte vor: Der Klägerin sei bei dem Abschluss des
Kaufvertrags mit Y bekannt gewesen, dass die Beklagte die neuen "..."-Modelle
unter Gewährung von Nachlässen nicht vor August 2002 an IAV-Unternehmen
ausliefern werde; wenn sie sich gleichwohl zu einer früheren Lieferung verpflichtet
habe, habe sie auf eigenes Risiko gehandelt. Zudem habe sie sich mit der Klägerin
darüber verständigt, dass das Geschäft zwischen der Klägerin und Y storniert
werden solle.
B.
Die Berufung ist zwar zulässig, insbesondere fristgerecht erhoben und begründet,
hat aber in der Sache keine Aussicht auf Erfolg.
I) Hinsichtlich des Komplexes 1) hat das Landgericht die Klage zu Recht in
Ermangelung einer für das Begehren der Klägerin einschlägigen
Anspruchsgrundlage abgewiesen.
1) Eine ausdrückliche Verpflichtung der Beklagten gegenüber ihren
Vertragshändlern zur Gewährung der von der Klägerin geforderten
Unterstützungsleistungen ist in dem Vertragshändlervertrag zwischen den
Parteien und den diesen Vertrag ergänzenden Abmachungen unstreitig nicht
enthalten. Auch aus der von der Klägerin behaupteten Erklärung der Beklagten,
diese werde ihre Händler "nicht im Regen stehen lassen" und es werde auch im
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diese werde ihre Händler "nicht im Regen stehen lassen" und es werde auch im
Jahr 2001 einen Ausgleich wegen der Entwertung der IAV-Fahrzeuge geben, lässt
sich eine solche Verpflichtung der Beklagten nicht ableiten. Das diesbezügliche
Vorbringen der Klägerin lässt nicht hinreichend deutlich erkennen, ob es sich
hierbei um eine mit Rechtsbindungswillen abgegebene Verpflichtungserklärung der
Beklagten oder nur um eine unverbindliche Absichtserklärung oder Ankündigung
gehandelt hat. Eher für Letzteres spricht das Vorbringen der Klägerin, von der
Beklagten sei erklärt worden, ihre Finanzabteilung müsse erst noch ein
angemessenes Angebot berechnen; dass die Beklagte sich schon verbindlich zu
Zahlungen verpflichten wollte, ohne dass sie deren Höhe überblicken konnte,
erscheint eher unwahrscheinlich (vgl. auch § 154 Abs. 1 BGB). Auch ist unklar, von
welchem Mitarbeiter der Beklagten die von der Klägerin behauptete Erklärung
abgegeben worden sein soll und ob diese Person mit der erforderlichen
Vertretungsmacht ausgestattet war. Nach alledem ist die behauptete Zusage von
Ausgleichszahlungen für das Jahr 2001 nicht schlüssig vorgetragen.
2) Die Beklagte hat sich gegenüber der Klägerin auch nicht stillschweigend zum
Ausgleich der Verluste bei der Vermarktung der zurück erworbenen IAV-Fahrzeuge
im Jahr 2001 verpflichtet, indem sie in den Jahren 1999, 2000 und 2002 derartige
Ausgleichszahlungen geleistet oder zugesagt hat. Einen allgemeinen Grundsatz,
dass die mehrfache Erbringung freiwilliger Leistungen eine stillschweigende
Verpflichtung zu deren Wiederholung auslöst, gibt es nicht; soweit im Bereich des
Arbeitsrechts die Erbringung derartiger Leistungen zu einer "betrieblichen Übung"
führen und so in gewissen Grenzen anspruchsbegründend wirken kann
(Palandt/Heinrichs, BGB, 62. Aufl., 2003, vor § 116, Rz. 14 m.w.N.), hat dies seinen
Grund in der - hier nicht gegebenen - besonderen Schutzwürdigkeit der
Arbeitnehmer. Im Übrigen erzeugt auch im Bereich des Arbeitsrechts eine
derartige "betriebliche Übung" keine Ansprüche, wenn der Arbeitgeber bei
Erbringung der freiwilligen Leistungen seinen mangelnden Verpflichtungswillen
unzweideutig zum Ausdruck bringt (BAG ZIP 2000, 2127). Dies aber hat die
Beklagte im vorliegenden Fall getan, indem sie bei ihren Leistungen für die Jahre
1999 und 2002 betont hat, diese würden "ohne Präjudiz" bzw. "ohne
Rechtsanspruch" erbracht.
3) Eine ausdrückliche oder stillschweigende Abrede wäre allerdings entbehrlich,
wenn sich aus dem Wesen des Vertragshändlervertrags - gewissermaßen als
"essentiale negotii" - eine Pflicht der Beklagten ergäbe, der Klägerin die Risiken der
Vermarktbarkeit der zurück erworbenen Fahrzeuge aus IAV-Geschäften
abzunehmen. Auch das ist indes nicht der Fall. Es ist zwar richtig, dass mit der
Vertriebsförderungspflicht des Vertragshändlers -synallagmatisch verknüpft - eine
Pflicht des Herstellers korrespondiert, dem Vertragshändler
Verdienstmöglichkeiten zu eröffnen (Ulmer/Habersack, Rechtsfragen des
Kraftfahrzeugvertriebs durch Vertragshändler, S.49). Das bedeutet aber nicht,
dass der Hersteller von Automobilen seinem Vertragshändler dafür einstehen
müsste, dass der Händler jedes beim Hersteller georderte Fahrzeug
gewinnbringend absetzen kann. Eine solche Garantie wäre mit dem Wesen des
Vertragshändlervertrags, bei dem grundsätzlich der Händler das volle Absatz- und
Kreditrisiko trägt (Staudinger/Martinek, BGB, § 675, Rz. D 12), nicht zu
vereinbaren. Eine Verletzung der Pflicht des Herstellers zur Eröffnung von
Verdienstmöglichkeiten kann darum nach Auffassung des Senats erst dann
angenommen werden, wenn die vom Hersteller initiierten Maßnahmen ein solches
Ausmaß erreichen, dass sich das Geschäft für den Vertragshändler insgesamt
"nicht mehr rentiert". Ob dies der Fall ist, kann nur durch eine Gesamtbetrachtung
der Geschäftsentwicklung des Vertragshändlers festgestellt werden, in die auch die
positiven Auswirkungen, die für den Händler mit Verkaufsförderungsmaßnahmen
des Herstellers im Neuwagenbereich verbunden sind, einzustellen sind.
Dabei ist tendenziell davon auszugehen, dass beide Seiten Interesse an
Förderungsmaßnahmen haben, die den Verkaufserfolg im Neuwagenbereich als
dem Hauptgeschäftsfeld des Händlers steigern (Ulmer/Habersack aaO, S.52). Dies
gilt in besonderem Maß für den vorliegenden Fall. Die Klägerin hat selbst
vorgetragen, dass ohne die von der Beklagten initiierten, verkaufsfördernden
Maßnahmen - konkret: ohne die erhebliche Senkung der Neuwagenpreise im Jahr
2001 - mehr als 90 % der in diesem Jahr verkauften Neuwagen nicht abgesetzt
worden wären; Zweifel an der Richtigkeit dieser Einschätzung der mit den
Marktgegebenheiten vertrauten Klägerin bestehen nicht, zumal da die
wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Beklagten im Jahr 2001 allgemein bekannt
sind. Da aber das Neuwagengeschäft im Verhältnis zur Vermarktung der zurück
gekauften IAV-Fahrzeuge fraglos den Schwerpunkt der Verdienstmöglichkeiten der
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gekauften IAV-Fahrzeuge fraglos den Schwerpunkt der Verdienstmöglichkeiten der
Klägerin darstellt, ist davon auszugehen, dass insgesamt gesehen die
Verkaufsförderungsmaßnahmen der Beklagten den Geschäftserfolg auch der
Klägerin gesteigert, wenn nicht sogar ihre wirtschaftliche Existenz gesichert haben.
In dieser Situation kann von einer Verletzung von Hauptpflichten der Beklagten
aus dem Vertragshändlervertrag keine Rede sein.
4) Die Beklagte ist der Klägerin auch nicht wegen schuldhafter Verletzung von
Treuepflichten zum Schadensersatz verpflichtet.
a) Eine solche Treupflichtverletzung kann zum einen dann vorliegen, wenn auf den
Vertragshändler ein rechtlicher oder faktischer Zwang ausgeübt wird, sich an einer
vom Hersteller initiierten, verlustträchtigen Aktion zu beteiligen (Ulmer/Habersack
aaO, S.51 f). Dies war hier nicht der Fall. Die Klägerin hat zwar die Auffassung
vertreten, aus ihrer Absatzförderungspflicht als Vertragshändler ergebe sich, dass
sie rechtlich gehalten sei, sich an den IAV-Geschäften zu beteiligen. Daran ist
richtig, das § 86 Abs. 1 HGB auf Vertragshändlerverträge entsprechend
anzuwenden ist (Staudinger/Martinek, BGB, § 675, Rz. D.43) und sich aus dieser
Bestimmung eine Verpflichtung des Händlers ergibt, sich um den Absatz der
Produkte des Herstellers zu bemühen und angemessene Umsätze zu erzielen
(Baumbach/Hopt, HGB, 30. Aufl., 2001, § 86, Rz. 12). Das bedeutet aber nicht,
dass der Händler gegenüber dem Hersteller verpflichtet wäre, mit jedem
Interessenten zu kontrahieren; eine solche Verpflichtung wäre überdies
kartellrechtlich bedenklich. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin - wie dies etwa
in den Fällen überregionaler Werbung des Herstellers in Betracht kommt (s. dazu
BGH, Urt. v. 20.5.2003 - KZR 27/02- Umdruck S.13 ff) - einem faktischen Druck
ausgesetzt ist, sich an dem IAV-Geschäft zu beteiligen, bestehen ebenfalls nicht.
b) Eine Treuepflichtverletzung der Beklagten könnte ferner darin zu sehen sein,
dass diese die verkaufsfördernden Maßnahmen im Neuwagengeschäft, deren
negative Auswirkungen auf die Vermarktung der zurück gekauften IAV-Fahrzeuge
ihr bekannt waren, initiiert hat, ohne die Klägerin rechtzeitig hierauf hinzuweisen
und ihr so die Möglichkeit zu geben, während der Dauer dieser Maßnahmen von
der Beteiligung am IAV-Geschäft abzusehen. Doch ist auch eine solche
Treuepflichtverletzung der Beklagten nicht anzulasten. Denn die Klägerin musste
auch ohne solche Informationen mit derartigen Aktionen rechnen. Sie sind in der
Automobilbranche gang und gäbe. Dies gilt insbesondere, wenn ein Hersteller in
wirtschaftlichen Schwierigkeiten ist, weil der reguläre Absatz der Produkte
stagniert. Dass dies im Jahr 2001 bei der Beklagten der Fall war, ist, wie bereits
ausgeführt, allgemein bekannt und konnte der Klägerin als Brancheninsiderin erst
recht nicht verborgen geblieben sein. Um so mehr gilt dies, als die Beklagte, wie
die in den Jahren 1999 und 2000 geleisteten finanziellen Hilfen zugunsten der
Vertragshändler belegen, schon in diesen Jahren verkaufsfördernde Maßnahmen
im Neuwagengeschäft ergriffen hatte, die sich zu Lasten des Absatzes der IAV-
Rückläufer ausgewirkt haben. Soweit die Klägerin behauptet hat, die Beklagte habe
zuvor mehrfach erklärt, die Verkaufsförderungen im Neuwagenbereich künftig zu
unterlassen, ist dieses Vorbringen unbeachtlich, weil sich hieraus nicht hinreichend
deutlich ergibt, ob es sich um eine verbindliche rechtsgeschäftliche Verpflichtung
oder nur um eine unverbindliche Absichtserklärung der Beklagten gehandelt hat;
um dies beurteilen zu können, wäre es erforderlich gewesen, im Einzelnen die
Umstände darzulegen, unter denen die fragliche Zusage abgegeben worden sein
soll.
5) Auch eine entsprechende Anwendung der in Ziff. 3.1.1 und 3.4 der Liefer- und
Zahlungsbedingungen der Beklagten enthaltenen Regelung, wonach
Preissenkungen der Beklagten für Neuwagen in bestimmten Fällen eine
Verpflichtung der Beklagten zu Ausgleichszahlungen begründen, kommt nicht in
Betracht. Eine Regelungslücke, die eine Analogie rechtfertigen könnte, liegt nicht
vor, weil die dortige Bestimmung ersichtlich als abschließend gewollt ist. Für ein
solches Verständnis spricht vor allem der Umstand, dass die Pflicht der Beklagten
zu Ausgleichszahlungen an im Einzelnen benannte, exakt umschriebene
Tatbestände geknüpft ist. Zudem sind die dort geregelten Fälle mit dem
vorliegenden nicht vergleichbar. Die von Ziff. 3.1.1 und 3.4 erfassten Fälle
zeichnen sich durchweg dadurch aus, dass es sich um Fahrzeuge handelt, die den
Geschäftsbereich des Vertragshändlers noch nicht verlassen haben, die dieser
aber, wie die nachfolgende, an die Kunden weiter zu gebende Preissenkung zeigt,
"zu teuer" erworben hat. Im vorliegenden Fall handelt es sich dagegen um
Fahrzeuge, die zunächst verkauft waren und sich nunmehr aufgrund eines
Rückkaufs als Gebrauchtwagen beim Händler befinden.
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6) Eine Zahlungspflicht der Beklagten ergibt sich auch nicht aus den Grundsätzen
über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (jetzt: § 313 Abs. 1 BGB). Die Klägerin
sieht die Grundlage ihrer Neuwagenkäufe zur Belieferung der IAV-Unternehmen in
der Stabilität der Neuwagenpreise der Klägerin und behauptet, sie hätte diese
Verträge jedenfalls nicht so geschlossen, wenn ihr bekannt gewesen wäre, dass die
Beklagte in der Folgezeit ihre Neuwagenpreise senken und so die Vermarktung der
zurück gekauften IAV-Fahrzeuge erschweren würde. Insoweit ist schon zweifelhaft,
ob die Klägerin angesichts der Üblichkeit von Preissenkungen in der
Automobilbranche und im Wissen um die schwierige wirtschaftliche Situation der
Beklagten im Jahr 2001 mit einer Stabilität der Hersteller-Einkaufspreise rechnen
konnte. Doch kann dies dahin stehen. Die Klägerin hat jedenfalls nicht dargelegt,
dass ihr ein Festhalten an den unveränderten Verträgen nicht zumutbar wäre. Sie
hat nicht einmal vorgetragen, welche Einbußen sie tatsächlich im Bereich der
Vermarktung der zurück erworbenen IAV-Fahrzeuge durch die Preissenkungen der
Beklagten erlitten hat. Darüber hinaus wäre es aber, um die Zumutbarkeitsfrage
beurteilen zu können, erforderlich gewesen, diesen Einbußen die Vorteile
gegenüber zu stellen, die die Klägerin im Bereich des Neuwagengeschäfts aus den
Preissenkungen in Gestalt von Umsatz- und damit auch Gewinnsteigerungen
gezogen hat. Ihr Vorbringen, im Jahr 2001 seien ohne die Preissenkungen mehr als
90 % der verkauften Neufahrzeuge nicht absetzbar gewesen, spricht deutlich
dagegen, dass sie insoweit keine Vorteile gehabt und ihr darum ein unverändertes
Festhalten an den Verträgen nicht zumutbar ist.
7) Der Klägerin stehen auch keine Ansprüche aus den §§ 20, 33 GWB zu.
a) Es fehlt schon am Vorliegen einer Behinderung i.S.v. § 20 GWB. Unter den
(weiten) Behinderungsbegriff dieser Bestimmung fällt jede Beeinträchtigung der
Betätigung eines Unternehmens im Wettbewerb (BGH NJW 1982, 46, 47 - Original-
VW-Ersatzteile). Für eine Behinderung i.S.v. § 20 GWB ist es deshalb grundsätzlich
erforderlich, dass sie Auswirkungen auf die Wettbewerbschancen des
beeinträchtigten Unternehmens gegenüber anderen Anbietern hat (OLG München,
NJW-RR 1998, 914, 915; OLG Celle, VersR 2000, 111, 114). Da die Beklagte im Jahr
2001 an keinen ihrer im IAV-Geschäft tätigen Vertragshändler
Ausgleichszahlungen geleistet hat und auch zum diesbezüglichen Procedere
anderer Automobilhersteller nichts vorgetragen ist, ist nicht ersichtlich, inwiefern
die Klägerin in ihrer Stellung im Wettbewerb beeinträchtigt sein könnte. Soweit der
BGH aus § 26 GWB a.F. ausnahmsweise auch ohne Rücksicht auf eine solche
Beeinträchtigung eine Pflicht eines marktstarken Unternehmens zur
angemessenen Vergütung eines abhängigen Unternehmens für von diesem
bezogene Leistungen abgeleitet hat, hatte dies seinen Grund in der Orientierung
an der in § 103 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 GWB a.F. zum Ausdruck gekommenen
Wertentscheidung des Gesetzgebers für die Bevorzugung erneuerbarer Energien
(BGH NJW 1993, 397, 397 - Stromeinspeisung I). Ein vergleichbarer Sonderfall ist
hier nicht gegeben.
b) Im übrigen wäre selbst dann, wenn vom Vorliegen einer Behinderung
auszugehen wäre, diese nicht als unbillig anzusehen. Denn die insoweit
vorzunehmende Abwägung der Interessen der Parteien ergibt, dass den
Interessen der Beklagten der Vorrang gebührt. Die Frage, ob die vorhandenen,
auch bei einem großen Unternehmen der Automobilbranche nicht unbegrenzten
Ressourcen teilweise zum Ausgleich von Einbußen der Vertragshändler im IAV-
Geschäft verwendet oder in vollem Umfang zur Senkung der Neuwagenpreise
verwendet werden, betrifft den Kernbereich unternehmerischer
Entscheidungsfreiheit. Dies gilt in besonderem Maß in einer für das Unternehmen
schwierigen wirtschaftlichen Situation. Gerade in dieser Lage hat das
Unternehmen ein vitales Interesse daran, sämtliche verfügbaren Mittel zur
Schaffung von Anreizen zur Belebung der Nachfrage einzusetzen. Derartige
Anreize gehen von einer Senkung der Neuwagenpreise in deutlich stärkerem
Umfang aus als von Ausgleichszahlungen an die Vertragshändler im IAV-Bereich.
Vergleichbare Interessen der Vertragshändler bestehen nicht, weil ihnen eine
Senkung der Neuwagenpreise über den dadurch erhöhten Umsatz ebenso zugute
kommt wie eine Stärkung ihrer Position durch Ausgleichszahlungen im IAV-
Bereich. Danach muss die gebotene Interessenabwägung zugunsten der
Beklagten ausfallen.
8) Ein Anspruch aus den §§ 675, 670 BGB steht der Klägerin ebenfalls nicht zu. Da
das Absatzrisiko beim Vertragshändlervertrag den Händler trifft, kann er, wenn
sich dieses Risiko realisiert, die hierdurch eingetretenen Schäden nicht als
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sich dieses Risiko realisiert, die hierdurch eingetretenen Schäden nicht als
"Aufwendungen" auf den Hersteller abwälzen.
9) Ob die Rückkaufverpflichtung der Klägerin - wie diese meint - gegen Art. 6 Abs. 1
Nr. 3 der EG-Verordnung 1475/95 verstößt, bedarf keiner Entscheidung. Selbst
wenn das zu bejahen sein sollte, hätte dies nach Art. 81 Abs. 2 EGV lediglich die
Nichtigkeit der Abrede über die Rückkaufverpflichtung, nicht aber die Begründung
des im vorliegenden Verfahren erhobenen Zahlungsanspruchs zur Folge.
10) Da der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch mithin weder in
geschriebenem noch in ungeschriebenem Recht eine Grundlage findet, unterliegt
die - von der Klägerin im Übrigen inhaltlich nicht hinreichend mitgeteilte - Regelung
in den Allgemeinen Ausführungsbestimmungen der Beklagten, wonach Verkäufe
an IAV-Unternehmen und Verkäufe rückerworbener IAV-Fahrzeuge nicht an den
Förderungsmaßnahmen der Beklagten für das Neuwagengeschäft teilhaben,
keiner Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 uns 2 BGB; dies folgt aus § 307 Abs. 3
Satz 1 BGB.
II) Auch ein Schadensersatzanspruch wegen der unterbliebenen Durchführung des
Kaufvertrags mit der Firma Y (Komplex 2) steht der Klägerin nicht zu.
1) Grundlage für einen solchen Anspruch kann nur eine schuldhafte Verletzung der
Pflicht der Beklagten zur Belieferung der Klägerin mit den von dieser an die Firma Y
verkauften Fahrzeugen aus dem Vertragshändlervertrag sein, § 280 BGB. Die
Feststellung, dass die Beklagte eine solche Pflicht verletzt hat, kann schon darum
nicht getroffen werden, weil die Klägerin nichts dazu vorgetragen hat, unter
welchen Voraussetzungen die Beklagte nach dem Händlervertrag und ihren
ergänzend vereinbarten Lieferbedingungen zur Belieferung der Klägerin
verpflichtet ist, insbesondere, ob sie gehalten war, die neuen "..."-Modelle der
Klägerin zu den Lieferzeiten zur Verfügung zu stellen, die diese mit der Firma Y
vereinbart hatte.
2) Im Übrigen scheitert ein Anspruch der Klägerin aus § 280 BGB auch daran, dass
die Beklagte unwidersprochen vorgetragen hat, die Firma Y habe am 25.2.2002,
also wenige Tage nach der Bestellung bei der Klägerin, mit der Beklagten einen
Rahmenvertrag über alle im Jahr 2002 zu beziehenden Mietwagen der Beklagten
geschlossen, und dabei sei als Liefertermin für die neuen "..."-Modelle der Monat
August 2002 vereinbart worden. Ist danach davon auszugehen, dass die Firma Y
für alle im Jahr 2002 zu erwerbenden X-...-Fahrzeuge, also auch für die bei der
Klägerin georderten, den Liefertermin "August 2002" akzeptiert hat, so handelt sie
widersprüchlich und damit treuwidrig, wenn sie die Klägerin gleichwohl an dem
zuvor vereinbarten, früheren Liefertermin festhalten will. Sie war vielmehr auch
gegenüber der Klägerin gehalten, sich mit dem von ihr für alle "..."-Fahrzeuge
akzeptierten Liefertermin im August zufrieden zu geben. Ein Rücktrittsrecht wegen
nicht rechtzeitiger Lieferung der Klägerin stand ihr danach nicht zu. Durch den
mithin unberechtigten Rücktritt konnte der Klägerin kein Gewinn entgehen; sie
hatte vielmehr das Recht, gegenüber Y auf der Durchführung des Geschäfts zu
bestehen.
III) Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision war zuzulassen, weil die Rechtssache hinsichtlich des Umfangs der
Herstellerpflichten aus dem Vertragshändlervertrag grundsätzliche Bedeutung hat,
§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.