Urteil des OLG Frankfurt vom 16.12.2004

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Gericht:
OLG Frankfurt 2.
Senat für
Familiensachen
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
2 WF 433/04
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Norm:
§ 1603 Abs 2 BGB
(Kindesunterhalt: Berechnung auf fiktiver Basis bei
späterer Erzielung von tatsächlichen Einkünften; Umzug in
alte Bundesländer)
Tenor
Die Beschwerde der Kläger gegen den Beschluss des Amtsgerichts Bad Hersfeld
vom 17. November 2004 wird zurückgewiesen.
Die Kläger haben die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen;
außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Der Beklagte ist der Vater der im Beschlusseingang genannten Kläger. Durch
Urteil des Amtsgerichts Bad Hersfeld vom 04.05.2000 (F 904/99) ist er verurteilt
worden, für die Kläger nach dem dort wiedergegebenen Verteilungsschlüssel einen
monatlichen Gesamtunterhalt in Höhe von 978 DM (rund 500 Euro) zu zahlen. Die
Berechnung erfolgte seinerzeit auf fiktiver Basis. Dem Beklagten wurde ein
monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 2.500 DM (1.278 Euro) zugerechnet,
das er als Montageschlosse in O1 oder in den alten Bundesländern verdienen
könnte. Der Beklagte hat zwischenzeitlich eine Arbeitsstelle in der Nähe von O1
gefunden, wo er monatlich 1.464 Euro netto verdient. An Fahrtkosten fallen
monatlich rund 170 Euro an, so dass bereinigt 1.294 Euro verbleiben.
Die Kläger verlangen Prozesskostenhilfe für eine Abänderungsklage, mit der sie die
Verurteilung des Beklagten zu einem höheren Unterhalt erreichen wollen. Sie sind
der Ansicht, dass der Beklagte sein Einkommen steigern könne, wenn er sich in
den alten Bundesländern um eine entsprechende Tätigkeit bemühen würde. Er
könne danach die nach der Thüringer Tabelle geschuldeten Regelbeträge
aufbringen.
Durch Beschluss vom 17.11.2004 hat das Amtsgericht den PKH-Antrag der Kläger
zurückgewiesen. Auf die Gründe dieses Beschlusses wird Bezug genommen.
Hiergegen führen die Kläger Beschwerde, der das Amtsgericht nicht abgeholfen
hat.
Die Beschwerde ist gemäß § 127 Abs. 2 ZPO zulässig. Sie ist jedoch unbegründet,
da die beabsichtigte Klage keine hinreichende Erfolgsaussicht bietet (§ 114 ZPO).
Es ist zutreffend, dass der Beklagte den Klägern gemäß § 1603 Abs. 2 BGB
gesteigert unterhaltsverpflichtet ist, d. h., dass er alles daran setzen muss, um
den angemessenen Unterhalt der Kinder sicherzustellen. Die Kläger verlangen
auch nicht mehr als den Regelbetrag nach der Thüringer Tabelle, so dass der
Beklagte darlegen und gegf. beweisen muss, nicht einmal zu einer Zahlung in
dieser Höhe in der Lage zu sein Das Amtsgericht hat jedoch zu Recht ausgeführt,
dass ein höherer Anspruch der Kläger, als er bisher ausgeurteilt war und den der
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dass ein höherer Anspruch der Kläger, als er bisher ausgeurteilt war und den der
Beklagte auch in Höhe von monatlich 500 Euro erfüllt, an dessen
Leistungsfähigkeit scheitert. Tatsächlich kann er unter Wahrung seines
Selbstbehaltes von 775 Euro nur 519 Euro Unterhalt im Monat zahlen. Die
weiteren 19 Euro, die danach zusätzlich für Unterhaltszwecke eingesetzt werden
könnten, rechtfertigen aber keine Abänderung des ergangenen Urteils. Eine
vernünftige Partei würde auch wegen des geringen Betrages keinen Rechtsstreit
führen.
Die fiktive Annahme eines höheren Einkommens des Beklagten kommt nicht in
Betracht. Er übt eine Vollzeittätigkeit aus, die seinen beruflichen Kenntnissen und
Fähigkeiten entspricht. Es hat sich insoweit auch keine Änderung gegenüber dem
fiktiven Ansatz seiner Leistungsfähigkeit in dem abzuändernden Urteil ergeben.
Der Beklagte hat im Gegenteil jetzt einen Arbeitsplatz, der seinerzeit als
angemessen zugrunde gelegt worden ist. Sein monatliches Einkommen bewegt
sich in einer Größenordnung, die üblicherweise von einem Montageschlosser -
auch nach der damaligen Einschätzung - erzielt werden kann. Mehr kann von dem
Beklagten nicht verlangt werden, auch wenn der geleistete Unterhalt nicht
ausreicht, um den Bedarf aller Kläger zu decken. Dem Beklagten kann auch nicht
vorgeworfen werden, keine besser bezahlte Arbeitsstelle in den alten
Bundesländern gesucht zu haben. Unabhängig davon, dass durchaus zweifelhaft
ist, ob in den alten Bundesländern entsprechende Arbeitsmarktchancen bestehen,
müsste ihm dann auch ein höherer Selbstbehalt zugestanden werden, der einen
Mehrverdienst wieder aufzehren würde.
Im Übrigen kann nicht jedem Unterhaltsschuldner in den neuen Bundesländern,
der über einen adäquaten Arbeitsplatz verfügt, angesonnen werden, in die alten
Bundesländer abzuwandern. Dies würde im Hinblick auf die anzustrebende
Vereinheitlichung der wirtschaftlichen Verhältnisse zu einem unerträglichen
Ergebnis führen.
Die Beschwerde musste nach alledem mit der Kostenfolge aus §§ 97 Abs. 1, 127
Abs. 4 ZPO zurückgewiesen werden.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.