Urteil des OLG Düsseldorf vom 21.06.2007

OLG Düsseldorf: stand der technik, verschluss, patentanspruch, erzeugnis, aussetzung, aufschiebende wirkung, kunststoff, wein, materialien, widerruf

Oberlandesgericht Düsseldorf, I-2 U 130/05
Datum:
21.06.2007
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
2. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
I-2 U 130/05
Tenor:
Sowohl die Berufung der Klägerin als auch die Berufung der
Beklagten gegen das am 17. November 2005 verkündete Ur-
teil der 4b. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf werden
zurückgewiesen, letztere aber nur insoweit, als sie sich ge-
gen die Verurteilung zu Ziffer I. 1. a) sowie gegen die Verur-
teilung Ziffer I. 2. und I. 3., soweit diese auf Ziffer I. 1. a)
rückbezogen sind , und gegen die Feststellung zu Ziffer II.
soweit diese auf Ziffer I. 1. a) rückbezogen ist, des
landgerichtlichen Urteilsausspruches richtet, wobei jedoch der
landgerichtliche Urteilsausspruch zu Ziffer I. 1. a) nur mit der
Maßgabe aufrechterhalten erhalten wird, dass der Absatz,
der mit den Worten „umfängliches Umgeben und im Wesent-
lichen Einhüllen....“ beginnt, durch den nachfolgenden Absatz
ersetzt wird:
„umfängliches Umgeben und im Wesentlichen Einhüllen der
zylindrischen Fläche des Kernelements, wobei die Schicht
aus Kunststoffmaterial separat und unabhängig um das Kern-
element oder um das die Extrusionsdüse verlassende künftige
Kernelement herum extrudiert wird und in verbundenem Ein-
griff mit dem Kernelement dergestalt steht, dass ein Hindurch-
fließen eines Fluids zwischen dem Kernelement und der Um-
fangsschicht verhindert wird und ein zweischichtiges Produkt
entsteht.“
Dieses Teilurteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten
dürfen die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe
von 500.000,00 € abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der
Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Entscheidungen über die weitergehende Berufung der
Beklagten und über die Kosten des Rechtsstreits bleiben dem
Schlussurteil vorbehalten.
Der Streitwert für dieses Teilurteil wird auf € 500.000,00
festgesetzt.
G r ü n d e :
1
I.
2
Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des europäischen Patents 1 051 xxx (Anlage K
1; deutsche Übersetzung Anlage K 1 a; nachfolgend: Klagepatent). Das Klagepatent,
das in der englischen Verfahrenssprache abgefasst ist, beruht auf einer Anmeldung vom
13. April 1998, die US-amerikanische Prioritäten vom 24. April 1997 und vom 17.
September 1997 in Anspruch nimmt. Der Hinweis auf die Patenterteilung des
Klagepatents wurde am 5. Juni 2003 veröffentlicht. Zu den benannten Vertragsstaaten
des europäischen Klagepatents gehört die Bundesrepublik Deutschland. Das
Klagepatent steht in Kraft.
3
Aufgrund von Einsprüchen der Beklagten zu 1) und 3) gegen das Klagepatent ist das
Klagepatent durch Entscheidung der Einspruchsabteilung des Europäischen
Patentamtes vom 27. Juni 2006 beschränkt aufrecht erhalten worden (vgl. Anlage rop 16
in Verbindung mit Anlage rop 15 sowie insgesamt Anlage HM 1). Die Beklagten zu 1)
und 3) haben gegen diese Entscheidung der Einspruchsabteilung Beschwerden
eingelegt (vgl. Anlage rop 17 und rop 18), über die der Technische Beschwerdesenat
des Europäischen Patentamtes bisher nicht entschieden hat.
4
Die Patentansprüche 1 und 23 des Klagepatents in der durch Entscheidung der
Einspruchsabteilung beschränkt aufrecht erhaltenen Fassung lauten wie folgt:
5
1. A stopper or closure (20) for a product-retaining container constructed for being
inserted und securely retained in a portal -forming neck of the container, the
stopper/closure comprising: a) an elongated, cylindrically shaped core member (22)
formed from foamed plastic material , and b) at least one layer (24) peripherally
surrounding and intimately bonded to the cylindri- cal surface (26) of the core member
(22),
characterised in that
closed cell foamed plastic material that the peripheral layer (24) comprises foamed
plastic material and that the core member (22) and the peripheral layer (24) are formed
by separately and independently extruding the peripheral layer (24) around the ex-
6
truded core member (22) or around the future core member leaving the extrusion dye
whereby a multi-layer /multi-component synthetic stopper/closure (20) is attained which
is capable of completely sealing any desired product in a container and retaining the
product in the container for any desired length of time without any degradation of the
product or degradation of the stopper/closure (20).
7
23. A method of manufacturing a stopper/closure for insertion and secure retention in a
portal -containing neck of a product container,
characterised in that
re comprises an elongated substantially cylindrical core member (22) formed from a
substantially closed-cell foamed plastic material and a layer (24) of plastic material
peripherally surrounding and bonded to the cylindrical surface of the core member (22),
and that the method comprises the following steps: a) extruding an elongated,
substantially closed-cell foamed plastic core member (22), b) peripherally surrounding
and substantially enveloping the cylindrical surface of the the core member by
separately and independently extruding layer (24) of plastic ma- terial around the core
member (22) or around the future core member leaving the ex- trusion dye in bonded
engagement with the core member so as to prevent passage of any fluid between the
core member (22) and the peripheral layer (24) and estab lish a dual-layer product, and
8
c) cutting said dual-layer product in a plane substantially perpendicular to the central
axis of the cylindrical core member (22), thereby producing a multi-layer thermoplas- tic
stopper/closure having the desired length for insertion and retention in the portal of the
neck of the container.
9
In der deutschen Übersetzung , wobei nachfolgend soweit wie möglich auf die deutsche
Übersetzung der erteilten Patentansprüche 1 und 24 in der Klagepatentschrift
zurückgegriffen wird, lauten diese Ansprüche wie folgt:
10
1. Korken oder Verschluss (20) für einen ein Erzeugnis rückhaltenden Behälter,
ausgebildet, um in einen eine Öffnung bildenden Hals eines Behälters eingesetzt und
sicher darin gehalten zu werden, wobei der Stopfen/Verschluss aufweist :
11
a) ein längliches, zylindrisch geformtes Kernelement (22) , das aus geschäumtem
Kunststoffmaterial gebildet ist, und
12
b) mindestens eine Schicht (24), die die zylindrische Oberfläche (26) des Kernelements
(22) peripher umgibt und damit innig verbunden ist,
13
dadurch gekennzeichnet
im Wesentlichen geschlossenporiges, geschäumtes Kunststoffmaterial ist und dass die
periphere Schicht (24) geschäumtes Kunststoffmaterial aufweist und bei dem das
Kernelement (22) und die periphere Schicht (24) dadurch gebildet werden, dass die
periphere Schicht separat und unabhängig um das extrudierte Kernelement oder um das
die Extrusionsdüse verlassende künftige Kernelement herum extrudiert wird, wobei ein
mehrschichtiger/mehrteiliger synthetischer Stopfen/Verschluss (20) erhalten wird, der
geeignet ist, jedes gewünschte Erzeugnis in dem Behälter abzudichten und das
Erzeugnis in dem Behälter für einen gewünschten Zeitraum ohne Qualitätsverlust des
Erzeugnisses oder Verschlechterung des Stopfens/Verschlusses zu halten.
14
23. Verfahren zur Herstellung eines Stopfens/Verschlusses für das Einführen und das
sichere Halten in einen bzw. in einem eine Öffnung enthaltenden Hals eines
Erzeugnisbehälters,
dadurch gekennzeichnet, dass
längliches, im wesentlichen zylindrisches Kernelement (22) , das aus einem im
wesentlichen geschlossenporigen, geschäumten Kunststoffmaterial besteht, und eine
Schicht (24) aus Kunststoffmaterial , das die zylindrische Oberfläche des Kernelements
(22) peripher umgibt und damit verbunden ist, aufweist, und dass das Verfahren die
folgenden
15
Schritte aufweist:
16
a) Extrudieren eines länglichen , im wesentlichen zylindrischen, im wesentlichen
geschlossenporigen, geschäumten Kunststoffkernelements (22),
17
b) peripheres Umgeben und im wesentlichen Einhüllen der zylindrischen Oberfläche
des Kernelements durch eine separat und unabhängig um das Kernelement (22) oder
um das die Extrusionsdüse verlassende künftige Kernelement herum extrudier-
18
te Schicht (24) aus Kunststoffmaterial, die in verbundenem Eingriff mit dem Kern-
element steht , um den Durchfluss von Flüssigkeit zwischen dem Kernelement (22) und
der peripheren Schicht (24) zu verhindern und ein zweischichtiges Erzeugnis zu
schaffen, und c) Zerschneiden des zweischichtigen Erzeugnisses in einer im
wesentlichen senkrecht zur Mittelachse des zylindrischen Kernelements (22)
verlaufenden Ebene, wodurch ein mehrschichtiger, thermoplastischer
Stopfen/Verschluss hergestellt wird, der die gewünschte Länge zum Einführen und
Halten in der Öffnung des Behälterhalses hat.
19
Die Klägerin ist darüber hinaus eingetragene Inhaberin des dieselbe Erfindung
betreffenden deutschen Gebrauchsmusters 298 25 xxx (Anlage K 2; nachfolgend:
Klagegebrauchsmuster), das auf einer Anmeldung vom 13. April 1998 beruht und
dessen Eintragung am 11. November 2004 im Patentblatt bekannt gemacht wurden.
Wegen des Inhalts der in diesem Rechtsstreit interessierenden Schutzansprüche 1 und
25 wird auf die als Anlage K 2 vorliegende Klagegebrauchsmusterschrift verwiesen.
20
Von den Beklagten zu 1) und 3) gestellte Löschungsanträge betreffend das
Klagegebrauchsmuster sind von der Gebrauchsmusterabteilung I des Deutschen
Patent- und Markenamtes durch Beschluss vom 3. Juli 2006 zurückgewiesen worden
(vgl. Anlage HM 3 ). Die Beklagten zu 1) und 3) haben dagegen Beschwerden
eingelegt, über die das Bundespatentgericht bisher nicht entschieden hat.
21
Die Beklagte zu 1), ein in Österreich ansässiges Unternehmen, stellt in Österreich
Weinstopfen aus Kunststoff her (Anlage K 18) die sie in Deutschland anbietet und in den
Verkehr bringt, und zwar unter der Bezeichnung "C", wobei das Anbieten und Vertreiben
dieser Weinstopfen aus Kunststoff in Deutschland auch über die Beklagte zu 3), ein in
Deutschland ansässiges Unternehmen, erfolgt. Die nähere Ausgestaltung dieser
Weinstopfen und zum Teil auch Einzelheiten des Verfahrens zu ihrer Herstellung
ergeben sich aus den Anlagen K 12 bis K 15 sowie Anlagen K 17 bis K 20 sowie
Anlage rop 9, auf die verwiesen wird.
22
Die Klägerin hat geltend gemacht, die zuvor bezeichneten Weinstopfen aus Kunststoff
23
der Beklagten verwirklichten sämtliche Merkmale der Schutzansprüche 1 und 25 des
Klagegebrauchsmusters wortsinngemäß. Außerdem handele es sich bei den angegrif-
fenen Gegenständen um unmittelbare Erzeugnisse des von ihr im Einspruchsverfahren
verteidigten Verfahrenanspruches des Klagepatents. Außerdem verwirklichten diese
Weinstopfen auch den Patentanspruch 1 des Klagepatents, wenn auch nicht
wortsinngemäß, so doch mit patentrechtlich äquivalenten Mitteln.
24
Die Beklagten, die sich unter Hinweis auf Einspruchs- und Löschungsverfahren auf den
mangelnden Rechtsbestand der Klageschutzrechte berufen und deshalb um eine
Aussetzung des Rechtsstreits gebeten haben, haben demgegenüber geltend gemacht,
die angegriffene Ausführungsform verfüge über keine separate , unabhängige periphere
Schicht. Vielmehr sei das geschäumte Material mit dem ungeschäumten Material
untrennbar verschmolzen. Das geschäumte Kunststoffmaterial und das im wesentlichen
im Außenrandbereich vorliegende ungeschäumte Kunststoffmaterial lägen als
zusammenhängender , einteiliger Flaschenstopfen vor. Entgegen der
erfindungsgemäßen Lehre des Patentanspruches 1 des Klagepatents enthalte die
periphere Schicht auch kein geschäumtes Kunststoffmaterial, sondern ausschließlich
ungeschäumtes Kunststoffmaterial, nämlich SBS. Insoweit liege auch keine
patentrechtliche Äquivalenz vor. Schließlich könne bei der angegriffenen
Ausführungsform auch nicht von einem erfindungsgemäßen vollständigen Umhüllen der
zylindrischen Oberfläche des Kernelements durch die periphere Schicht die Rede sein,
da bei der angegriffenen Ausführungsform die Stirnflächen des im wesentlichen
zylindrisch geformten Kernelements nicht von einer peripheren Schicht umgeben seien.
Schon wegen dieser fehlenden Umhüllung sei auch der Verfahrensanspruch des
Klagepatents nicht verwirklicht. Er sei
25
überdies nicht verwirklicht, weil nicht zunächst ein geschäumtes Kunststoffkernelement
extrudiert werde, welches dann mit einer separaten und unabhängigen peripheren
Schicht umgeben und im wesentlichen umhüllt werde, sondern weil stattdessen
zunächst ein nicht geschäumter innerer Bereich und ein nicht geschäumter äußerer
Bereich koextrudiert würden, wobei beide im Grenzbereich miteinander verschmölzen.
Höchst vorsorglich beriefen sie sich im Hinblick auf Ansprüche aus dem
Klagegebrauchsmuster auf eine Weiterbenutzungsrecht in entsprechender Anwendung
von § 123 Abs. 5 PatG i. V. m. § 21 Abs. 1 GebrMG. Sie hätten schon in der Zeit
zwischen der Erteilung des Klagepatents und der Abzweigung und Eintragung des
Klagege-
26
brauchmusters ihre Benutzungshandlungen aufgenommen und dadurch ein
Weiterbenutzungsrecht erlangt. Zu dieser Zeit hätten sie nicht damit rechnen können,
das der
27
Schutzbereich eines aus dem Klagepatent abgezweigten Gebrauchsmusters, welches
zu dieser Zeit noch nicht existierte, über den Schutzbereich der ursprünglich gewährten
Erzeugnisansprüche des Klagepatents hinausgehen werde.
28
Das Landgericht hat die auf die Verletzung des Patentanspruches 1 des Klagepatents
gestützten Klageanträge abgewiesen, der Klage jedoch im Übrigen im Wesentlichen
entsprochen und in der Sache insgesamt wie folgt erkannt:
29
II. Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden
zu ersetzen, der ihr durch die zu I. 1. a) bezeichneten, seit dem 18. 07. 2003
begangenen, sowie durch die zu I. 1.b) und c) bezeichneten, seit dem 11.12. 2004
begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
30
III. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
31
Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass die angegriffene
Ausführungsform den Patentanspruch 1 des Klagepatent nicht verwirkliche, und zwar
auch nicht mit patentrechtlich äquivalenten Mitteln, dagegen würden von der
angegriffenen Ausführungsform jedoch die Merkmale der Schutzansprüche 1 und 25
des Klagegebrauchsmusters wortsinngemäß verwirklicht. Die angegriffene
Ausführungsform stelle sich
32
überdies als ein unmittelbares Erzeugnis des von der Klägerin und Patentinhaberin im
Einspruchsverfahren verteidigten Verfahrensanspruches dar. Es hat ferner die
Auffassung vertreten, dass der von den Beklagten erhobene Einwand unzulässiger
Erweiterung der Ursprungsanmeldung einer Grundlage entbehre und dass der von den
Beklagten entgegengehaltene Stand der Technik es nicht rechtfertige, den
Klageschutzrechten die erforderliche Erfindungshöhe abzusprechen. Es hat daher die
Aussetzungsanträge der Beklagten zurückgewiesen.
33
Gegen dieses Urteil haben sämtliche Parteien Berufung eingelegt. Die Parteien
wiederholen in der Berufungsinstanz ihr erstinstanzliches Vorbringen und ergänzen es.
34
Die Klägerin macht mit ihrer Berufung im Wesentlichen geltend, das Landgericht habe
zu Unrecht eine Verletzung des Patentanspruches 1 des Klagepatents verneint. Die
insoweit vom Landgericht ausgesprochene Klageabweisung beruhe auf einer
Verkennung dessen, was das Klagepatent dem Fachmann offenbare. Da der Fachmann
dem
35
Patent als gleichwirkend und gleichwertig entnehmen könne, dass es auch ausreiche,
wenn die äußere Schicht minimale Anteile an geschäumten Kunststoffmaterial enthalte,
stelle es auch eine äquivalente Verletzung des Klagepatents dar, wenn dieser minimale
Anteil auf Null reduziert würde (vgl. auch BGH GRUR 1992, 594 ff - "mechanische Be-
36
tätigungsvorrichtung"). Hilfsweise begehre sie Schutz für eine Unterkombination des
Patentanspruches 1 des Klagepatents. bei der in dem Merkmal, dass die periphere
Schicht geschäumtes Kunststoffmaterial enthalte, das Wort "geschäumtes" gestrichen
sei.
37
Die Klägerin, die sich gegen eine Aussetzung des Rechtsstreits im Hinblick auf die
38
gegen die Klageschutzrechte anhängigen Einspruchs-Beschwerde- bzw. Löschungs-
Beschwerde-Verfahren wendet, beantragt,
auf ihre Berufung hin die Beklagten in Abänderung des Urteils des Landgerichts
Düsseldorf vom 17. November 2005 - Az. 4b O 356/04 – I. des Weiteren zu
verurteilen,
39
40
II. auf ihre Berufung hin in Abänderung des Urteils des Landgerichts Düsseldorf vom
17.11.2005 Az. 4B O 356/04 des Weiteren festzustellen, dass die Beklag- ten
verpflichtet sind, ihr allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die unter I.1. bezeichneten
und seit dem 18. Juli 2003 begangenen Handlungen entstanden ist und künftig noch
entstehen wird.
41
III. Ziffer I. 1. a) des Urteils des Landgerichts Düsseldorf vom 17.11.2005 – Az. 4b O
356/04 – mit der Maßgabe aufrechtzuerhalten, dass die Beklagten verurteilt werden,
42
IV.
43
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
44
Die Beklagten beantragen,
45
das Urteil der 4b. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 17. November 2005
(Az. 4b O 356/05) abzuändern und die Klage abzuweisen,
46
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen,
47
den Rechtsstreit bis zur rechtskräftigen Entscheidung im anhängigen
Einspruchsverfahren gegen das Klagepatent sowie im anhängigen Löschungsverfahren
gegen das Klagegebrauchsmuster auszusetzen.
48
Die Beklagten verteidigen das landgerichtliche Urteil insoweit als im Ergebnis
zutreffend, als es die Klage abgewiesen hat. Sie erachten jedoch unbeschadet der im
Einspruchs- und Löschungsverfahren ergangenen erstinstanzlichen Entscheidungen
die Klageschutzrechte für nicht rechtsbeständig und bemängeln vor allem, dass das
Landgericht hinsichtlich des Klagegebrauchsmusters von der Rechtsbeständigkeit des
Schutzanspruches 25 ausgegangen sei, ohne sich mit ihrem Argument zu befassen,
dass es sich bei diesem Anspruch der Sache nach um einen im Gebrauchsmusterrecht
unzulässigen Verfahrensanspruch handele. Was die Überlegungen des Landgerichts
zum Rechtsbestand der Klageschutzrechte angehe, könne vor allem auch nicht die
Annahme des Landgerichts überzeugen, dass die Klageschutzrechte sich vom Stand
der Technik maßgeblich dadurch unterschieden, dass in letzterem nur ein nicht
widerstandsfähiger "dünner Film" offenbart werde. Die Lehre der Klageschutzrechte sei
keineswegs auf Ausführungen beschränkt, bei denen die periphere Schicht eine
bestimmte Dicke aufweist. Vielmehr offenbare das Ausführungsbeispiel der
Klageschutzrechte explizit auch eine extrem dünne periphere Schicht, die in der
Beschreibung gleichzeitig als "Haut" bezeichnet werde. Angesichts dessen, dass die
japanische Schrift gemäß Anlage B 6 den dort gelehrten Verschlussstopfen
ausdrücklich als zum Verkorken von Weinflaschen geeignet bezeichne, sei die
49
gegenteilige Annahme des Landgerichts, dass dieser Weinflaschenkorken nicht
widerstandsfähig genug sein könne, um als Weinflachenkorken verwendet zu werden,
nicht mit dem Offenbarungsgehalt dieser Entgegenhaltung in Einklang zu bringen. Sie
erachten das landgerichtliche Urteil überdies aber auch deshalb für fehlerhaft, weil es
sich mit keinem Wort zu dem von ihnen geltend gemachten Weiterbenutzungsrecht
äußere. Dieses Argument sei schlicht übergangen worden, so dass es zu dieser Frage
sogar an einer Entscheidung des Landgerichts fehle. Soweit das Landgericht eine
Verwirklichung der technischen Lehren der Schutzansprüche 1 und 25 des
Klagegebrauchsmusters und des in Rede stehenden Verfahrenanspruches des
Klagepatents bei der angegriffenen Ausführungsform angenommen
habe, habe es die Bedeutung der maßgeblichen Merkmale dieser Ansprüche, deren
Verwirklichung sie bereits in erster Instanz bestritten hätten, verkannt.
50
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt ihrer
Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften des Landgerichts und
des Senats Bezug genommen.
51
II.
52
Soweit der Rechtsstreit zur Endentscheidung reif ist, haben die zulässigen Berufungen
der Parteien keinen Erfolg, wobei allerdings der landgerichtliche Urteilsausspruch zu
Ziffer I. 1. a) angesichts der zwischenzeitlich ergangenen Entscheidung der
Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamtes vom 27. Juni 2006 entsprechend
dem Antrag der Klägerin nur mit der sich aus dem Urteilstenor ersichtlichen Maßgabe
aufrecht zu erhalten war. Der Rechtsstreit ist nur hinsichtlich der von der Klägerin auf
das Klagepatent gestützten Ansprüche zur Endentscheidung reif, so dass insoweit
gemäß § 301 ZPO ein Teilurteil ergehen konnte, während er hinsichtlich der von der
Klägerin auf das Klagegebrauchsmuster gestützten Ansprüche , wie sich aus dem mit
diesem Teilurteil zugleich verkündeten Beschluss des Senats ergibt, noch nicht zur
Endentscheidung reif ist. Der Senat hat insoweit nämlich von der ihm gemäß § 19 Satz
1 GebrMG eingeräumten Möglichkeit der fakultativen Aussetzung des Rechtsstreits bis
zur Erledigung des anhängigen Löschungsverfahrens betreffend das
Klagegebrauchsmuster Gebrauch gemacht.
53
1.
54
Die technische Lehre der in diesem Rechtsstreit zur Zeit allein interessierenden
Patentansprüche 1 und 23 des Klagepatents in der Fassung, die das Klagepatent durch
die Entscheidung der Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamtes vom 27. Juni
2006 erfahren hat, betrifft nach der einleitenden Beschreibung der Klagepatentschrift
Verschlüsse oder Stopfen für Flüssigkeiten, Substrate mit niedriger Viskosität und feine
Festkörper enthaltende Behälter, und insbesondere Verschlüsse oder Stopfen, die aus
55
Kunststoffmaterialien geformt sind und als Flaschenstopfen für einen Behälter verwend-
bar sind (vgl. Klagepatentschrift Abschnitt 0001).
56
Dabei verweist die Klagepatentschrift unter der Überschrift "Background Art" darauf,
dass es angesichts der Vielzahl von Produkten, die zur Ausgabe aus Behältern verkauft
würden, insbesondere Behältern mit runden Hälsen, zahlreiche Konstruktionen für
Behälterstopfen oder Verschlussvorrichtungen für die Öffnungen entwickelt worden
57
seien. Dabei stelle in Flaschen verkaufter Wein auf Grund der zahlreichen und hohen
Anforderungen, die an die für Weinflaschen verwendeten Verschlussvorrichtungen
gestellt würden, das anspruchsvollste Produkt für Flaschenverschlüsse dar. Angesichts
dieser Anforderungen seien die meisten Weinflaschenverschlüsse oder Stopfen aus
einem als "Kork" bekannten Naturmaterial hergestellt worden ( vgl. Klagepatentschrift
Abschnitt 0002 ).
Nach den weiteren Erläuterungen in der Klagepatentschrift ist jedoch der Einsatz von
aus der Korkeiche gewonnenen Kork für Weinflaschen aus verschiedenen Gründen
problematisch. Zum einen seien die vorkommenden Ressourcen an Korkeiche
begrenzt, zum anderen gingen Expertenschätzungen dahin , dass 1 bis 5% des
gesamten in Flaschen abgefüllten Weines durch Korkgeschmack verdorben würden. Es
bestehe überdies bei Flaschenverschlüssen aus dem Kork der Korkeiche die Gefahr
von Undichtigkeiten, und zwar in der Form, dass der Wein insbesondere durch den
Korkenkörper hindurchtrete. Darüber hinaus könne es bei diesen Korkverschlüssen zu
einem Gasaustausch zwischen der Umgebung und dem Flascheninhalt kommen mit der
Folge, dass der Wein oxidiere (vgl. Klagepatentschrift Abschnitte 0004 bis 0019 ).
58
Um diesen Schwierigkeiten zu entgehen , hätten Abfüller verschiedene Beschichtungen
des "Natur"-korkens entwickelt, beispielsweise Parafine, Silikone oder andere Po-
lymermaterialien. Es sei jedoch kein ideales Korkenbeschichtungsprodukt entwickelt
worden (vgl. Klagepatentschrift Abschnitt 0020).
59
Um die Probleme mit den Verschlüssen aus Kork zu vermeiden, seien in der
Vergangenheit wiederholt anderweitige Verschlüsse entwickelt worden, z. B.
synthetische Kunststoffstopfen, Kronkorken aus Metall, Aluminiumkappen,
Kunststoffkappen oder
60
Kombinationen daraus. Sämtliche Alternativverschlüsse seien jedoch den besonders
hohen Anforderungen nicht gerecht geworden, die an in der Weinindustrie verwendete
Verschlussvorrichtungen gestellt werden (vgl. Klagepatentschrift Abschnitt 0003 und
Abschnitte 0023 bis 0027).
61
Die Klagepatentschrift geht insoweit auf zwei Druckschriften näher ein. So wird
zunächst erwähnt, dass in der "European Patent Specification No. 0 496 194" ein
Abdichtungsverschluss beispielsweise für Weinflaschen beschrieben sei, der ein im
wesentlichen zylindrisches Element aus Polystrol enthalte, in welchem ein im
wesentlichen zylindrischer Einsatz aus beispielsweise gemahlenen granuliertem Kork
eingebettet sei (vgl. Klagespatentschrift Abschnitt 0038 ).
62
An diesem Verschluss bemängelt die Klagepatentschrift, dass er für die
Massenproduktion nicht geeignet sei (vgl. Klagepatentschrift Abschnitt 0040 am Ende).
63
Außerdem wird auf die "French Patent Specification No. 2056974" verwiesen und
darauf, dass in ihr ein Verschluss für Behälter zur Verwendung beispielsweise bei der
Kultivierung von Mikroben beschrieben sei, der ein im wesentlichen zylindrisches
inneres Element enthalte, das eine offenzellige Struktur habe und beispielsweise aus
einem geschäumten Silicongummi gebildet sei, sowie einer seitlichen Schicht, die das
innere Element umgebe (vgl. Klagepatentschrift Abschnitt 0039).
64
An diesem bekannten Verschluss kritisiert die Klagepatentschrift, dass der Verschluss
65
porös und daher nicht zur Verwendung als Verschluss für Weinflaschen geeignet sei
(vgl. Klagepatentschrift Abschnitt 0040).
Das Klagepatent bezeichnet es daher als Aufgabe der Erfindung, eine
Verschlusseinrichtung für Behälter zur Verfügung zu stellen, die aus synthetischen
Materialien her-stellbar ist und jede gewünschte Flasche (insbesondere auch eine
Weinflasche) effektiv verschließt und abdichtet. Dabei soll der Verschluss auf der Basis
einer kontinuierlichen Produktion herstellbar sein und damit geringere
Herstellungskosten verursachen als Korkverschlüsse oder andere bekannte
synthetische Verschlüsse (vgl. Klagepatentschrift Abschnitte 28 und 29). Die Erfindung
nach dem Klagepatent will überdies Ver-
66
fahren zur Herstellung solcher Verschlüsse zur Verfügung stellen.
67
Zur Lösung der vorgenannten Aufgaben wird in dem Patentanspruch 1 des Klagepa-
tents in der Fassung der Einspruchsabteilung des EPA ein näher beschriebener Stopfen
oder Verschluss vorgeschlagen und in dem Patentanspruch 23 des Klagepatents in der
Fassung der Einspruchsabteilung des EPA ein näher beschriebenes Verfahren.
68
Merkmalsmäßig gegliedert stellen sich die Lösungen wie folgt dar:
69
Patentanspruch 1:
70
1. Mehrschichtiger/mehrteiliger synthetischer Stopfen oder Verschluss (20) für einen
ein Erzeugnis rückhaltenden Behälter,
71
72
2. Der Stopfen (20) a) ist ausgebildet, um in einen eine Öffnung bildenden Hals eines
Behälters ein-
73
74
gesetzt und darin sicher gehalten zu werden,
75
b) ist geeignet, jedes gewünschte Erzeugnis in dem Behälter abzudichten und das
Erzeugnis in dem Behälter für einen gewünschten Zeitraum ohne Quali- tätsverlust
des Erzeugnisses oder Verschlechterung des Stopfens/Verschlus- ses (2) zu halten.
76
3. Der Stopfen weist auf: a) ein längliches, zylindrisch geformtes Kernelement (22), b)
mindestens eine Schicht (24), welche die zylindrische Oberfläche (26) des
Kernelements (22) peripher umgibt.
77
78
(4)Das Kernelement (22) ist aus geschäumten , im Wesentlichen geschlossenpori- gem
Kunststoffmaterial gebildet.
79
(5)Die periphere Schicht (24)
80
a) enthält geschäumtes Kunststoffmaterial,
81
b) ist innig mit der zylindrischen Oberfläche (26) des Kernelements (22) verbun- den.
82
(6)Sowohl das Kernelement (22) als auch die periphere Schicht (24) werden da durch
gebildet, dass die periphere Schicht separat und unabhängig um das extru- dierte
Kernelement oder um das die Extrusionsdüse verlassene künftige Kernele-
83
ment herum extrudiert wird.
84
Patentanspruch 23:
85
1. Verfahren zur Herstellung eines Korkens oder Verschlusses (20)
86
87
2. Der Korken oder Verschluss (20) ist dafür vorgesehen, in einen eine Öffnung ei-
nes Hals eines Erzeugnisbehälters eingeführt und darin sicher gehalten zu wer-
den.
88
89
3. Der Korken oder Verschluss (20) umfasst
90
91
a) ein längliches, im Wesentlichen zylindrisches Kernelement (22),
92
b) eine Schicht (24), welche die zylindrische Fläche des Kernelements (22) ent- lang
des Umfangs umgibt.
93
4. Das Kernelement (22) ist aus einem im Wesentlichen geschlossenzelligen
Schaumkunststoffmaterial hergestellt.
94
95
5. Die Schicht (24)
96
97
a) besteht aus Kunststoffmaterial,
98
b) ist innig mit der zylindrischen Fläche des Kernelements (22) verbunden.
99
6. Das Herstellungsverfahren umfasst folgende Schritte:
100
101
a) Extrudieren eines länglichen , im Wesentlichen zylindrischen Kernelements (22),
das aus einem im Wesentlichen geschlossenzelligen Schaumkunststoff besteht,
102
b) umfängliches Umgeben und im Wesentlichen Einhüllen der zylindrischen Flä- che
des Kernelements (22), wobei die Schicht aus Kunststoffmaterial separat und
unabhängig um das Kernelement oder das die Extrusionsdüse verlassen- de künftige
Kernelement herum extrudiert wird und in verbundenem Eingriff mit dem Kernelement
(22) steht, dergestalt, dass ein Hindurchfließen eines Fluids
103
zwischen dem Kernelement (22) und der Umfangsschicht (24) verhindert wird und ein
zweischichtiges Produkt entsteht,
104
c) Schneiden des zweischichtigen Produkts in einer Ebene, die im Wesentlichen im
rechten Winkel zu der Mittelachse des zylindrischen Kernelements (22
105
verläuft, wodurch ein mehrschichtiger thermoplastischer Korken oder Ver- schluss
entsteht, der die gewünschte Länge zum Einführen in die Öffnung des Halses des
Behälters aufweist.
106
Nach dem Merkmal 1 des Patentanspruches 1 soll es sich bei dem erfindungsgemäßen
Stopfen oder Verschluss um einen mehrschichtigen/mehrteiligen synthetischen Stopfen
oder Verschluss ("multi-layer/multi-component synthetic stopper/ closure") handeln. Was
es mit dieser Mehrschichtigkeit bzw. Mehrteiligkeit auf sich hat, ergibt sich aus dem
Merkmal 3 , wonach der Stopfen aus (a) einem Kernelement nach Maßgabe des
Merkmals 3 a und des Merkmals 4 und (b) einer peripheren Schicht nach Maßgabe des
Merkmals 3 b und des Merkmals 5 bestehen soll, wobei beide Schichten entsprechend
Merkmal 6 durch Extrusion hergestellt bzw. gebildet sein sollen, wobei das Merkmal 6
des Patentanspruches 1 des Klagepatents die vorzunehmende Extrusion näher
umschreibt. Hinzuweisen ist darauf, dass die Merkmalsgruppe 5, nämlich Merkmal 5 a
107
des Patentanspruches 1 des Klagepatents voraussetzt, dass die periphere Schicht
geschäumtes Kunststoffmaterial enthält, während die Merkmalsgruppe 5 des
Patentanspruches 23 in Merkmal 5 a) lediglich verlangt, dass die periphere Schicht
Kunststoffmaterial enthält.
Was Merkmal 3 b des Patentanspruches 23 angeht, wonach der Korken oder
Verschluss (20) eine Schicht (24) umfasst, welche die zylindrische Fläche des
Kernelements (22) entlang des Umfangs umgibt, macht schon der Wortsinn deutlich,
dass die Schicht (24) die Endflächen 27, 28 des Kernelements umgeben muss. Es geht
nur darum, die zylindrische Fläche des Kernelements mit der peripheren Schicht zu
umgeben (vgl. auch Merkmale 6 b ). Überdies ist zur Begründung, dass dies die
Sichtweise des von dem Klagepatent angesprochenen Fachmanns von diesem
Merkmal ist, auch in vollem Umfang auf die zutreffenden Ausführungen auf Seite 28
unter 2 a) des ange-
108
fochtenen Urteils zu verweisen.
109
Soweit der Patentanspruch 23 des Klagepatents im Hinblick auf das Verfahren in der
Merkmalsgruppe 6 nacheinander bestimmte Verfahrensschritte nennt, ist dies nicht
dahin zu verstehen, dass der Schritt a) zwingend vor dem Schritt b) gemacht werden
muss, sondern diese Merkmalsgruppe lässt es vielmehr auch zu, die beiden Schritte im
We-sentlichen gleichzeitig zu machen, also eine sog. Co-Extrusion vorzusehen. Für den
Patentanspruch 23 des Klagepatents ist dies zum Beispiel durch die Neufassung des
Merkmals 6 b) durch die Entscheidung der Einspruchsabteilung des Europäischen
Patentamtes klargestellt, da es in diesem Merkmal nunmehr heißt "oder das die
Extrusionsdüse verlassende künftige Kernelement herum extrudiert wird". Ergänzend
kann auch auf die Entscheidung der Einspruchsabteilung des EPA (Anlage rop 16; dt.
Übersetzung Anlage rop 16 a S. 4, 2. Abs.) verwiesen werden. Die Ausführungen des
Landgerichts auf den Seiten 29 und 30 des angefochtenen Urteil zu Ziffer 2 c)
beanspruchen somit für den nunmehr geänderten Anspruch 23 erst recht Geltung.
110
Wenn es in der hier interessierenden, zuvor genannten Alternative des Merkmals 6 b)
heißt , dass die - in Merkmal 5 näher beschriebene - Schicht aus Kunststoffmaterial
separat und unabhängig um das die Extrusionsdüse verlassende künftige Kernelement
herum extrudiert wird, dann ist dem durch die Klagepatentschrift angesprochenen
Durchschnittsfachmann schon aufgrund des Wortlauts dieses Anspruchsmerkmals klar,
dass es nicht etwa darum geht, die äußere Schicht und das Kernelement separat und
unabhängig – insbesondere durch voneinander getrennte Extrusionsdüsen - zu
extrudieren. Gemeint ist ersichtlich auf dem Hintergrund dessen, dass äußere Schicht
und Kernelement des fertigen Produkts unterschiedliche Eigenschaften aufweisen
sollen, dass eine homogene Vermischung der für die Bildung der äußeren Schicht und
des Kernelements bestimmten aufgeschmolzenen Materialien vermieden werden soll.
Dass das Material der äußeren Schicht bei einer Co-Extrusion mit dem Material des
Kernelements in Grenzbereichen verschmilzt, ist, wie der Durchschnittsfachmann ohne
weiteres erkennt, aber auch der Beschreibung der Klagepatentschrift entnehmen kann
(vgl. dt. Übersetzung Anlage K 1 a Seiten 32,33), erwünscht. Anspruch 23 schließt es
nicht aus, dass die miteinander in Grenzbereichen verschmolzenen Polymermassen der
peripheren Schicht und des Kernelements gemeinsam die Extrusionsdüse verlassen.
111
Dies ist vielmehr ein Sachverhalt der von der hier interessierenden 2. Alternative des
Merkmals 6 b) des Patentanspruches 23 ausdrücklich vorgesehen ist. Im Übrigen kann
112
ergänzend auf die zutreffenden Darlegungen des Landgerichts auf den Seiten 28, 29
des angefochtenen Urteils zu Ziffer 2 b) verwiesen werden.
Ausgehend von den zuvor dargestellten technischen Lehren des Patentanspruches 1
und des Patentanspruches 23 des Klagepatents ist festzustellen, dass die angegriffe-ne
Ausführungsform den Patentanspruch 1 des Klagepatents nicht verwirklicht, dass sie
sich jedoch als ein unmittelbares Verfahrenserzeugnis nach dem Verfahrensanspruch
23 des Klagepatents darstellt.
113
a) Bei der angegriffenen Ausführungsform besteht die periphere Schicht im Sinne des
Merkmals 3 b) und der Merkmalsgruppe 5 des Patentanspruches 1 des Klagepatents
ausschließlich aus ungeschäumten Kunststoffmaterial, nämlich SBS. Damit macht sie
vom Wortsinn des Merkmals 5 a) keinen Gebrauch. Dass eine wortsinngemäße
Verwirklichung dieses Merkmals gegeben sei, wird auch von der Klägerin selbst nicht
geltend gemacht.
114
Entgegen der Auffassung der Klägerin liegen insoweit aber auch nicht die
Voraussetzungen patentrechtlicher Äquivalenz vor, so dass die angegriffene
Ausführungsform auch nicht unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt in den
Schutzbereich des Patentanspruchs 1 des Klagepatents einbezogen werden kann.
115
Unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Äquivalenz kann eine vom Wortsinn
abweichende Ausführungsform nur dann in den Schutzbereich einbezogen werden,
wenn sie das der Erfindung zu Grunde liegende technische Problem mit
abgewandelten, aber objektiv im wesentlichen gleichwirkenden Mitteln löst und seine
Fachkenntnisse den Fachmann befähigen, die abgewandelten Mittel als im wesentlich
gleichwirkend aufzufinden, wobei die Überlegungen, die der Fachmann anstellen muss,
derart am Sinngehalt der im Patentanspruch unter Schutz gestellten technischen Lehre
orientiert sein müssen, dass der Fachmann die abweichende Ausführung mit ihren
abgewandelten Mitteln als eine der gegenständlichen Lösung gleichwertige Lösung in
Betracht zieht
116
(vgl. z. B. BGHZ 150, 161 ff = GRUR 2002, 511 ff = Mitt. 2002, 228 ff –
Kunststoffhohlprofil). Diese Voraussetzungen patentrechtlicher Äquivalenz liegen hier
nicht vor.
117
Was das Landgericht – bei unterstellter technischer Gleichwirkung und bei unterstelltem
Naheliegen für den Durchschnittsfachmann – auf den Seiten 23 bis 28 des
angefochtenen Urteils zur Gleichwertigkeit ausführt, mit dem Ergebnis der Verneinung
von Äquivalenz, ist zutreffend, so dass der Senat auf diese Ausführungen verweisen
kann. Insbesondere sind die Ausführungen des Landgerichts auf Seite 27 seines Urteils
tragfähig; sie zeigen, dass der Durchschnittsfachmann davon ausgeht, Anspruch 1 des
Klagepatents wolle im Hinblick auf das angestrebte Ziel, auch der äußeren Schicht eine
gewisse Elastizität zu verleihen, mit der Forderung, eine gewisse Menge geschäumten
Kunststoffmaterials zu verwenden, gleichsam auf "der sicheren Seite" bleiben und
keinesfalls die an sich nach dem Anspruchswortlaut zugelassene Minimierung bis zum
Wert "Null" treiben. Der völlige Verzicht auf geschäumte Materialanteile, wie er bei der
angegriffenen Ausführungsform verwirklicht ist, kann schon deshalb nicht als
gleichwertiges Ersatzmittel angesehen werden; eine anderes, die Eigenschaften von
geschäumten Material aufweisendes Ersatzmittel nennt die Klägerin ohnehin nicht. Es
kann nicht in irgendeinem auch ungeschäumt elastischen Kunststoffmaterial bestehen,
118
denn Anspruch 1 des Klagepatents umfasst jeglichen Kunststoff, der - gleich welche
Eigenschaften er sonst noch haben mag – immer (auch) geschäumte Anteile umfassen
soll.
Zu Unrecht beruft sich die Klägerin in diesem Zusammenhang auf BGH, GRUR 1992,
594, 597 – mechanische Betätigungsvorrichtung. Denn hier hat der Bundesgerichtshof
ausdrücklich festgehalten, dass es für den auf "Null" verkürzten 2. Hüllenabschnitt
durchaus ein gleichwirkendes (und gleichwertiges) Ersatzmittel gebe, nämlich den
unmittelbaren Anschluss der dem Kupplungspedal zugewandten Hüllenverlängerung
an der Fahrzeugwand (so durchaus auch zutreffend die Beklagten auf Seite 4 des
Schriftsatzes vom 24. April 2007/Bl. 371 GA).
119
Was daher die Klägerin der Sache nach und gemäß dem Schriftsatz vom 7. April 2006
(Seiten 19,20 ff /Bl. 280, 281 ff GA) auch ausdrücklich hilfsweise geltend macht, ist
daher eine Unterkombination. Der Schutz für eine Unterkombination aus dem
Klagepatent als einem im Jahr 1998 angemeldeten europäischen Patent kommt jedoch
nicht in Be
120
tracht (vgl. Senat, Mitt. 2001, 28, 32 – Abflußrohre; vgl. auch BGH, GRUR 2002, 511,513
-Kunststoffrohrteile). Schon aus Gründen der Rechtssicherheit geht es nicht an, das
Teilmerkmal "geschäumtes" einfach zu streichen.
121
Das Landgericht hat daher zu Recht eine Verwirklichung der erfindungsgemäßen
technischen Lehre des Patentanspruches 1 des Klagepatents verneint, wobei dies in
gleicher Weise auch für den durch die Entscheidung der Einspruchsabteilung des
Europäischen Patents beschränkt aufrecht erhalten gebliebenen Patentanspruch 1 des
Klage-patents gilt. Die Berufung der Klägerin gegen die Abweisung des auf den
Patentanspruch 1 des Klagepatents gestützten Klagebegehrens war daher
zurückzuweisen.
122
b) Ausgehend von der oben dargelegten Sichtweise des durch die Klagepatentschrift
angesprochenen Durchschnittsfachmannes von der technischen Lehre des
Patentanspruches 23 des Klagepatents war aber auch die Berufung der Beklagten
gegen ihre auf diesen Anspruch gestützte Verurteilung zurückzuweisen, wobei lediglich
dem Umstand Rechnung zu tragen war, das dieser Anspruch im Merkmal 6 b) durch die
Entscheidung der Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamtes eine Änderung
erfahren hat, die jedoch die zutreffenden landgerichtlichen Feststellungen dazu, dass
die angegriffene Ausführungsform ein unmittelbares Verfahrenserzeugnis des durch das
Klagepatent geschützten Verfahrens ist, unberührt lassen.
123
Die mit der Klage angegriffenen Gegenstände gemäß Anlage K 18 sind Weinstopfen
und somit Korken oder Verschlüsse im Sinne des Merkmals 1, die entsprechend dem
Merkmal 2 dafür vorgesehen sind, in einen eine Öffnung enthaltenden Hals eines
Erzeugnisbehälters, nämlich einer Weinflasche, eingeführt und darin sicher gehalten zu
werden.
124
Wie der Anlage K 18 und auch der eigenen Darstellung der Beklagten gemäß Anlage
rop 9 zu entnehmen ist, verwirklicht die angegriffene Ausführungsform auch die
Merkmalsgruppe 3. So umfasst der angegriffene Weinstopfen ein längliches, im
Wesentlichen zylindrisches Kernelement und eine Schicht, welche die zylindrische
Fläche des Kernelements entlang des Umfangs umgibt. Dass zu der zylindrischen
125
Umfangsfläche,
welche es zu umgeben gilt, die beiden Stirnflächen des Kernelements nicht gehören, ist
oben unter Ziffer II.1. in Übereinstimmung mit dem Landgericht (vgl. Seite 28 des
Urteils/Bl. 201) näher dargelegt worden, so dass es der Verwirklichung des Merkmals 3
b) nicht entgegensteht, wenn die Stirnflächen des Kernelements von der peripheren
Schicht nicht umgeben sind.
126
Unstreitig ist das Kernelement des angegriffenen Weinstopfens aus einem im
Wesentlichen geschlossenzelligen Schaumkunststoffmaterial hergestellt (Merkmal 4).
127
Wie die Anlage K 18 deutlich macht, besteht entsprechend dem Merkmal 5 a) die
periphere Schicht aus Kunststoffmaterial. Mehr verlangt Merkmal 5 a) des
Patentanspruches 23 des Klagepatents nicht, insbesondere nicht wie Merkmal 5a) des
Patentanspruches 1 des Klagepatents Anteile geschäumten Kunststoffmaterials. Diese
Schicht ist, wie sowohl die Anlage K 18 als auch die Anlage rop 9 erkennen lassen,
innig mit der zylindrischen Fläche des Kernelements verbunden (Merkmal 5 b).
128
Das Herstellungsverfahren umfasst, wie sich im Wesentlichen insbesondere aus der
Anlage rop 9 ergibt, das Extrudieren eines länglichen, im Wesentlichen zylindrischen
Kernelements, das aus einem im Wesentlichen geschlossenzelligen Schaumkunststoff
besteht (Merkmal 6 a) in Verbindung mit einem umfänglichen Umgeben und im
Wesentlichen Einhüllen der zylindrischen Fläche des Kernelements, wobei die
periphere Schicht auch entsprechend Merkmal 6 b) im oben unter Ziffer II.1. erläuterten
Sinn separat und unabhängig um das die Extrusionsdüse verlassende künftige
Kernelement herum extrudiert wird und in verbundenem Eingriff mit dem Kernelement
steht, dergestalt, das ein Hindurchfließen eines Fluids zwischen dem Kernelement und
der Umfangsschicht verhindert wird und ein zweischichtiges Produkt entsteht. Wie sich
aus den obigen Ausführungen ergibt, steht der Umstand, dass bei der angegriffenen
Ausführungsform Kernelement und periphere Schicht zeitgleich im sogenannten Co-
Extrusionsverfahren extrudiert werden und dies nicht durch voneinander getrennte
Extrusionsdüsen erfolgt, sondern durch nur eine Extrusionsdüse und dass das Material
der äußeren Schicht mit dem Material des Kernelements in Grenzbereichen verschmilzt
der wortsinngemäßen Verwirklichung des Merkmals 6 b) nicht entgegen. Es entsteht
129
auch dann noch das angestrebte zweischichtige Produkt und nicht, wie die Beklagten
130
vorgetragen haben, ein lediglich zusammenhängender, einteiliger (=einschichtiger)
Flaschenstopfen. Es wird , wie die Anlage rop 9 deutlich macht, vielmehr auch bei der
Herstellung des angegriffenen Weinstopfens eine homogene Vermischung der für die
Bildung der äußeren Schicht und des Kernelements bestimmten aufgeschmolzenen
Materialien vermieden.
131
Schließlich erfolgt auch bei der Herstellung des angegriffenen Erzeugnisses
entsprechend Merkmal 6 c) ein Schneiden des zweischichtigen Produkts in einer
Ebene, die im Wesentlichen im rechten Winkel zu der Mittelachse des zylindrischen
Kernelements verläuft, wodurch ein mehrschichtiger Korken oder Verschluss
(Weinstopfen) entsteht, der die gewünschte Länge zum Einführen in die Öffnung des
Halses des Behälters auf-weist.
132
Sämtliche Merkmale des Patentanspruches 23 des Klagepatents in der durch
133
Entscheidung der Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamtes aufrecht
erhaltenen Fassung werden daher bei Herstellung des angegriffenen Erzeugnisses
verwirklicht, so dass sich dieses als unmittelbares Erzeugnis des geschützten
Verfahrens darstellt.
3.
134
Das Landgericht hat unter Ziffer III. der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils
im Einzelnen ausgeführt, aufgrund welcher weiteren Tatumstände und
Rechtsvorschriften der Klägerin die zuerkannten Ansprüche gegen die Beklagten im
Hinblick auf
135
die Verletzung des in Rede stehenden Verfahrensanspruches des Klagepatents
zustehen und dabei u. a. zu Recht auf Art. 64 EPÜ , §§ 139 Abs. 1 und 2, 9 Nr. 3 PatG
sowie auf die §§ 140 a, 140 b PatG sowie §§ 242,259 BGB verwiesen. Diese
Ausführungen, die sich der Senat zu eigen macht, sind nur insoweit zu ergänzen, als die
nunmehr ausgesprochene Verurteilung der Beklagten entsprechend dem der
Neufassung des Patentanspruches 23 des Klagepatents durch die Einspruchsabteilung
Rechnung tragenden Antrag der Klägerin beide Varianten des Merkmals 6 b) des
Patentanspruches 23 umfasst.
136
Da die von dem Merkmal 6 b) erfassten beiden Sachverhalte, nämlich einmal das Um-
137
geben und Einhüllen des Kernelements und zum anderen das Umgeben und Einhüllen
138
des die Extrusionsdüse verlassenden künftigen Kernelements, sehr ähnlich sind und
eng bei einander liegen, begründet die Verwirklichung des einen Sachverhalts in der
Vergangenheit (Umgeben und Einhüllen des die Extrusionsdüse verlassenden
künftigen Kernelements) nicht nur die Wiederholungsgefahr für diese Variante, sondern
rechtfertigt auch die Annahme einer Begehungsgefahr für die andere Variante
(Umgeben und Einhüllen des Kernelements)
139
4.
140
Mit dem Einwand des mangelnden Rechtsbestandes des Patentanspruchs 23 des
Klagepatents in der durch Entscheidung der Einspruchsabteilung des Europäischen Pa-
tentamtes beschränkt aufrecht erhaltenen Fassung können die Beklagten keinen Er-folg
im Sinne einer Aussetzung des Rechtsstreits bis zur rechtskräftigen Entscheidung im
Einspruchsverfahren haben.
141
Nach ständiger , vom Bundesgerichtshof (vgl. GRUR 1987, 284 – Transportfahrzeug)
gebilligter Rechtsprechung des Senats ist bei der Aussetzung eines
Patentverletzungsrechtsstreits wegen eines gegen das Klagepatent ergriffenen
Rechtsbehelfs Zurückhaltung geboten. Eine zu großzügige Aussetzung hätte zur Folge,
dass das ohnehin zeitlich begrenzte Ausschließlichkeitsrecht des Patentinhabers
praktisch suspendiert und Rechtsbehelfe gegen erteilte Patente geradezu
herausgefordert würden. Sie stünde überdies im Widerspruch zu dem Grundsatz, dass
Rechtsbehelfen gegen Patente kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung zukommt.
Deshalb sieht sich der Senat im Allgemeinen in derartigen Fällen nur dann zu einer
Aussetzung nach § 148 ZPO veranlasst, wenn die Vernichtung bzw. der Widerruf des
Klagepatents nicht nur möglich, sondern wahrscheinlich ist, zum Beispiel , weil das
142
Klagepatent im Stand der Technik entweder neuheitsschädlich vorweggenommen oder
die Erfindungshöhe so fragwürdig geworden ist, dass sich für ihr Zuerkennung kein
vernünftiges Argument finden lässt. An diesen Grundsätzen hat sich auch durch die
Entscheidung "Steinknacker" des Senats (Mitt. 1997, 2557 – 261) im Kern nichts
geändert. Nach dieser Entscheidung ist die Frage der Aussetzung des
Patentverletzungsstreites in zweiter Instanz lediglich unter etwas weniger strengen
Gesichtspunkten zu beurteilen, wenn - wie hier – bereits ein erstinstanzliches Urteil
zugunsten des Patentinhabers vorliegt, aus dem dieser gegen
Sicherheitsleistung vollstrecken kann. So kann in einer solchen Situation der Umstand,
dass ein gegen ein erteiltes Patent ergriffener Rechtsbehelf sich nur auf bereits
gewürdigten Stand der Technik stützt, nicht von vornherein eine Zurückweisung des
Aussetzungsbegehrens rechtfertigen. Aber auch nach dieser Entscheidung ist eine
Aussetzung erst dann geboten, wenn die Vernichtung oder der Widerruf des Patents
nicht nur möglich, sondern wahrscheinlich sind. Hier lässt sich jedoch nicht feststellen,
dass die Beschwerden der Beklagten zu 1) und 3) gegen die Entscheidung der
Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamtes (Anlage rop 16/dt. Übersetzung
Anlage rop 16 a) wahrscheinlich zu einem Widerruf des Patentanspruches 23 des
Klagepatents führen werden, sondern im Gegenteil spricht der Umstand, dass die
sachkundige Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamtes unter
Berücksichtigung der Entgegenhaltungen der Einsprechenden das Klagepatent mit dem
Verfahrensanspruch 23 in dem Umfang aufrecht erhalten hat, in dem die Klägerin aus
ihm Schutz begehrt, gerade dafür, dass die Beschwerden der Beklagten zu 1) und 3)
keinen weitergehenden Erfolg haben werden.
143
Die mit den Beschwerden der Beklagten zu 1) und 3) behaupteten groben Fehler der
Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamtes sind jedenfalls im Hinblick auf den
hier in Rede stehenden Verfahrensanspruch 23 des Klagepatents nicht ersichtlich,
insbesondere ist insoweit nicht der Tatbestand der unzulässigen Erweiterung zu
erkennen.
144
Dafür, dass Patentanspruch 23 des Klagepatents durch eine der Entgegenhaltungen der
Beklagten neuheitsschädlich vorweggenommen ist, ist nichts ersichtlich, wobei diese
Feststellung auch im Hinblick auf die JP 60 -204316 (Anlage B 6) gilt. Derartiges
145
wird auch von den Beklagten nicht geltend gemacht.
146
Es geht also letztlich "nur" um die Bewertung, ob eine für den Patentschutz
hinreichende erfinderische Tätigkeit vorliegt. Insoweit hat die Einspruchsabteilung des
Europäischen Patentamtes unter Ziffer 4.3 der Begründung seines Beschlusses (Seiten
7 und 8 der dt. Übersetzung gemäß Anlage rop 16 a) die Entgegenhaltungen der
Beklagten inhaltlich zutreffend gewürdigt und eine durchaus vertretbare Bewertung
vorgenommen, hinsichtlich derer der Senat nicht festzustellen vermag, dass sie
wahrschein-
147
lich im Einspruchsbeschwerdeverfahren nicht halten wird.
148
Dies gilt selbst dann, wenn man anders als die Einspruchsabteilung des Europäischen
(vgl. hierzu Seite 7 oben der dt. Übersetzung gemäß Anlage rop 16 a) bezweifelt, dass
der nach der JP- 60204316 (Anlage B 6) hergestellte Stopfen für den
Durchschnittsfachmann ersichtlich Unterschiede zu einem durch Extrudieren
149
hergestellten zweischichtigen Stopfen aufweist. Denn auch dann stellt sich für den
Durchschnittsfachmann die auch von der Einspruchsabteilung des Europäischen
Patentamtes (vgl. Ziffer 4.4 der Begründung am Anfang) gestellte Frage nach einer
Verbesserung des Herstellungsverfahrens für derartige Stopfen.
Die Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamtes hat ihre Bewertung im Hinblick
auf das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit in durchaus vertretbarer Weise da-
150
mit begründet, der Durchschnittsfachmann orientiere sich nicht an den in den
Entgegenhaltungen gemäß Anlagen B 8, B 10 – B 13 offenbarten Extrusionsverfahren,
um daraus Anregungen für eine Verbesserung des aus der JP- 60 -204316 (Anlage B 6)
bekannten Herstellstellungsverfahrens zu entnehmen. Auch wenn die Beklagten im
Einspruchs-Beschwerdeverfahren weitere Belege für die allgemeine Bekanntheit und
Geläufigkeit des Co-Extrusionsverfahrens bei Schaumstoffartikeln vorlegen, bleibt noch
das von der Einspruchsabteilung angeführte Zeitargument, da es sich bei den von den
Beklagten eingereichten Dokumenten um solche handelt, die schon vor langer Zeit
veröffentlicht worden sind, ohne dass bis zur Anmeldung des Klagepatents zur dem
vorteilhaften Verfahren des Klagepatents zur Herstellung von Korken oder
Verschlüssen, insbesondere von Weinflaschen, gefunden worden wäre.
151
Nach alledem lässt sich nicht feststellen, dass die Beklagten zu 1) und 3) mit ihren Be-
schwerden gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung des Europäischen
Patentamtes wahrscheinlich Erfolg haben werden.
152
5. Da über die mit der Klage geltend gemachten und auf das Klagegebrauchsmuster
gestützten Anträge derzeit mangels Entscheidungsreife noch nicht entschieden werden
153
kann, ist auch das Ausmaß des gegenseitigen Obsiegens und Unterliegens der Partei
154
en in diesem Rechtsstreit ungewiss, so dass nicht nur die Entscheidung über die
weitergehende Berufung der Beklagten, sondern auch über die Kosten des
Rechtsstreits dem Schlussurteil vorzubehalten war.
155
Die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 108 ZPO.
156
Es bestand kein Anlass, die Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, da die
Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts
oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revi-
157
sionsgerichts nicht erfordert.
158