Urteil des OLG Düsseldorf vom 07.12.2004

OLG Düsseldorf: gerichtsstand, gebühr, beschränkung, grundbuch, kreis, datum

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Oberlandesgericht Düsseldorf, I-10 W 80/04
07.12.2004
Oberlandesgericht Düsseldorf
10. Ziviilsenat
Beschluss
I-10 W 80/04
Die weitere Beschwerde der Kostengläubigerin vom 28.06.2004 gegen
den Beschluss der 6. Zivilkammer des Landgerichts Krefeld vom
14.06.2004 wird zurückgewiesen.
Das Verfahren über die weitere Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten
wer-den nicht erstattet.
G r ü n d e:
I.
Die weitere Beschwerde der Kostengläubigerin ist gemäß § 14 Abs. 3 S. 2 und 3 KostO
zulässig.
Das Amtsgericht Krefeld hatte mit Kostenrechnung vom 11.02.2004 (Bl. 196 GA) der in den
neuen Bundesländern ansässigen Kostenschuldnerin für die Eintragung einer
Eigentumsänderung im Grundbuch von Krefeld eine volle Gebühr in Rechnung gestellt. Die
hiergegen eingelegte Erinnerung der Kostenschuldnerin - gerichtet auf Ermäßigung der
Gebühr um 10 % gemäß Einigungsvertrag Art. 8, Anlage I, Kap. III, Sachgebiet A, Abschnitt
III Ziff. 20 a - hat das Amtsgericht Krefeld mit Beschluss vom 05.04.2004 (Bl. 202 f GA)
zurückgewiesen. Diese Entscheidung hat das Landgericht Krefeld auf die Beschwerde der
Kostenschuldnerin mit Beschluss vom 14.06.2004 (Bl. 206 ff GA) aufgehoben und das
Amtsgericht angewiesen, eine neue Kostenrechnung unter Berücksichtung der
Gebührenermäßigung von 10 % zu erstellen. Es hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung
der zur Entscheidung stehenden Frage die weitere Beschwerde zugelassen, die sodann
von der Staatskasse eingelegt worden ist und nunmehr zur Entscheidung des Senats
ansteht.
II.
Die weitere Beschwerde der Staatskasse ist unbegründet. Zu Recht geht die angefochtene
Beschwerdeentscheidung davon aus, dass die in den neuen Bundesländern ansässige
Kostenschuldnerin sich auf die Gebührenermäßigung gemäß Einigungsvertrag Art. 8,
Anlage I, Kap. III, Sachgebiet A, Abschnitt III Ziff. 20 a berufen kann, auch wenn die
Gebühren für eine Eintragung im Grundbuch bei dem Amtsgericht in Krefeld angefallen
sind.
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Es ist zwar streitig, ob die Gebührenermäßigung für Gerichtskosten allein auf den Kreis der
Normadressaten abstellt und mithin für alle Kostenschuldner gilt, die ihren Sitz im
Beitrittsgebiet haben, oder ob als weitere Voraussetzung auch der territoriale
Regelungsbereich des Einigungsvertrages zu beachten ist mit der Konsequenz, dass sich
die Ermäßigung auf Gebühren der Gerichte im Beitrittsgebiet beschränkt. Der Senat folgt
jedoch der vom BGH (vgl. MDR 1996, 205) vertretenen, erstgenannten Auffassung (vgl.
schon in OLGR 1995, 279; OLG Nürnberg MDR 1998, 371; OLG Karlsruhe OLGR 2001,
461 f; OLG Schleswig-Holstein OLGR 2003, 402; Hartmann, Kostengesetze, 32. Aufl., § 11
GKG, Vorbem.; a.A. noch OLG Schleswig-Holstein DNotZ 1996, 922ff; OLG Stuttgart
Rplfeger 1996, 481f; OLG Hamm JurBüro 1997, 146 f). Die im Einigungsvertrag nebst
Anlage getroffene Regelung ist klar gefasst und stellt ihrem Wortlaut nach allein darauf ab,
ob der Kostenschuldner seinen allgemeinen Gerichtsstand im Beitrittsgebiet hat. Nicht der
territoriale Geltungsbereich der gesetzlichen Regelung, sondern der Kreis der
Normadressaten wird begrenzt. Damit ist es für die Anwendung der Gebührenermäßigung
ohne Belang, ob die Gebühren bei einem Gericht in den alten oder neuen Bundesländern
anfallen. Diese Auffassung entspricht dem Sinn und Zweck der Regelung. Nach der
gesetzgeberischen Motivation sollte den abweichenden Lebensverhältnissen,
insbesondere hinsichtlich der Eigentums- und Vermögensverhältnisse im Beitrittsgebiet,
Rechnung getragen werden. Eine zusätzliche territoriale Beschränkung auf Gerichte im
Beitrittsgebiet würde dieser Intention zuwiderlaufen. Überdies hätte es den Partnern des
Einigungsvertrages freigestanden, Gebührentatbestände ausdrücklich auf Vorgänge
innerhalb des Beitrittsgebietes zu beschränken oder auf Vorgänge außerhalb des
Beitrittsgebiets zu erstrecken. Eine differenzierte Regelung ist beispielsweise im Hinblick
auf die Rechtsanwaltsgebühren nach BRAGO (vgl. Ziff. 26 a) getroffen worden. Ohne eine
ausdrückliche Beschränkung fehlt es indes an hinreichenden Anhaltspunkten für einen
entsprechend einschränkenden gesetzgeberischen Willen.
Dem steht nicht - wie die Kostengläubigerin meint - entgegen, dass die Kostenschuldnerin
ihren Sitz erst nach dem Einigungsvertrag in den neuen Bundesländern gegründet hat. Auf
den Zeitpunkt, wann der allgemeine Gerichtsstand im Beitrittsgebiet begründet wurde,
kommt es nach der Fassung der Gebührenermäßigungsvorschrift nicht an. Diese erfasst
vielmehr generell-abstrakt alle Kostenschuldner, die im Zeitpunkt des Entstehens der
Gebühr ihren allgemeinen Gerichtsstand im Beitrittsgebiet haben, und zwar unabhängig
davon, ob die Gebührenermäßigung nach der gesetzgeberischen Intention in jedem
Einzelfall gerechtfertigt ist (vgl. BGH aaO).
II.
Der Kostenausspruch folgt aus § 14 Abs. 7 KostO.