Urteil des OLG Düsseldorf vom 19.05.2010

OLG Düsseldorf (bank, charakteristische leistung, abtretung, verhältnis zwischen, kreditinstitut, forderung, rechtliches gehör, begründeter anlass, verhältnis zu, zpo)

Oberlandesgericht Düsseldorf, I-15 U 198/09
Datum:
19.05.2010
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
15. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
I-15 U 198/09
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 3. Zivilkammer des
Landgerichts Düsseldorf vom 23.04.09 abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ihre (der Beklagten)
möglichen Schadens-ersatzansprüche gegen die A Bank aus einem
zwischen der Beklagten und der A. Bank zwischen dem 06.11.07 und
12.11.07 abgeschlossenen Überweisungsauftrag über 1.980.000,-Euro
mit der Betreffsbezeichnung „P.“ auf das Zielkonto mit der Num-mer
IBAN DE 00000 bei der A Bank, abzutreten.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Vollstreckung der Klägerin durch
Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils
vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der
Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu
vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe:
1
I.
2
Im – mit einer gefälschten Unterschrift gegengezeichneten- Auftrag ihrer Tochterge-
sellschaft, der B. Bank., überwies die Klägerin am 06. 11. 07 unter Zwischenschaltung
der beklagten Bank einen Betrag von 1.980.000,- Euro auf das auf die Bezeichnung "F."
lautende Konto des A. F. bei der A Bank, das nach Gutschrift des Betrages am 12. 11.
07 aufgelöst wurde. Nach telefonischem Kontakt mit der A. Bank am 13.11. 07 schickte
die Klägerin die SWIFT-Nachricht an die Beklagte, dass ein Betrugsfall vorläge und sie
das Empfängerkonto blockieren und den Betrag an die Klägerin zurücküberweisen
solle.
3
Daraufhin wurde im Einverständnis mit dem Begünstigten F. der Betrag von 1.980.000,-
Euro, der nach der Kontoauflösung einem weiteren, bei der A. Bank unterhaltenen
Konto des Herrn F. gutgeschrieben worden war, auf ein Sperrkonto umgebucht. Die
Sperrung wurde am 19. 11. 07 wieder aufgehoben.
4
Zwischenzeitlich hat die Klägerin im Wege der Teilklage über 500.000,-Euro einen
rechtskräftigen Titel gegen Herrn F. erstritten.
5
Die Klägerin will (letztlich) die A. Bank auf Schadensersatz aus eigenem und
abgetretenem Recht ihrer Tochtergesellschaft in Anspruch nehmen und verlangt aus
dem zwischen ihr und der Beklagten geschlossenen Geschäftsbesorgungsvertrag die
Abtretung etwaiger Ansprüche der Beklagten aus deren Geschäftsbesorgungsvertrag
mit der A. Bank.
6
Die Klägerin meint, im vorliegenden Verfahren sei die Frage, ob die A. Bank tatsächlich
in Anspruch genommen werden könne, nicht zu klären.
7
Im übrigen bestehe ein solcher Anspruch aber auch, da die A. Bank aufgrund der
Umstände, dass eine Pariser Bank für angebliche Fahrzeuggeschäfte einem Neusser
Gebrauchtwagenhändler einen derart ungewöhnlich hohen Betrag von fast 2 Mio. Euro
überweist, hätte Verdacht schöpfen müssen. Desweiteren hätte sie der Klägerin von der
Übertragung des Geldes auf ein Sperrkonto Mitteilung machen müssen. Die Klägerin sei
geschädigt, weil sie konzernintern verpflichtet gewesen sei, ihrer Tochtergesellschaft –
der Überweisenden- den Betrag zu erstatten.
8
Die Beklagte verweigert die Abtretung, weil sie einen eigenen Anspruch gegen die A.
Bank für unbegründet hält. Sie räumt allerdings ein, dass der Überweisungsauftrag der
Tochtergesellschaft der Klägerin bei der A. Bank im Rahmen einer routinemäßigen
Kontrolle aufgefallen und überprüft worden sei. Der Begünstigte F. habe als Grund der
Zahlung Fahrzeuggeschäfte angegeben und hierzu auch Unterlagen vorgelegt. Die
Beklagte stellt die telefonischen Gespräche zwischen der Klägerin und der A. Bank
anders dar. Die Klägerin habe den Vorwurf des Betruges der A. Bank gegenüber nur
pauschal erhoben und nicht weiter belegt, weshalb die der vorläufigen Sicherung der
Klägerin dienende Umbuchung auf ein Sperrkonto auch am 19. 11. 07 wieder
aufgehoben worden sei.
9
Die Beklagte bestreitet, dass der Klägerin ein Schaden entstanden sei sowie die
Abtretung von Ansprüchen ihrer Tochtergesellschaft.
10
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die
Beklagte nur dann unter dem Gesichtspunkt der Drittschadensliquidation zur Abtretung
verpflichtet sei, wenn ihr tatsächlich Ansprüche gegen die A. Bank zuständen und sie
(die Beklagte) keinen eigenen Schaden erlitten habe. Dies sei jedoch nicht der Fall; die
Beklagte könne die A. Bank nicht auf Schadensersatz in Anspruch nehmen. Die
Vorschriften der §§ 676a ff BGB seien auf das Rechtsverhältnis der Beklagten zur A.
Bank nicht anwendbar. Auch habe die A. Bank keine sich aus dem
Geschäftsbesorgungsvertrag mit der Beklagten ergebenden Nebenpflichten verletzt.
Insoweit gelte der Grundsatz der formalen Auftragsstrenge, an den die A. Bank sich
gehalten habe. Zur Prüfung des angegebenen Verwendungszweckes sei sie nicht
verpflichtet gewesen. Schließlich habe sie auch nicht nach der Regelung des
Abkommens zum Überweisungsverkehr vom 16. April 1996 beim Überweisenden über
11
die Klägerin als erstbeauftragtes Kreditinstitut rückfragen müssen. Diese Regelung
würde von der höchstrichterlichen Rechtsprechung als Soll-Vorschrift, die keine
Schadensersatzansprüche auslösen könne, angesehen. Selbst wenn man davon
ausgehe, dass sich die Klägerin als französische Großbank auf das Abkommen zum
Überweisungsverkehr vom 16. April 1996 berufen könne, sei in der unterlassenen
Rückfrage der A. Bank keine Pflichtverletzung zu sehen. Als die A. Bank am 13. 11. 07
Kenntnis von dem Betrugsvorwurf erhalten habe, sei der Geldbetrag bereits dem Konto
des Begünstigten seit dem 06. 11. 07 gutgeschrieben gewesen. Der Beklagten sei auch
keine schuldhafte Pflichtverletzung in der Form anzulasten, dass sie die
Rücküberweisung des Geldes an die Klägerin vereitelt habe.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, die ihr erstinstanzliches Begehren
weiterverfolgt. Sie macht Ausführungen dazu, dass auf das hier vorliegende
Rechtsverhältnis zur Beklagten deutsches Recht anzuwenden sei. Ihr Anspruch auf
Abtretung der geltend gemachten Ansprüche stütze sich auf § 667 in Verbindung mit §
675 BGB. Er sei auch begründet, weil die Möglichkeit, dass ein
Schadensersatzanspruch der Beklagten gegen die A. Bank bestehe, ausreiche.
Ansonsten käme es zu einer Verdoppelung der Prozesstätigkeit, weil im nachfolgenden
Prozess gegen den Schuldner der abgetretenen Forderung deren Begründetheit
ohnehin geprüft werden müsse und zusätzlich von der Klägerin im vorliegenden
Verfahren der volle Beweis für das Bestehen des Anspruchs, dessen Abtretung sie
verlange, zu führen sei. Auch im Rahmen des § 255 BGB stelle sich die Frage nach
dem Umfang des Bestehens des Anspruchs des Berechtigten gegenüber dem Dritten
und sei vom Bundesgerichtshof (NJW-RR 90, 407) aufbauend auf der
reichsgerichtlichen Rechtsprechung dahingehend entschieden worden, dass es für die
Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts ausreiche, dass die Möglichkeit einer
Ersatzforderung gegen Dritte bestehe. Was bei § 255 BGB gelte, müsse auch für den
Herausgabeanspruch auf das Erlangte nach § 667 BGB gelten.
12
Das Erstgericht habe der Klägerin nicht hinreichend rechtliches Gehör gewährt, weil es
ihr Vorbringen im Schriftsatz vom 09. 04. 09, in dem sie zu dem nach der mündlichen
Verhandlung erteilten Hinweis des Gerichts vom 12. 03. 09 Stellung genommen habe,
nicht berücksichtigt und es im Tatbestand des angegriffenen Urteils zu Unrecht als
unstreitig dargestellt habe, dass der A. Bank Verkaufsunterlagen für die vom
Begünstigten behaupteten Fahrzeuggeschäfte, die der Überweisung zugrundeliegen
sollten, vorgelegen haben sollten. Das Landgericht hätte die mündliche Verhandlung
wiedereröffnen und selbst bei der von ihm vertretenen Rechtsauffassung Beweis über
eine mögliche Pflichtverletzung der A. Bank erheben müssen. Diese hätte bei der
Klägerin rückfragen müssen, weil die Höhe des überwiesenen Betrages aus dem
Rahmen der üblichen Geschäftstätigkeit des Begünstigten gefallen sei, er keine
Unterlagen habe vorlegen können und eine französische Investmentbank kein
potentieller Autokäufer sei. Die A. Bank habe auch von selbst eine Prüfung des
Überweisungsvorgangs eingeleitet und hätte aufgrund der zuvor aufgezeigten
Umstände zwingend Verdacht schöpfen müssen.
13
Die Klägerin beantragt,
14
die Beklagte unter Abänderung des am 23. 04. 09
15
verkündeten Urteils des Landgerichts Düsseldorf zu verurteilen,
16
an sie ihre (der Beklagten) möglichen Schadensersatzan- sprüche gegen die A Bank ,
17
aus einem zwischen der Beklagten und der
18
A. Bank zwischen dem 06. November 2007
19
und 12. November 2007 abgeschlossenen Überweisungsauf-
20
trag über 1.980.000,- Euro mit der Betreffsbezeichnung
21
"P." auf das Zielkonto
22
mit der Nummer IBAN DE 00000
23
bei der A. Bank, abzutreten.
24
Die Beklagte beantragt,
25
die Berufung zurückzuweisen.
26
Die Beklagte verteidigt das zu ihren Gunsten ergangene landgerichtliche Urteil und
wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie rügt ihrerseits, dass sie
keine Gelegenheit zur Stellungnahme auf den Schriftsatz der Klägerin vom 09.04.09 ,
der ihr erst nach Verkündung des angefochtenen Urteils zugegangen sei, gehabt habe
und rügt insoweit vorsorglich Verspätung.
27
Das Landgericht habe zu Recht den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf
Abtretung verneint, weil sie (die Beklagte) nichts im Sinne von § 667 BGB erlangt habe,
was sie abtreten könne. Sie hätte Rechtsinhaberin geworden sein müssen; nur
theoretische Schadensersatzansprüche seien nicht abtretbar. Dadurch, dass im
vorliegenden Verfahren die Begründetheit des abzutretenden Anspruchs geprüft werde,
werde ein weiterer Prozess gegen die Empfängerbank gerade vermieden und es käme
zu keiner doppelten Prozesstätigkeit. Die vom BGH in der zum Anspruch auf Abtretung
der Ersatzansprüche gegen Dritte im Rahmen des § 255 BGB gemachten Ausführungen
in der von der Klägerin zitierten Entscheidung NJW-RR 1990, 407 seien auf den
vorliegenden Fall, in dem es um die Herausgabe des Erlangten nach § 667 BGB gehe,
nicht übertragbar. Ein Vorteil und etwas Erlangtes i. S. v. § 667 BGB liege nur dann vor,
wenn eine bestehende Forderung erlangt worden sei. Die Abtretung einer nur
möglichen Forderung sei auch schon mangels Bestimmtheit nicht zulässig. Im übrigen
stehe der Beklagten auch kein Schadensersatzanspruch gegen die A. Bank, den sie an
die Klägerin abtreten könnte, zu. Ein Schaden der Klägerin und die Abtretung etwaiger
Ansprüche ihrer Tochtergesellschaft bleibe bestritten. Die A. Bank habe keine Pflichten
aus dem als Giroverhältnis mit Geschäftsbesorgungscharakter einzuordnenden
Rechtsverhältnis zur Beklagten verletzt. Die A. Bank habe angesichts der Überweisung
durch ein Kreditinstitut von einer Vorab-Überprüfung ausgehen dürfen. Schließlich sei
der Betrag auch schon zu dem Zeitpunkt als die A. Bank von dem Betrugsvorwurf
erfahren hatte, dem Konto des Begünstigten gutgeschrieben gewesen. Indem die A.
Bank sich von ihrem Kunden F. Unterlagen habe vorlegen lassen und durch die
Umbuchung auf ein Sperrkonto eine vorläufige Sicherung etwaiger Rechte der Klägerin
bewirkt habe, habe sie die bankenübliche Sorgfalt beachtet. Es wäre Sache der
Klägerin gewesen, selbst weitere Maßnahmen zu ergreifen. Im übrigen beruhe der
28
behauptete Schaden der Klägerin auf kriminellen Machenschaften eines hochrangigen
Mitarbeiters ihrer Unternehmensgruppe, die sie sich selbst zuzurechnen habe, weil ihr
internes Kontrollsystem versagt habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen
den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.
29
II.
30
Die Berufung der Klägerin ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.
31
Die Klägerin geht zu Recht von der Anwendbarkeit deutschen Rechts aus. Die Beklagte
ist dem nicht entgegengetreten. Bei dem zu beurteilenden Sachverhalt handelt es sich
um eine grenzüberschreitende Überweisung in Form einer sogenannten
Kettenüberweisung mit nationalen und internationalen Gliedern (vgl.
Schimansky/Bunte/Lwowski Bankrechts-Handbuch Band I 3. A. § 51 Rn 1). Die
Beklagte ist als sogenannte Korrespondenzbank, die in girovertraglicher Verbindung zur
Klägerin -dem französischen Kreditinstitut der Überweisenden- gestanden hat,
eingeschaltet bzw. zwischengeschaltet gewesen. Die Frage, welche Rechtsordnung im
konkreten Fall der in Rede stehenden Überweisung anwendbar ist und welche Rechte
und Pflichten sich für die jeweils Beteiligten ergeben, ist für jedes Giroverhältnis, wenn
es grenzüberschreitend zu einer ausländischen Korrespondenzbank besteht, gesondert
zu beurteilen ( Schimanky/ Bunte/Lwowski, a.a.O.). Damit unterliegt der Vertrag
grundsätzlich gemäß Art. 27 EGBGB dem von den Parteien gewählten Recht. Da im
vorliegenden Fall unstreitig keine Rechtswahl getroffen worden ist, kommt es für das
anzuwendende Recht auf die Vermutung der engsten Verbindung zu dem Staat an, in
dem sich die Niederlassung des Kreditinstituts befindet, das die charakteristische
Leistung zu erbringen hat, Art. 28 EGBGB. Beim Überweisungsverkehr ist die
Ausführung der Überweisung als charakteristische Leistung anzusehen (
Schimansky/Bunte/Lwowski, a.a.O.), weshalb das Recht der beauftragten Bank
Anwendung findet und zwar auch dann, wenn es um das Verhältnis zu einer anderen
Bank geht ( Münch.-Komm.-Martiny, 4. A., Art. 28 EGBGB, Rn 352; Eisele, Haftung der
Kreditinstitute bei nationalen und grenzüberschreitenden Banküberweisungen, AcP
198, 144, 165). Die in Deutschland ansässige Beklagte hatte im Auftrag der Klägerin die
Überweisung an die Empfängerbank auszuführen und damit die charakteristische
Leistung zu erbringen, so dass deutsches Recht anzuwenden ist.
32
Das Begehren der Klägerin auf Abtretung etwaiger Ansprüche der Beklagten gegen die
Empfängerbank ist gemäß §§ 667, 675 BGB in Verbindung mit dem zwischen den
Parteien geschlossenen Zahlungsvertrag begründet.
33
Nach § 676d BGB verpflichtet sich durch den Zahlungsvertrag ein
zwischengeschaltetes Kreditinstitut gegenüber einem anderen Kreditinstitut, im Rahmen
des Überweisungsverkehrs einen Überweisungsbetrag an ein weiteres Kreditinstitut
oder an das Kreditinstitut des Begünstigten weiterzuleiten. Eine derartige Konstellation
liegt hier vor. Die Weiterleitungspflicht, die die Beklagte vorliegend eingegangen ist,
wird dabei in dem Sinne verstanden, dass sie dem Begünstigten einen Geldbetrag bei
dessen Kreditinstitut zur Verfügung zu stellen hatte und für diesen Erfolg
(verschuldensunabhängig) wie die Überweisungsbank haftet. Damit ist der
Zahlungsvertrag ein Geschäftsbesorgungsvertrag herkömmlicher Art ( Gößmann/ van
Look, Die Banküberweisung nach dem Überweisungsgesetz, WM Sonderbeilage Nr.
34
1/2000, S. 43), dessen Schwerpunkt in der Literatur teilweise (Gößmann/van Look,
a.a.O.) auf dem werkvertraglichen Element und teilweise (Palandt-Sprau, 68. A. § 676d
BGB Rn 2) auf dem dienstvertraglichen Element gesehen wird.
In den Vorschriften, in denen der Gesetzgeber den Zahlungsvertrag aufgrund der
Vorgaben der Überweisungsrichtlinie geregelt hat, sind Ausgleichsansprüche des
überweisenden Kreditinstituts gegen zwischengeschaltete Kreditinstitute normiert. Die
Frage, inwieweit neben dieser spezialgesetzlichen Regelung für die über § 675 BGB
anwendbaren Vorschriften zum Auftragsrecht noch Raum ist, stellt sich hier nicht. Zwar
fehlte es am Rechtsschutzbedürfnis für die hier gewählte Vorgehensweise im Wege der
Abtretung, wenn die Klägerin als überweisendes Kreditinstitut die Beklagte oder die A.
Bank direkt nach §§ 676 d, 676 e BGB in Regress nehmen könnte. Jedoch ist der hier
streitige Sachverhalt, in dem kein "Fehler" beim Überweisungsvorgang sondern die
Verletzung von nebenvertraglichen Prüfungspflichten der Empfängerbank behauptet
wird, von der in den §§ 676a-e BGB geregelten Abwicklung bestimmter
Leistungsstörungen im Überweisungsverkehr nicht erfasst. § 676e Abs. 1-3 BGB regeln
die Rückgriffsansprüche gegen zwischengeschaltete Kreditinstitute, die sich aus den
Ansprüchen des Überweisenden gegenüber dem überweisenden Kreditinstitut aus §
676b und 676c Abs.1Satz 3 BGB ergeben. Solche Ansprüche des Überweisenden
gegen das überweisende Kreditinstitut, das dann seinerseits Rückgriff bei den
zwischengeschalteten Banken nehmen kann, sind aber nur für drei Fälle einer
Leistungsstörung bei der Durchführung der Überweisung geregelt: die verspätete
Überweisung, die gekürzte Überweisung und die gescheiterte Überweisung (vgl.
Palandt-Sprau, a.a.O. § 676b BGB Rn 1). Keiner dieser Fälle hat hier zu der von der
Klägerin vorgebrachten Erstattungspflicht gegenüber dem Überweisenden geführt, so
dass auf die allgemeinen Vorschriften zur Geschäftsbesorgung, die wiederum auf das
Auftragsrecht verweisen, zurückzugreifen ist.
35
Damit kann die Klägerin grundsätzlich gem. §§ 675,667 BGB Herausgabe des aus der
Geschäftsbesorgung Erlangten verlangen. Wie bereits oben ausgeführt, oblag es der
Beklagten im Rahmen des mit der Klägerin geschlossenen Zahlungsvertrages dafür
Sorge zu tragen, dass dem Begünstigten bei dessen Kreditinstitut der Geldbetrag zur
Verfügung gestellt wurde. Zu diesem Zweck hat die Beklagte mit dem Kreditinstitut des
Begünstigten einen Vertrag geschlossen, der allerdings nicht als (weiterer)
Zahlungsvertrag sondern als Girovertrag einzuordnen ist ( Gößmann/van Look, a.a.O.,S.
44; Palandt-Sprau, a.a.O. § 676d Rn 2). Aus diesem zur Erfüllung ihrer
Geschäftsbesorgungspflichten gegenüber der Klägerin geschlossenen Vertrag stehen
der Beklagten Rechte ggf. auch Schadensersatzansprüche gegen die A. Bank zu. Diese
sind "erlangt" im Sinne des § 667 BGB und damit an die Klägerin herauszugeben, ohne
dass es der Feststellung bedarf, dass solche Ansprüche letztlich begründet sind.
36
Die Verpflichtung des Beauftragten zur Herausgabe des aus der Geschäftsbesorgung
Erlangten ist bereicherungsrechtlicher Natur (Erman-Ehmann, BGB 12.A. § 667 Rn 11)
und geht dahin, dass der Beauftragte alles, was er im Zuge seiner Auftragsausführung
von dritter Seite erlangt hat, an den Geschäftsherrn zu übertragen hat, weil diesem die
fremdnützig erlangten Vorteile gebühren (Staudinger-Martinek, § 667 BGB, Rn 1).
Erlangtes sind auch Ansprüche des Beauftragten gegen Dritte (Münch.-Komm.-Seiler, 4.
A.,§ 667 BGB Rn 14; Staudinger-Martinek, § 667 BGB Rn 8); Forderungen, z.B.
Erfüllungs- oder Schadensersatzansprüche, die der Beauftragte gegen Dritte erworben
hat, hat er an den Auftraggeber abzutreten ( Staudinger, a.a.O. Rn 11; Erman, a.a.O. Rn
15). Im Überweisungsgeschäft, an dem mehrere Banken beteiligt sind, hat die der
37
Schädigerbank vorgeschaltete Zwischenbank ( hier die Beklagte) den ihr aus einer
Drittschadensliquidation erwachsenden Ersatzanspruch, wenn sie ihn nicht selbst
geltend machen will, nach auftragsrechtlichen Grundsätzen durch Abtretung
herauszugeben (Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, 3. A. Rn 4.235).
Dabei kommt es nicht darauf an, ob die erlangten Forderungen letztlich auch begründet
sind.
38
Bei der Herausgabepflicht des § 667 BGB geht es allein um die Vermögenszuordnung,
die sich wiederum aus der Fremdnützigkeit des Auftrags ergibt. Der Beauftragte soll
durch die Auftragsausführung weder Vor-noch Nachteile haben (Staudinger, a.a.O. Rn
1). So hat der Beauftragte keinen Nachteil, wenn er eine Forderung, die sich in einem
nachfolgenden Rechtsstreit als unbegründet herausstellen sollte, abtritt, weil sie ihm
ohnehin nicht gebührt und die Abtretung ins Leere geht, wenn die abgetretene
Forderung nicht besteht. Zudem ist für Bereicherungsansprüche aus § 812 BGB, die
ebenfalls auf die Herausgabe des Erlangten gehen, anerkannt, dass das Erlangte nicht
nur in dem Erwerb eines Rechts selbst, sondern auch schon in der Erlangung einer
vorteilhafteren Rechtsstellung bestehen kann (RGRK 12. A. , § 812 BGB Rn 4), wie z. B.
eine vertraglich auferlegte Unterlassungspflicht auch im Falle ihrer Unwirksamkeit als
tauglicher Kondiktionsgegenstand angesehen wird (Staudinger-Lorenz, § 812 BGB Rn
65). Schließlich ist auch die Prüfung, ob der abzutretende Anspruch tatsächlich
begründet ist, schwierig im Verhältnis zwischen Auftraggeber und Beauftragtem
vorzunehmen, wenn der eigentlich betroffene Dritte nicht beteiligt und völlig unklar ist,
wie er sich gegenüber einer gegen ihn geltend gemachten Forderung verteidigen
würde. Der Dritte kann eine ganz andere Art und Linie der Verteidigung wählen als der
auf Abtretung in Anspruch genommene Beauftragte es tut, so dass die Begründetheit
der Forderung sich in einem Rechtsstreit gegen den Dritten auch anders darstellen
kann. Insofern zieht die Klägerin zu Recht die Parallele zu § 255 BGB, wonach der für
den Verlust einer Sache oder eines Rechts Schadensersatz Begehrende dem
Ersatzpflichtigen die Ansprüche, die er ( der Ersatz Verlangende) gegen Dritte hat,
abtreten muss. Hier ist von der Rechtsprechung ( BGH Urteil vom 25.01.90 –IX ZR
65/89, NJW-RR 1990, 407) und in der Literatur (Palandt-Heinrichs,68.A., § 255 BGB Rn
7; Münch.-Komm.-Oetker, 5. A.,§ 255 BGB Rn 12; Staudinger-Bittner, § 255 Rn 38)
anerkannt, dass es für die Geltendmachung eines entsprechenden
Zurückbehaltungsrechts aus § 255 BGB genügt, dass die Möglichkeit einer
Ersatzforderung gegen Dritte besteht und der Nachweis solcher Ansprüche erst im
Verfahren gegen den möglichen Schuldner zu führen ist. Auch hier wird die Klärung des
Bestehens des Anspruchs in das Verhältnis zum eigentlichen Schuldner gelegt und
nicht in das Verhältnis zwischen dem Abtretungsberechtigten und –verpflichteten.
39
Allerdings müssen die möglichen Ansprüche, deren Abtretung begehrt wird, hinreichend
bestimmt sein, wie der BGH (a.a.O.) unter Hinweis auf die Bestimmtheitserfordernisse
bei der Forderungspfändung ausgeführt hat. Bei der Forderungspfändung nach § 829
ZPO pfändet das Vollstreckungsgericht die "angebliche" Forderung, die der Schuldner
gegen den Drittschuldner haben soll. (Auch hier wird die Begründetheit der Forderung
nicht im Pfändungsverfahren geprüft, was der die Aufgaben des Vollstreckungsgerichts
gem. § 20 Nr. 17 RPflG wahrnehmende Rechtspfleger gar nicht könnte, sondern im
Streit über den materiellen Anspruch gegen den Drittschuldner.) Der
Pfändungsbeschluss muss die zu pfändende Forderung des Schuldners gegen den
Drittschuldner so bestimmt bezeichnen, dass feststeht, welche Forderung Gegenstand
der Zwangsvollstreckung ist( Zöller-Stöber, ZPO, 27.A., § 829 Rn 8). Im vorliegenden
40
Fall, in dem die Verurteilung der Beklagten zur Abtretung möglicher (was im Hinblick auf
die Begründetheit der abzutretenden Forderung etwas mehr ist als nur angebliche
Ansprüche) Schadensersatzansprüche begehrt wird, ergibt sich das Erfordernis, diese
inhaltlich und nach der Person des Schuldners (vgl. BGH, a.a.O.) hinreichend konkret zu
bezeichnen, schon aus dem allgemeinen Erfordernis eines hinreichend bestimmten und
damit vollstreckungsfähigen Klageantrags. Insofern bestehen hier entgegen der Ansicht
der Beklagten aber keine Bedenken. Von der Beklagten wird die Abgabe einer
Willenserklärung verlangt, die bei einer entsprechenden Verurteilung gemäß § 894 ZPO
mit Rechtskraft des Urteils als abgegeben gilt. Es ist hier eindeutig bestimmt, aus
welchem Rechtsverhältnis die Klägerin Schadensersatzansprüche abgetreten haben
möchte.
Von der Bestimmtheit des Klageantrags zu trennen ist die Frage der Bestimmbarkeit der
abzutretenden Forderung. Die Beklagte hält unter Bezugnahme auf die Kommentierung
bei Palandt (-Sprau, 68. A. § 398 BGB Rn 14) nur möglicherweise bestehende
Ansprüche nicht für hinreichend bestimmbar. Insofern deutet sie jedoch die zitierte
Kommentarstelle, in der es heißt, dass sich die Abtretung "aller" Forderungen im Zweifel
nur auf bestehende Forderungen beziehe, falsch. Wie die dort genannte Entscheidung
des BGH NJW 95, 1668 ergibt, sind mit bestehenden Forderungen solche, die im
Gegensatz zu zukünftigen Forderungen stehen, gemeint. Vielmehr ist der Umstand,
dass eine übertragene Forderung nicht besteht (oder bei künftigen Forderungen später
nicht entsteht) kein Problem der Bestimmbarkeit sondern der Wirkung der Abtretung.
Besteht die übertragene Forderung nicht, so ist die Abtretung gegenstands-und deshalb
wirkungslos ( RGRK-Weber, § 398 BGB Rn 108). Insofern hat sie –wie bereits oben
erwähnt- für die Beklagte auch keine nachteiligen Folgen. Die Klägerin verlangt nur die
Abtretung möglicherweise bestehender Schadensersatzanprüche und könnte die
Beklagte nicht haftbar machen, wenn sich solche Ansprüche als unbegründet erwiesen.
Die Weigerung der Beklagten, die geforderte Abtretungserklärung abzugeben, ist nur
damit zu erklären, dass die Beklagte die potentielle Schuldnerin –die A. Bank-, mit der
sie im Verbund steht, vor einer Inanspruchnahme schützen will. Eine Pflicht der
Beklagten, die A. Bank vor einem Prozess gegen die Klägerin, den die A. Bank nach
Auffassung der Beklagten ohnehin gewinnen wird, zu bewahren, besteht indes nicht.
41
Ob die Beklagte auch dann zur Abtretung verpflichtet wäre, wenn (von ihr abzutretende)
Schadensersatzansprüche gegen die A. Bank gänzlich ausgeschlossen wären, braucht
hier nicht entschieden zu werden. Es reicht die Möglichkeit des Bestehens solcher
Ansprüche, die im vorliegenden Fall gegeben ist, so dass die Klägerin die Chance
haben muss, diese Ansprüche in einem nachfolgenden Prozess gegen die A. Bank
geltend zu machen, mit welchem Erfolg, sei dahingestellt.
42
Eine mögliche Pflichtverletzung der A. Bank ergibt sich aus folgenden Überlegungen:
Grundsätzlich sind die Kreditinstitute im Überweisungs-, Scheckeinziehungs- und
Lastschriftverkehr lediglich zum Zwecke eines technisch einwandfreien, einfachen und
schnellen Zahlungsverkehrs tätig. Bei der Vermittlung des bargeldlosen
Zahlungsverkehrs bestehen allgemeine Verhaltens- und Schutzpflichten nur in engen
Grenzen (Kümpel, a.a.O., Rn 2.839). Für die Empfängerbank ist allerdings in Nr. 3 Abs.1
Satz 1 des Abkommens zum Überweisungsverkehr (das von den Spitzenverbänden des
deutschen Kreditgewerbes namens der ihnen angeschlossenen Kreditinstitute und von
der Deutschen Bundesbank vereinbart worden ist) geregelt, dass von ihr bei
Überweisungen ab Beträgen 15.000,-Euro, die nicht im Rahmen des normalen
Geschäftsverkehrs mit dem Zahlungsempfänger liegen oder gegen deren
43
Ordnungsgemäßheit im Einzelfall Bedenken bestehen, erwartet werde, dass sie durch
das erstbeauftragte Kreditinstitut bei dem Kontoinhaber zurückfragt. Diese Bestimmung
wird jedoch vom BGH (Urteil vom 09.05.00 –XI ZR 276/99-, NJW 2000, 2503) als bloße
Sollvorschrift, die für die beteiligten Kreditinstitute keine Vertragspflicht begründet,
angesehen. Der Verzicht auf eine rechtlich zwingende Regelung sei auch deshalb
interessengerecht, weil die Beurteilung eines einzelnen Zahlungsvorganges als
bedenklich bzw. nicht im Rahmen des normalen Geschäftsverkehrs liegend Wertungen
erfordere, die solange schwer nachprüfbar seien, wie dafür keine detaillierten Kriterien
im Abkommen enthalten sind.
Dennoch hat der BGH (Urteil vom 06.05.08 –XI ZR 56/07-, NJW 2008, 2245) in
Ausnahmefällen Warn- und Hinweispflichten der Kreditinstitute zum Schutz der Kunden
vor drohenden Schäden angenommen. Eine Bank, die wisse, dass der Inhaber eines
bei ihr geführten Girokontos darauf eingehende Zahlungen für fremde Rechnung
anzulegen hat und die aufgrund massiver Verdachtsmomente argwöhnt, der
Kontoinhaber veruntreue die Gelder, habe jedenfalls eine Warnpflicht, wenn der
Kontoinhaber auf einen entsprechenden Vorbehalt der Bank den Verdacht nicht
ausräumen könne. Unter diesen Umständen bestehe die Warnpflicht nicht nur, wenn die
Veruntreuung der Bank bekannt sei, sondern auch wenn sie aufgrund massiver
Verdachtsmomente objektiv evident sei. Allerdings bestehe die Warnpflicht unter den
genannten Voraussetzungen erst dann, wenn die Bank ohne nähere Prüfung im
Rahmen der normalen Bearbeitung eines Zahlungsvorgangs aufgrund einer auf
massiven Verdachtsmomenten beruhenden objektiven Evidenz den Verdacht der
Veruntreuung schöpfe.
44
Im vorliegenden Fall hat die Klägerin in der Berufungsschrift und im Schriftsatz vom
25.11.09 die Pflichtverletzung der A. Bank, die nach ihrer Auffassung zum
Schadensersatz verpflichten soll, darauf gestützt, dass die A. Bank, nachdem der
Vorgang bei ihr am 6.11.07 aufgefallen sei, bei der Klägerin als dem erstbeauftragten
Kreditinstitut hätte rückfragen müssen. Die Klägerin will also nicht geltend machen, dass
die A. Bank generelle Prüfungspflichten verletzt hat, sondern dass sie in einer konkreten
Verdachtssituation nicht nachgefragt hat. Ob dies letztlich eine haftungsbegründende
Pflichtverletzung ist, wird im Verhältnis zur A. Bank zu klären sein wie auch die Frage,
wie im mehrgliedrigen Überweisungsverkehr die Pflichtenkreise der Banken
untereinander abzugrenzen sind und welche Drittschutzwirkungen von den Pflichten
ausgehen. Desweiteren wird auch ein etwaiges Mitverschulden der Klägerin, für das
hier erhebliche Anhaltspunkte sprechen, zu prüfen sein.
45
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO
46
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10
i.V.m. § 711 ZPO.
47
Für die Zulassung der Revision besteht kein gesetzlich begründeter Anlass, § 543 Abs.
2 ZPO. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die
Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine
Entscheidung des Revisionsgerichts. Die Frage, was als "Erlangtes" nach § 667 BGB
herauszugeben ist, ist in Rechtsprechung und Literatur hinreichend geklärt.
48
Streitwert: 1 Mio. Euro
verfolgten Anspruch. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat
49
erklärt, dass sie davon ausgehe, dass der ihr abzutretende Anspruch in Höhe von 1,98
Mio. Euro gegenüber der A Bank begründet sei, was jedoch bei objektiver rechtlicher
Einschätzung erheblichen Zweifeln schon wegen eines Mitverschuldens, das die
Klägerin sich anrechnen lassen müsste, begegnet. Auch hält der Senat einen gewissen
Abschlag, ähnlich wie bei Feststellungsklagen, schon deshalb für gerechtfertigt, weil
sich erst im Nachfolgeprozess ergeben wird, in welcher Höhe die Klägerin einen
Zahlungsanspruch gegen die A. hat.)