Urteil des OLG Düsseldorf vom 15.10.2007

OLG Düsseldorf: wiederbeschaffungswert, reparaturkosten, minderwert, abschlag, fahrzeug, abrechnung, arbeitslohn, aufwand, wertminderung, mittelwert

Oberlandesgericht Düsseldorf, I-1 U 45/07
Datum:
15.10.2007
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
1. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
I-1 U 45/07
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 24. Januar 2007 verkündete
Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Mönchengladbach unter
Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert
und wie folgt neu gefasst:
Unter Abweisung der Klage im Übrigen werden die Beklagten als
Gesamtschuld-ner verurteilt, an den Kläger 3.758,79 € nebst Zinsen in
Höhe von 5 Prozentpunk-ten über dem Basiszins seit dem 8. Juni 2005
zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz werden dem Kläger zu 56
% und den Beklagten zu 44 % auferlegt. Die Kosten des
Berufungsverfahrens fallen dem Kläger zu 33 % und den Beklagten zu
77 % zur Last.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
G r ü n d e :
1
I.
2
Der Kläger nimmt die Beklagten nach einem Verkehrsunfall auf restlichen
Schadensersatz in Anspruch.
3
Am 26.11.2004 wurde der Pkw des Klägers, ein BMW 528 i, Erstzulassung 01.12.1998,
bei einem Unfall erheblich beschädigt. Die Einstandspflicht der Beklagten steht dem
Grunde nach außer Streit. Strittig ist allein die Berechnung des Fahrzeugschadens.
4
Der vom Kläger mit der Schadensschätzung beauftragte D-Sachverständige ermittelte
folgende Beträge:
5
Reparaturkosten brutto 19.196,23 €
6
merkantile Wertminderung 500,00 €
7
Wiederbeschaffungswert brutto 14.900,00 €
8
Wiederbeschaffungswert netto bei
9
Differenzbesteuerung 14.553,62 €
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Restwert (brutto) 2.350,00 €.
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Der Kläger, ein Kfz-Mechaniker, setzte sein Fahrzeug mit Hilfe seines Schwagers, eines
Karosseriebaumeisters, in Eigenregie instand. Anschließend stellte er es dem D-
Sachverständigen zur Nachbesichtigung vor. Eine weitere Nachbesichtigung fand in
Anwesenheit eines Sachverständigen der zweitbeklagten Versicherung statt. Dabei
wurde unter anderem festgestellt, dass bei der Instandsetzung gebrauchte Achsteile
sowie eine gebrauchte Lenkung verwendet worden waren. Diese Bauteile wurden durch
Neuteile ersetzt. Anschließend teilte der D.-Sachverständige dem Anwalt des Klägers
mit, dass die durchgeführte Instandsetzung des Gesamtschadens nunmehr als
weitgehend fach- und sachgerecht zu beurteilen sei (Schreiben vom 19.05.2005, Anlage
K 4).
12
Unter Hinweis auf diese Mitteilung rechnete der Kläger mit Anwaltsschreiben vom
25.05.2005 (K 5) seinen Fahrzeugschaden auf der Basis der Netto-Reparaturkosten
zuzüglich Wertminderung ab (17.048,47 €).
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Die Beklagte zu 2. hatte zuvor auf der Grundlage der Wiederbeschaffungskosten
reguliert und dabei als Restwert nicht den im Schadensgutachten genannten Betrag von
2.350,00 €, sondern einen Betrag in Höhe von 4.400,00 € in Ansatz gebracht. Begründet
wurde dies mit einem entsprechenden Angebot einer Aufkäuferin aus B.. Auf deren
Angebot war der Anwalt des Klägers mit Schreiben der Zweitbeklagten vom 10.12.2004
(K 2) hingewiesen worden.
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Das Landgericht hat der Klage auf Ersatz des restlichen Fahrzeugschadens nach
Einholung eines Sachverständigengutachtens teilweise stattgegeben. Zur Begründung
hat es im Wesentlichen ausgeführt:
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Ersatz in Höhe der Netto-Reparaturkosten stehe dem Kläger nicht zu. Angesichts des
Umstandes, dass die kalkulierten Reparaturkosten höher seien als der
Wiederbeschaffungswert, hätte er den Nachweis einer fachgerechten und vollständigen
Reparatur erbringen müssen. Das sei ihm nach den überzeugenden Feststellungen und
Bewertungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen nicht gelungen. In mehreren
Punkten blieben die Reparaturarbeiten des Klägers hinter den Anforderungen zurück,
die nach der Rechtsprechung des BGH zum sogenannten Integritätszuschlag (130 %-
Grenze) an eine qualifizierte Instandsetzung zu stellen seien.
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Allerdings sei der Ersatzanspruch des Klägers entgegen der Abrechnung der Beklagten
nicht auf den Wiederbeschaffungsaufwand (Wiederbeschaffungswert ./. Restwert)
beschränkt. Vielmehr sei nach den Grundsätzen des erkennenden Senats (Urteil vom
06.03.2006, I-1 U 163/05, VA 2006, 55 = Schadenpraxis 2006, 316) im Fall einer
Teilreparatur mit kalkulierten Reparaturkosten bis 130 % des
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Wiederbeschaffungswertes zu prüfen, ob der Aufwand der durchgeführten Teilreparatur
wertmäßig den Wiederbeschaffungsaufwand übersteige. Sei dies der Fall und liege der
Aufwand der durchgeführten Reparatur unter dem Wiederbeschaffungswert, so wie hier,
so könne der Geschädigte in konkreter Abrechnung des Reparaturwertes die Kosten der
tatsächlich durchgeführten Teilreparatur bis zur Grenze des Wiederbeschaffungswertes
ersetzt verlangen.
Unter Berücksichtigung der Angaben des Sachverständigen M. hat das Landgericht den
"Reparaturwert" der tatsächlich durchgeführten Teilreparatur auf 12.825,07 € geschätzt.
Das entspricht einem Abschlag von 22,5 % von den kalkulierten Netto-Reparaturkosten
laut D-Schadensgutachten.
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Der als "tatsächliche Kosten" des Klägers ermittelte Betrag von 12.825,07 € liege unter
dem Nettowiederbeschaffungswert (12.844,83 €) und sei mithin erstattungsfähig.
Abzüglich der vorgerichtlich gezahlten 8.444,83 € verbleibe eine Restforderung
zugunsten des Klägers in Höhe von 4.380,24 €, die um die Wertminderung in Höhe von
500,00 € aufzustocken sei auf 4.880,24 €.
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Gegen dieses Urteil wenden sich die Beklagten mit ihrer frist- und formgerechten
Berufung, mit der sie ihr erstinstanzliches Klageziel weiterverfolgen. Sie halten die
Schadensberechnung im angefochtenen Urteil für falsch. Das Landgericht habe bereits
übersehen, dass es sich nicht um einen sogenannten 130 %-Fall handele. Rechne man
zu den geschätzten Reparaturkosten von brutto 19.196,23 € den Minderwert von 500,00
€ hinzu, was geboten sei, so werde der Brutto-Wiederbeschaffungswert von 14.900,00 €
um genau 32,19 % überschritten. Die 130 %-Grenze sei zwar nicht sklavisch
anzuwenden, sie könne im Einzelfall unterschritten, aber auch überschritten werden.
Gründe für ein Überschreiten um 2,19 % lägen indessen nicht vor. Schon aus diesem
Grund sei der Kläger nur in Höhe der Wiederbeschaffungskosten zu entschädigen.
Dabei sei der Restwert gemäß dem Angebot, welches man dem Kläger unterbreitet
habe, mit 4.400,00 € zu veranschlagen. Dem Abzug des Restwertes stehe nicht
entgegen, dass der Kläger sein Fahrzeug repariert und weiter genutzt habe. Angesichts
der wirtschaftlich unsinnigen Reparatur müsse der Kläger sich so behandeln lassen, als
habe er sich entschieden, den Restwert zu realisieren. Bei einer Veräußerung des
Fahrzeugs sei der Kläger aber aus Gründen der Schadensminderung gehalten
gewesen, das ihm zugeleitete Restwertangebot anzunehmen.
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Angegriffen wird von der Berufung ferner die Feststellung des Landgerichts, der Kläger
habe wertmäßig in einem Umfang von 12.825,07 € repariert. Diese Schätzung entbehre
einer hinreichenden tatsächlichen Grundlage und könne auch nicht mit den
Ausführungen des Sachverständigen M. gerechtfertigt werden, zumal dessen Schätzung
in sich widersprüchlich sei. Wenn der Sachverständige ausführe, 20 bis 25 % der
Reparatur sei nicht sach- und fachgerecht ausgeführt worden, ergebe sich daraus
gerade nicht, dass auch der finanzielle Aufwand in diesem Umfang hinter einer
fachgerechten Reparatur zurückstehe. Abgesehen davon habe das Landgericht nicht
den Mittelwert von 22,5 % ansetzen dürfen, sondern zu Lasten des beweispflichtigen
Klägers den – für die Beklagten in diesem Zusammenhang günstigeren – Wert von 20 %
zugrundelegen müssen. Dann aber hätte der Reparaturumfang wertmäßig über dem
Wiederbeschaffungswert gelegen mit der Folge, dass der Kläger auch unter diesem
Blickwinkel nur den um den Restwert gekürzten Wiederbeschaffungswert verlangen
könne.
21
Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe seiner
Berufungserwiderung vom 25.05.2007, Bl. 175 ff. d.A..
22
II.
23
Die zulässige Berufung hat nur zum Teil Erfolg.
24
Der Ersatzanspruch des Klägers ist auf die fiktiven Wiederbeschaffungskosten
beschränkt. Darin ist der Berufung im Ergebnis zu folgen.
25
1.
26
Die Verweisung auf die Wiederbeschaffungskosten folgt allerdings nicht schon aus dem
Umstand, dass die "Opfergrenze" von 130 % um 2,19 % überschritten ist. Dass der
merkantile Minderwert (hier: 500,00 €) in die Vergleichsbetrachtung einzubeziehen ist,
ist zutreffend. So entscheidet der Senat in ständiger Spruchpraxis (zur Einbeziehung
des merkantilen Minderwerts und der Bedeutsamkeit der maßgeblichen Bezugsgrößen
vgl. Ch. Huber, Der Kfz-Sachverständige 2006/4, 21 ff.). Abzustellen ist demnach auf die
kalkulierten Reparaturkosten zuzüglich merkantiler Minderwert einerseits und auf den
Brutto-Wiederbeschaffungswert andererseits. Bei den Reparaturkosten ist gleichfalls der
Bruttobetrag maßgebend, was ständiger Rechtsprechung des Senats – auch in Fällen
der Eigenreparatur – entspricht.
27
Soweit in Rechtsprechung und Schrifttum zum Teil abweichende Ansichten zu den
maßgeblichen Bezugsgrößen vertreten werden, bedarf es keiner vertiefenden
Auseinandersetzung. Denn die insoweit bestehenden Streitfragen sind nicht
entscheidungserheblich.
28
Im Ergebnis kann es auch offen bleiben, ob der Kläger mit 132,19 % noch innerhalb der
sogenannten Opfergrenze liegt. Wie auch die Berufung nicht verkennt, handelt es sich
dabei nicht um eine starre Grenze. Sie kann im Einzelfall in der Tat geringfügig
überschritten werden. Dazu ist auf das Urteil des BGH vom 15.02.2005, VI ZR 70/04,
NJW 2005, 1108 = VersR 2005, 663 zu verweisen. Obgleich der Grenzwert um 3,5 %
überschritten war, ist der BGH auf die Frage eingegangen, welche Qualität und welchen
Umfang die Reparatur haben muss, um den sogenannten Integritätszuschlag zu
rechtfertigen, eine Frage, die sich nicht stellt, wenn man die "Opfergrenze" mit 133,5 %
als überschritten ansieht. Ob unter den Umständen des Streitfalles die
Grenzüberschreitung um 2,19 % zu billigen ist, wozu der Senat an sich neigt, kann
letztlich dahingestellt bleiben. Denn die Beschränkung auf die
Wiederbeschaffungskosten (= Wiederbeschaffungsaufwand) rechtfertigt sich aus
anderen Gründen.
29
2.
30
Im Berufungsverfahren steht nicht mehr im Streit, ob die Eigenreparatur des Klägers den
Anforderungen genügt, die nach der Rechtsprechung des BGH (NJW 2005, 1108; NJW
2007, 2917) an eine integritätszuschlagswürdige Vollreparatur zu stellen sind. Unstreitig
ist das nicht der Fall. Indessen ist ein Geschädigter bei einer derartigen Konstellation
("Teilreparatur") nicht in jedem Fall auf den Ersatz der Wiederbeschaffungskosten
beschränkt. Das hat der Senat in der vom Landgericht herangezogenen Entscheidung
vom 06.03.2006, I-1 U 163/05, in Anlehnung an die bereits zitierte Entscheidung des
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BGH vom 15.02.2005 und insbesondere unter Berücksichtigung der Ausführungen des
BGH-Richters Greiner in ZfS 2006, 63, 67, so entschieden. Daran ist festzuhalten.
Hiernach kann ein Geschädigter in konkreter Abrechnung des Reparaturwertes die
Kosten der tatsächlich durchgeführten Teilreparatur bis zur Grenze des
Wiederbeschaffungswertes ersetzt verlangen.
3.
32
Da der Kläger den Wert der von ihm tatsächlich durchgeführten Reparatur nicht durch
eine Werkstattrechnung belegen kann, musste gemäß § 287 ZPO frei geschätzt werden.
Das sieht der Senat im Ausgangspunkt nicht anders als das Landgericht. Das Ergebnis
der erstinstanzlichen Schätzung – 12.825,07 € als "tatsächliche Kosten" des Klägers –
vermag der Senat indes nicht zu billigen. Nicht zuletzt aufgrund der Kritik der Berufung
hat er eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen M. eingeholt. Er hat den
Wert der Reparatur auf etwa 10.000,00 € geschätzt. Dieser Betrag liegt eindeutig unter
dem Wiederbeschaffungsaufwand, selbst wenn man die für den Kläger günstigste
Berechnungsweise zugrundelegt.
33
a)
34
Aus Anlass seiner Beauftragung durch den Senat hat der Sachverständige M. das
Fahrzeug des Klägers ein weiteres Mal besichtigt. Überreicht wurden ihm bei dieser
Gelegenheit noch vorhandene Rechnungen über den Ankauf von Ersatzteilen. Die in
den Rechnungen aufgeführten Ersatzteile waren teilweise nicht zuzuordnen und
mussten mit Hilfe eines BMW-Vertragshändlers (Ersatzteilverkauf) identifiziert werden.
Was die Verwendung von Ersatzteilen betrifft, so konnte der Sachverständige ermitteln,
dass teilweise mit Neuteilen, teilweise mit Gebrauchtteilen instand gesetzt worden ist.
So sind ein Kotflügel und beide Türen durch Gebrauchtteile ersetzt worden. Sie wurden
entsprechend umlackiert. Auf der Grundlage der bereits erstinstanzlich vorgelegten
Ersatzteilrechnung vom 08.04.2005 (Bl. 64 d.A.) und der nachträglich eingereichten
Unterlagen hat der Sachverständige ferner ermittelt, dass das Federbein, beide
Spurstangen, die Ölwanne und das Lenkgetriebe durch Neuteile ersetzt worden sind.
Als Gebrauchtteile erkannt und entsprechend kalkuliert hat er dagegen einen
Vorderachsträger, den Querlenker vorne links, das – nur teilweise instandgesetzte –
Radhaus vorne links und einige weitere Teile. Bei sämtlichen Gebrauchtteilen hat der
Sachverständige den jeweiligen Nettoneupreis um 50 % reduziert.
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Gegen diese die Verwendung von Ersatzteilen betreffenden Feststellungen hat der
Kläger keine Bedenken erhoben. Auch den Abschlag von 50 % auf den Neupreis nimmt
er hin. Auch nach Ansicht des Senats gibt es in diesen Punkten nichts zu beanstanden.
36
b)
37
Bei der Ermittlung des Reparaturwertes hat der Sachverständige M. entsprechend den
Vorgaben des Senats nicht nur die verbauten Ersatzteile, also die Materialkosten,
sondern darüber hinaus auch den Faktor "Arbeit" berücksichtigt.
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Dazu hat er ausgeführt: Durch den Einbau von gebrauchten Teilen anstelle von
Neuteilen würden sich die "Lohnkosten" nicht oder nur unwesentlich verändern. Das
gelte namentlich auch für die gebrauchten Karosserie-Teile. Auf der Grundlage der
Stundenverrechnungssätze einer regionalen Markenwerkstatt hat der Sachverständige
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M. als Arbeitslohn einen Betrag von 6.463,80 € ermittelt. Darin nicht enthalten sind die
Lackierarbeiten (Lohn und Material). Dafür hat der Sachverständige mit Blick auf eine
regionale Markenwerkstatt gesondert 1.524,00 € veranschlagt. In einer alternativen
Kalkulation hat er sodann auf die Löhne in einem Karosseriebaufachbetrieb abgestellt.
Infolge niedrigerer Stundensätze ergeben sich folgende Endbeträge: Arbeitslohn
5.652,51 €, Lackierlohn 1.467,67 €. Um die Differenz zwischen beiden Betriebstypen
aufzufangen, hat der Sachverständige einen Mittelwert gebildet. Unter Berücksichtigung
eines Abzugs bei den Ersatzteilen in Höhe von 1.212,41 € und eines weiteren Abzugs
wegen eines technischen Minderwerts der Reparatur in Höhe von 1.142,35 € beläuft
sich der auf dieser Basis berechnete "Reparaturwert" auf 10.347,98 € (netto).
Ersichtlich diese Zahl von 10.347,98 € hat der Sachverständige vor Augen, wenn er in
seiner abschließenden Stellungnahme die vorgefundene Reparatur wertmäßig mit etwa
10.000,00 € einstuft.
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Da es um die Bewertung einer Eigenleistung geht, hat der Sachverständige, wie von
ihm erbeten, zusätzlich eine Kalkulation vorgenommen, bei der die Lohnkosten
(Arbeitslohn ohne Lackierung) ohne öffentliche Abgaben (keine Mehrwertsteuer, keine
Sozialabgaben) allein auf der Grundlage der Netto-Tariflöhne des Kfz-Gewerbes
ermittelt wurden. Der sich dabei ergebende Betrag von 5.038,16 € (einschließlich
Ersatzteile), ist ungefähr nur halb so hoch wie der oben dargestellte Schätzwert auf der
Grundlage der Werkstattpreise.
41
Da selbst der für den Kläger günstigere Betrag von rund 10.000,00 € noch unter dem
Wiederbeschaffungsaufwand liegt, kann der Senat offen lassen, ob bei der Ermittlung
der tatsächlich durchgeführten Eigenreparatur ihrem Werte nach bei dem Faktor "Arbeit"
die Werkstattpreise (entweder laut Schadensgutachten oder als Mittelwerte) oder nur die
Netto-Tariflöhne des Kfz-Gewerbes zugrunde zu legen sind (für die Preise einer
Fachwerkstatt E. Fuchs, autorechtaktuell.de, 1/2007, S. 8).
42
c)
43
Entscheidungserheblich ist indes die Frage, ob der Abzug gerechtfertigt ist, den der
Sachverständige M. in Höhe von 1.142,35 € für einen technischen Minderwert
vorgenommen hat. Der Kläger hält diesen Abschlag für verfehlt, wie er in der
mündlichen Verhandlung des Senats ausdrücklich betont hat.
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Der Senat hält den Abzug nach Grund und Höhe für gerechtfertigt.
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Die Feststellung eines technischen Minderwertes hat der Sachverständige M. wie folgt
begründet:
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Bei der Instandsetzung des Radhauses vorne links sei der Reparaturweg des
Herstellers (BMW) nicht eingehalten worden. Man habe nicht mit einem (neuen)
Komplettteil das gesamte Radhaus ersetzt. Vielmehr sei man wahrscheinlich so
vorgegangen, dass man einen Teil des Radhauses aus einem anderen Unfallwagen
herausgeschnitten und es in den BMW des Klägers eingeschweißt habe. Die
ausgeführte Reparatur des Radhausblechs sei als "problematisch" einzustufen, da der
Hersteller eine solche Reparatur nicht vorsehe. Deshalb sei eine Gewähr, dass die
ursprüngliche Festigkeit der Karosserie wiederhergestellt werde, nicht gegeben.
Andererseits könne auch nicht ausgeschlossen werden, dass das
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Verformungsverhalten bzw. die Stabilität erreicht werde, die ursprünglich vorgelegen
habe. Die dadurch gegebene Unsicherheit sei mit einem technischen Minderwert zu
erfassen. Dieser sei angesichts des Fahrzeugwertes einerseits und des Wertes einer
qualitativen Abschnittsreparatur des Radhauses andererseits mit 1.142,24 € zu
veranschlagen.
Diese nachvollziehbaren und plausiblen Ausführungen des Sachverständigen M.
rechtfertigen den von ihm vorgenommenen Minderwert-Abschlag. Bei der Prüfung der
Werthaltigkeit einer Instandsetzung, die – wie hier – nicht das Prädikat "fachgerecht und
vollständig" verdient, geht es nicht nur darum, die tatsächlichen Leistungen ihrem
Umfang nach (Ersatzteile und Lohn) zu erfassen, indem man unterbliebene Arbeiten aus
dem Schadensgutachten einfach herausrechnet. Hinzu kommen muss eine Bewertung
des tatsächlich vorhandenen Reparaturergebnisses unter Qualitätsgesichtspunkten. Bei
qualitativen Defiziten kann das Schadensgutachten allenfalls der Ausgangspunkt der
Bewertung sein. Abschläge sind schon deshalb geboten, weil die Kalkulation im
Schadensgutachten auf der Annahme einer vollwertigen Unfallinstandsetzung beruht.
Auch wäre das Bereicherungsverbot verletzt, würde man die Augen vor den
Qualitätsmängeln verschließen und den Geschädigten so behandeln, als habe er seine
Eigenreparatur in qualitativer Hinsicht einwandfrei ausgeführt.
48
4.
49
Da der Kläger nach alledem nicht den Nachweis erbracht hat, dass der Wert seiner
Eigenreparatur den Wiederbeschaffungsaufwand übersteigt, können nur die fiktiven
Wiederbeschaffungskosten als erstattungsfähig anerkannt werden. Das ergibt hier einen
Betrag von 12.203,62 €.
50
a)
51
Dieser Abrechnung zugrunde liegt ein Netto-Wiederbeschaffungswert von 14.553,62 €,
nicht etwa von 12.844,83 €, wie die Beklagten meinen. Sechsjährige BMW 528 i wurden
zur Unfallzeit im Kfz-Handel überwiegend differenzbesteuert angeboten. Das ergibt sich
aus der einschlägigen Schwackel-Liste. Dafür, dass solche Fahrzeuge mit
überwiegender Wahrscheinlichkeit von privat und damit umsatzsteuerfrei angeboten
und gesucht werden, fehlt es dem Senat an hinreichenden Erkenntnissen.
52
b)
53
Was den Restwert angeht, so ist entgegen der Ansicht der Beklagten nicht der von
ihnen abgezogene Betrag von 4.440,00 €, sondern nur ein Betrag von 2.350,00 € in
Abzug zu bringen. Darauf hat der Kläger in seiner Berufungserwiderung unter
Bezugnahme auf die BGH-Entscheidung vom 06.03.2007, NJW 2007, 1674 mit Recht
hingewiesen. In Ergänzung zu diesem Urteil hat der 6. Zivilsenat des BGH durch Urteil
vom 10.07.2007 (NJW 2007, 2918) für einen Schadensfall, wie er hier gegeben ist,
ausdrücklich festgestellt, dass regelmäßig der im Schadensgutachten für den regionalen
Markt ermittelte Restwert abzuziehen ist. Dem schließt sich der Senat an. In der Tat
kann der Kläger nicht auf ein höheres Restwertangebot, wie es den Beklagten
vorschwebt, verwiesen werden. Schon mit Rücksicht auf die tatsächliche Weiternutzung
seines Fahrzeugs hat er dieses Angebot nicht realisieren können. Er muss sich auch
nicht so behandeln lassen, als habe er sein Fahrzeug veräußert. Dafür gibt es keine
tragfähige Grundlage, wie der BGH in den o. g. Entscheidungen überzeugend
54
ausgeführt hat.
c)
55
Unter Berücksichtigung der auf den Fahrzeugschaden geleisteten Zahlung der
Beklagten in Höhe von 8.444,83 € (dieser Betrag wurde im Senatstermin unstreitig
gestellt) ergibt sich eine offene Restforderung von 3.758,79 €. Dieser Betrag ist, wie vom
Landgericht unangegriffen entschieden, zu verzinsen.
56
III.
57
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92, 708 Nr. 10, 713 ZPO. Die
Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht
vor. Der Schwerpunkt der Entscheidung des Senats liegt im Bereich der
Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO. In der Frage der Abrechnungsmodalität bei
einer Teilreparatur im 130 %-Bereich (hier zugunsten des Klägers unterstellt) sieht sich
der Senat in Übereinstimmung mit der Entscheidung des BGH vom 15.02.2005 (NJW
2005, 1110). Zwar hat der BGH in dieser Entscheidung nicht näher ausgeführt, wie eine
minderwertige Eigenreparatur wertmäßig zu erfassen ist. Insoweit sieht der Senat sich
jedoch im Rahmen des § 287 ZPO in besonderer Weise freigestellt und deshalb nicht
veranlasst, die Revision zur Klärung der Schätzparameter zuzulassen.
58
Beschwer: jeweils unter 20.000 €.
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