Urteil des OLG Düsseldorf vom 20.07.2007

OLG Düsseldorf: angemessenheit der kosten, haus, stadt, garage, breite, genehmigung, ausführung, bauunternehmer, realisierung, mitverschulden

Oberlandesgericht Düsseldorf, I-22 U 142/06
Datum:
20.07.2007
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
22. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
I-22 U 142/06
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 14.11.2006 verkündete Urteil
des Landgerichs Mönchengladbach abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 22.449,18 € zuzüglich Zin-
sen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gem. § 1 des
Diskontsatzüberleitungsgesetzes vom 9.6.1998 seit dem 6.5.2002 zu
zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung
durch Sicherheitsleistung von 110 % des vollstreckbaren Betrages ab-
wenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Hö-
he von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe:
1
A.
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Die Klägerin beabsichtigte den Erwerb eines Grundstücks B. Straße, Flurstück 316, D.-
P. Sie wollte auf dem Gelände Wohnhäuser errichten. Sie beauftragte den Beklagten,
unter Stellung einer Bauvoranfrage die bauliche Nutzung des Grundstücks zu klären
(vgl. das Schreiben des Beklagten v. 14.10.1997, Bl. 68 GA). Für das zu bebauende
Gelände bestand kein Bebauungsplan. Unter dem 17.2.1998 fragte der Beklagte zur
Vorbereitung der Planung bei dem Stadtentwässerungsamt der Stadt D. die
Einzelheiten zur Anbindung der Abwasserentsorgung ab. Mit Datum vom 1.4.1998
nahm die Behörde unter Beifügung eines Lageplans, auf dem ein Mischwasserkanal,
jedoch unvermasst, eingezeichnet war, Stellung (Bl. 15 ff. GA). Der Beklagte erstellte
sodann unter Übernahme des Lageplans eine Planung zur Bebauung des Grundstücks
mit 22 Reihenhäusern und zwei Mehrfamilienhäusern (Bl. 10 ff. GA). Diese Pläne
wurden mit Datum vom 28.4.1998 zur Bescheidung der Voranfrage bei der
Baugenehmigungsbehörde der Stadt D. eingereicht. Mit Schreiben vom 5.6.1998 teilte
das Stadtplanungsamt der Stadt D. mit, dass die Antragsunterlagen der Korrektur
bedürften (Anl. B 7). Es erfolgten Planungsänderungen, u.a. der Verzicht auf eines der
ursprünglich vorgesehenen zwei Mehrfamilienhäuser. Der Verzicht auf das
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Mehrfamilienhaus erfolgte, um eine Überbauung des Mischwasserkanals zu vermeiden.
Die mehrfach geänderte Planung reichte der Beklagte unter dem 27.7.1998 bei der
Stadt D. ein (Anl. B 8, Planindex E Anl. B 4). Daraufhin wurde unter dem 10.9.1998 ein
positiver Vorbescheid erteilt (Anl. B 9). Bereits im Rahmen der Bearbeitung der
Bauvoranfrage erfolgte zur Fertigung eines Lageplans Anfang 1998 die Beauftragung
eines Vermessungsingenieurs, mit dem der Beklagte sich abstimmte. Auf dem vom
Vermessungsingenieur abgezeichneten Plan vom 15.7.1999 findet sich der Hinweis:
"Etwaige unterirdische Versorgungsleitungen auf dem Baugrundstück sind bei den
zuständigen Stellen zu erfragen." (Anl. B 12)
4
Die Voranfrage beinhaltet noch nicht die Beantragung von Baugenehmigungen für die
zu erstellenden Häuser. Die Klägerin schloss vielmehr einen
Generalunternehmervertrag mit einer N. S. Bau GmbH, mit der diese zur
Schlüsselfertigstellung der 22 Reihenhäuser verpflichtet wurde. Der Vertrag beinhaltete
auch die Erstellung der Genehmigungsplanung für diese Häuser. Der Beklagte war
insofern nur noch mit der "Objektsteuerung" und "Oberleitung" betraut (Bl. 64 GA). Die
Bauarbeiten wurden von dem Generalunternehmer unter Mitwirkung dessen
Planungsingenieuren durchgeführt. Am 8.11.1999 wurde auf Veranlassung der
Stadtentwässerung Dresden der Kanal eingemessen (vgl. Absteckriss vom 8.12.99, Anl.
B 13). Ausweislich des Bautagebuchs erfolgte am 9.12.1999 die Betonierung der
Fundamente. Da die dabei bewirkte Teilüberbauung des Kanals unzulässig war, musste
das Fundament eines Hauses entfernt werden. Die Stadt D. stimmte einer punktuellen
Überbauung des bestehenden Kanals zu, dieser war jedoch von Belastungen
freizuhalten (vgl. Gesprächsprotokoll v. 8.12.1999, Anl. B 13). Das die Überbauung
verursachende Haus Nr. 22 wurde sodann in Pfahlgründungsbauweise errichtet, was zu
Mehrkosten geführt hat.
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Die Klägerin ist der Ansicht, der Beklagte hafte für diese Mehrkosten. Sie hat behauptet,
bei Hinweis darauf, dass der Abwasserkanal unvermasst eingetragen worden sei und
daher die Realisierung der Planung fraglich sei, wäre es möglich gewesen, durch
Verschiebung der geplanten Hausreihe die aufwendigere Pfahlgründung zu vermeiden.
Sie hat behauptet, soweit bei der Verschiebung eine Garage nicht zu errichten gewesen
wäre, wäre ihr ein Gewinn i.H.v. rd. 1.000 € entgangen. Die Klägerin behauptet, die
Mehrkosten infolge der unzureichende Planung des Beklagten lägen bei 22.449,18 €.
Wegen der Einzelheiten ihrer Schadensberechnung wird auf die Klageschrift vom
30.7.2002 (Bl. 7 ff. GA) Bezug genommen.
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Die Klägerin hat beantragt,
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den Beklagten zu verurteilen, an sie 22.449,18 € zzgl. Zinsen i.H.v. 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gem. § 1 des
Diskontsatzüberleitungsgesetzes vom 9.6.1998 seit dem 6.5.2002 zu zahlen.
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Der Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Der Beklagte ist der Ansicht, er habe seine vertraglichen Pflichten mängelfrei erfüllt.
Dabei sei davon auszugehen, dass die Bestimmung der Lage des Mischwasserkanals
nicht Gegenstand der ihm übertragenen Beantragung eines Bauvorbescheids gewesen
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sei. Er habe nur allgemein die Möglichkeit der Abwasserentsorgung zu prüfen gehabt,
nicht jedoch die exakte Lage des Kanals zu ermitteln. Es handele sich insoweit um eine
Detailfrage, die im Rahmen des sich anschließenden Baugenehmigungsverfahrens zu
klären gewesen wäre. Dies habe der Generalunternehmer versäumt. Der Beklagte hat
weiter behauptet, eine räumliche Verschiebung des Bauvorhabens sei nicht möglich
gewesen, weil die erforderlichen Abstandsflächen dann nicht hätten eingehalten werden
können. Insoweit sei auch zu berücksichtigen, dass die Stadt Dresden darauf bestanden
habe, eine Sichtachse von 12 m Breite zu erhalten.
Der Beklagte ist der Ansicht gewesen, Planungskosten der GEO Projekt könnten ihm
schon deswegen nicht angelastet werden, weil diese nur angefallen seien, weil sich der
Sonderplaner nicht rechtzeitig um die Lage des Kanals gekümmert habe. Hinsichtlich
der Abbruchkosten hat er behauptet, der Vermesser habe die vor Ort tätigen Mitarbeiter
des Generalunternehmers darauf hingewiesen, dass das Fundament nicht gegossen
werden dürfe, weil darunter der Mischwasserkanal liege.
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Mit am 14.11.2006 verkündetem Urteil, auf das wegen der weiteren Sachdarstellung
Bezug genommen wird, hat die 3. Zivilkammer des Landgerichts Mönchengladbach die
Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt:
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Der Klägerin stehe ein Schadensersatzanspruch aus positiver Forderungsverletzung
nicht zu. Der Beklagte habe zwar die ihm aus dem Architektenvertrag obliegenden
Hinweispflichten schuldhaft verletzt. Der Beklagte habe auch im Rahmen der
Bauvoranfrage auf tatsächliche Risiken hinzuweisen gehabt. Ein solches Risiko sei der
auf dem zu beplanenden Gebiet verlaufende Abwasserkanal gewesen. Der Haftung
stehe auch nicht entgegen, dass nach dem Vortrag der Beklagten der Klägerin bekannt,
zumindestens erkennbar gewesen sei, dass der Kanal unvermasst in die
Planungsunterlagen aufgenommen wurde. Ein möglicherweise insoweit zu
berücksichtigendes Mitverschulden schließe die Haftung des Beklagten nicht aus. Auf
diese Fragen komme es im übrigen nicht an, weil die Klägerin den ihr obliegenden
Beweis für die Kausalität zwischen der verletzten Hinweispflicht und dem ihr
entstandenen Schaden nicht geführt habe. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme
stehe nicht fest, dass die Stadt mit einer Verschmälerung der Sichtachse einverstanden
gewesen wäre. Das gehe zu Lasten der Klägerin. Darüber hinaus sei, soweit von einem
Einverständnis mit einer geringen Verschmälerung von 70 cm auf 11,30 m
ausgegangen würde, auch dann der Erlass eines positiven Vorbescheides nicht
festzustellen. Nach der Auskunft des Umweltamtes der Stadt D. wäre einem solchen
Antrag wegen Verstoßes gegen die Gehölzschutzsatzung die Genehmigung verweigert
worden.
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Gegen dieses der Klägerin am 4.12.2006 zugestellte Urteil hat sie mit einem beim
Oberlandesgericht Düsseldorf am 27.12.2006 eingegangenen Schriftsatz die Berufung
eingelegt und sie mit einem am 1.2.2007 eingegangenen Schriftsatz begründet.
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Unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags verfolgt sie ihren
erstinstanzlichen Zahlungsantrag in vollem Umfang weiter. Sie ist der Ansicht, der
Beklagte habe nicht nur Hinweispflichten, sondern seine originäre Vertragspflicht nicht
erfüllt. Der Beklagte habe die ihm auferlegte Prüfung des Maßes der baulichen Nutzung
fehlerhaft geklärt, da seine Planung eine unzulässige Überbauung des vorhandenen
Mischwasserkanals zur Folge gehabt habe. Hierdurch sei sie zu der aufwendigen
Pfahlgründung gezwungen worden. Die Kausalität zwischen Planungsverschulden und
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dem entstandenen Schaden sei bereits aus diesem Grunde gegeben. Das Landgericht
habe sich in Widerspruch zu seiner bisherigen Rechtsauffassung gesetzt, wenn es in
den Urteilsgründen den Kläger dafür beweispflichtig angesehen habe, dass die
Verschiebung des Bauvorhabens möglich gewesen sei. Insoweit handele es sich bei
der landgerichtlichen Entscheidung um eine Überraschungsentscheidung. Im übrigen
sei selbst dann, wenn man mit dem Landgericht davon ausgehe, dass sie für diesen
Umstand beweispflichtig sei, der entsprechende Beweis geführt worden. Die
Beweiswürdigung des Landgerichts sei unzutreffend. Zu Unrecht habe das Landgericht
auch festgestellt, dass nicht sicher sei, dass sie zu einem Verzicht auf die Errichtung der
Garage bereit gewesen wäre. Insoweit habe das Landgericht auch verkannt, dass es bei
der entsprechenden Planungsalternative um den Wegfall der Garage neben dem Haus
Nr. 6 gehe. Auf dieser Parzelle sei jedoch die Errichtung einer Garage, durch
Zurücksetzung, möglich gewesen.
Die Klägerin beantragt,
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unter Abänderung des Urteils der 3. Zivilkammer des Landgerichts
Mönchengladbach vom 14.11.2006 den Beklagten zu verurteilen, an sie
22.449,18 € zzgl. Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gem. § 1
des Diskontsatzüberleitungsgesetzes vom 9.6.1998 seit dem 6.5.2002 zu zahlen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
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Unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags verteidigt er die
landgerichtliche Entscheidung als zutreffend.
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Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die Berufungsbegründung der
Klägerin vom 1.2.2007 (Bl. 582 ff. GA), ihren Schriftsatz vom 19.6.2007 (Bl. 619 ff. GA)
sowie auf die Berufungserwiderung des Beklagten vom 20.3.2007 (Bl. 610 f. GA) Bezug
genommen.
22
B.
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Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet. Die Klägerin kann von dem
Beklagten gem. §§ 633, 635 BGB a.F. Schadensersatz in Höhe von 22.449,18 € nebst
Zinsen in Höhe von 5 Prozenpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6.5.2002
verlangen.
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I. Der Klägerin steht dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch aus den §§ 633,
635 BGB a.F. zu.
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1. Im Ergebnis zutreffend ist auch das Landgericht davon ausgegangen, dass der
Beklagte seine vertraglichen Pflichten aus dem Architektenvertrag nicht erfüllt hat. Er hat
dabei, worauf das Landgericht nicht eingegangen ist, bereits seine vertragliche
Hauptpflicht nicht erfüllt, indem er einen Plan vorgelegt hat, der eine Bebauung des
Grundstücks auch hinsichtlich der Haus-Nr. 22 auswies, die eine Überbauung des
Kanals zur Folge hatte.
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2. Hierin liegt ein Planungsmangel. Entgegen der Auffassung des Beklagten war der
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Planungsauftrag nicht so allgemein, dass lediglich abstrakt eine Planung geschuldet
war, die den Bau der 22 Einfamilienhäuser – gleich mit welchem konstruktiven Aufwand
– ermöglichte. Oft bestehen bei der Verwirklichung von Bauvorhaben Möglichkeiten,
vorhandene technische Schwierigkeiten durch erheblichen finanziellen Einsatz
auszuräumen. Eine ordnungsgemäße Planung hat jedoch auch wirtschaftliche
Erfordernisse zu beachten (vgl. Werner/Pastor, Bauprozess, 11. Aufl., Rdnr. 1482). Die
Wirtschaftlichkeit eines Bauvorhabens ist gerade bei größeren Investorenprojekten von
besonderer Bedeutung. Das war hier vorliegend auch deshalb von besonderer
Erheblichkeit, weil zum Zeitpunkt der Beauftragung des Beklagten ein
Grundstückserwerb noch nicht stattgefunden hatte. Es war daher für die Beklagte
ersichtlich von Bedeutung, in welchen Rahmen und mit welchen Anforderungen eine
bauliche Nutzung des Geländes verwirklicht werden konnte. Dabei ist zwar auch richtig,
dass unter Berücksichtigung der konkreten vertraglichen Gegebenenheiten der Beklagte
nicht verpflichtet war, jedes bauliche Detail, insbesondere im Hinblick auf die später zu
beantragenden Baugenehmigungen der Häuser, zu klären. Gegebenheiten, die aber für
die Wirtschaftlichkeit des Projektes erkennbar von Bedeutung waren, musste der
Beklagte planerisch berücksichtigen oder jedenfalls die Klägerin auf die wirtschaftlichen
Risiken hinweisen. Dabei war die Lage des Schmutzwasserkanals von erheblicher
Bedeutung, was bereits der Umstand zeigt, dass die Planung für das zweite
Mehrfamilienhaus wegen der dann erforderlichen Überbauung fallengelassen wurde.
Auch sind die hier dargelegten zusätzlichen Gründungskosten, die bereits ohne die
Planungskosten mit 14.687,40 € beziffert werden, im Hinblick auf den Erstellungspreis
des Reihenendhauses von 164.305 DM von ganz erheblicher Bedeutung. Sie betragen
rd. 18 %, was im Hinblick auf die üblichen Gewinnspannen von erheblicher Bedeutung
ist. Dabei war dem Beklagten nach eigenem Vortrag bewusst, dass der Plan, so wie er
von der Stadt an ihn überreicht wurde, nur allgemein zur Entwässerung, nicht jedoch zur
Lage des Kanals Stellung nahm. Insbesondere aus seinem Aktenvermerk vom 5.6.1998
(Bl. 130, 131 GA) ergibt sich, dass ihm bewusst war, dass die Lage der Abwasserleitung
in dem Lageplan darzustellen war (Bl. 131 oben GA). Eine solche Darstellung des
Abwasserkanals, die nicht die tatsächliche Lage des Kanals zeigt, war aber planerisch
wertlos. Gerade im Hinblick darauf, dass das Eckhaus erkennbar nach der Planung des
Beklagten vergleichsweise nah an die Abwasserleitung gesetzt war, war erkennbar,
dass die tatsächliche Lage des Kanals für die Planung des Beklagten von Bedeutung
war und daher von ihm zu klären war. Nur so konnte der Beklagte brauchbare Aussagen
zum Maß der baulichen Nutzung machen, wie es von ihm vertraglich geschuldet war.
3. Der Beklagte geht auch unzutreffend davon aus, dass die Bauvoranfrage vorliegend
die Ermittlung der Planungsgrundlagen nicht einschloss. Die Bauvoranfrage kann in
verschiedenen Leistungsphasen erforderlich werden. Sie ist zunächst einmal nach § 15
HOAI eine besondere Leistung der Leistungsphase 2. Dabei ist anerkannt, dass eine
solche Bauvoranfrage auch in dem früheren Stadium der Leistungsphase 1 oder in
einem späteren Stadium erforderlich werden kann, wenn Risiken für die
Bauausführungen vermieden werden müssen. Die Bauvoranfrage erfolgt aber, auch
wenn sie, wie hier, als alleinige und gesonderte Architektenleistung vereinbart wird,
nicht losgelöst von jeder planerischen Grundlagenermittlung. Der Beklagte war nicht
beauftragt, irgendeine Bauvoranfrage genehmigungsfähig zu machen, sondern er war
verpflichtet, eine Bauvoranfrage zu stellen, die dann auch bestandskräftig verwirklicht
werden konnte. Er konnte sich insoweit nicht darauf beschränken, nur die generelle
Möglichkeit einer Abwasserentsorgung zu prüfen und die genaue Lage und
Verwirklichung der Allgemeinplanerin zu überlassen. Da die Lage der Abwasserleitung
von Bedeutung für die konkreten Standorte der Häuser war, war diese bereits von ihm
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im Rahmen der Bauvoranfrage zu ermitteln, so wie es auch bei einer allgemeinen
Beauftragung der Leistungsphasen 1-4 bereits im Rahmen der Vorplanung oder
Grundlagenermittlung erforderlich werden kann. Das zeigt bereits die Überlegung, dass
bei noch abweichenderer Lage des Abwasserkanals auch die Möglichkeit bestand,
dass mehr als nur das Reihenendhaus betroffen war. Durch eine solche planerische
Ungenauigkeit kann die Gesamtwirtschaftlichkeit des Projektes in Frage gestellt sein.
Der Beklagte war daher gehalten, entweder eine Vermessung des Kanals durchführen
zu lassen oder aber jedenfalls zumindest in dem kritischen Bereich sich darüber
Gewissheit zu verschaffen, dass eine Realisierung des Häuserstandortes möglich ist.
Das gilt auch unter dem Gesichtspunkt, dass der Architekt im Hinblick auf die
Erfolgsbezogenheit seiner Tätigkeit nur eine brauchbare, nicht jedoch eine optimale
Planung schuldet. Es ist üblich, dass im Rahmen der Bauausführung immer wieder
Schwierigkeiten auftreten, die durch Nachverhandlungen mit den Baubehörden gelöst
werden müssen und dass dabei auch Zusatzkosten entstehen können. Jedenfalls aber
die Kernpunkte der Planungsgrundlagen müssen zutreffend ermittelt sein. Wie
dargelegt, handelt es sich bei den hier streitgegenständlichen Folgekosten vorliegend
nicht nur um geringfügige Kosten, auch war das Planungsrisiko bei schlichter
Übernahme der unvermassten Zeichnungen ohne jede Überprüfung hoch. Die Planung
des Beklagten war unter diesem Gesichtspunkt weder optimal noch durchschnittlich,
sondern fehlerhaft.
4. Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass der Nachweis der
fehlerhaften Planung der Klägerin als Anspruchstellerin obliegt. Zu der ihr obliegenden
Darlegungs- und Beweislast gehört auch, dass überhaupt eine Planungsalternative
bestand. Die Klägerin macht nicht geltend, dass sie auf eine Realisierung des Hauses
Nr. 22 verzichtet hätte, wenn ihr die Gründungskosten bekannt gewesen wären.
Tatsächlich hat sie auch die Ausführung und Fertigstellung des Hauses vornehmen
lassen. Ein Planungsfehler kann unter Berücksichtigung der Erfolgsbezogenheit des
Architektenvertrages vorliegend nur dann bejaht werden, wenn tatsächlich eine andere
Möglichkeit der Bebauung bestand. War eine solche nicht gegeben, war zwar die
zeichnerische Darstellung im Plan zur Bauvoranfrage unrichtig, gleichwohl die
Gesamtplanung nicht fehlerhaft, weil dann nur an dieser Stelle auf den vom Kläger
vorgegebenen Standorten gebaut werden konnte. Das Architektenwerk ist nicht
fehlerhaft, wenn – letztlich zufällig – die Planung des Beklagten zum richtigen Ergebnis
gekommen war. Nicht zutreffend ist daher die Auffassung der Klägerin, die Beweislast
für eine anderweitige Planungsalternative liege beim Beklagten.
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Die vom Landgericht im Urteil angenommene Beweislastverteilung war nicht
überraschend. Die von der Klägerin in bezug genommene Ausführung des Landgerichts
hatte die Substantiierung des Vortrags des Beklagten zum Gegenstand, ohne damit
zugleich eine Aussage über die Beweislast zu machen. Die Klägerin konnte bereits
daran, dass von ihr mehrfach Vorschuss für das einzuholende
Sachverständigengutachten eingefordert wurde, erkennen, dass die Kammer von einer
Darlegungs- und Beweislast auf klägerischer Seite ausging. Darüber hinaus wäre eine
unterstellte Verletzung der Hinweispflicht nach § 139 ZPO vorliegend ohne Auswirkung
geblieben, weil die Klägerin mit der Berufungsbegründung nicht ausführt, was sie auf
den Hinweis hin hätte vortragen wollen, aber nicht vorgetragen hat.
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5. Es bestehen jedoch konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit der
Feststellung des Landgerichts begründen, es sei niciht erkennbar, dass seinerzeit eine
alternative Planung genehmigt worden wäre.
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a) Die landgerichtliche Beweiswürdigung steht nicht in Übereinstimmung mit den
schriftlichen Unterlagen und den Aussagen der Zeugen, wie sie protokolliert wurden.
Nach der Beweisaufnahme steht mit ausreichender Sicherheit fest, dass eine geringere
Breite der Sichtachse zu erreichen war. Dafür spricht bereits, dass tatsächlich – wenn
auch ohne Verschiebung der Häuserzeilen -, eine Korridorbreite von 10 m letztlich
durchgeführt und genehmigt wurde. Das ist zwischen den Parteien unstreitig, es ergibt
sich aber auch aus den Auskünften der Stadt Dresden und der Aussage des Zeugen
Leo (Bl. 479 GA). Dabei ist nach sämtlichen Unterlagen, aber auch den
Zeugenaussagen davon auszugehen, dass auch im Rahmen der Bauvoranfrage die
Genehmigung in diesem Punkt erteilt worden wäre. Die tatsächliche Handhabung sowie
die schriftlichen Auskünfte haben zunächst in soweit indizielle Wirkung, als sie die
generelle Verwaltungspraxis beschreiben. Dabei ist insbesondere nicht erkennbar, dass
sich diese Verwaltungspraxis zum Zeitpunkt der Voranfrage anders darstellte als bei
Erteilung der Baugenehmigungen. Dagegen spricht bereits, dass der Vorbescheid vom
10.9.1998 in zeitlicher Nähe zum Bauantrag erteilt wurde. Nach der zeichnerischen
Darstellung zum Bauantrag ist dieser im Juli 1999 gestellt worden, die Bauarbeiten am
Haus Nr. 22 wurden im November 1999 begonnen. Es bestehen keine Gründe, die nahe
legen, dass die Behörde für das hier betreffende Baugebiet 1998 bei entsprechender
Beantragung anders entschieden hätte als 1999. Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein
Mitarbeiterwechsel insoweit nicht stattgefunden hatte. Insbesondere steht aber nach der
Aussage des Zeugen L. fest, dass die Frage einer Verschmälerung der Sichtachse auf
10 m letztlich maßgeblich vom Straßen- und Tiefbauamt – auch im
Vorbescheidsverfahren – hätte beantwortet werden müssen (Bl. 479, 2. Abs. GA).
Maßgeblicher Entscheidungsträger ist so tatsächlich das Straßen- und Tiefbauamt,
mithin die Stelle, die zu dieser Frage auch im Baugenehmigungsverfahren Stellung
genommen hat. Es ist aber nicht erkennbar, dass das Straßen- und Tiefbauamt im
Vorbescheidsverfahren anders Stellung genommen hätte. Nach der Bekundung des
Zeugen L. hat sie im Rahmen der Bauvoranfrage mitgeteilt, dass eine Achse von 12 m
ausreiche (Bl. 478 GA). Diese Aussage ist aber getroffen worden auf der Grundlage
einer Anfrage, die 12 m und nicht, wie erforderlich, 10 m zugrundelegte. Der Umstand,
dass das Straßen- und Tiefbauamt im Vorbescheidsverfahren mitgeteilt hat, dass 12 m –
ausgehend von zunächst 15 m – ausreichend seien, ist also kein Indiz dafür, dass bei
Stellung eines Antrags mit einer Breite von 10 m dieser abschlägig beschieden worden
wäre, weil das Straßen- und Tiefbauamt einer solchen Verschmälerung nicht
zugestimmt hätte und damit im Ergebnis auch der Zeuge L. den Antrag nicht befürwortet
hätte. Die Beweiswürdigung des Landgerichts berücksichtigt nicht ausreichend, dass
der Zeuge ausgesagt hat, dass die Frage der Verschmälerung der Sichtachse vom
Straßen- und Tiefbauamt her hätte beantwortet werden müssen (Bl. 479 GA). Er hatte
dabei mehrfach betont, dass eine Mindestbreite von 12 m nicht "zementiert" gewesen
sei (Bl. 480 GA) und nie festgelegt wurde, dass 12 m das absolute Mindestmaß seien,
auf das man sich einlassen würde. Allenfalls lässt sich der Aussage des Zeugen L.
entnehmen, dass bei einer Verschmälerung der Sichtachse auch die Gesamtplanung,
insbesondere die Frage, auf welche Weise die Straße erstellt wird, berücksichtigt
worden wäre. Die Errichtung der Straße als Privatstraße war aber bereits im
Vorverfahren Gegenstand der Erörterung, wie sich aus dem Schreiben des
Stadtplanungsamtes vom 5.6.1998 ergibt (Bl. 302, 303 GA). Dort ist ausgeführt, dass bei
Privatstraßen die Stadtverwaltung keine Forderungen stellen kann. Auch die Aussagen
der weiteren Zeugen sprechen dafür, dass bei entsprechender Verhandlung eine
Verschmälerung der Sichtbreite – insbesondere mit dem Argument, dass sonst eine
Kanalüberbauung erforderlich würde -, möglich gewesen wäre. Der Zeuge W., der für
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den Beklagten die Sache im wesentlichen bearbeitet hat, hat im Termin vom 18.5.2005
bekundet, dass eine Sichtachse von 9 m nicht akzeptiert wurde (Bl. 434 GA). Er konnte
unmittelbare Bekundungen dazu, dass eine Sichtachse von 12 m gefordert werde, nicht
machen (Bl. 435 GA). Dabei lässt seine Aussage erkennen, dass er weitere Gespräche
über eine Reduzierung der Sichtachse auf 10 m nicht geführt hat, weil er darin keine
Erfolgsaussicht sah. Das zeigt aber, dass auch nach der Aussage des Zeugen W.
konkret über eine Verschmälerung auf 10 m, die allgemein vom zuständigen Amt noch
als zulässig gesehen wurde, nicht verhandelt wurde. Entgegen der Auffassung des
Landgerichts ergeben sich daher aus der Aussage des Zeugen W. keine
Gesichtspunkte, die gegen die Richtigkeit der Aussage des Zeugen L. sprechen.
Zutreffend ist zwar, wie das Landgericht festgestellt hat, dass tatsächlich davon
auszugehen ist, dass eine Sichtachse von 9 m, wie sie auf einem Planungsvorschlag
enthalten war, nicht akzeptiert wurde. Daraus lässt sich jedoch nicht schließen, dass
zugleich eine solche von 10 m abgelehnt worden wäre. Auch der Zeuge B. hatte
bekundet, dass grundsätzlich nach Auffassung der Verwaltung eine Verschmälerung
der Sichtachse auf 10 m zulässig war (Bl. 477 GA). Dabei ist auch zu berücksichtigen,
dass nach den Feststellungen der Sachverständigen J.-J. eine optisch deutliche
Trennung der Bebauungszeilen von einer 10 m breiten Sichtachse nicht maßgeblich
schlechter erreicht wird als durch eine 12 m breite Sichtachse (Bl. 357 GA). Da auch von
den Parteien keine allgemeinen Rechtsgrundsätze genannt wurden, nach denen eine
Sichtachse von 12 m gefordert werden konnte, zeigt diese Äußerung, dass objektiv ein
Anspruch gegeben war, die Genehmigung zu einer solchen Planung zu erhalten.
Vorliegend wird dies auch dadurch bestätigt, dass tatsächlich dann eine solche
Verschmälerung genehmigt wurde und dies der allgemeinen Praxis jedenfalls des
Straßen- und Tiefbauamtes als maßgeblicher Abteilung entsprach. Damit aber hat die
Beweisaufnahme einen ausreichenden Beweis dafür erbracht, dass eine solche
Verschmälerung genehmigt worden wäre.
Einer Wiederholung der Beweisaufnahme bedarf es nicht. Das Landgericht hat zwar
ausgeführt, dass "erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der vom Zeugen L.
getätigten Aussage" bestehen. Die Einschätzung des Landgerichts beruht jedoch auf
einer nicht zutreffenden Auswertung der Zeugenaussagen und der weiteren Unterlagen.
Dabei kann dahinstehen, ob der Zeuge L. als glaubwürdig anzusehen ist, weil die
Feststellungen des Senats tragend nicht auf dieser Aussage, sondern auf den objektiv
feststellbaren und auch vom Landgericht festgestellten Umständen sowie den weiteren
Zeugenaussagen, die das Landgericht nicht als unglaubhaft angesehen hat, beruht. Es
steht auch dann, wenn die Aussage des Zeugen L. nicht als glaubhaft betrachtet wird,
mit ausreichender Sicherheit fest, dass die Genehmigung zur Verschmälerung der
Sichtachse erteilt worden wäre.
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b) Nach der vom Landgericht vorgenommenen Beweisaufnahme steht, wovon das
Landgericht ebenfalls ausgeht, fest, dass bei einer Verschiebung der Gebäudezeile
Haus Nr. 22-16 um 2 m ohne Verschiebung der Gebäudezeile Haus Nr. 15-6 eine
positive Bescheidung der Bauvoranfrage zu erwarten gewesen wäre. Die
Sachverständige hat hierzu ausgeführt, dass dann der Abstand der Bebauung von der
nördlichen Grundstücksgrenze und den dort stehenden Bäumen unverändert gegenüber
der "endgültigen Planfassung" des Beklagten bleibt (Bl. 361 GA). Bei dieser
Fallkonstellation ist insbesondere gewährleistet, dass zu den Häusern, auch zu Haus
Nr. 6, ein ausreichender Abstand zum Kronenrand von 30 cm verbleibt (Bl. 357 GA).
Dabei ist zwar richtig, worauf sich auch das Landgericht bezieht, dass diese Planung
dazu führt, dass die zur Haus Nr. 6 vorgesehene Garage zu ¾ im Kronen- bzw.
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Wurzelbereich liegt. Auch ist zutreffend, wie vom Landgericht unter einer anderen
Planungsalternative erörtert, dass davon auszugehen ist, dass ohne weitere Auflagen
grundsätzlich auch die Errichtung einer Garage und nicht nur des Gebäudes selbst
problematisch gesehen wird (vgl. Bl. 503 R GA). Allerdings ist zu berücksichtigen, dass
bei dieser Planungsvariante hinsichtlich der Abstände zu Bäumen und Baumkronen
kein Unterschied zu der vom Beklagten eingereichten Planung vorliegt. Diese wurde
aber genehmigt, ohne dass Baumschutzbelange berührt waren. Diese sind in diesem
Stadium offensichtlich auch noch nicht geprüft worden. Jedenfalls aber hätte damit die
Ausführung der Planungsvariante keinen (zusätzlichen) Nachteil zur Ausführung der
ursprünglichen Variante gebracht, so dass die Planung unter Verschmälerung der
Sichtachse auf 10 m auf jeden Fall sachgerechter war. Damit hätten zumindest die
Kosten der Überbauung vermieden werden können, auch wenn möglicherweise
Probleme des Baumschutzes in beiden Planungen vorhanden waren.
Aus diesem Grunde bedarf es auch keiner Feststellung dazu, ob davon auszugehen ist,
dass die Klägerin sich ggf. mit der Erstellung eines Stellplatzes zufrieden gegeben hätte
und insoweit ein verminderter Gewinn für die Garage zu berücksichtigen wäre.
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II. Ein Mitverschulden der Klägerin ist nicht zu berücksichtigen. Der Beklagte kann sich
nicht darauf berufen, dass ein weiterer Planer keine Überprüfung hat vornehmen lassen.
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1. Der Beklagte hat zwar vorgetragen, dass die Tatsache unvermassten Einbezugs der
Skizze sowohl für die Klägerin als auch für jeden anderen Planer erkennbar war.
Gleichwohl durften sowohl die Klägerin als auch nachplanende Architekten sich darauf
verlassen, dass eine Prüfung der Lage des Kanals zumindest insoweit erfolgt war, dass
ein Überbau nicht vorgenommen werden musste. Hinsichtlich der Klägerin gilt weiter,
dass sie nicht gehalten war, die in der Planaussage enthaltene Feststellung, dass der
Kanal nicht überbaut werden musste, nachzuprüfen. Genau dafür hatte sie den Kläger
als Planer beauftragt. Es ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin bessere Kenntnisse
hatte. Sie durfte vielmehr davon ausgehen, dass der Beklagte die übernommene Lage
des Kanals, auch wenn sie unvermasst im Plan erscheint, geprüft hatte und zu dem
Ergebnis gekommen war, dass eine Überbauung nicht stattfinden würde.
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2. Der nachfolgende Planer ist nicht Erfüllungsgehilfe des Bauherrn in bezug auf den
Vorplaner. Insoweit liegt ggf. eine gesamtschuldnerische Haftung vor, nicht jedoch ein
gem. §§ 254, 278 BGB zu berücksichtigendes Mitverschulden der Klägerin (vgl.
Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 2. Aufl., 6. Teil, Rn. 73).
38
III. Die unzureichende Planung des Beklagten hat zu einem Schaden geführt. Es sind
erhöhte Aufwendungen für die Erstellung des Reihenhauses Nr. 22 erforderlich
geworden.
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1. Dabei ist davon auszugehen, dass grundsätzlich eine Pfahlgründung bei der
vorliegenden Sachlage eine angemessene Form der Schadensbeseitigung war und die
hierfür erforderlichen Kosten zu ersetzen sind. Der Beklagte hat zwar allgemein zu
einem späteren Zeitpunkt im Prozess mit Schriftsatz vom 8.6.2003 (Bl. 212, 218 GA)
vorgetragen, dass eine Pfahlgründung nicht zwingend geboten gewesen sei, sondern
bei einer Unterkellerung des Hauses Nr. 22 hierauf hätte verzichtet werden können.
Dieser Einwand ist jedoch nicht tragfähig. Eine Unterkellerung des Hauses hätte zu
Mehrkosten geführt. Es ist nicht erkennbar, dass diese Mehrkosten zu einem adäquaten
Mehrerlös geführt hätten und insoweit eine solche Form der Schadensbeseitigung
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vorzugswürdig war. Die Klägerin hat, ohne dass der Beklagte dem erneut
widersprochen hat, vorgetragen, dass für diesen Fall das Haus Nr. 21 hätte unterfangen
werden müssen. Es ist auch naheliegend, dass eine derartige Umgestaltung einen
neuen Bauantrag voraussetzt und damit größere Kosten verbunden sind. Darüber
hinaus, und das ist entscheidend, entspricht eine solche Form der Schadensbeseitigung
nicht den planerischen Vorgaben. Geplant waren Einfamilienhäuser, die nur auf
besonderen Wunsch mit einem Keller versehen waren. Die Klägerin war nicht gehalten,
auf eigenes Risiko hin mehr Investitionen zu tätigen, ohne sicher sein zu können, dass
diese wirtschaftlich tragfähig waren. Sie konnte daher das Haus ohne Keller ausführen
lassen.
Der Beklagte hat weiter eingewandt, "eine Änderung der Lastabtragung des Hauses
hätte zusätzliche Alternativen eröffnet" (Bl. 218 GA). Dieser Vortrag ist, insbesondere
unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Beklagte Architekt ist, nicht hinreichend
substantiiert. Es ist weder vorgetragen, wie derartige Lastabtragungen auszusehen
hätten, noch ist erkennbar, dass damit der nicht gewünschte Überbau weggefallen wäre.
Es geht bei der Vermeidung des Überbaus nicht nur darum, statische Belastungen zu
vermeiden, es ist auch eine gewisse Zugänglichkeit zu wahren für den Fall, dass
Reparaturen erforderlich sind. Das kann nur durch die Pfahlgründung erreicht werden.
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2. Die unter Ziff. 1) und 2) in der Klageschrift aufgeführten Projektkosten sind daher
ersatzfähig. Der Kläger hat Höhe und Angemessenheit dieser Kosten nicht bestritten.
Sie sind durch Rechnungen belegt.
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3. Auch die Rechnung der Firma S., die die eigentlichen Baukosten der Pfahlkosten
betrifft, sind vollständig zu ersetzen.
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a) Um Ohnehinkosten handelt es sich nicht, weil bei der gebotenen Verschiebung der
Reihenhausanlage diese Kosten nicht angefallen wären.
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b) Die Angemessenheit der Kosten hat der Beklagte nicht bestritten, er ist nur der
Ansicht, aus Rechtsgründen nicht zur Zahlung verpflichtet zu sein (vgl. Bl. 54 ff. GA).
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4. Auch der Betrag aus der Rechnung der Firma N. D. Bau GmbH vom 6.11.2000 über
4.060,57 € ist zu ersetzen. Diese Kosten sind entstanden, weil schon gelegte
Fundamente abgebrochen und entsorgt werden mussten. Auch insoweit hat der
Beklagte die Angemessenheit der Kosten nicht bestritten. Auch nach dem Vortrag des
Beklagten sowie der nicht angegriffenen Feststellungen im landgerichtlichen Urteil ist
vor Fundamentlegung am Haus Nr. 22 eine Mitteilung des Vermessers an die Klägerin
nicht erfolgt. Ein unmittelbares Verschulden ihrerseits deshalb, weil sie Kenntnis davon
hatte, dass ein Überbau des Kanals drohte, kommt daher nicht in Betracht. Ein etwaiges
Verschulden ihres Bauunternehmers ist der Klägerin nicht zuzurechnen, da diese im
Verhältnis zum Planer nicht Erfüllungsgehilfe des Auftraggebers ist (vgl. Kniffka/Koeble,
a.a.O.). Insoweit kommt allenfalls eine gesamtschuldnerische Haftung gegenüber dem
Bauherrn in Betracht. Auch eine Unterbrechung der Kausalität ist nicht anzunehmen.
Hiervon wäre nur dann auszugehen, wenn der Bauunternehmer in vollem Bewusstsein
war, dass die Ausführungen der Arbeiten zu einem Mangel des Bauwerks führt, seine
Arbeitsleistung erbracht hat. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass nach der Aussage
des Statikers dieser direkte Anweisungen nicht erteilt hat und diese auch nicht erteilen
durfte, so dass nicht feststeht, dass der Bauunternehmer erkannt hat, dass die
Betonarbeiten wieder abgerissen werden müßten. Der Vermesser hat zunächst nur die
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Lage des Kanals festgelegt, die Frage der Überbaubarkeit ist eine planerische Frage,
die grundsätzlich vom Bauunternehmer nicht zu beantworten war. Konkrete
Verfügungen der Stadt lagen gleichermaßen nicht vor. Der Zeuge G. hat in seiner
Vernehmung (Bl. 332 ff. GA) zwar mitgeteilt, er habe den Verlauf des Kanals vor Ort
jemandem gezeigt (Bl. 335 GA). Auch hat er vor Ort das Absteckprotokoll von einem
namentlich nicht mehr bekannten Herrn unterschreiben lassen. Das Absteckprotokoll
weist eine Unterschrift – schlecht lesbar – aus. Der Zeuge hat jedoch betont, dass er
keine Verbote oder ähnliches ausgesprochen hat. Er war sich nicht einmal sicher, ob er
darauf ausdrücklich hingewiesen hat, dass die Gebäudeecke in die Nähe des Kanals
kam. Unter diesen Voraussetzungen scheidet ein vorsätzliches Handeln des
Bauunternehmers, das kausalitätsunterbrechend sein könnte, aus.
5. Die Kosten aus der Rechnung J. vom 19.1.2001 sind ersatzfähig. Die Klägerin hat
nachvollziehbar, ohne dass dem der Beklagte erneut entgegengetreten ist, erläutert,
dass insoweit zusätzliche Kosten für eine erneute Prüfung der Statik und der
Ausführungszeichnungen entstanden sind und die für die übrigen Häuser vereinbarte
ermäßigte Prüfgebühr keine Anwendung finden konnte (Bl. 135 f. GA).
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IV. Der Zinsanspruch ist aus den §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB begründet. Die
Klägerin hat mit anwaltlichem Mahnschreiben vom 10.4.2002 (Bl. 33 GA) unter
Fristsetzung bis zum 5.5.2002 die Zahlung des bereits zuvor mit Schreiben vom
29.1.2002 (Bl. 29 GA) geltend gemachten Schadensersatzes beansprucht.
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V. Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
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Die Voraussetzungen, unter denen die Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen
ist, liegen nicht vor.
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Streitwert für die Berufungsinstanz: 22.449,18 €.
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R. F. G.
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