Urteil des OLG Düsseldorf vom 11.07.2002

OLG Düsseldorf (schuldner, zpo, öffentlich, vollstreckung, gläubiger, genehmigung, gebäude, ersatzvornahme, abbruch, ermächtigung)

Oberlandesgericht Düsseldorf, 24 W 21/02
Datum:
11.07.2002
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
24. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
24 W 21/02
Vorinstanz:
Landgericht Duisburg, 2 O 23/00
Tenor:
Die sofortige Beschwerde des Schuldners gegen den Beschluss der 2.
Zivil-kammer des Landgerichts Duisburg vom 27. Mai 2002 wird auf
seine Kosten zurückgewiesen.
Beschwerdewert: 13.000,00 EUR
Das zulässige Rechtsmittel des Schuldners bleibt ohne Erfolg.
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I.
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1. Zutreffend ist die Beurteilung des Landgerichts, dass der Tenor des Versäumnisurteils
vom 09. August 2000 auch insoweit vollstreckbar ist, als der Schuldner (neben der
Räumung) verurteilt worden ist, das bezeichnete Grundstück "befreit von sämtlichen
oberirdischen Aufbauten und unterirdischen Anlagen" herauszugegeben.
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Sinn und Zweck des verfahrensrechtlichen Erfordernisses, einen hinreichend
bestimmten Antrag im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zu stellen, bestehen darin, dem
Organ, das den nach dem gestellten Antrag erlassenen Titel zu vollstrecken hat, die
erforderlichen Weisungen zu erteilen, ohne auf die Urteilsgründe oder außerhalb des
Urteils liegende Erkenntnisquellen zurückgreifen zu müssen.
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Diesen Anforderungen wird der in Rede stehende Urteilstenor gerecht. Entgegen der
Ansicht des Schuldners müssen nicht die einzelnen Handlungen des Schuldners
beschrieben werden, wenn er zur Herbeiführung eines bestimmten Handlungserfolgs
verurteilt worden ist. Maßgeblich sind nicht die Handlungen, sondern der
Handlungserfolg (BGH MDR 1996, 959).
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Diesem Erfordernis wird der Tenor des Versäumnisurteils gerecht. Aus ihm geht nämlich
mit der erforderlichen Bestimmtheit hervor, dass der Schuldner die Rückgabe des
bezeichneten Grundstücks ohne überirdische Aufbauten und unterirdische Anlagen
schuldet. Das mit der Vollstreckung beauftragte Organ (Vollstreckungsgericht, § 887
ZPO) ist jederzeit in der Lage festzustellen, ob der Schuldner dieser Verpflichtung
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nachgekommen ist oder nicht. Eine Beschreibung oder Aufzählung der Gebäude und
Anlagen wäre nur erforderlich gewesen, wenn keine vollständige Beseitigung
geschuldet wäre.
2. Zu Unrecht meint der Schuldner auch, die Gläubigerin müsse im
Vollstreckungsantrag gemäß § 887 Abs. 1 ZPO die Maßnahmen genau beschreiben,
deren Ersatzvornahme sie begehre. In Rechtsprechung und Lehre ist umstritten, ob der
Gläubiger gehalten ist, (jeweils) nur konkrete Ermächtigungen zu beantragen
(Einzelermächtigung) oder ob er sich - wie im Erkenntnisverfahren - nur ermächtigen zu
lassen braucht, den titulierten Erfolg herbeizuführen, also Anspruch auf eine
Allgemeinermächtigung hat (vgl. dazu Quadbeck MDR 2000, 570ff m.w.N.). Auf diesen
Streit kommt es im vorliegenden Vollstreckungsfall nicht an. Auch die Befürworter der
Einzelermächtigung fordern das nur in den Fällen, in denen es zur Herbeiführung des
Erfolges alternative Verfahren gibt (vgl. Zöller/Stöber, ZPO, 23. Aufl., § 887 Rn. 7). Auf
diesem Weg soll der Schuldner frühzeitig Gelegenheit erhalten, auf die Art und Weise
der Vollstreckung Einfluss zu gewinnen (obwohl er doch durch schlichte Erfüllung des
titulierten Annspruchs bis zur Befriedigung des Gläubigers uneingeschränkten Einfluss
ausüben kann).
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Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Es geht hier um den Abbruch der (überirdischen)
Gebäude und den Ausbau der (unterirdischen) Anlagen. Alternative Verfahrensweisen
zur Herbeiführung dieses Erfolgs sind nicht ersichtlich. Die Beschreibung einzelner
Vollstreckungsmaßnahmen ist niemals notwendig. Das Risiko, zur
Zwangsvollstreckung, nämlich zur Erfolgsherbeiführung, überflüssige Maßnahmen und
deshalb vermeidbare Kosten veranlasst zu haben, trägt ohnehin der Gläubiger (vgl.
Quadbeck aaO S. 571f m.w.N.). Wollte man von dem Gläubiger verlangen, die
Durchführung der Vollstreckung bis in seine Einzelheiten zu beschreiben, würde die
Vollstreckung unnötig erschwert.
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3. Ohne Erfolg macht der Schuldner schließlich geltend, die Ermächtigung gemäß § 887
Abs. 1 ZPO müsse die Auflagen berücksichtigen, die der Schuldner aus öffentlich-
rechtlichen Gesichtpunkten bei dem Abbruch zu beachten habe. Es geht im Streitfall
nicht um die Befreiung der Gläubigerin von einer öffentlich-rechtlichen Verbindlichkeit.
Nur dann müssten die spezifischen öffentlich-rechtlichen Beschränkungen im
Ermächtigungsbeschluss berücksichtigt werden (vgl. BGH MDR 1996, 959). Der Titel
lautet auf Herausgabe des Grundstücks, befreit von den in Rede stehenden Gebäuden
und Anlagen. Wenn der Schuldner zur Erfüllung dieses privatrechtlichen Anspruchs
eine öffentlich-rechtliche Genehmigung gebraucht, hindert das nicht den
Ermächtigungsbeschluss (Zöller/Stöber aaO aE;OLG Frankfurt OLGR 1997, 86). Der
Schuldner muss sich vielmehr um die Genehmigung bemühen, im Falle der
Ersatzvornahme der Gläubiger. Nur dann, wenn die öffentlich-rechtliche Genehmigung
rechtskräftig versagt worden ist, kommt in Betracht, die Ermächtigung abzulehnen (OLG
Frankfurt aaO). Dass die Beseitigung mit öffentlich-rechtlichen Auflagen und damit
zusätzlichen Kosten belastet ist, ist ein den Schuldner treffendes Risiko, hindert aber
nicht die zivilrechtliche Vollstreckung.
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II.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
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Z E T
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Vors. Richter am OLG Richter am OLG Richter am OLG
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