Urteil des OLG Düsseldorf vom 27.07.2005

OLG Düsseldorf: EUR festgesetzt. (Hier Freitext:, eigene mittel, vergabeverfahren, rechtsverletzung, ausstattung, ausschluss, beurteilungsspielraum, abrede, anbieter, willkür

Oberlandesgericht Düsseldorf, VII-Verg 108/04
Datum:
27.07.2005
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
Vergabesenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
VII-Verg 108/04
Tenor:
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss der
2. Vergabekammer des Bundes vom 9. Dezember 2004, VK 2-118/04,
wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die
notwendigen Auslagen der Antragsgegnerin sowie der Beigeladenen zu
tragen.
Die Hinzuziehung eines anwaltlichen Bevollmächtigten durch die Bei-
geladene war notwendig.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 28.000
EUR festgesetzt.
(Hier Freitext: Tatbestand, Gründe etc.)
1
I.
2
Die Antragsgegnerin schrieb am 7.4.2004 bundesweit die Vergabe "Abschluss von
Verträgen über die Konzeption und Durchführung von Berufsvorbereitenden
Bildungsmaßnahmen (BvB neu; Lose 1- 199)" für Jugendliche und junge Erwachsene
ohne berufliche Erstausbildung aus. Eine entsprechende Maßnahme schrieb sie auch
am 28.5.2004 aus (BvB neu 2; Lose 200 - 305). Der Antragsteller und die Beigeladene
gaben Angebote für das Los 78 ab. Die Angebote gelangten in die Wertung. Mit
Schreiben vom 30.6.2004 informierte die Antragsgegnerin den Antragsteller darüber,
dass sie beabsichtige, den Zuschlag der Beigeladenen zu erteilen. Der Antragsteller
rügte die angekündigte Entscheidung mit Schreiben vom 14.7.2004 und machte geltend,
dass die Beigeladene bzw. deren Angebot wegen unrichtiger Angaben auszuschließen
seien und er, der Antragsteller, das wirtschaftlichste Angebot vorgelegt habe. Die
Antragsgegnerin half den Rügen nicht ab.
3
Mit dem Nachprüfungsantrag hat der Antragsteller die Untersagung der Erteilung des
Zuschlags an die Beigeladene sowie die Verpflichtung der Antragsgegnerin, ihm den
4
Zuschlags an die Beigeladene sowie die Verpflichtung der Antragsgegnerin, ihm den
Zuschlag zu erteilen, begehrt, hilfsweise die Feststellung der Verletzung seiner
Bieterrechte. Zur Begründung hat er seine schon vorgebrachten Rügen wiederholt und
ergänzt, dass das Angebot der Beigeladenen auch wegen einer
wettbewerbsbeschränkenden Absprache auszuschließen sei, denn die Beigeladene
habe mit dem B... e.V. eine Gebietabsprache dahingehend getroffen, sich gegenseitig
keinen Wettbewerb zu machen. Da aufgrund der teilweisen Personenidentität zwischen
den Organen der Beigeladenen und dem B.. e.V. die Preise untereinander bekannt
gewesen seien, habe zudem kein Geheimwettbewerb stattfinden können. Die
Antragsgegnerin habe in verschiedenen Vergabeverfahren sein im Wesentlichen
gleiches Angebot unterschiedlich gewertet. Außerdem habe sie ihre
Dokumentationspflicht verletzt.
Mit Telefaxschreiben vom 1. September 2004 teilte die Antragsgegnerin dem
Antragsteller mit, dass die Ausschreibung zum Los 78 aufgehoben werde. Als
Aufhebungsgrund nannte sie, dass die Vergabekammer des Bundes in einer
Entscheidung vom 26. August 2004 (VK 1- 105/04) das in § 4 Abs. 2 des
Vertragsentwurfs enthaltene Wagnis als unzulässig angesehen habe und mit Blick auf
die noch anhängigen Nachprüfungsverfahren nicht sicher sei, dass die
Bildungsmaßnahmen zu einem sinnvollen Termin beginnen könnten. Die
Bildungsmaßnahme des Loses 78 vergab die Antragsgegnerin sodann im Wege des
freihändigen Verfahrens an die Beigeladene.
5
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 9.12.2004 hat die Vergabekammer den von dem
Antragsteller weiterverfolgten Feststellungsantrag mangels Antragsbefugnis als
unzulässig verworfen. Dagegen wendet sich die sofortige Beschwerde des
Antragstellers.
6
Der Antragsteller beantragt,
7
den angefochtenen Beschluss aufzuheben und festzustellen, dass er, der
Antragsteller, im Ausschreibungsverfahren "Berufsvorbereitende Maßnahme (BvB
neu) Los 78" durch die Antragsgegnerin in seinen Bieterrechten verletzt ist.
8
Die Antragsgegnerin und der Beigeladene beantragen,
9
die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.
10
Sie verteidigen den angefochtenen Beschluss.
11
Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Verfahrensbeteiligten wird auf die zu den
Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
12
II.
13
Die zulässige sofortige Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg.
14
Der Antragsteller ist weder durch den unterbliebenen Ausschluss des Angebotes der
Beigeladenen noch durch die Angebotswertung der Antragsgegnerin in seinen Rechten
gemäß § 97 Abs. 7 GWB verletzt.
15
1. Allerdings fehlt dem Antragsteller nicht die Antragsbefugnis (§ 107 Abs. 2 GWB). Auf
16
der Grundlage seines Vorbringens hatte sein Angebot Aussicht auf den Zuschlag und
konnte ihm deswegen ein Schaden drohen. Die Aufhebung des Vergabeverfahrens
hatte nicht zur Folge, dass er nunmehr keine Feststellung der Rechtsverletzung
beantragen kann. Die Aufhebung beendete das Vergabeverfahren, zugleich erledigte
sie das (auf primären Rechtschutz gerichtete) Nachprüfungsverfahren. In solchen Fällen
ermöglicht § 114 Abs. 2 S. 2 GWB den Beteiligten den Antrag auf Feststellung einer
Rechtsverletzung. Dies gilt unabhängig davon, ob ein Aufhebungsgrund nach § 26
VOL/A gegeben war. Der Feststellungsantrag ist darauf zu richten, "ob eine
Rechtsverletzung vorgelegen hat", also ungeachtet der Gründe und Umstände des
erledigenden Ereignisses. Im Streitfall kommt es für die Zulässigkeit des
Feststellungsantrags daher auch nicht darauf an, ob der Antragsteller die
Rechtswidrigkeit des ungewöhnlichen Wagnisses in § 4 Abs. 2 des Vertragsentwurfs,
welche die Antragsgegnerin (u. a.) zum Anlass für die Aufhebung genommen hatte,
gerügt hat. Das Argument der Vergabekammer, dem Antragsteller würden wegen der
Rechtmäßigkeit der Aufhebung die Früchte des bis dahin betriebenen
Nachprüfungsverfahrens nicht genommen, greift schon deshalb nicht durch, weil der
Antragsteller auch unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr ein Interesse an
der begehrten Feststellung hat.
2. Das Angebot der Beigeladenen war nicht gemäß § 7 Nr. 5 lit. e i.V.m. § 25 Nr. 1 Abs.
2 lit. b VOL/A auszuschließen.
17
Der Antragsteller macht geltend: Aus Abschnitt A.3. der Verdingungsunterlagen ergebe
sich, dass Subunternehmer ausgeschlossen seien. Nach Abschnitt A. 4 seien
Nachweise und Referenzen über die Fachkunde des Bieters gefordert gewesen, u. a.
eine Referenzliste der letzten 3. Jahre (Seite 9 der Verdingungsunterlagen). Nach
Abschnitt B.1.6. sei eine räumliche und technische Ausstattung gefordert gewesen. All
dies könne die Beigeladene schlechthin nicht erfüllt haben, weil sie nicht über eigene
Personal- und Sachmittel verfüge. Sofern sie in ihrem Angebot etwas anderes behauptet
habe, sei der Tatbestand des § 7 Nr. 5 lit. e VOL/A erfüllt.
18
Diese Rügen sind nicht berechtigt.
19
a) Unter A.3 der Verdingungsunterlagen (Seite 9) hieß es wie folgt:
20
Subunternehmer sind ausgeschlossen.
21
Auch nach Zuschlagserteilung ist die Einschaltung von Subunternehmern nicht
zulässig.
22
Entgegen der Behauptung des Antragstellers hat die Beigeladene hierzu in ihrem
Angebot keine falschen Erklärungen abgegeben. Die Beigeladene wollte die Leistung
selbst erbringen. Auf Seite 78 ihres Angebotes verweist sie darauf, dass sie durch die
Geschäftsführung und die Gesellschafter über langjährige Erfahrungen im geforderten
Bereich verfüge. Dass sie die Leistung selbst erbringen wollte, wird nicht dadurch in
Frage gestellt, dass die vorgesehenen Mitarbeiter noch beim B.. e.V. angestellt waren.
Denn für den Fall des Zuschlags hatte die Beigeladene angekündigt, dass sie jene
Mitarbeiter fest übernehmen und einstellen werde.
23
b) A.4 Nachweise/Referenzen der Mitarbeiter
24
Die Verdingungsunterlagen fordern Angaben des Bieters über die Anzahl der fest
angestellten Mitarbeiter und regelmäßig eingesetzten Honorarkräfte. Die Anzahl hat die
Beigeladene mit "16" bzw. "5" angegeben und offen gelegt, dass diese noch nicht fest
angestellt waren. Damit hat sie weder falsche Angaben gemacht, noch hat sie die
Verdingungsunterlagen abgeändert. In den Verdingungsunterlagen heißt es:
25
Für den Teil des zum Zeitpunkt der Vergabe fest angestellten Personals, das auch
bei Zuschlagserteilung bei der Durchführung der berufsvorbereitenden
Bildungsmaßnahmen zum Einsatz kommen soll, sind mit dem Angebot die als
Anlage C. 6 beigefügten Erhebungsbögen...auszufüllen..
26
(Unterstreichung durch den Senat)
27
Danach genügte es, die Mitarbeiter erst zum Zeitpunkt der Vergabe einzustellen, ggfls.
auch später ("Für den Teil"....).
28
Die vorgesehenen Mitarbeiter hat die Beigeladene auf Seite 81 ihres Angebotes
namentlich benannt. Im Abschnitt C. 6 hat sie wie gefordert Angaben zu ihrer
Qualifikation gemacht und Nachweise beigefügt.
29
c) B 1.6 Räumliche und sächliche/technische Ausstattung
30
Die Verdingungsunterlagen machten Vorgaben zur Beschaffenheit der Ausstattung
(Seiten 23 ff der Verdingungsunterlagen). Wiederholt heißt es dort, dass die Sachmittel
"zur Verfügung stehen müssen", "vorhanden sein müssen", dass dies "sicherzustellen
sei". Entgegen der Ansicht des Antragstellers war somit weder angeordnet, dass die
Ausstattung schon bei Abgabe des Angebotes vorhanden sein musste oder dass nur
"eigene" Mittel zugelassen waren.
31
d) Referenzliste über vergleichbare Leistungen des Bieters
32
Im Abschnitt A. Nachweise, Referenzen, Seite 9 der Verdingungsunterlagen, hieß es u.
a. wie folgt:
33
Weiterhin ist eine Referenzliste für quantitativ und qualitativ
vergleichbare/gleichartige Leistungen der letzten 3 Jahre in tabellarischer Form
(max. 2 Seiten) vorzulegen. Die Referenzen müssen sich auf den Bieter beziehen.
34
Eine Referenzliste hat die Beigeladene nicht vorgelegt. Dazu war sie nicht in der Lage,
weil sie erst mit Datum vom 14.5.2004 in das Handelsregister eingetragen worden ist
und geschäftstätig wurde. Stattdessen hat sie auf die Referenzliste über die Erfahrungen
der vorgesehenen Mitarbeiter verwiesen. Den Ausschluss des Angebotes hatte dies
nicht zur Folge. Ein Ausschluss bei Fehlen der Liste ist den Verdingungsunterlagen
a.a.O. mit der erforderlichen Eindeutigkeit nicht zu entnehmen. Der Imperativ "ist
vorzulegen" reicht insoweit nicht aus, sondern konnte im Sinne von "ist zur Wahrung
einer optimalen Bewertungslage vorzulegen" verstanden werden. Ausschlussgründe
dürfen nicht mehrdeutig, sondern müssen bestimmt und unmissverständlich formuliert
sein (vgl. BayObLG, VergabeR 2003, 675). Das Fehlen der Referenzliste mochte bei der
Wertung Nachteile gehabt haben, rechtfertigte aber nicht den Ausschluss. Entgegen der
Ansicht des Antragstellers trifft es nicht zu, dass der Antragsgegnerin hierdurch eine
Prüfung der Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit nicht möglich gewesen
35
sei.
3. Das Angebot des Beigeladenen war auch nicht wegen unlauterer Verhaltensweisen
gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. f) VOL/A i.V.m. § 2 Nr. 1 VOL/A von einer Wertung
auszuschließen. § 2 Nr. 1 VOL/A bestimmt, dass der öffentliche Auftraggeber seine
Leistungen in der Regel im Wettbewerb zu vergeben hat und
wettbewerbsbeschränkende sowie unlautere Verhaltensweisen zu bekämpfen sind. §
25 Nr. 1 Abs. 1 lit. f) VOL/A ordnet an, dass die Angebote derjenigen Bieter, die in Bezug
auf die konkret in Rede stehende Vergabe eine unzulässige,
wettbewerbsbeschränkende Abrede getroffen haben, ausgeschlossen werden müssen.
Der Begriff der wettbewerbsbeschränkenden Abrede im Sinne von § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. f)
VOL/A ist dabei mit Blick auf den - das gesamte Vergabeverfahren beherrschenden -
Wettbewerbsgrundsatz (§ 97 Abs. 1 GWB; § 2 Nr. 1 VOL/A) weit auszulegen. Er ist nicht
auf gesetzeswidriges Verhalten beschränkt, sondern umfasst alle sonstigen Absprachen
und Verhaltensweisen eines Bieters, die mit dem vergaberechtlichen Wettbewerbsgebot
unvereinbar sind (vgl. Senat, Beschl. v. 16. September 2004, VII-Verg 52/03; Kulartz in
Daub/Eberstein, Kommentar zur VOL/A, 5. Aufl., § 25 Rn. 22 m.w.N.; Noch in Müller-
Wrede, Verdingungsordnung für Leistungen VOL/A, § 25 Rn. 33; zur Parallelvorschrift
des § 25 Nr. 1 lit. c) VOB/A: Kratzenberg in Ingenstau/Korbion, VOB Kommentar, 14.
Aufl., A § 25 Nr. 1 Rn. 36).
36
Im Streitfall sind die Voraussetzungen nicht erfüllt. Eine zu beanstandende
wettbewerbswidrige Abrede ist nicht feststellbar.
37
a) Kooperation zwischen der Beigeladenen und dem B.. e.V.
38
Der Antragsteller macht geltend, dass die Beigeladene die Kompetenz des B.. e.V.
benötige und in Anspruch genommen habe. Unter diesem Gesichtspunkt war die
Kooperation aber wettbewerblich nicht zu beanstanden. Kann erst durch die
Zusammenarbeit mehrerer selbständiger Unternehmen und durch die Bündelung ihrer
Leistungskraft bei gleichzeitiger Koordinierung ihres Auftretens gegenüber der anderen
Seite eine am Markt nachgefragte Leistung erbracht werden, so ist § 1 GWB nicht
betroffen. Eine Kooperationsabsprache, die sich darauf erstreckt, sich bei
Bildungsprojekten zu unterstützen und gemeinsame Ressourcen zu nutzen, ist unter
dem Gesichtspunkt der Arbeitsgemeinschaft nach § 1 GWB unbedenklich, wenn es
ansonsten aus tatsächlichen oder wirtschaftlichen Gründen kaufmännisch unvernünftig
wäre, sich als selbständiger Anbieter dem Wettbewerb zu stellen (vgl. BGHZ 149, 391,
399, 400 - Jugendnachtfahrten). Ein solcher Fall scheint in Bezug auf die Beigeladene
zumindest bei Abgabe des Angebotes vorgelegen zu haben. Jedenfalls war die
Kooperation schon deswegen nicht zu beanstanden, weil die Beigeladene und der B..
e.V. nicht auf dem selbem räumlichen Markt als Anbieter auftraten.
39
b) Absprache über Gebiet oder Preis
40
Im Streitfall bestehen keine tragfähigen Anhaltspunkte für eine nach § 1 GWB verbotene
Preisabrede oder eine Gebietsabsprache, die das vorliegende Vergabeverfahren
betrafen und sich darauf ausgewirkt haben. Aus dem bloßen Zusammenwirken der
Beigeladenen und dem B.. e.V. als Bildungsträger kann nicht gefolgert werden, die
kooperierenden Unternehmen hätten zugleich Preis- und/oder Gebietsabsprachen
getroffen oder insofern ein abgestimmtes Verhalten an den Tag gelegt, welches das
vorliegende Vergabeverfahren beeinflusst hat. Der Antragsteller hat auch nicht
41
dargelegt, dass es dem B.. e.V. hinsichtlich des Loses 78 möglich gewesen wäre,
Angebote zu unterbreiten. Dass es kein Angebot des B.. e. V. auf das Los 78 gab, kann
darauf beruhen, dass B.. e.V. sich um die an seinem jeweiligen Unternehmenssitz
stattfindenden berufsbildenden Maßnahmen (Lose) beworben hat. Da der eigene
Vortrag des Antragstellers schon nicht aussagekräftig belegt, die Beigeladene und der
B.. e.V. hätten Gebietsaufteilungen verabredet oder sich insoweit jedenfalls gleichförmig
verhalten, hatte der Senat den dahingehenden Behauptung von Amts wegen nicht
weiter nachzugehen.
4. Auch das Begehren des Antragstellers, festzustellen, dass die Angebotswertung ihn,
den Antragsteller, in seinen Rechten verletzt, ist unbegründet.
42
Beanstandungen an der Bewertung des Angebots des Antragstellers durch die
Vergabestelle in der vierten Wertungsstufe können, da der Vergabestelle insoweit ein
Beurteilungsspielraum eröffnet ist, nur auf das Zugrundelegen eines falschen
Sachverhaltes, auf Nichteinhaltung allgemeingültiger Bewertungsmaßstäbe, auf
Ungleichbehandlung, Willkür oder sachfremde Erwägungen gestützt werden. Den
nachprüfenden Instanzen ist es bei der Überprüfung verwehrt, ihre eigene Bewertung an
die Stelle der Bewertung der Vergabestelle zu setzen. Bei festgestellten
Bewertungsfehlern ist die Wiederholung der Bewertung anzuordnen. Nur
ausnahmsweise, wenn nämlich die Voraussetzungen einer Ermessensreduzierung auf
Null vorliegen, das heißt eine bestimmte Wertung zwingend ist, ist es den
Nachprüfungsinstanzen erlaubt, diese Wertung an die Stelle einer Wertung der
Vergabestelle treten zu lassen.
43
Hieran gemessen weist die Bewertung des vom Antragsteller zu Los 78 vorgelegten
Angebotes durch die Vergabestelle keine Beurteilungs- bzw. Ermessensfehler auf. Die
Vergabestelle ist bei der Bewertung von einem zutreffenden Sachverhalt ausgegangen.
Ihre Bewertung ist frei von sachfremden Erwägungen und Willkür. Das durch den
Bewertungsleitfaden vorgegebene Vorgehen, nur dann drei Punkte zu vergeben, wenn
das Angebot die in der Leistungsbeschreibung gestellten Anforderungen übertrifft und
weitere im Bewertungsleitfaden aufgestellte Kriterien erfüllt, ist nicht zu beanstanden. Es
war sichergestellt, dass die zu einem Los eingegangenen Angebote von ein und
derselben Prüfergruppe bewertet wurden. Demgegenüber sind bei anderen Losen zum
Teil andere Prüfer tätig geworden.
44
Die Rüge des Antragstellers, dass die Beurteilungsmaßstäbe nicht bzw. nicht
konsequent eingehalten wurden, weil seine zu verschiedenen Losen eingereichten
Angebote bis auf den Preis inhaltlich identisch gewesen seien, gleichwohl aber
teilweise unterschiedlich gewertet wurden, ist unbegründet. Die Tatsache, dass die zu
verschiedenen Losen unterbreiteten - zugunsten des Antragstellers unterstellt:
identischen - Angebote in einzelnen Wertungsbereichen teilweise anders, insbesondere
besser als das Angebot zum streitgegenständlichen Los bewertet wurden, ist im
Ergebnis nicht zu beanstanden. Das Angebot zu Los 92 hat mit 160,3 Gesamtpunkten
das höchste Wertungsergebnis von allen Angeboten des Antragstellers erzielt. Die
Angebote zu den Losen 78, 321, 324, 326 haben jeweils 142 Punkte, diejenigen zu den
Losen 79, 81, 322 jeweils 147 Punkte erreicht. Das zu Los 349 eingereichte Angebot
erzielte 154 Punkte, das zu Los 343 insgesamt 158,2 Punkte. Das selektive Vorgehen
des Antragstellers, die besten Wertungen aus Einzelbereichen seiner anderen
Angebote herauszugreifen, um die Bewertung im Streitfall zu optimieren, ist unzulässig.
Der Antragsteller lässt hierbei unberücksichtigt, dass der Vergabestelle bei der Prüfung,
45
ob das Angebot eines Bieters den durch die Zuschlagskriterien und den
Wertungsleitfaden aufgestellten Einzelvorgaben entsprach, ein Beurteilungsspielraum
eingeräumt und ihr bei der Vergabe von Wertungspunkten (bei der vorliegenden
Ausschreibung null bis drei Punkte) ein Ermessen zuzuerkennen ist. Mit Rücksicht
darauf steht es dem Antragsteller (und genauso wenig den
Vergabenachprüfungsinstanzen) schon im rechtlichen Ansatz nicht an, eine eigene
Beurteilung und eigenes Ermessen an die Stelle eines von der Vergabestelle betätigten
Beurteilungsspielraums und Ermessens zu setzen. Der durch den
Gleichbehandlungsgrundsatz (§ 97 Abs. 2 GWB) gebotenen gleichförmigen Bewertung
der Angebote haben die Antragsgegnerin und die Vergabestelle darüber hinaus durch
die Vorgabe eines Wertungsleitfadens sowie dadurch entsprochen, dass die zu einem
bestimmten Los eingehenden Bieterangebote von ein und derselben Prüfergruppe
bewertet worden sind. Hingegen sind die zu anderen Losen eingegangenen Angebote
von anderen sowie von teilweise anders zusammengesetzten Prüfergruppen gewertet
worden. Diese den Wertungsvorgang betreffende Organisation, die gleichfalls dem
Ermessen der Antragsgegnerin und der Vergabestelle unterlag, ist nicht zu bemängeln.
Die Entscheidung, (nur) die zu einem bestimmten Los eingereichten Angebote von
derselben Prüfergruppe werten zu lassen, war weder sachwidrig noch unvertretbar,
sondern durch den Umstand sogar nahe gelegt, dass ein Wettbewerb unter
verschiedenen Bietern nur bei den zu e i n e m Los abgegebenen Angeboten stattfand,
ohne dass die bei jenem Los auftretenden Bieter zu solchen Bietern, die sich bei
anderen Losen um einen Zuschlag bewarben, aktuell in einem Wettbewerbsverhältnis
standen.
Diese Organisation der Wertung ließ es zwar zu, dass die zu verschiedenen Losen
eingereichten Angebote ein und desselben Bieters auch dann mindestens teilweise
unterschiedlich bewertet wurden, wenn sie - wie der Antragsteller für die von ihm zu
unterschiedlichen Losen abgegebenen Angebote reklamiert - völlig oder im
Wesentlichen inhaltsgleich waren. Da die Angebotswertung einem
Beurteilungsspielraum und einem Ermessen der Vergabestelle unterlag, sind die
dadurch bedingten und im vorliegenden Fall keineswegs breit gestreuten
Wertungsunterschiede jedoch hinzunehmen. Dies ist zudem deswegen nicht zu
beanstanden, weil Beurteilungs- und Ermessensentscheidungen ihrem Wesen nach -
auch wenn die zugrundeliegenden Sachverhalte gleich oder ähnlich gelagert sind - im
jeweiligen (Teil-) Ergebnis unterschiedlich ausfallen können, ohne dass sie allein
deswegen schon als fehlerhaft zu gelten haben. Beurteilungs- und
Ermessensspielräume setzten gedanklich und praktisch vielmehr voraus, dass
innerhalb einer vertretbaren Bandbreite ermessens- und beurteilungsfehlerfrei
entschieden werden kann und auch unterschiedliche Entscheidungen rechtsfehlerfrei
ergehen können. Dass die das streitgegenständliche Los 78 betreffende
Angebotswertung den Rahmen danach hinzunehmender Wertungsentscheidungen
überschritten hat oder Beurteilungs- und Ermessensspielräume bei der Wertung zu
Unrecht nicht wahrgenommen worden sind, ist vom Antragsteller nicht dargelegt worden
und auch sonst nicht ersichtlich.
46
Solches anzunehmen ist ebenso wenig durch die Behauptung des Antragstellers
veranlasst, die seinen zu verschiedenen Losen eingereichten Angeboten verliehenen
Wertungspunkte unterschieden sich in den jeweiligen, durch die Leistungsbeschreibung
vorgegebenen Wertungsbereichen um bis zu 45 %. Abgesehen davon, dass auch
dieser Umstand für sich allein genommen nicht ohne Weiteres für eine im Streitfall
beurteilungs- oder ermessensfehlerhafte Wertung spricht, setzt der Antragsteller bei
47
seinem Vorbringen voraus, dass solche - und zwar im Ergebnis besseren -
Bewertungen, die seinen zu anderen Losen eingereichten Angeboten zuteil geworden
sind, fehlerfrei waren. Das kann indessen nicht festgestellt werden. Sollten solche
Angebote dagegen zu Unrecht besser gewertet worden sein als das zum
streitgegenständlichen Los 78 vorgelegte Angebot, folgte daraus nach allgemeinen
Grundsätzen kein Anspruch des Antragstellers darauf, dass jenes Angebot, und zwar in
der Sache zu Unrecht, in gleicher Weise günstig bewertet wurde.
Die Ansicht des Antragstellers, seinem Angebot zum Los 78 sei in einem
Wertungsbereich insgesamt schon dann die Höchstpunktzahl (drei Punkte) zu erteilen
gewesen, wenn nach Maßgabe des Wertungsleitfadens e i n Unterkriterium der Wertung
jene Höchstpunktzahl erhalten habe, ist unbegründet. Im Wertungsleitfaden (einer
Vorgabe der Antragsgegnerin, wie die Zuschlagskriterien in einzelnen
Wertungsbereichen von der Vergabestelle ausgefüllt und konkretisiert werden sollten)
waren zu bestimmten, durch die Leistungsbeschreibung vorgegebenen
Wertungsbereichen Unterkriterien aufgestellt worden, nach denen die eingegangenen
Angebote - mit unterschiedlicher Aussagekraft zumeist nach Inhalten, Methoden und
Lehrmitteln - selbständig bewertet werden sollten. Diese im Wertungsleitfaden - sachlich
nicht unvertretbar - vorgenommenen Differenzierungen innerhalb der verschiedenen
Wertungsbereiche schließen die vom Antragsteller begehrten Verallgemeinerungen
aus.
48
Soweit der Antragsteller meint, beim Maßnahmeort (B.2.7) hätte er wegen der Lage statt
10 Punkten richtigerweise 15 Punkte erhalten müssen (GA 65), ist nicht ersichtlich, dass
dies das Endergebnis verändert hätte. Schon deswegen ist dem nicht weiter
nachzugehen.
49
5. Soweit der Antragsteller einen Verstoß gegen die Dokumentationspflicht gemäß § 30
VOL/A rügt und meint, die handschriftlich ausgefüllte Bewertungsmatrix genüge nicht
den Anforderungen, wenn dort nur die Anmerkung "entspricht den Anforderungen" und
sonst keine weitere Darstellung angebracht wurde, reicht dies nicht aus, um eine
dadurch bedingte Rechtsverletzung zum Nachteil des Antragstellers aufzuzeigen.
50
III.
51
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung der §§ 97 Abs. 1, 101
Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die Festsetzung des Gegenstandswerts für das
Beschwerdeverfahren folgt aus § 50 Abs. 2 GKG.
52