Urteil des OLG Düsseldorf vom 29.01.2002

OLG Düsseldorf: eingriff in grundrechte, vergütung, freiheitsentziehung, straftat, vertretung, unterbringung, eigenschaft, vormundschaft, datum, beschwerderecht

Oberlandesgericht Düsseldorf, I-25 Wx 75/01
Datum:
29.01.2002
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
25. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
I-25 Wx 75/01
Tenor:
Die sofortige weitere Beschwerde des Bezirksrevisors gegen den
Beschluss des Landgerichts Mönchengladbach vom 26.07.2001 wird auf
Kosten der Staatskasse zurückgewiesen.
Beschwerdewert: 464 DM.
Das Amtsgericht hat durch Beschluß vom 17.03. 2001 die vorläufige Unterbringung des
Betroffenen in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet und den Beteiligten zu
1), einen Rechtsanwalt, als Verfahrenspfleger beigeordnet. Ein vorläufiger Betreuer
wurde nicht bestellt. Im Anhörungstermin vom 19.03. 2001 hat das Amtsgericht diesen
Beschluß "dahin gehend ergänzt und vervollständigt", daß der Beteiligte zu 1) "in seiner
Eigenschaft als Rechtsanwalt" beigeordnet ist. Der Rechtspfleger hat die Vergütung des
Beteiligten zu 1) nach der BRAGO auf 464 DM festgesetzt. Die dagegen gerichtete
sofortige Beschwerde des Bezirksrevisors blieb beim Landgericht erfolglos. Mit der
zugelassenen (sofortigen) weiteren Beschwerde macht der Bezirksrevisor geltend, daß
die Staatskasse keine Vergütung nach der BRAGO schulde.
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Das Rechtsmittel ist nicht begründet.
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Der Bezirksrevisor macht zu Unrecht geltend, daß der Verfahrenspfleger stets nach dem
BVormVG zu vergüten sei. Das Landgericht hat unter Hinweis auf die Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts vom 7. 6. 2000 (FamRZ 2000, 1280) dargestellt, daß trotz
des ausdrücklichen Ausschlusses von § 1835 III BGB in § 67 III S. 2 FGG ein
anwaltlicher Betreuer oder Verfahrenspfleger unter Umständen Gebühren für seine
anwaltlichen Dienste nach der BRAGO liquidieren kann. Die gesetzliche
Vergütungsregelung ist für Ergänzungen offen, soweit professioneller Rechtsrat
vonnöten oder wenigstens üblich ist. Nach wie vor kann also ein Rechtsanwalt, der im
Rahmen einer Vormundschaft oder Betreuung für den Betroffenen Dienste erbringt, für
die ein nichtanwaltlicher Vormund oder Betreuer einen Rechtsanwalt hinzugezogen
hätte, Aufwendungsersatz nach der BRAGO verlangen. Allein die Führung einer
Verfahrenspflegschaft kann aber nicht als Erbringung anwaltlicher Dienste in diesem
Sinne angesehen werden, wie § 67 Abs. 3 Satz 1 FGG unmissverständlich verdeutlicht
(so Gesetzentwurf der Bundesregierung zum BtÄndG – BTDrucks. 13/7158 S. 41).
Entscheidend ist danach, ob die zu erledigenden Dienste derart schwierig oder
bedeutend sind, dass ein als Verfahrenspfleger tätiger Nichtjurist einen Rechtsanwalt
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hinzuziehen würde.
Bereits das Bundesverfassungsgericht hat darauf hingewiesen, daß sich insoweit
schwierige Abgrenzungsfragen ergeben können und es deshalb für geboten erachtet,
daß die Gerichte bereits bei der Bestellung eines Verfahrenspflegers einen Hinweis
darauf geben, ob im konkreten Fall davon auszugehen ist, daß rechtsanwaltsspezifische
Tätigkeiten anfallen werden. Nur dann hat der Anwalt die Möglichkeit, die ihm
angetragene Aufgabe abzulehnen (BVerfG a.a.O., S. 1282).
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Das Amtsgericht hat durch Beschluß vom 19. 3. 2001 entschieden, daß der Beteiligte zu
1) anwaltliche Dienste erbringt und damit klargestellt, daß sie nach der BRAGO zu
vergüten sind. Ob dieser Beschluß durch die Staatskasse angefochten werden könnte
(so OLG Köln, FamRZ 2001, 1643, 1644), kann auf sich beruhen. Zu Recht hat das
Landgericht ausgeführt, daß sich der Bezirksrevisor nicht gegen den Beschluß vom 19.
3. 2001 wendet. Diese Annahme ist schon deshalb nicht zu beanstanden, weil der
Bezirksrevisor selbst in der weiteren Beschwerde die Auffassung vertritt, daß ihm
insoweit ein Beschwerderecht nicht zustehe.
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Der Beschluß vom 19.03. 2001 ist für das Verfahren auf Festsetzung der Vergütung
nach §§ 56 g Abs. 1, 67 Abs. 3 Satz 3 FGG bindend. Zu Recht vertritt das OLG Köln
FamRZ 2001, 1643, 1644 die Auffassung, daß die Entscheidung, ob die
Verfahrenspflegschaft eine anwaltliche sei, für das Festsetzungsverfahren konsitutiv sei.
Diese Frage ist also vom Rechtspfleger nicht zu prüfen. Auch das Beschwerdegericht
und das Gericht der weiteren Beschwerde sind im Festsetzungsverfahren an die
Entscheidung, ob der Verfahrenspfleger anwaltsspezifische Dienste erbringt, gebunden.
Die gegenteilige Ansicht des LG München (FamRZ 2001, 1397) trifft nicht zu.
Insbesondere kommt es für das Festsetzungsverfahren nicht darauf an, ob die erwähnte
Entscheidung ausreichend begründet ist oder nicht.
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Zur Vermeidung von Mißverständnissen sei darauf hingewiesen, daß der Amtsrichter im
vorliegenden Fall die Notwendigkeit anwaltlicher Vertretung in seinem ergänzenden
Vermerk vom 20. 4. 2001 unter Hinweis auf die angeordnete Freiheitsentziehung und
den damit verbundenen Eingriff in Grundrechte im Rahmen seines Ermessens
ausreichend begründet hat, zumal der Betroffene Dritte angegriffen und verletzt und
daher den objektiven Tatbestand einer Straftat verwirklicht hatte.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG.
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