Urteil des OLG Düsseldorf vom 29.04.2003

OLG Düsseldorf: bedürftige partei, vergleich, gegenpartei, zwangsvollstreckung, beendigung, kostenregelung, gefahr, datum, genehmigung, ratenzahlung

Oberlandesgericht Düsseldorf, 10 WF 03/03
Datum:
29.04.2003
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
10. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
10 WF 03/03
Vorinstanz:
Amtsgericht Wuppertal, 63 F 213/94 (26)
Leitsätze:
§ 58 Abs. 2 GKG findet keine Anwendung auf die Fälle der
Übernahmehaftung nach § 54 Nr. 2 GKG.
Tenor:
Die Erinnerung des Kostenschuldners gegen den Kostenansatz des
Ober-landesgerichts Düsseldorf vom 23.05.2002 (Kassenzeichen
751737 272 8) in Verbindung mit der hierzu ergangenen
Kostenrechnung wird zurückgewiesen.
Das Verfahren über die Erinnerung ist gebührenfrei. Kosten werden
nicht erstattet.
G r ü n d e:
1
I.
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Die Erinnerung des Kostenschuldners ist gemäß § 5 Abs. 1 GKG zulässig, jedoch
unbegründet. Der Kostenschuldner wird zu Recht als Zweitschuldner in Höhe der
hälftigen Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren in Anspruch genommen.
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Der angegriffene Kostenansatz (Bl. IV GA) betrifft die Kosten für das
Beschwerdeverfahren 6 UF 224/99, welches der Kostenschuldner durch Einlegung der
Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Wuppertal vom 15.09.1999
betreffend den Versorgungsausgleich beantragt hatte (vgl. 63 F 213/94 (26) VA, Bl. 123,
143). Die Parteien schlossen am 28.01.2002 im Verfahren 63 F 219/00 einen
gerichtlichen Vergleich auch über den Versorgungsausgleich. Nach
familiengerichtlicher Genehmigung erklärten sie das Beschwerdeverfahren
übereinstimmend für erledigt. Entsprechend dem gerichtlichen Vergleich sollten die
Kosten des Beschwerdeverfahrens gegeneinander aufgehoben werden (vgl. 63 F
213/94 (26) VA, Bl. 263 ff, 274, 262, 268).
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Für die Kosten dieses Beschwerdeverfahrens haftet der Kostenschuldner nach § 49
Satz 1 GKG als Beschwerdeführer in voller Höhe. Daneben tritt die Haftung beider
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Parteien des Beschwerdeverfahrens nach § 54 Nr. 2 GKG, da sie im gerichtlichen
Vergleich die Gerichtskosten zu je 1/2 übernommen haben. Soweit die
Übernahmehaftung der Beschwerdegegnerin aus § 54 Nr. 2 GKG reicht, haftet der
Kostenschuldner als Beschwerdeführer aus § 49 Satz 1 GKG als sog. Zweitschuldner
subsidiär nach Maßgabe des § 58 Abs. 2 GKG. Diese Vorschrift regelt die
Voraussetzungen und die Reihenfolge der Inanspruchnahme der Schuldner durch die
Staatskasse (vgl. Markl/Meyer, Gerichtskostengesetz, 4. Aufl., § 58 Rn. 10).
Die Befugnis, den Kostenschuldner als Zweitschuldner in Anspruch zu nehmen, ergibt
sich vorliegend aus § 58 Abs. 2 Satz 1 GKG. Danach kann die Zweitschuldnerhaftung
im Falle erfolgloser oder aussichtslos erscheinender Zwangsvollstreckung geltend
gemacht werden. Aussichtslos erscheint die Zwangsvollstreckung auch dann, wenn
dem Erstschuldner - wie hier der Beschwerdegegnerin - Prozesskostenhilfe bewilligt
worden ist, gleichgültig, ob mit oder ohne Ratenzahlung. Dies gilt vor allem dann, wenn
die mittellose Partei in einem Vergleich die Kosten übernommen hat. Der
Zweitschuldner kann, wenn er - wie hier - glaubt, dass der Erstschuldner trotz der ihm
bewilligten Prozesskostenhilfe zahlungsfähig ist, die Kostenerstattung gegen die
mittellose Partei betreiben (vgl. Markl/Meyer, § 58 Rn. 25).
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Insoweit verweist der Kostenschuldner erfolglos auf § 58 Abs 2 Satz 2 GKG, der eine
Inanspruchnahme des Zweitschuldners im Falle der Gewährung von PKH für den
Entscheidungsschuldner ausschließt. Zwar wurde der Beschwerdegegnerin für das
Beschwerdeverfahren ratenfreie Prozesskostenhilfe gewährt (vgl. 63 F 213/94 (26) VA,
Bl. 219). Sie ist jedoch Übernahmeschuldnerin, nicht Entscheidungsschuldnerin. § 58
Abs. 2 Satz 2 GKG findet daher keine Anwendung. Hierin wird im Gegensatz zu § 58
Abs. 1 Satz 1 GKG nur die Entscheidungshaftung nach § 54 Nr. 1 GKG genannt, nicht
dagegen die Übernahmehaftung nach § 54 Nr. 2 GKG. Eine erweiterte Auslegung des §
58 Abs. 2 Satz 2 GKG auch auf die Fälle der Übernahmehaftung (vgl. OLG Frankfurt
NJW 2000, 1120, 1121; OLG Hamm Rpfleger 2000, 553) ist abzulehnen. Der
Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG gebietet es nicht, die Vorschrift des §
58 Abs. 2 Satz 2 GKG, die die bedürftige Partei im Hinblick auf Gerichtskosten vor
einem Rückgriff der Gegenpartei schützen soll, auch auf den Übernahmeschuldner zu
erstrecken. Zum einen kann die Beendigung des Rechtsstreits durch gerichtlichen
Vergleich die Gefahr einer Manipulation der Prozessparteien hinsichtlich der
Gerichtskosten zu Lasten der Staatskasse in sich bergen. Zum anderen beruht die
Rückgriffshaftung der mittellosen Partei für die von der Gegenpartei verauslagten
Gerichtskosten im Falle des § 54 Nr. 2 GKG auf ihrer privatautonomen Entscheidung
zum Abschluss eines Prozessvergleichs. Dies gilt auch dann, wenn sich die
Kostenregelung an einem gerichtlichen Vergleichsvorschlag orientiert. Auch dann
handelt es sich bei der Kostenübernahme qualitativ um eine eigene Entscheidung des
Bedürftigen; eine gerichtliche Kostenentscheidung dagegen kann der Bedürftige nicht
beeinflussen (vgl. BVerfG NJW 2000, 3271 mwN).
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Gleichfalls ohne Erfolg weist der Kostenschuldner darauf hin, dass die Kosten des
erstinstanzlichen Verfahrens von beiden Partein hälftig eingefordert wurden. Der
Beschwerdegegnerin war erstinstanzlich keine PKH bewilligt worden.
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Anhaltspunkte für eine unrichtige Sachbehandlung im Sinne des § 8 GKG sind weder
vorgetragen noch ersichtlich.
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II.
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Der Kostenausspruch folgt aus § 5 Abs. 6 GKG.
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