Urteil des OLG Düsseldorf vom 14.10.2008

OLG Düsseldorf: zustand, mitmieter, vermieter, mietsache, anfang, kündigung, umbau, mietobjekt, rückgabe, entlassung

Oberlandesgericht Düsseldorf, I-24 U 7/08
Datum:
14.10.2008
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
24. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
I-24 U 7/08
Vorinstanz:
Landgericht Kleve, 3 O 285/05
Tenor:
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Beklagten gem. § 522 Abs.
2 ZPO im Beschlussverfahren zurück-zuweisen. Der Beklagte erhält
Gelegenheit, zu den Gründen binnen einer Frist von zwei Wochen
schriftsätzlich Stellung zu nehmen.
2. Der für den 28.10.2008 vorgesehene Verhandlungster-min entfällt.
3. Der Senat weist darauf hin, dass die Berufungsrück-nahme vor Erlass
einer Entscheidung nach § 522 Abs. 2 ZPO kostenrechtlich privilegiert
ist.
G r ü n d e
1
I.
2
Die sich nach Teilrücknahme in Höhe von 5.635,42 € lediglich noch gegen die
Verurteilung zur Zahlung diesen Betrag übersteigender 20.552,22 € nebst Zinsen
richtende Berufung des Beklagten hat keine Aussicht auf Erfolg. Zu Recht und mit
zutreffenden Erwägungen, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird,
hat das Landgericht ihn zur Zahlung von insgesamt 26.187,64 € (= 6.033,20 € +
3.016,60 € + 17.137,84 €) verurteilt. Das Berufungsvorbringen ist nicht geeignet, eine für
den Beklagten in der Sache günstigere Entscheidung zu rechtfertigen:
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1.
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Die Verpflichtung des Beklagten aus § 546 a BGB zur Zahlung von
Nutzungsentschädigung in Höhe von monatlich 1.508,30 € für die Zeit vom 16.02. bis
zum 15.08.2005 (insgesamt 9.049,80 €) ist mit der Berufung ihrem Rechtsgrunde nach
nicht angegriffen. Soweit der Beklagte sich auf eine Verrechnung mit dem
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Kautionsguthaben von 3.221,14 € und (streitigen) Ansprüchen aus
Nebenkostenabrechnungen beruft, hat sein Rechtsmittel wegen der in der
angefochtenen Entscheidung zutreffend berücksichtigten Aufrechnung des Klägers mit
Schadensersatzansprüchen keinen Erfolg.
2.
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Zu Recht hat das Landgericht den Kläger auch zur Zahlung von
Nutzungsentschädigung gemäß § 546 a BGB in Höhe von insgesamt 7.541,50 € für die
Zeit vom 16.08.2005 bis zum 15.01.2006 verurteilt. Denn der Beklagte hat das
Mietobjekt im August 2006 in unvollständig geräumtem Zustand zurückgegeben.
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a)
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Lässt der Mieter Einrichtungsgegenstände zurück, so hat er seine Rückgabepflicht nicht
erfüllt. Denn der Vermieter kann verlangen, dass er leere Räume, so wie er sie
überlassen hat, in einem zur anschließenden Nutzung geeigneten Zustand zurückerhält
(vgl. Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts,
9. Aufl., Rn. 981). Zwar liegt ein Vorenthalten im Sinne des § 546 a Abs. 1 BGB nicht
schon dann vor, wenn der Mieter die Mietsache in verändertem oder verschlechtertem
Zustand zurückgibt (BGH WM 1974, 260; OLG Hamburg MDR 1990, 247; Senat NZM
2002, 742). Deshalb kann allein darin, dass der Mieter dem Vermieter die Räume in
verwahrlostem Zustand überlässt, an sich noch keine Vorenthaltung gesehen werden
(BGHZ 104, 285). Bleiben nur einzelne Gegenstände zurück, kann im Einzelfall
anzunehmen sein, dass der Mieter seine Räumungspflicht erfüllt hat. Daher steht das
Zurücklassen von wenigem Gerümpel der Annahme einer Rückgabe nicht entgegen.
Der Umstand, dass der Mieter Einrichtungen in der Mietsache nicht entfernt, kann aber
der Annahme einer Rückgabe dann entgegenstehen und damit eine Vorenthaltung im
Sinne des § 546 a BGB begründen, wenn wegen des Belassens der Einrichtungen nur
eine teilweise Räumung des Mietobjektes anzunehmen ist (BGH a.a.O.). Dies ist hier
der Fall: Der Beklagte hat die gemieteten Gewerberäume nicht nur in einem erheblich
verschmutzten und vielfach beschädigten Zustand aufgegeben, sondern auch in einem
solchen Umfang Einrichtungsgegenstände (u.a. Deckenabhängungen, Lüfter,
Abluftrohre innen und außen, Einbauleuchten und Installationen zur Versorgung der
Theke) zurückgelassen, dass es für deren Beseitigung eines erheblichen finanziellen
Aufwandes bedurfte. Die Einzelheiten ergeben sich aus dem Gutachten des
Sachverständigen D..
9
b)
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Der Beklagte war auch zur Beseitigung der seit Anfang 1982 in die Räume verbrachten
Einrichtungsgegenstände verpflichtet. Seine Räumungsverpflichtung erstreckte sich
nicht nur auf die Einrichtungen, mit denen er die Mieträume nach Abschluss des letzten
Mietvertrages vom 15./16.01.1992 versehen hatte. Der Senat schließt sich den
Erwägungen des Landgerichts zur Auslegung von Ziff. 14.2 und 14.3 des Mietvertrages
vom 15./16.01.1992 an. Die dort normierte Verpflichtung des Beklagten zur Entfernung
von Einrichtungen und zur Herstellung des "früheren Zustandes" bezog sich nach dem
erkennbaren Willen der vertragsschließenden Parteien auf den Zustand der Mieträume
bei deren Übernahme durch den Beklagten (und seinen damaligen Mitmieter C.) auf
Grund des Mietvertrages vom 21.04.1982 (GA 346).
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aa)
12
Hierfür spricht zum einen, dass der Beklagte nach seinem Eintritt in den Anfang 1982
geschlossenen - von den Parteien nicht vorgelegten - Mietvertrag des Klägers mit dem
inzwischen verstorbenen C. durch Unterzeichnung des schriftlichen Vertrages vom
21.04.1982 die Verpflichtung zum Rückbau und zur Entfernung der von C. ab Januar
1982 in das Mietobjekt eingebrachten Einrichtungen übernommen hatte. In § 14 Ziff. 2 S.
4 jenes Vertrages ist bestimmt:
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"Übernimmt Vermieter vom Mieter eingebaute Einrichtungen nicht, so hat letzterer
bis zum Vertragsablauf den früheren Zustand einschließlich aller hierfür
erforderlichen Nebenarbeiten wiederherzustellen."
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Der Beklagte hatte sich danach verpflichtet, sämtliche von C. sodann auch von ihm
selbst zur Umgestaltung des früheren Ladenlokals in ein Speiselokal (Pizzeria;
Nutzungsänderungsgenehmigung vom 14.06.1982) eingebrachten Einrichtungen
vollständig zu entfernen. Die vertraglich normierte Pflicht konkretisierte die gesetzliche
Regelung des § 556 Abs. 1 BGB a.F., aus der die Rechtsprechung schon damals die
Verpflichtung des Mieters zur Entfernung der Einrichtungen, mit denen er die Mietsache
versehen hatte, hergeleitet hat (vgl. BGH NJW 1981, 2564). Aus dieser Verpflichtung ist
der Beklagte weder durch den Kläger zu irgendeinem Zeitpunkt entlassen worden noch
hat er sie erfüllt.
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bb)
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Eine Aufhebung jener auf den Zustand der Mieträume im Frühjahr 1982 (vor Übernahme
durch C. und den Beklagten) bezogene Verpflichtung ist nicht durch den sich
anschließenden Vertrag vom 15.11.1982 erfolgt. Zwar hat der Kläger mit dem Beklagten
und seinem Bruder A. diesen Vertrag über die bereits dem Beklagten auf Grund des
früheren Vertrages überlassenen Räume neu abgeschlossen. Die in diesem Vertrag
gleichlautende Klausel § 14 Ziff. 2 S. 4 bezog sich aber - jedenfalls hinsichtlich der
Verpflichtung des Beklagten - nach den Umständen ersichtlich auf genau denselben
Zeitpunkt wie die entsprechende Verpflichtung des Vertrages vom 21.04.1982. Für den
Kläger gab es keinen erkennbaren Grund, den Beklagten aus jener Verpflichtung des
früheren Vertrages zu entlassen. Der Beklagte blieb zu genau denselben Bedingungen
wie zuvor Mieter der Pizzeria; allein in der Person des zweiten Mieters fand auf Wunsch
der Mieterseite ein Wechsel von C. zu A. R. statt. Durch Entlassung des Beklagten aus
der Rückbauverpflichtung des ursprünglichen Vertrages hätte der Kläger ohne
nachvollziehbaren Grund auf seine hierin begründeten Rechte verzichtet und sich
zugleich in für ihn unnötige Beweisschwierigkeiten hinsichtlich des Umfangs der nach
(zweitem) Vertragsschluss noch vorgenommenen baulichen Änderungen gebracht, da
im November 1982 der Umbau des Ladenlokals in eine Pizzeria bereits vollzogen war.
Dem Beklagten war auch erkennbar, dass der Kläger mit seiner Bereitschaft, an Stelle
C.s den Bruder des Beklagten als Mitmieter zu akzeptieren, nicht etwa auf seine Rechte
ihm gegenüber aus dem früheren Vertrag verzichten wollte.
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cc)
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Nichts anderes gilt im Ergebnis für den Vertrag vom 15.01.1992. Grund für den
Abschluss des neuen - sich an das frühere Mietverhältnis anschließenden - Vertrages
war der Wunsch der Mieterseite, an die Stelle des bisherigen (Mit-)Mieters A. R. den
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neuen (Mit-)Mieter E. R. treten zu lassen. Die in den beiden früheren Verträgen jeweils
unter § 14 Ziff. 2 S. 4 - oben zitierte - Klausel ist gleichlautend auch im Vertrag von 1992
enthalten, nunmehr allerdings in § 14 Ziff. 4 S. 4. Auch hier war dem Beklagten
erkennbar, dass der Kläger ihn durch den Abschluss des neuen Vertrages nicht etwa
aus seiner Rückbauverpflichtung entlassen wollte. Dies findet ergänzend Ausdruck in §
14 Ziff. 2 des Vertrages von 1992:
"Etwaige vom Vormieter übernommene Betriebs- und sonstige Einrichtungen
gelten als nicht zur Mietsache gehörig und als vom Mieter eingebaut bzw.
eingebracht."
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Dies stellt - auch zur Vermeidung von Beweisschwierigkeiten - klar, dass die Mieter für
die Entfernung aller von ihnen übernommenen und bei ihrem Auszug in den Mieträumen
noch vorhandenen Einrichtungen (ausgenommen vom Vermieter eingebrachten
Einrichtungen) zu sorgen haben, gleichgültig ob sie selbst oder ob Vormieter diese
Einrichtungen eingebracht haben. Der Beklagte kann sich schon deswegen nicht darauf
berufen, er habe die zum Umbau des früheren Ladenlokals in eine Pizzeria
eingebrachten Einrichtungen nicht als Mieter, sondern als sein eigener Vormieter
eingebracht.
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dd)
22
Für die Auslegung des Vertrages vom 15.01.1992 nicht von entscheidender Bedeutung
ist der vom Beklagten angeführte Umstand, dass entsprechende Ansprüche gegen die
vormaligen Mitmieter C. und A. R. inzwischen verjährt wären. Der Beklagte verkennt,
dass zuletzt (bis zur Beendigung durch eigene Kündigung zum 31.12.2004) nur noch er
selbst, nicht aber seine früheren Mitmieter Vertragspartei des Klägers war. Schon
deswegen kann der Beklagte nicht erwarten, rechtlich mit seinen früheren Mitmietern
gleichgestellt zu werden. Die Frage, ob Ansprüche des Klägers gegen diese verjährt
sind, stellt sich daher nicht.
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ee)
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Die Verpflichtung zur Entfernung der seit Anfang 1982 eingebrachten Einrichtungen ist
schließlich auch nicht durch die Kündigung des Klägers vom 05.06.2001 erloschen.
Unstreitig ist diese Kündigung, wie von den Parteien bereits bei ihrem Ausspruch
beabsichtigt, nicht umgesetzt worden.
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3.
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Ebenfalls zu Recht hat das Landgericht den Kläger auch zur Schadensersatzzahlung
gemäß §§ 280, 281 BGB in Höhe von insgesamt 9.596,34 € (= 14.019,22 € - 3.221,14 €
Kautionsguthaben - 1.201,74 € Guthaben aus Nebenkostenabrechnungen) verurteilt.
Aus den vorstehend (2.b) genannten Gründen war der Beklagte zur Wiederherstellung
des Zustandes der Mieträume vor Übernahme durch ihn und C. 1982 verpflichtet. Dieser
Verpflichtung ist er unstreitig trotz Nachfristsetzung nicht nachgekommen. Gegen die
Feststellungen des Landgerichts zur Höhe des Schadens wendet sich die Berufung
nicht.
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Da die Berufung keinen Erfolg hat, kann dahingestellt bleiben, ob der Abzug des
Betrages von 1.201,74 € zu Recht erfolgt ist.
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II.
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Auch die weiteren in § 522 Abs. 2 Ziff. 2 und 3 ZPO genannten Voraussetzungen der
Berufungszurückweisung im Beschlussverfahren liegen vor.
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