Urteil des OLG Düsseldorf vom 11.06.2003

OLG Düsseldorf: verschlechterung des gesundheitszustandes, einzelrichter, schmerzensgeld, haftpflichtversicherer, reiter, tierhalterhaftung, verfügung, versicherungsträger, gutachter, anweisung

Oberlandesgericht Düsseldorf, I-4 U 207/01
Datum:
11.06.2003
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
4. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
I-4 U 207/01
Tenor:
Auf die Berufungen des Klägers und der Beklagten zu 2) wird das am 4.
Oktober 2001 verkündete Urteil der 16. Zivilkammer - Einzelrichter - des
Landgerichts Wuppertal unter Zurückweisung der weitergehenden
Rechtsmittel teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger 15.268,71 EUR nebst 4
% Zinsen seit dem 12. Februar 1999 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 1) verpflichtet ist, dem Kläger
allen künftigen materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, der
diesem aus dem Unfallereignis vom 16. Oktober 1997 entsteht, soweit
der Ersatzanspruch nicht auf öffentliche Versicherungsträger übergeht.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Klägers
tragen der Kläger zu 67 % und die Beklagte zu 1) zu 33 %. Von den
außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) tragen der Kläger 33 %
und die Beklagte zu 1) 67 %. Die außergerichtlichen Kosten der
Beklagten zu 2) trägt der Kläger allein.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Schuldner kann die
Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des
beizutreibenden Betrages abwenden, sofern nicht der Gläubiger vor der
Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d
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Die Beklagte zu 1) betreibt in H... eine Reitschule, in der ausschließlich Isländer-Pferde
eingesetzt werden. Die Beklagte zu 2) ist bei ihr als Reitlehrerin angestellt.
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Der 1948 geborene Kläger, der schon von 1962 bis 1979 geritten ist und in dieser Zeit
auch am Turniersport teilgenommen hat, meldete sich im Herbst 1997 bei der Beklagten
zu 1) an, um als Wiedereinsteiger durch intensiven Unterricht erneut an den Reitsport
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herangeführt zu werden. Am 16. Oktober 1997 absolvierte er die dritte Unterrichtseinheit.
Obwohl die Beklagte zu 2) durch "Gegenhalten" des Sattels Hilfestellung leistete, hatte
er - wie schon in den vorausgegangenen Stunden - aufgrund seines Körpergewichts
von über 100 kg Schwierigkeiten, sein rechtes Bein über die Kruppe des Pferdes M... zu
bekommen. Entweder weil er dabei die Kruppe des Tieres berührte oder weil er sich
anschließend mit seinem ganzen Gewicht in den Sattel fallen ließ, begann das Pferd zu
bocken und bewegte sich mit mehreren Galoppsprüngen in Richtung der Begrenzung
des Reitplatzes. Vor der Absperrung drehte es plötzlich ab, so dass der Kläger sein
Gleichgewicht verlor und mit der linken Schulter gegen einen Begrenzungspfahl stürzte.
Dabei zog er sich eine Schädelprellung, Blutergüsse, drei Rippenbrüche und einen
Schulterblatttrümmerbruch links zu.
Der Kläger, der eine Friedhofsgärtnerei sowie einen Pflanzen-Center betreibt, hat
geltend gemacht: Wegen seiner unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit habe er ab dem 1.
Dezember 1997 einen Gärtner einstellen müssen. Dadurch seien ihm bis zum 30.
November 1998 Mehrkosten in Höhe von 29.052 DM entstanden. Außerdem habe er
von Oktober 1997 bis Mai 1998 eine Haushaltshilfe beschäftigen müssen, weil er nicht
mehr in der Lage gewesen sei, seinen Haushalt zu führen. Dadurch seien ihm
Ausgaben in Höhe von weiteren 3.645 DM entstanden.
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Unter Anrechnung der vom Haftpflichtversicherer der Beklagten zu 1) wegen des
Engagements eines Gehilfen gezahlten 12.894,50 DM hat er beantragt,
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1. die Beklagten zu verurteilen, an ihn als Gesamtschuldner 19.802,50 DM nebst 4 %
Zinsen seit dem 16. Oktober 1997 zu zahlen,
2. die Beklagten zu verurteilen, an ihn als Gesamtschuldner ein Schmer- zensgeld zu
zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens
jedoch 50.000 DM, nebst 4 % Zinsen seit dem 16. Oktober 1997, und
3. festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, ihm als Gesamtschuldner allen
künftigen materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, der ihm aus dem
Unfallereignis vom 16. Oktober 1997 entsteht, soweit die Ansprüche nicht auf
öffentliche Versicherungsträger übergegangen sind.
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Die Beklagten haben beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie haben geltend gemacht: Die Beklagte zu 2) sei eine erfahrene Reitlehrerin, die seit
über 25 Jahren den Reitsport ausübe. Seit vier Jahren besitze sie die Qualifi- kation als
Lehrerin für die "S...-Reitschulen". Darüber hinaus sei sie im Umgang mit Isländer-
Pferden bestens vertraut. Durch das Gegenhalten des Sattels habe sie dem Kläger die
einzig mögliche Hilfestellung beim Aufsitzen gewährt. Ursächlich für den Reitunfall sei
in erster Linie, dass er sich ungeschickt auf das Pferd habe fallen lassen, nachdem es
ihm endlich gelungen sei, sein Bein über die Kruppe des Pferdes hinweg in den rechten
Steigbügel zu bewegen.
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Nach Beweisaufnahme hat das Landgericht Wuppertal dem Kläger ein Schmerzensgeld
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in Höhe von 30.000 DM zugebilligt und ihm nach Abzug von auf den Erwerbsschaden
überzahlter 3.782 DM 26.218 DM zuerkannt, die Eintrittspflicht der Beklagten für
materielle Zukunftsschäden festgestellt und die Klage im übrigen abgewiesen. Dagegen
wenden sich beide Parteien mit der Berufung.
Die Beklagten beanstanden, das Landgericht habe sich verfahrensfehlerhaft über das
Gutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen Dr. W... hinweg- gesetzt und zu
Unrecht - gestützt auf das vom Kläger beigebrachte Gefälligkeits- gutachten eines nur
unzulänglich qualifizierten Tierarztes - die Beklagte zu 2) für verpflichtet gehalten, die
Zügel des Reitpferdes zu sichern. Dazu habe indes keine Veranlassung bestanden,
weil Isländer-Pferde als besonders gutmütig bekannt seien und das Durchgehen eines
solchen Pferdes bei Aufstiegfehlern als äußerst unwahrscheinlich zu betrachten sei. Die
Beklagte zu 1) treffe auch keine Tierhalterhaftung, da sie den ihr nach § 833 S. 2 BGB
offenstehenden Entlastungsbeweis geführt habe. Ferner habe der Einzelrichter
verkannt, dass dem Kläger jedenfalls ein erhebliches Mitverschulden anzulasten sei.
Schließlich sei das dem Kläger zugesprochene Schmerzensgeld übersetzt.
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Die Beklagten beantragen,
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das angefochtene Urteil teilweise abzuändern und die Klage ins-
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gesamt abzuweisen sowie
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die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
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Der Kläger bittet um Zurückweisung der Berufung der Beklagten und beantragt,
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das angefochtene Urteil teilweise abzuändern und
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1. die Beklagten zu verurteilen, an ihn als Gesamtschuldner
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6.259,49 EUR (= 12.242,50 DM) nebst 4 % Zinsen seit dem
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16. Oktober 1997 zu zahlen;
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2. die Beklagten ferner zu verurteilen, an ihn als Gesamtschuldner
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ein Schmerzensgeld zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen
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des Gerichts gestellt wird, mindestens jedoch 25.564,59 EUR
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(= 50.000 DM), nebst 4 % Zinsen seit dem 16. Oktober 1997,
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3. festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, ihm als Ge-
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samtschuldner allen künftigen materiellen und immateriellen
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Schaden zu ersetzen, der ihm aus dem Unfallereignis vom 16.
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Oktober 1997 entstehen wird, soweit die Ansprüche nicht auf
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öffentliche Versicherungsträger übergehen.
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Der Kläger moniert, dass das Landgericht seiner Klage nur teilweise entsprochen hat. Er
rügt, dass der Einzelrichter entsprechend seiner fortschreitenden Genesung Abzüge von
den Aufwendungen für die Beschäftigung der Ersatzkraft gemacht habe. Dabei sei nicht
beachtet worden, dass der von ihm angestellte Zeuge Sch... auf eine Vollzeitarbeit
wirtschaftlich angewiesen und nicht zu einer Umstellung seiner Tätigkeit auf eine
Teilzeitarbeit bereit gewesen sei. Hinreichend qualifizierte Teilzeitkräfte hätten auch
nicht zur Verfügung gestanden. Weiterhin habe der Einzelrichter zwar in den
Entscheidungsgründen einen Anspruch auf die Kosten für eine Haushaltshilfe bejaht,
aber bei der Tenorierung den entsprechenden Betrag unberücksichtigt gelassen. Ferner
habe das Landgericht bei der Bemessung des Schmerzensgeldes nicht gebührend
gewürdigt worden, dass er als Schüler ein Schutzbefohlener der Beklagten zu 2)
gewesen sei. Außerdem müsse zu seinen Gunsten berücksichtigt werden, dass sein
Gesundheitszustand sich inzwischen wieder verschlechtert habe. Mit Blick darauf sei es
auch nicht angängig, dass der Einzelrichter nur die Eintrittspflicht der Beklagten für
materielle Zukunftsschäden festgestellt habe.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Die Berufung der Beklagten zu 2) hat in vollem Umfang und die des Klägers teilweise
Erfolg; das Rechtsmittel der Beklagten zu 1) ist nicht begründet.
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I. Berufung der Beklagten zu 2)
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Mit Recht beanstandet die Beklagte zu 2), dass das Landgericht ihre Haftung bejaht hat.
Vertragliche Ansprüche scheiden im Verhältnis zu ihr von vornherein aus, weil
Vertragspartnerin des Klägers allein die Beklagte zu 1) als Inhaberin der Reitschule war.
Ebenso wenig haftet sie als Tieraufseherin i.S. von § 834 S. 1 BGB. Denn nicht jeder, zu
dessen vertraglichen Verpflichtungen der Umgang mit Tieren gehört, ist Tieraufseher.
Die "Führung der Aufsicht über das Tier" setzt vielmehr voraus, dass dem
Aufsichtspflichtigen die tatsächliche Gewalt und die Beherrschung der Tiergefahr für
eine gewisse Dauer zur selbständigen Ausübung überlassen worden ist. Stallburschen
oder angestellte Reitleiter, die - wie die Beklagte zu 2) - auf Anweisung handeln
müssen, kommen deshalb als Aufsichtsführende nicht in Betracht (Senat, VersR 1981,
82; OLGR Köln, 1999, 253; Palandt/ Thomas, BGB, 61. Aufl., § 834 Rn. 2).
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Auch einem Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB, von dem das Landgericht ausgegangen
ist, ist die Beklagte zu 2) nicht ausgesetzt. In erster Linie ist der Reitunfall des Klägers
auf dessen eigene Ungeschicklichkeit zurückzuführen. Das stellt nicht einmal der von
ihm beauftragte Gutachter Dr. R... in Frage (GA 179, 185). Der Beklagten zu 2) kann
daher allenfalls zum Vorwurf gemacht werden, dass sie den Unfall nicht verhindert hat.
Mangels vertraglicher Bindungen wäre sie dazu im Verhältnis zum Kläger aber nur
verpflichtet gewesen, wenn ihr eine Verkehrssicherungspflicht oblegen hätte.
Verkehrssicherungspflichtig ist indes grundsätzlich nur, wer über die Gefahrenquelle
verfügt (Palandt/Thomas, a.a.O., § 823 Rn. 59), hier also die Beklagte zu 1) als Halterin
des Pferdes und Inhaberin der Reitschule. Dass sie ihre Verkehrssicherungspflicht auf
die Beklagte zu 2) übertragen hätte, ist nicht erkennbar. Die Delegation von
Sicherungspflichten setzt eine klare Absprache voraus, die eine Ausschaltung von
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Gefahren zuverlässig gewährleistet (BGH, NJW 1996, 2646). Eine solche Absprache
folgt aber nicht schon daraus, dass die Beklagte zu 2) arbeitsvertraglich zur Erteilung
von Reitunterricht verpflichtet war, zumal sich in dem Fall auch Wertungswidersprüche
zu § 834 S. 1 BGB ergäben.
II. Berufung der Beklagten zu 1)
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Demgegenüber hat das Landgericht dem Kläger mit Recht einen
Schmerzensgeldanspruch gegen die Beklagte zu 1) in Höhe von 13.405,05 Euro (=
26.218 DM) zugesprochen und ihre Eintrittspflicht für materielle Zukunftsschäden
festgestellt.
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1. Die Beklagte zu 1) hat nach § 833 BGB als Tierhalterin für die materiellen und
immateriellen Schäden aufzukommen, die dem Kläger aufgrund des Reitunfalls vom 16.
Oktober 1997 entstanden sind. Die Tierhalterhaftung kommt auch dem Reiter zugute,
der freiwillig und im Eigeninteresse das Pferd eines anderen nutzt (BGH, NJW 1982,
763, 764; MDR 1993, 743; Palandt/Thomas, a.a.O., § 833 Rn. 1). Dass die Beklagte zu
1) als Inhaberin der Reitschule, in der das Isländer-Pferd M... - zum Unfallzeitpunkt -
bereits seit einem Jahr als Reitpferd eingesetzt wurde, Pferdehalterin war, wird von ihr
nicht in Abrede gestellt. Ebenso wenig kann fraglich sein, dass sich im Streitfall eine
typische Tiergefahr (Palandt/Thomas, a.a.O., § 833 Rn. 6) verwirklicht hat, denn dazu
rechnet auch und gerade das Bocken und Durchgehen eines ansonsten als ruhig und
gutmütig geltenden Reitpferds. Dass M... entsprechend reagiert hat, als der Kläger
entweder mit der rechten Stiefelspitze seine Kruppe berührte oder sich anschließend
schwerfällig nach hinten in den Sattel fallen ließ, steht zwischen den Parteien auch
außer Streit.
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2. Die Haftung der Beklagten zu 1) wird auch nicht durch § 833 S. 2 BGB
ausgeschlossen. Zwar wird dadurch die in § 833 S. 1 BGB begründete
Gefährdungshaftung des Tierhalters in eine Haftung für vermutetes Verschulden
abgemildert, wenn der Schaden durch ein Haustier verursacht wird, das der
Erwerbstätigkeit des Tierhalters zu dienen bestimmt ist. Die damit verbundene
Privilegierung kommt im Grundsatz auch der Beklagten zu 1) zugute, da durch § 833 S.
2 BGB nicht nur die landwirtschaftliche Tierhaltung begünstigt wird, sondern auch die
Haltung eines Reit- oder Springpferdes, das überwiegend zum Zwecke der Vermietung
oder Nutzung im Rahmen einer Reitschule eingesetzt wird (BGH, NJW 1986, 2501,
2502). Die Haftung für ein solches Nutztier entfällt aber nur, wenn der Halter seiner
Aufsichtspflicht genügt hat oder wenn der Schaden auch bei gehöriger Aufsichtsführung
entstanden sein würde. Diesen Entlastungsbeweis, an den strenge Anforderungen zu
stellen sind (BGH NJW 1986, 2501, 2502), hat die Beklagte zu 1) indessen nicht geführt.
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a) Zwar kann der Tierhalter seiner Aufsichtspflicht auch dadurch nachkommen, dass er
einen geeigneten Tierhüter bestellt, bei dem es sich nicht notwendig um einen
Tieraufseher i.S. des § 834 BGB handeln muss. Auch in dem Fall muss er aber den
Tierhüter mit den nötigen Anweisungen versehen und deren Einhaltung überwachen
(Palandt/Thomas, a.a.O., § 833 Rn. 19). Daran fehlt es hier. Selbst wenn zugunsten der
Beklagten zu 1) davon auszugehen sein mag, dass die Beklagte zu 2) über eine
hinreichende Qualifikation als Reitlehrerin verfügte, musste sich die Beklagte zu 1)
nämlich jedenfalls davon überzeugen, dass sie bei der Unterrichtserteilung von ihren
Fähigkeiten auch stets umsichtig Gebrauch machte. Dazu hat die Beklagte zu 1) aber
vorgetragen, "kontrollierende Eingriffe" seien gegenüber der Beklagten zu 2) die
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"absolute Ausnahme" gewesen. Was es mit diesen Eingriffen, zu denen es selbst nach
ihrem Vorbringen gekommen ist, auf sich hatte, in welchem Zusammenhang sie
erforderlich wurden und was die Beklagte zu 1) unter einer "absoluten Ausnahme"
versteht, bleibt indes offen. Darüber hinaus musste sie die Beklagte zu 2) auch anhalten,
ihren Reitschülern bei dem besonders risikoreichen Aufsitzen die notwendigen
Hilfestellungen zu gewähren, wozu insbesondere - aus noch darzulegenden Gründen -
die Sicherung der Zügel gehört. Dass sie diese Anweisung erteilt und deren Einhaltung
überwacht hat, behauptet die Beklagte zu 1), die sogar die Notwendigkeit solcher
Sicherheitsmaßnahmen leugnet, jedoch selbst nicht.
b) Weiterhin ist auch nicht auszuschließen, dass Verletzungen des Klägers
ausgeblieben oder jedenfalls glimpflicher ausgefallen wären, wenn die Beklagte zu 2)
auf Weisung der Beklagten zu 1) beim Aufsteigen des Klägers die Zügel des
Reitpferdes gesichert hätte (§ 833 S. 2 a.E. BGB). Denn dann wäre M... - auch nach
Einschätzung des gerichtlich bestellten Sachverständigen Dr. W... - mit größter
Wahrscheinlichkeit am Vorwärtsstürmen gehindert worden (GA 146). Dass eine solche
Sicherungsmaßnahme im Streitfall geboten war, hat das Landgericht mit Recht
angenommen. Die Einwendungen, die die Beklagte zu 1) dagegen vorbringt, können
nicht überzeugen. Soweit sie beanstandet, dass der Einzelrichter sich unberechtigt über
das Gutachten von Dr. W... hinweggesetzt und sich eigene Sachkunde angemaßt habe,
verkennt sie, dass die Ausführungen des gerichtlich beauftragten Sachverständigen und
des vom Kläger beauftragten Privatgutachters Dr. R... in nahezu in allen Punkten
übereinstimmen. Das räumt Dr. W... auch ausdrücklich ein (GA 186). Deshalb kann als
gesichert betrachtet werden, dass alle Pferde Fluchttiere sind, die von Natur aus dazu
neigen, sich jeder als bedrohlich empfundenen Situation durch Flucht zu entziehen (GA
180) und dass das - wenngleich in deutlich geringerer Ausprägung - auch für Isländer-
Pferde gilt (GA 145, 180). Ebenso steht fest, dass im Moment des Aufsitzens für den
Reiter ein erhöhtes Risiko besteht (GA 182), das auch Dr. W... normalerweise zu
mindern sucht, indem er dem Aufsitzenden Hilfestellung sowohl durch die Fixierung des
Sattels als auch durch das gleichzeitige Ergreifen des rechten Trensenzügels gewährt
(GA 144 R). Schließlich stimmen auch beide Gutachter darin überein, dass der Kläger
trotz seiner langjährigen Erfahrung als Reiter in puncto Aufsitzen wie ein Anfänger zu
behandeln war, weil die physiologisch-sportlichen Voraussetzungen mangels Routine
relativ kurzfristig verloren gehen und in seinem Fall sowohl aufgrund des zunehmenden
Alters als auch aufgrund seiner mittlerweile vorhandenen Korpulenz deutliche
physiologische Veränderungen eingetreten waren (GA 144). Daraus folgt für den
Streitfall, dass auch die Beklagte zu 2) beim Aufstieg des Klägers gehalten war, die
Zügel des Reitpferdes zu ergreifen. Sofern sie dazu nicht in der Lage war, weil sie beide
Hände benötigte, um - ob des Gewichts des Klägers - den Sattel auf der linken Seite
gegenzuhalten, hätte sie jedenfalls - wie von Dr. W... beschrieben (GA 145) - ihren
rechten Arm durch den linken Zügel führen und diesen unter ihrer Ellenbogenbeuge
durchlaufen lassen müssen. Dass Dr. W... diese Schutzmaßnahme nicht für geboten
hielt, weil ein Durchgehen bei Isländer-Pferden rassetypisch unwahrscheinlich ist und
bei dem Pferd M... sein ruhiges Temperament und sein schon reifes Alter zu
berücksichtigen sind (GA 145), zwingt weder zu einer anderen Beurteilung noch zu
weiterer Sachaufklärung, denn die Aufgabe des Sachverständigen erschöpft sich darin,
dem Gericht das fehlende Fachwissen zu vermitteln. Die daraus für die
Rechtsanwendung zu ziehenden Konsequenzen sind jedoch allein Sache des Gerichts.
Dementsprechend obliegt es dem Senat, sachverständig beraten, die
Sorgfaltsanforderungen zu bestimmen, die die Beklagte zu 2) im Streitfall zu beachten
hatte und auf deren Einhaltung die Beklagte zu 1) hinwirken musste. Dabei gelten - wie
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ausgeführt - im Falle der Tierhalterhaftung strenge Maßstäbe. Dass eine Panikreaktion
des Pferdes M..., zu der es im Streitfall auch nach Einschätzung von Dr. W... gekommen
ist (GA 187), aus damaliger Sicht sehr unwahrscheinlich war, kann diese
Sorgfaltsanforderungen nicht zugunsten der Beklagten beeinflussen, da ein Fluchtreflex
selbst bei einem lammfrommen Pferd nie auszuschließen ist und es Aufgabe der
Beklagten zu 1) - zumal gegenüber Reitschülern - ist, das stets verbleibende Restrisiko
im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren zu minimieren. Dass das Sichern des
linken Zügels in der Ellenbogenbeuge die Beklagte zu 2) unzumutbar bei der Arbeit
behindert hätte, macht die Beklagte zu 2) aber nicht geltend. Ebenso unschädlich ist,
dass durch das Ergreifen der Zügel die Zügelkontrolle des Reiters - so Dr. W... - "in
gewisser Weise beeinträchtigt wird" (GA 145), denn das ist zum Schutz von
Reitanfängern und Wiedereinsteigern jedenfalls solange hinzunehmen, als nicht sicher
angenommen werden kann, dass das Aufsitzen sicher beherrscht wird.
3. Zu Recht hat das Landgericht auf Seiten des Klägers auch kein Mitverschulden
anspruchsmindernd berücksichtigt. Zwar ist bei der Prüfung eines
Mitverursachungsbeitrags ebenfalls ein strenger Maßstab anzulegen, weil der Reiter
weitgehend die Herrschaft über das Pferd übernimmt und dadurch besonders intensiv
auf das tierische Verhalten einwirken kann (BGH, NJW 1982, 763, 765). Andererseits ist
zugunsten des Klägers in Rechnung zu stellen, dass er trotz seiner Erfahrung als
Turnierreiter beim Aufsitzen anfängertypische Schwierigkeiten hatte und dass er eben
zur Überwindung dieser Probleme die Dienste der Beklagten zu 1) in Anspruch
genommen hat. Im Verhältnis zu ihr kann dem Kläger daher reiterliches Unvermögen
nicht angelastet werden (vgl. BGH, a.a.O.). Soweit die Beklagten ihm darüber hinaus
vorhalten, er habe für ihn erkennbare Defizite als -Reitschüler verheimlicht, bleibt das
unverständlich. Schließlich haben die Beklagten schon in erster Instanz gestanden,
dass der Kläger aufgrund seines - nicht zu übersehenden - Körpergewichts Probleme
beim Besteigen des Pferdes gezeigt habe (GA 22). Darauf muss ein erfahrener
Reitlehrer bei der Gewährung der Aufstiegshilfe Rücksicht nehmen. Schließlich kann
sich auch nicht zu Lasten des Klägers auswirken, dass beim Reiten stets ein Restrisiko
verbleibt. Denn dieses Risiko hätte gerade im Streitfall von der Beklagtenseite ohne ins
Gewicht fallenden Aufwand deutlich eingeschränkt werden können.
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4. Des weiteren greifen auch die Einwände, die die Beklagte zu 1) gegen die
Schadenshöhe vorbringt, nicht durch.
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a) Soweit die Beklagte zu 1) beanstandet, dass das Landgericht Kosten für die
Beschäftigung einer Haushaltshilfe als erstattungsfähig betrachtet hat, übersieht sie,
dass der Einzelrichter diese Position bei der Bemessung des Schadensersatzanspruchs
des Klägers gleichwohl außer Betracht gelassen hat. Ebenso hat das Landgericht dem
Kläger auch keinen Schadensersatz wegen der Anstellung einer Ersatzkraft zuerkannt,
da der gerechtfertigte Ausgleichsanspruch nach der Berechnung des Einzelrichters
hinter der vom Haftpflichtversicherer der Beklagten zu 1) geleisteten Zahlung
zurückblieb. Dass diese Leistung unter Vorbehalt erbracht worden ist und nunmehr in
anderer Weise verrechnet werden muss, hat die Beklagte zu 1) nicht geltend gemacht.
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b) Soweit die Beklagte zu 1) die Höhe des Schmerzensgelds zur Überprüfung stellt, das
der Einzelrichter mit 30.000 DM angesetzt und nach Abzug von - von seinem
Rechtsstandpunkt aus - auf den Erwerbsschaden überzahlter 3.782 DM dem Kläger in
Höhe von 26.218 DM (= 13.405,05 EUR) zugesprochen hat, besteht gleichfalls keine
Veranlassung zu einer Abänderung. Vielmehr hat das Landgericht die in Betracht zu
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ziehenden Bemessungsfaktoren sämtlich berücksichtigt und angemessen gewichtet.
Insoweit nimmt der Senat auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils
Bezug. Dass der stationäre Krankenhausaufenthalt nur eine Woche gedauert hat, hat
der Einzelrichter zu Recht nicht anspruchsmindernd gewertet, weil - wie aus den
vorliegenden unfallversicherungsrechtlichen Gutachten hervorgeht - der
Heilungsprozess gleichwohl langwierig war und von Ende Oktober 1997 jedenfalls bis
Anfang Juni 1998 (GA 81 f.) gedauert hat. Dass die bleibenden Beeinträchtigungen
lediglich - nach unfallversicherungsrechtlichen Grundsätzen - mit 1/7 Armwert
anzusetzen waren (GA 93), hat das Landgericht ebenfalls zutreffend gewürdigt.
c) Mit Recht hat das Landgericht schließlich auch festgestellt, dass die Beklagte zu 1) für
einen materiellen Zukunftsschaden einzustehen hat. Bei schweren Verletzungen kann
ein Anspruch auf Feststellung der Ersatzpflicht für künftigen - auch immateriellen -
Schaden nur dann verneint werden, wenn auch aus Sicht des Geschädigten kein Grund
besteht, mit Spätfolgen zu rechnen (BGH, NJW 1998, 160). Solche Zukunftsschäden
können aber aus der subjektiven Sicht des Klägers schon deshalb nicht
ausgeschlossen werden, weil sowohl Dr. U... (GA 93) als auch Dr. Sch... (GA 295 f.)
beim Kläger von einer bleibenden Einschränkung der Gebrauchsfähigkeit seines linken
Arms ausgehen.
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III. Berufung des Klägers
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Die Berufung des Klägers hat nur insofern Erfolg, als er sich dagegen wendet, dass das
Landgericht die Eintrittspflicht der Beklagten zu 1) für immaterielle Zukunftsschäden
nicht festgestellt hat und ihm kein Ersatzanspruch für die Beschäftigung einer
Haushaltshilfe zuerkannt worden ist.
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1. Die Beklagte zu 1) hat auch für immaterielle Zukunftsschäden des Klägers
einzustehen. Zwar stimmen Dr. Sch... (GA 295) und Dr. U... (GA 93) darin überein, dass
die auf Seiten des Klägers verbliebenen körperlichen Beeinträchtigungen mittlerweile
einen beurteilungsfähigen Endzustand erreicht haben. Wenn man jedoch in Rechnung
stellt, dass bei der Prüfung des Feststellungsinteresses i.S. des § 256 Abs. 1 ZPO auch
eine subjektive Komponente zu berücksichtigen ist (BGH, a.a.O.), erscheint jedenfalls
nicht unverständlich, dass der Kläger, der nach wie vor durch die
Bewegungseinschränkung des linken Arms behindert wird, auch weiterhin mit einer
Verschlechterung seines Gesundheitszustandes rechnet.
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2. Ferner moniert der Kläger mit Recht, dass das Landgericht zwar einen
Ersatzanspruch wegen der Beschäftigung einer Haushaltshilfe in Höhe von 3.645 DM (=
1.863,66 Euro) als begründet erachtet, bei der Bemessung der Klageforderung aber
nicht in Ansatz gebracht hat. Dementsprechend stehen ihm unter Berücksichtigung
eines Schmerzensgelds in Höhe von 26.218 DM (= 13.405,05 EUR) noch ein
Schadensersatzanspruch in Höhe von insgesamt 29.863 DM oder umgerechnet
15.268,71 EUR zu. Die Einwendungen, die die Beklagte zu 1) gegen den Anspruch auf
Ersatz der Aufwendungen für eine Haushaltshilfe vorbringt, überzeugen nicht. Dass der
Kläger eine Haushaltshilfe engagiert hat, steht außer Streit (GA 24, 321). Nur dass dies
unfallbedingt geschehen ist, stellt die Beklagte zu 1) in Abrede. Damit setzt sie sich
jedoch in Widerspruch zu ihrem Haftpflichtversicherer, der seine Eintrittspflicht insoweit -
unter Berücksichtigung eines hälftigen Mitverschuldens - mit Schreiben vom 10.
November 1998 eingeräumt hat. Davon abgesehen kann aber auch nicht ernstlich
zweifelhaft sein, dass aufgrund der langwierigen Unfallfolgen die Beschäftigung einer
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Haushaltshilfe gerechtfertigt war. Denn nach dem Gutachten von Dr. Sch... vom 28. Juli
1998 (GA 81), gegen das die Beklagte zu 1) keine begründeten Einwände erhebt, war
der Kläger bis zum 31. Januar 1998 zu 100 %, bis zum 28. Februar 1998 zu 70 %, bis
zum 31. März 1998 zu 50 % und bis zum 31. Mai 1998 noch zu 40 % arbeitsunfähig.
Dass damit auch eine Beeinträchtigung bei der Haushaltsführung verbunden war, liegt
auf der Hand. Zwar hat sich die Gebrauchsfähigkeit des linken Arms stetig gebessert.
Dem hat der Kläger jedoch auch durch die abnehmende zeitliche Inanspruchnahme der
Haushaltshilfe gebührend Rechnung getragen (bis Januar 1998: monatlich über 600
DM; Februar: 515 DM; März: 420 DM; April: 320 DM und Mai: 205 DM, GA 11-14).
3. Nicht begründet ist das Rechtsmittel des Klägers hingegen, soweit er einen Anspruch
auf Ersatz seines Erwerbsschadens geltend macht, der die bereits vom Landgericht
berücksichtigten Zahlungen des Haftpflichtversicherers der Beklagten zu 1) in Höhe von
9.112,50 DM (= 4.659,15 EUR) übersteigt. Der entgangene Gewinn eines
Gewerbetreibenden kann grundsätzlich nicht abstrakt anhand des Gehalts für eine
gleichwertige, tatsächlich nicht eingestellte Ersatzkraft geschätzt werden. Abzustellen ist
statt dessen auf die nach Maßgabe der §§ 842, 252 BGB i.V.m. § 287 ZPO konkret
feststellbare Gewinnminderung (vgl. Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 252 Rn. 16 m.w.N.).
Den Ausgangspunkt für die Schätzung bilden dabei die Betriebsergebnisse, die in den
letzten Jahren vor dem schädigenden Ereignis erzielt worden sind (BGH NJW 2001,
210). An deren Auswertung war der Senat jedoch gehindert, weil der Kläger für die Zeit
vor seinem Reitunfall lediglich die Einnahmen-Überschuss-Rechnung für 1996
vorgelegt hat, obwohl der Berichterstatter die Jahresabschlüsse ab 1994 angefordert
hatte (GA 355). Das geht zu Lasten des Klägers, denn anhand der zur Verfügung
stehenden Unterlagen ist nicht erkennbar, dass er einen unfallbedingten
Verdienstausfall erlitten hat. Zwar betrug sein Gewinn im Jahr 1997, in dem sich der
Reitunfall ereignet hat, nur 2.761,22 DM, während 1996 ein Gewinn von 16.658,26 DM
und 1998 von 28.895,55 DM und 1999 von 21.800,52 DM erzielt worden ist. Dabei muss
indes berücksichtigt werden, dass die 1997 gezahlte Umsatzsteuer mit 24.789,40 DM
erheblich höher ausgefallen ist, als in den anderen Jahren (1996: 3.758 DM, 1998:
4.959,17 DM und 1999: 7.897,90 DM), weil er auf Nachzahlungen für 1993, 1994 und
1996 in Anspruch genommen worden ist. Rechnet man diese außerplanmäßigen
Aufwendungen nur anteilig in Höhe von 16.891,50 DM, nämlich soweit sie die
Umsatzsteuerzahlungen im Jahr 1999 übersteigen, dem Gewinn hinzu, so liegt dieser
sogar höher als 1996.
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Zu einer anderen Bewertung gelangt man auch nicht, wenn man vorrangig auf die
Ausgaben des Klägers für die Beschäftigung von Ersatzkräften abhebt. Insoweit gilt
zwar, dass die Aufwendungen für Ersatzkräfte regelmäßig einen in voller Höhe
erstattungsfähigen Erwerbsschaden darstellen, wenn dadurch ein Betriebsergebnis
erzielt worden ist, das jedenfalls nicht höher liegt, als es ohne das Schadensereignis
durch den Unternehmer selbst voraussichtlich erreicht worden wäre. Selbst wenn man
außer Betracht lässt, dass der Personalaufwand, der sich aus den Einnahmen-
Überschuss-Rechnungen ergibt (1997: 0,00 DM; 1998: 15.636,07 DM und 1999:
16.245,82 DM), nicht mit dem Prozessvortrag des Klägers in Einklang bringen lässt, weil
dieser allein in der Zeit vom 1. Dezember 1997 bis zum 30. November 1998 für die
Beschäftigung des Zeugen Sch... 29.052 DM (GA 284) ausgegeben haben will, bleibt
jedoch völlig offen, ob der im Vergleich der Jahre 1996, 1998 und 1999 nicht
unerhebliche Gewinnanstieg, der jedenfalls über dem Zuwachs der Personalausgaben
lag (1996: 12.591,79 DM, 1998: 15.636,07 DM und 1999: 16.245,82 DM), nicht
maßgeblich auf den Einsatz der Ersatzkraft zurückzuführen ist. Wenngleich nach dem
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gewöhnlichen Lauf der Dinge in der Regel davon auszugehen ist, dass die
Unternehmensergebnisse, wäre der Unternehmer selbst einsatzfähig gewesen, nicht
schlechter ausgefallen wären als ohne diesen (BGH, NJW 1997, 940, 942), ist nämlich
im Streitfall zu berücksichtigen, dass die Unfallfolgen die Arbeitsfähigkeit des Klägers
vorrangig während der Wintermonate 1997/1998 eingeschränkt haben (GA 81), in
denen nach seinen eigenen Angaben (GA 201) der geringste Arbeitsanfall zu
bewältigen war, und dass seine Einsatzfähigkeit ab April 1998 schon weitgehend
wiederhergestellt war. Wenn unter diesen Umständen mit der Beschäftigung des ab
Dezember 1997 eingestellten Mitarbeiters Sch... der Gewinn deutlich zunahm, spricht
folglich praktisch alles dafür, dass das auf die durch das Engagement der Ersatzkraft
und die fortschreitende Genesung des Klägers erhöhte Leistungsfähigkeit seines
Betriebes zurückzuführen ist. Zumindest bleibt aber bei dieser Sachlage für die
Schätzung eines Verdienstausfalls kein Raum.
Dabei verkennt der Senat nicht, dass die Einnahmen-Überschuss-Rechnungen, die der
Kläger vorgelegt hat, seine Geschäftstätigkeit möglicherweise nur unzulänglich
wiederspiegeln. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat er nämlich geltend
gemacht, dass die Einnahmen und Ausgaben des von ihm betriebenen Pflanzencenters
gesondert erfasst worden seien und keinen Eingang in die vorgelegten
Jahresabschlüsse gefunden hätten. Das kann indes keine Berücksichtigung mehr
finden, da dem Kläger durch Verfügung vom 22. April 2002 eine Frist zur Vorlage der
(vollständigen) Jahresabschlüsse gesetzt worden ist und er deren Versäumung nicht
hinreichend entschuldigt hat (§§ 527, 296 Abs. 1 ZPO). Davon abgesehen bleibt aber
auch offen, welchen Gewinn der Kläger durch den Betrieb seines Pflanzencenters vor
und nach seinem Unfall erzielt hat und welche weiteren Personalkosten dabei
angefallen sind.
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4. Schließlich gibt die Berufung des Klägers auch keinen Anlass zur Erhöhung des vom
Landgericht angesetzten Schmerzensgelds. Dass die Beklagte zu 1) ihm als Reitschüler
Schutz und Fürsorge schuldete, hat bereits bei der Verschuldensprüfung hinlängliche
Berücksichtigung gefunden. Es besteht kein Grund, das Schmerzensgeld unter diesem
Blickwinkel nochmals heraufzusetzen. Dass die Beklagte zu 2) als von der Beklagten zu
1) eingesetzte Reitlehrerin sich in besonderer Weise leichtfertig verhalten hätte, kann
auf der Grundlage der Gutachten von Dr. W... und Dr. R... nicht festgestellt werden.
Letztlich besteht auch keine Veranlassung zur Neubemessung des Schmerzensgelds,
weil eine signifikante Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Klägers
eingetreten wäre. Zwar hat Dr. Sch... in seinem Gutachten vom 16. September 2000
ausgeführt, dass beim Kläger eine stärkere Einschränkung der Beweglichkeit seines
linken Schultergelenks festzustellen sei (GA 294). Im Rahmen einer abschließenden
Bewertung hat aber auch er nur eine dauerhafte Minderung der Gebrauchsfähigkeit des
linken Arms um 1/5 angenommen (GA 296). Dem wird jedoch durch das vom
Landgericht mit 30.000 DM bemessenen Schmerzensgeld noch angemessen Rechnung
getragen. Dass das Landgericht die vom Haftpflichtversicherer der Beklagten zu 1) auf
den Erwerbsschaden geleistete Zahlung teilweise auf das Schmerzensgeld
angerechnet hat, hat der Kläger nicht beanstandet.
55
IV.
56
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91, 92 Abs. 1, 97 ZPO.
57
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711
58
ZPO.
Die Entscheidung über die Zulassung der Revision findet ihre Grundlage in § 543 ZPO.
59
Berufungsstreitwert: 57.388,68 EUR (vgl. Beschluss vom 18. Februar 2002).
60
Beschwer des Klägers gegenüber der Beklagten zu 1) 18.419,03 EUR und gegenüber
der Beklagten zu 2) 57.388,68 EUR.
61
Beschwer der Beklagten zu 1): 38.969,65 EUR.
62
Dr. S... Dr. W... Dr. R...
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