Urteil des OLG Düsseldorf vom 05.02.2009

OLG Düsseldorf: anhörung, vergleich, eltern, gerichtsbarkeit, sorgerecht, zustandekommen, datum

Oberlandesgericht Düsseldorf, II-10 WF 31/08
Datum:
05.02.2009
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
10. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
II-10 WF 31/08
Leitsätze:
BGB § 1631 Abs. 1
FGG §§ 50a, 50b
RVG VV-Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1
Wird in einem gerichtlichen Verfahren zur Abänderung des
Aufenthaltsbestimmungs-rechtes ein schriftlicher Vergleich geschlossen,
fällt eine Terminsgebühr nach RVG VV-Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 nicht an.
Tenor:
Die Beschwerde der Antragstellerin vom 14.08.2008 gegen den
Beschluss des Amtsgerichts Dinslaken – Familiengericht - vom
22.07.2008 wird zu-rückgewiesen.
Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei, Kosten werden
nicht erstattet.
Die am 19.08.2008 bei Gericht eingegangene Beschwerde der Antragstellerin vom
14.08.2008 (Bl. 30 PKH-Heft) gegen den ihr am 13.08.2008 zugestellten Beschluss des
Amtsgerichts Dinslaken – Familiengericht - vom 22.07.2008 (Bl. 26, 27 PKH-Heft) ist
gemäß §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 3 RVG zulässig, jedoch unbegründet.
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Zu Recht hat das Amtsgericht in dem angefochtenen Beschluss die als Erinnerung
auszulegende "Beschwerde" der Antragstellerin vom 24.06.2008 (Bl. 15 PKH-Heft)
gegen den Festsetzungsbeschluss des Rechtspflegers vom 18.06.2008 (Bl. 12 PKH-
Heft) zurückgewiesen. Es ist nicht zu beanstanden, dass der Rechtspfleger die
Festsetzung der von der Antragstellerin begehrten Terminsgebühr nach RVG VV-Nr.
3104 Abs. 1 Nr. 1 in Höhe von EUR 226,80 zuzüglich Mehrwertsteuer (Bl. 7 PKH-Heft)
abgelehnt hat.
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Das gerichtliche Verfahren zur Abänderung des Aufenthaltsbestimmungsrechtes ist
vorliegend durch einen Vergleich beendet worden, dessen Zustandekommen durch
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Beschluss vom 31.01.2008 (Bl. 34 GA) festgestellt worden ist. Eine Terminsgebühr nach
RVG VV-Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 ist dadurch nicht angefallen. Im Verfahren über das
elterliche Sorgerecht – wie auch im vorliegenden Verfahren über das
Aufenthaltsbestimmungsrecht – ist eine mündliche Verhandlung nicht, auch nicht für den
Regelfall, vorgeschrieben. Es kann sowohl schriftlich wie auch mündlich verhandelt
werden. Wird eine mündliche Verhandlung nicht durchgeführt, entsteht auch keine
Terminsgebühr (ebenso: OLG Koblenz 21.05.2008, 13 WF 391/08, MDR 2008, 1005;
OLG Köln 24.04.2008, 21 WF 103/08, AGS 2008, 593; OLG Köln 21.06.2007, 4 WF
82/07 (JURIS); OLG Stuttgart 14.07.2006, 8 WF 96/06, AGS 2007, 503).
Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass für das Sorgerechtsverfahren in §§ 50a
und 50b FGG eine Anhörung der Eltern bzw. Kinder vorgesehen und z.T. auch
zwingend vorgeschrieben ist. Die Anhörung muss nicht im Rahmen einer mündlichen
Verhandlung durchgeführt werden. Sie ist mit einer solchen auch nicht gleichzusetzen.
Sie dient im Rahmen der gemäß § 12 FGG von Amts wegen vorzunehmenden
Sachaufklärung dazu, dem Gericht einen persönlichen Eindruck zu verschaffen (vgl.
Keidel/Engelhard, FGG, § 50a Rn. 3).
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Für das Sorgerechtsverfahren kann auch nicht mit Erfolg auf die Rechtssprechung des
Bundesgerichtshofs zum Anfall der Terminsgebühr nach RVG VV-Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1
in Wohnungseigentumssachen verwiesen werden (vgl. BGH, 09.03.2006, VZB 164/05;
24.07.2003, V ZB 12/03, JurBüro 2003, 588). Dass in Wohnungseigentumssachen eine
Terminsgebühr auch dann anfallen kann, wenn ausnahmsweise ohne mündliche
Entscheidung entschieden wird, beruht maßgeblich auf einer Auslegung der
Sollbestimmung des § 44 Abs. 1 WEG dahingehend, dass in
Wohnungseigentumssachen – anders als in anderen Verfahren nach dem FGG – eine
mündliche Verhandlung grundsätzlich stattfinden muss (vgl. BGH aaO). Dies ist für
Sorgerechtsverfahren nach den obigen Ausführungen gerade nicht anzunehmen.
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Eine analoge Anwendung der RVG VV-Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 auf Sorgerechtsverfahren
kommt nicht in Betracht. Es gibt keine Anhaltspunkte für eine unbewusste
Regelungslücke im Gesetz. Die Gebührenvorschriften des 3. Teils des RVG gelten
ausweislich der Überschrift auch in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Dennoch
hat der Gesetzgeber in der hier fraglichen Ausnahmevorschrift ausschließlich darauf
abgestellt, ob in dem Verfahren eine "mündliche Verhandlung vorgeschrieben" ist. Dies
indiziert, dass er weder eine Anhörung noch eine fakultative mündliche Verhandlung
nach dem FGG für ausreichend ansehen wollte. Ein Wille des Gesetzgebers
dahingehend, die Honoraransprüche in ZPO-Verfahren und FGG-Verfahren nach
denselben Grundsätzen zu behandeln und daher die Anhörung der mündlichen
Verhandlung gleichzustellen (so OLG Schleswig 30.03.2007, 15 WF 41/07, AGS 2007,
502), ist jedenfalls in der hier fraglichen Gebührenausnahmevorschrift nicht zum
Ausdruck gekommen.
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II.
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Der Kostenausspruch folgt aus § 56 Abs. 2 Sätze 2 und 3 BRAGO.
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