Urteil des OLG Düsseldorf vom 01.02.2010

OLG Düsseldorf (zwangsvollstreckung, zpo, zuständigkeit, festsetzung, sache, gläubiger, zeitpunkt, zweck, notwendigkeit, inland)

Oberlandesgericht Düsseldorf, I-24 W 3/10
Datum:
01.02.2010
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
24. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
I-24 W 3/10
Vorinstanz:
Landgericht Düsseldorf, 9 O 407/07
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss der 9.
Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf –Rechtspflegerin - vom 26.
Oktober 2009 aufgeho¬ben.
Die Sache wird an das Landgericht - Rechtspfleger – zur erneuten Ent-
scheidung über das Kostenfestsetzungsgesuch sowie über die Kosten
des Be-schwerdeverfahrens zurückverwiesen.
Beschwerdewert: 702,13 €
Gründe
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Die gemäß §§ 11 Abs. 1 RPflG, 567 Abs. 1, 568 Abs. 1 ZPO zulässige sofortige
Beschwerde der Klägerin hat Erfolg und führt zur Zurückverweisung des Verfahrens an
das Landgericht entsprechend § 538 ZPO in Verbindung mit § 572 Abs. 3 ZPO. Die
Ablehnung der Kostenfestsetzung beruht auf einer Verkennung der Zuständigkeit durch
die Rechtspflegerin.
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Der Rechtspflegerin ist allerdings zuzugeben, dass die Kosten der Vorbereitung der
Zwangsvollstreckung (Vorbereitungskosten) nach allgemeiner Meinung zu den
Zwangsvollstreckungskosten gehören (vgl. BGH NJW-RR 2008, 515 m.w.N.; OLG Celle
NJW-RR 2009, 575). Auf Antrag setzt das Vollstreckungsgericht, bei dem zum Zeitpunkt
der Antragstellung eine Vollstreckungshandlung anhängig ist, und nach Beendigung der
Zwangsvollstreckung das Gericht, in dessen Bezirk die letzte Vollstreckungshandlung
erfolgt ist, die Kosten gemäß §§ 103 Abs. 2, 104, 107 ZPO fest.
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Wie die Klägerin zutreffend ausgeführt hat, gilt dies jedoch nicht generell. Vielmehr ist
danach zu differenzieren, ob die Zwangsvollstreckung durchgeführt wird oder nicht (vgl.
BGH aaO.). Nach dem Wortlaut, dem Sinn und Zweck und der Systematik des § 788
Abs. 2 ZPO ist dem Vollstreckungsgericht die – nach § 802 ZPO ausschließliche –
Zuständigkeit für die Festsetzung der Kosten der Zwangsvollstreckung nur für die Fälle
übertragen, in denen zum Zeitpunkt der Antragstellung eine Vollstreckungshandlung
anhängig ist oder die Zwangsvollstreckung beendet ist. Kommt es hingegen nicht zur
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Zwangsvollstreckung aus dem Titel, kann das Vollstreckungsgericht, dem der
Gesetzgeber wegen der größeren Sachnähe die Zuständigkeit für die Kosten der von
ihm zu überwachenden Zwangsvollstreckung übertragen hat (BT-Dr 13/341, S. 20),
nicht mit der Sache befasst werden (BGH aaO.). Das ist z. B. der Fall, wenn der
Gläubiger vor Beginn der Zwangsvollstreckung befriedigt wurde (Musielak/Lackmann
ZPO 7. Aufl., § 788 Rn. 3).
Ähnlich liegen die Dinge hier zum Nachteil der Beklagten, weil ein deutsches Voll-
streckungsgericht mit der Zwangsvollstreckung der Klägerin nicht befasst werden kann.
Diese begehrt die Festsetzung außergerichtlicher Kosten für die anwaltliche
Zahlungsaufforderung nebst Vollstreckungsandrohung vom 27. Februar 2009 nach
Erwirkung des Versäumnisurteils des Landgerichts Düsseldorf vom 3. Februar 2009
zuzüglich der für die in Belgien ansässige Beklagte aufgewendeten
Übersetzungskosten. Eine Zwangsvollstreckung hat nicht stattgefunden und wird im
Inland auch nicht durchgeführt werden. Denn die Klägerin hat nur die Möglichkeit, das
erwirkte Versäumnisurteil in Belgien vollstrecken zu lassen. Dabei ist gänzlich offen, ob
Vorbereitungskosten im Inland im Ausland festsetzbar sind (vgl. zur
Vollstreckbarerklärung eines belgischen Urteils ohne Vorbereitungskosten OLG Köln
OLGR 2000, 188).
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Für die Zuständigkeit des Prozessgerichts im vorliegenden Fall sprechen neben dem
Sinn und Zweck, der Systematik und dem Wortlaut der Vorschrift auch Gründe der
Prozesswirtschaftlichkeit. Denn das Prozessgericht ist in diesen Fällen ohnehin
regelmäßig mit der Kostenfestsetzung befasst. Die gegenteilige Auffassung, dass das
Prozessgericht nicht zur Entscheidung berufen sein könne, hätte, da – wie ausgeführt –
eine Zuständigkeit des Vollstreckungsgericht nicht begründet ist, zur Folge, dass die
Klägerin einen neuen Rechtsstreit wegen der Vorbereitungskosten, ihre Notwendigkeit
im Sinne von § 91 ZPO unterstellt, anstrengen müsste. Dafür, dass der Gesetzgeber
dies gewollt haben könnte, ist kein nachvollziehbarer Grund ersichtlich (BGH aaO.).
Vielmehr spricht viel dafür, dass der Gläubiger in dem Stadium zwischen Erkenntnis-
und Vollstreckungsverfahren eine Kostenfestsetzung durch das Prozessgericht
erreichen kann, wenn ihm der Zugang zum Vollstreckungsgericht verwehrt ist.
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Im Hinblick auf die verfahrensfehlerhaft verneinte Zuständigkeit ist der Rechtspflegerin
die Sache zur Prüfung der Notwendigkeit der angemeldeten Kosten (vgl. dazu
Zöller/Stöber, ZPO 28. Aufl., § 788 Rn. 6, 9) und etwaigen Festsetzung zu übertragen.
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Da der Umfang des Obsiegens oder Unterliegens der Parteien derzeit noch nicht
abgesehen werden kann, wird das Landgericht auch über die Kosten des
Beschwerdeverfahrens zu befinden haben.
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