Urteil des OLG Düsseldorf vom 21.04.2009

OLG Düsseldorf: abrechnung, nebenkosten, mietvertrag, saldo, betriebskosten, widerklage, abweisung, entwässerung, vorschuss, rechtshängigkeit

Oberlandesgericht Düsseldorf, I-24 U 163/08
Datum:
21.04.2009
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
24. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
I-24 U 163/08
Vorinstanz:
Landgericht Duisburg, 10 O 211/07
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das am 17. Juli 2008 verkündete
Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg wird
kostenpflichtig zurückgewiesen mit der klarstellenden Maßgabe, dass
die mit dem Rechtsmittel weiterverfolgten Teile der Widerklage auf
Zahlung des Saldos aus der Nebenkostenabrechnung 2005 (660,36 €)
und des Saldos aus der Wassergeldabrechnung 2005 (637,41 €) derzeit
unbegründet sind.
Die Kosten des ersten Rechtszuges tragen der Kläger zu 73% und die
Beklagte zu 27%; die Kosten des zweiten Rechtszuges werden der
Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
G r ü n d e
1
A.
2
Der Kläger ist Mieter in dem von der beklagten Gesellschaft bis zum Ablauf des 31.
Dezember 2005 betriebenen Einkaufzentrum, das von der "BZ. GmbH" (künftig:
Verwalterin) im Auftrag der Beklagten verwaltet wurde. Neben der vereinbarten Miete für
das Ladenlokal hatte der Kläger die Heizkosten nach Maßgabe der
Heizkostenverordnung (§ 10 Mietvertrag [MV]) sowie die sonstigen näher bezeichneten
"Nebenkosten" (§ 5 Nr. 3 Abs. 2 lit. a – p MV) im Verhältnis der Gesamtmietfläche
(34.113,47 m²) zur gemieteten Fläche (191,35 m²) anteilig zu tragen, soweit nicht
einzelne Kostenarten verbrauchsabhängig ermittelt werden. Gemäß § 5 Nr. 1 MV hatte
der Kläger eine "Nebenkostenvorauszahlung" monatlich zu entrichten.
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Am 17. Oktober 2006 erteilte die Beklagte dem Kläger die "Heizkostenabrechnung
2005", die unter Berücksichtigung der "Abschlagszahlung inkl. MwSt" zu einem Saldo
zugunsten des Klägers führte (1.186,72 €). Am 18. Oktober 2006 erteilte die Beklagte
dem Kläger auf der Grundlage der Nebenkostenzusammenstellung nebst
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Kostenübersichten die "Nebenkostenabrechnung 2005" (künftig:
Nebenkostenabrechnung), die unter Berücksichtigung der "Vorauszahlung inkl.
Mehrwertsteuer" (7.876,10 €) sowie des Guthabens aus der Heizkostenabrechnung
(1.186,72 €) zu Lasten des Klägers zu einem Saldo von 660,36 € führte, den er nicht
ausgeglichen hat. Am 17. Oktober 2006 erteilte die Beklagte dem Kläger auf der
Grundlage der abgelesenen Zwischenzählerstände die "Wasserkostenabrechnung
2005", die zu Lasten des Klägers mit einem Saldo von 637,41 € endet, den er auch nicht
bezahlt hat. Schließlich stellte die Beklagte in einer ergänzenden
Nebenkostenabrechnung 2005 dem Kläger zusätzlich Centermanagementkosten in
Rechnung (1.664,67 €), die zwar Anlass für den vorliegenden Rechtsstreit gewesen,
aber nicht mehr Gegenstand des Berufungsverfahrens sind.
Der Kläger hat geltend gemacht, die Nebenkostenabrechnung sei komplett unrichtig.
Insbesondere seien die zum Betrieb des Einkaufszentrums ausgelösten Kosten und die
ihnen zugrundeliegenden Leistungen (jedenfalls ganz überwiegend) nicht der
Beklagten, sondern der Verwalterin in Rechnung gestellt worden seien, der er
vertraglich zu nichts verpflichtet sei. Der Kläger hat behauptet, die mit den
Betriebskosten des Einkaufszentrums belastete Verwalterin habe diese tatsächlich der
Beklagten nicht weiterbelastet. Solange die Beklagte mit den Betriebskosten nicht
belastet werde, schulde auch er selbst, der Kläger, der Beklagten keine Nebenkosten.
Deshalb sei die Beklagte verpflichtet, die im Jahre 2005 geleisteten, vom Kläger als
"Guthaben" bezeichneten Nebenkostenvorschüsse (7.876,10 €) zurückzuzahlen.
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Die Beklagte ist dem Begehren des Klägers entgegengetreten und hat um
Klageabweisung gebeten. Sie hat widerklagend beantragt, den Kläger zur Zahlung der
Centermanagementkosten (1.664,67 €), des Nebenkostensaldos (660,36 €) und des
Wassergeldes (637,41 €), insgesamt zu 2.962,44 EUR (nebst Zinsen) zu verurteilen.
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Mit dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht Klage und Widerklage abgewiesen.
Dagegen richtet sich die Berufung allein der Beklagten. Sie nimmt die Abweisung der
Centermanagementkosten (1.664,67 €) hin. Sie bittet im übrigen um die Abänderung
des angefochtenen Urteils und entsprechend dem aufrecht erhaltenen Teil des
Widerklageantrags um die Verurteilung des Klägers zur Zahlung von (660,36 € + 637,41
€) 1.297,77 EUR (ohne Zinsen). Der Kläger, der die Abweisung seiner auf
Vorschussrückzahlung (7.876,10 €) gerichteten Klage hinnimmt, bittet um
Zurückweisung der Berufung.
7
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
8
B.
9
I. Die Berufung bleibt ohne Erfolg. Das Landgericht hat auch den mit der Berufung
weiterverfolgten Teil der Widerklage (Nebenkostensaldo: 660,36 € Wassergeld: 637,41
€) im Ergebnis zu Recht abgewiesen, so dass es insgesamt bei der Abweisung der
Widerklage bleiben muss.
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1. Die Widerklage scheitert indes, wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, nicht
bereits an ihrer fehlenden Zulässigkeit wegen anderweitiger Rechtshängigkeit. Ohne
Einfluss auf die Zulässigkeit der Klage bleibt der Umstand, dass die Beklagte denselben
Streitgegenstand anderweitig im Mahnverfahren anhängig gemacht hat. Der im
Mahnverfahren geltend gemachte Anspruch wird rechtshängig im Sinne des § 261 Abs.
11
3 Nr. 1 ZPO erst dann, wenn das Mahngericht das Verfahren nach Widerspruch alsbald
an das Prozessgericht abgibt, und zwar frühestens mit dem dortigen Eingang der
Verfahrensakte (vgl. BGH, Beschl. v. 16. 11. 2006, Az. IX ZR 206/03, DStRE 2007, 1000
und bei juris m. w. Nachw.). Da eine Abgabe im anderweitigen Mahnverfahren vor
Eintritt der Rechtshängigkeit im vorliegenden Verfahren unstreitig nicht stattgefunden
hat, könnte allenfalls die Durchführung jenes Verfahrens an der Rechtshängigkeit des
vorliegenden Verfahrens scheitern, nicht aber umgekehrt.
2. Das Landgericht hat im Ergebnis zu Recht die Widerklage betreffend die
Nebenkostenabrechnung 2005 aus sachlichen Gründen abgewiesen. Der Kläger
schuldet der Beklagten derzeit keine Betriebskostennachzahlung. Die dem Kläger für
die Abrechnungsperiode des Jahres 2005 erteilte Abrechnung vom 18. Oktober 2006 ist
in wesentlichen Teilen formell unwirksam, so dass ein in Betracht kommender
Nachzahlungsanspruch der Beklagten derzeit nicht fällig ist.
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a) Ohne Erfolg beruft sich der Kläger allerdings darauf, die Nebenkostenabrechnung sei
schon deshalb unwirksam, weil die ihr zugrunde liegenden Kosten- und
Leistungsbelege nicht auf die vermietende Beklagte, sondern auf die (frühere)
Verwalterin ausgestellt seien. Das ist keine Frage der formellen Wirksamkeit der
Nebenkostenabrechnung, sondern allenfalls eine solche ihrer inhaltlichen Richtigkeit
(vgl. zur Abgrenzung BGH NJW 2009, 283 f sub II.1a; NJW 2008, 2258 jew. m. w.
Nachw.; Senat ZMR 2003, 569 und 2008, 45, Blank NZM 2008, 745, 748 f Schmid
DWW 2009, 50 ff). Der Kläger verkennt hier, dass es nach der allein maßgeblichen
mietvertraglichen Vereinbarung nicht darauf ankommt, wer im Verhältnis zwischen der
Beklagten und der von ihr beauftragten Verwalterin letztlich mit den Betriebskosten der
Immobilie belastet wird. Insbesondere ist irrelevant, ob die Verwalterin Kosten der
Centerbewirtschaftung, mit denen sie von leistenden Unternehmern belastet worden ist,
an die Beklagte "weitergereicht" hat. Dazu hat der Senat für das vergleichbare
Beziehungsgefüge des Zwischenverpächters zum Unterpächter bereits entschieden,
dass es hinsichtlich der Haftung des Unterpächters für ihm pachtvertraglich auferlegte
und tatsächlich auch entstandene Betriebskosten nicht darauf ankommt, ob der
Zwischenverpächter nach dem Inhalt seines Vertrags mit dem Hauptverpächter für diese
Betriebskosten in gleicher Weise einzustehen hat (Senatsurteil v. 24. Juni 2008, Az. I-24
U 82/07 sub B.I.2 [n.v.]). In dem hier maßgeblichen Verhältnis der Parteien zueinander
kommt es, wie stets in schuldrechtlichen Leistungsbeziehungen, allein darauf an, dass
der Kläger nach dem Mietvertrag (anteilig) für die Betriebskosten haftet, die bei der
Bewirtschaftung des Grundstücks im maßgeblichen Abrechnungsjahr 2005 tatsächlich
angefallen sind. Dass die von der Beklagten mietvertraglich geschuldeten Leistungen
erbracht worden sind, bestreitet der Kläger gar nicht. Wie und durch wen die Beklagte
die Leistungen erbringt, ist ebenso unmaßgeblich, wie die Abreden, die sie in diesem
Zusammenhang mit den leistenden Unternehmen und/oder der Verwalterin darüber
getroffen hat. Der Kläger schuldet als Gegenleistung die Zahlung.
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b) Formell unwirksam und deshalb nicht fällig ist die Nebenkostenabrechnung deshalb,
weil ihr eine ordnungsgemäße Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben im
Sinne des § 259 BGB fehlt.
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aa) Nach den Grundsätzen des § 259 BGB muss die Abrechnung so gestaltet sein, dass
der Mieter in die Lage versetzt wird, den Anspruch des Vermieters nachzuprüfen, also
gedanklich und rechnerisch nachzuvollziehen. Das kann der Mieter aber nur, wenn er
erkennen kann, welche einzelnen Betriebskosten angesetzt werden und wie (in
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welchen Rechenschritten) deren Umlage erfolgt ist. Dabei ist auf das Verständnis eines
durchschnittlich gebildeten, juristisch und betriebswirtschaftlich nicht geschulten Mieters
abzustellen. Nur allgemein verständliche Verteilungsmaßstäbe bedürfen keiner näheren
Erläuterung. In die Abrechnung sind, soweit keine besonderen Abreden getroffen sind,
bei Gebäuden mit - wie hier - mehreren Mieteinheiten regelmäßig folgende
Mindestangaben aufzunehmen:
geordnete Zusammenstellung der Gesamtkosten,
Angabe und Erläuterung der zugrunde gelegten Verteilerschlüssel,
Berechnung des Anteils des Mieters und
Abzug der Vorauszahlungen.
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(vgl. BGH NJW 2009, 283 f; NJW 2008, 2258 und 2260; NJW 2005, 219 sub II.1b; NJW
1982, 573, 574 sub I.2a jew. m. w. Nachw.; Senat ZMR 2008, 708).
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bb) Diesen Anforderungen wird die hier umstrittene Nebenkostenabrechnung nicht
gerecht. Ihr fehlt insbesondere die mietvertraglich in Verbindung mit § 259 BGB
geschuldete geordnete, d. h. für den durchschnittlich gebildeten, juristisch und
betriebswirtschaftlich nicht geschulten Mieter nachvollziehbare Zusammenstellung der
Gesamtkosten, und zwar unter einer zweckmäßigen und übersichtlichen Aufgliederung
in einzelne Abrechnungsposten (vgl. BGH NJW 1982, 573, 574 sub I.2a). Dabei
unterstellt der Senat zugunsten der Beklagten, dass dem Kläger mit der
Einzelabrechnung nicht nur die Nebenkostenzusammenstellung und das
"Übersichtsblatt" zu der unter Nr. 1 der Nebenkostenzusammenstellung genannten
Position "Bewachung" übermittelt worden ist, sondern ebenso alle weiteren
"Übersichtsblätter" zu allen folgenden Positionen der Nebenkostenzusammenstellung,
die die Beklagte nicht hier, sondern exemplarisch vollständig nur in dem parallel
geführten Rechtsstreit 2 O 248/07 LG Duisburg (= I-24 U 160/08 OLG Düsseldorf z.V.b.)
vorgelegt hat. Auch unter dieser Voraussetzung genügt die Nebenkostenabrechnung
nicht den dargelegten allgemein geltenden Anforderungen an eine geordnete
Zusammenstellung der Nebenkosten unter einer zweckmäßigen Aufgliederung nach
Abrechnungsposten.
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(1) Ausgangspunkt für die zu fordernde, zweckmäßige und übersichtliche Aufgliederung
der Gesamtkosten in einzelne Abrechnungsposten ist der Mietvertrag, in dem geregelt
sein muss (vgl. dazu BGH NJW-RR 2006, 84, 85 sub II.4; Senat ZMR 2003, 22 jew. m.
w. Nachw.) und hier auch geregelt worden ist (§§ 5 Abs. 2 Nr. 3 lit. a – q, 9 f MV), welche
einzelnen Nebenkosten der Mieter zu tragen hat (Kostenarten). Die geschuldete
Zusammenstellung der Gesamtkosten wird sich in der Regel an den im Mietvertrag
genannten und auf den Mieter abgewälzten Nebenkostenpositionen orientieren müssen.
Denn regelmäßig nur unter Einhaltung dieser im Mietvertrag strukturell vorgegebenen
Aufgliederung in der Abrechnung kann der Mieter selbstständig und in der gebotenen
einfachen Weise erkennen, ob auch nur solche Kosten in der Abrechnung berücksichtigt
worden sind, die er nach dem Mietvertrag schuldet und ob und in welcher Höhe Kosten
im Bereich der jeweils auf ihn abgewälzten Kostenarten im Abrechnungszeitraum
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angefallen sind (vgl. BGH NJW 1982, 573, 574 sub I.2b; NJW 2007, 1059, 1060 sub
II.2b; 2009, 283 f sub II.1c; OLG Hamburg ZMR 2003, 180 sub II.1;
Staudinger/Weitemeyer, BGB, [2006], § 556 Rn 83; Beyerle in Lindner-
Figura/Oprée/Stellmann, Geschäftsraummiete, 2. Aufl., Kap. 11 Rn 118; Wolf/Eckert/
Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 9. Aufl. Rn 502;
Blank NZM 2008, 745, 748 aE; Schmid, Formelle und materielle Fehler der
Mietnebenkostenabrechnung, DWW 2009, 50, 51 sub III.6 m.w.Nachw.).
(2) Die Beklagte hat die Nebenkostenabrechnung nicht in dieser gebotenen Form
aufgegliedert.
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(a) Formell nicht zu beanstanden sind allerdings die in der
Nebenkostenzusammenstellung (GA 50) genannten Kostenarten "Bewachung",
"Fremdreinigung innen/außen" (künftig: "Reinigung"), "Stromkosten" und
"Straßenreinigung". Sie entsprechen im Mietvertrag (§ 5 Nr. 3 Abs. 2 MV) genannten,
auf den Kläger abgewälzten Kostenpositionen (vgl. wegen weiterer formell wirksam
abgerechneter Positionen noch die nachstehenden Erwägungen sub B.I.3a).
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(b) Dagegen sind unzureichend aufgegliedert die in der Nebenkostenzusammenstellung
ferner genannten Positionen "Rechnungen für Lieferungen und Leistungen",
"Personalkosten", "Wasser/Entwässerung", "Versicherungen" und "Wartungsverträge".
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(aa) Die Position "Lieferungen und Leistungen" ist keine im Mietvertrag ausgewiesene
Kostenart. Die unter dieser Position zusammengefassten Kosten (225.523,70 €) kann
der Mieter nicht als vertraglich geschuldet klassifizieren. Das kann er auch nicht unter
Zuhilfenahme der "Übersichtsblätter", weil auch aus ihnen nicht die nach dem
Mietvertrag geschuldeten Kostenarten hervorgehen, sondern (im günstigsten Fall) nur
die Branche des leistenden Unternehmens. Diese Information ist indes ambivalent und
ermöglicht eine zweifelsfreie Zuordnung der jeweiligen Lieferung und Leistung zu einer
geschuldeten Kostenart nicht. Die "Lieferungen und Leistungen" müssen deshalb
aufgegliedert und den mietvertraglich vereinbarten Kostenarten jeweils zugeordnet
werden. Das gilt insbesondere auch für die Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten
der gemeinschaftlich genutzten baulichen und maschinellen Anlagen, die (nach
Gruppen getrennt) aufzugliedern sind. Denn für diese hat der Mieter gemäß § 9 AGBG
(jetzt § 307 BGB) ohnehin materiell nur einzustehen, wenn sie mietvertraglich der Höhe
nach begrenzt sind (vgl. BGH NJW-RR 2006, 84, 85 sub II.3).
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(bb) Auch die Position "Personalkosten" (670.231,77 €) ist unter diesem Titel im
Mietvertrag nicht vorgesehen. Geschuldet werden vielmehr nur Kosten für das
"Bereitstellen von Parkplatzwächtern" (§ 5 Abs. 2 Nr. 3c MV), die "Bereitstellung von
Betriebspersonal" (§ 5 Abs. 2 Nr. 3f MV), "Unterhalts- und Betriebskosten eines
gemeinschaftlichen Kindergartens" (§ 5 Abs. 2 Nr. 3m MV), Kosten für den "…Betrieb,
die Unterhaltung, Bewachung und Verwaltung [des gesamten Objekts]…einschließlich
der Gestellung und Unterbringung des hierfür erforderlichen Personals" (§ 5 Abs. 2 Nr.
3p MV). Bei allen vorgenannten Kostenarten können und werden (auch) Personalkosten
anfallen. Für eine formell wirksame Abrechnung ist es daher unerlässlich, die
"Personalkosten" den einzelnen vereinbarten Kostenarten zuzuordnen, andernfalls der
Mieter mietvertraglich nicht umzulegende Personalkosten, die bei der Verwaltung der
Immobilie allein im Vermieterinteresse entstehen (z. B. Leerstandsmanagement,
technische und konzeptionelle Betreuung bei Um- und Ausbauten, Steuerung nicht
umlegbarer Kosten der Instandsetzung/Instandhaltung, vgl. § 5 Nr. 2 MV) nicht von
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solchen abzugrenzen vermag, die mietvertraglich umgelegt werden können (vgl.
Beyerle in Lindner-Figura/Oprée/Stellmann, Geschäftsraummiete, 2. Aufl., Kap. 11 Rn
21 f m. w. Nachw.).
(cc) Das Gleiche gilt für die Position "Wasser/Entwässerung" (13.561,96 €); die Kosten
der Wasserversorgung und die Kosten der Entwässerung dürfen nicht
zusammengefasst werden, sondern sind entsprechend der vertraglichen Regelung (§ 5
Abs. 2 Nr. 3d und k MV) aufzugliedern.
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(dd) Das gilt im Streitfall auch für die Position "Versicherungen"; die Kläger schulden
anteilig nur die Prämien der "Brand-, Sturmschäden-, Gebäudehaftpflicht, Abwasser-
und Leitungswasserversicherung" (§ 5 Abs. 2 Nr. 3l MV), wobei Risikozuschläge für
bestimmte Gewerbe vorab der Höhe nach anzugeben und herauszurechnen sind (vgl.
BGH NJW 2007, 1059, 1060 sub II.2b), während die sonst "…notwendigen und/oder
üblichen Versicherungen…", die anteilig auch auf die Kläger abgewälzt worden sind
(vgl. § 5 Abs. 2 Nr. 3p MV), wegen der Intransparenz dieser Regelung gar nicht
geschuldet werden (BGH NJW-RR 2006, 84, 85 sub II.4).
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(ee) Schließlich müssen auch die unter der Position "Wartungsverträge"
zusammengefassten Kosten (66.451,04 €) entsprechend dem jeweils zu wartenden
Gegenstand aufgeteilt werden, weil der Mieter nur so imstande ist zu prüfen, ob er für die
Position dem Grunde nach überhaupt haftet (vgl. BGH aaO sub II.3).
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(3) Die Kostenposition "Müllabfuhr" (66.440,89 €) entspricht zwar einer im Mietvertrag
genannten Kostenart. Sie ist aber dennoch nicht formell wirksam abgerechnet worden.
Grund dafür ist, dass der für die Kostenaufteilung verwendete so genannte "Verteiler"
(Kostenschlüssel) ohne nähere Erläuterung nicht nachvollziehbar ist. Die Beklagte hat -
mit Ausnahme der hier behandelten Kostenart - entsprechend der mietvertraglichen
Regelung (§ 5 Nr. 3 Abs. 1 Satz 1 MV) die Kostenpositionen im Verhältnis der
Gesamtmietfläche (34.113,47 m²) zur Einzelmietfläche (hier: 191,35 m²) aufgeteilt. Die
Kosten der "Müllabfuhr" hat sie indes im Verhältnis eines nicht näher erläuterten
Flächenmaßes von nur 23.779,97 m² , bei dem es sich eben nicht um die
Gesamtmietfläche handelt, zur Einzelmietfläche des Klägers (191,35 m²) verteilt, was im
Vergleich zu dem mietvertraglich vereinbarten Schlüssel zu einer höheren Belastung
führt. Die erforderliche Transparenz bei der Abrechnung dieser Position hätte die
Beklagte entsprechend ihrer Einlassung im Senatstermin nur dann hergestellt, wenn sie
in der Nebenkostenabrechnung etwa durch eine Fußnote (z. B. "ohne Fläche des
Ladens X") die abweichende Kostenverteilung erläutert hätte (vgl. dazu BGH NJW
2008, 2258 und 2260). Ohne diesen Hinweis ist das Verteilungsverhältnis aus sich
heraus nicht verständlich.
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cc) Die aufgezeigten zahlreichen Defizite machen die Nebenkostenabrechnung wegen
der formell beanstandeten Positionen komplett unwirksam (vgl. BGH NJW 2007, 1059,
1060; 2005, 219). Dem Kläger ist es nicht zuzumuten, die mietvertraglich gebotene, von
der Beklagten geschuldete Kostenaufteilung und –zuordnung selbst vorzunehmen, etwa
mit Hilfe der ihm übermittelten "Übersichtsblätter". Diese gestatten, wie bereits
ausgeführt worden ist, ohnehin nur zum geringen Teil eine Zuordnung zu den
mietvertraglich vereinbarten Kostenarten, so dass eine eigenständige Kostenaufteilung
und –zuordnung mit einem dem Kläger unzumutbar großen Aufwand verbunden ist, der
ja durch die gemäß § 259 BGB geschuldete geordnete Kostenzusammenstellung
gerade vermieden werden soll. Das führt dazu, dass eine Betriebskostenverbindlichkeit
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zu Lasten des Klägers nicht festgestellt werden kann. Werden nämlich nur die nicht zu
beanstandenden Positionen "Bewachung", "Reinigung", "Stromkosten" und
"Straßenreinigung" zugrunde gelegt, ergeben sich zu Lasten des Klägers
Betriebskosten in Höhe von nur (34.734,40 € + 121.121,84 € + 122.278,55 € + 5.492,60
€ = 283.627,39 € : 34.113,47 m² x 191,35 m² =) 1.590,93 EUR. Diesem derzeit allenfalls
geschuldeten Betriebskostenanteil stehen indes Vorauszahlungen des Klägers in Höhe
von 7.876,10 EUR gegenüber.
3. Die Kläger schulden derzeit auch nicht den Saldo aus der am 17. Oktober 2006
erteilten Wassergeldabrechnung 2005 in Höhe von 637,41 EUR.
31
a) Diese Abrechnung für sich betrachtet ist allerdings formal nicht zu beanstanden. Sie
enthält, ähnlich einzelnen bereits oben [sub B.I.2b,bb(2)(a)] als formal wirksam
abgerechnet gekennzeichneten Positionen aus der Nebenkostenabrechnung 2005, für
sämtliche aus dem Mietvertrag übernommenen und hier abgerechneten Kostenarten
(Wasser incl. des gesetzlichen "Biggebeitrags", Abwasser, Niederschlagswasser) alle
notwendigen Parameter, sie gedanklich und rechnerisch nachzuvollziehen. Einer
näheren Erläuterung der Umlegungsmaßstäbe bedurfte es mit Blick auf die der
Abrechnung zugrunde gelegten Verbrauchs- und Gebrauchsabhängigkeit dieser
Kostenpositionen nicht (vgl. BGH NJW 2008, 283).
32
b) Dennoch schulden die Kläger den zu ihren Lasten errechneten Zahlbetrag mangels
Fälligkeit nicht, weil der Saldo aus der Wasserkostenabrechnung keine selbständige
Betriebskostenverbindlichkeit bildet. Er ist trotz seiner äußeren Trennung in rechtlicher
Hinsicht nur ein unselbstständiger Teil der von der Beklagten geschuldeten
periodischen Betriebskostenabrechnung.
33
aa) Der erkennende Senat hat in Anlehnung an die höchstrichterliche Rechtsprechung
(vgl. BGH NJW 2005, 1499, 1500 sub II.3; 2006, 2552, 2553 sub II.1b,aa jew. zum
Wohnraummietrecht) auch für das beendete Gewerberaummietverhältnis entschieden,
dass es dem Vermieter, der einen zu seinen Gunsten errechneten Saldo aus einer
formell unwirksamen Nebenkostenabrechnungen nicht einzufordern vermag, gemäß §§
242, 273 BGB auch versagt ist, den ebenfalls zu seinen Gunsten errechneten Saldo
einzufordern, der sich aus der - entsprechend den mietvertraglichen Vorgaben - getrennt
geschuldeten, erteilten und (für sich gesehen) formell wirksamen Abrechnung über die
Heizkosten ergibt (vgl. Senatsbeschl. v. 19. 06. 2007, Az. I-24 U 55/07, ZMR 2008, 708,
709 sub I.1c = OLGR 2008 513 f). Der Senat hat die Abrechnung aller Nebenkosten aus
einer Abrechnungsperiode rechtlich als Einheit aufgefasst.
34
bb) An dieser Rechtsauffassung hält der Senat fest. Letztlich geht das auf die
Überlegung zurück, dass die "Miete" im Sinne des § 535 Abs. 1 Satz 1, 2. Altn. BGB
begrifflich auch die vertraglich auf den Mieter abgewälzten Nebenkosten (Betriebs- und
Heizkosten, grundstücksbezogene Gebühren, Abgaben, Beiträge und sonstige
Nebenkosten) umfasst, und zwar gerade auch dann, wenn sie neben der so genannten
Grundmiete besonders ausgewiesen sind, sei es - wie hier - in einem Betrag für alle
Nebenkosten, sei es in gesondert ausgewiesenen Einzelbeträgen für bestimmte
Kostenarten oder -gruppen (vgl. nur Palandt/Weidenkaff, BGB, 68. Aufl., § 535 Rn 72).
Aus diesem Grunde erfasst bei Mangelhaftigkeit der Mietsache die gemäß § 536 BGB
kraft Gesetzes eintretende Minderung der "Miete" das gesamte für die
Gebrauchsüberlassung vereinbarte Entgelt, also einschließlich der Nebenkosten (BGH
NJW 2005, 1713 f m. w. Nachw.); ebenso bezieht sich der zur fristlosen Kündigung
35
berechtigende Zahlungsverzug des Mieters (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB) auf das
insgesamt vereinbarte Entgelt, also ebenfalls auf die "Miete" einschließlich der
Nebenkosten (vgl. nur Palandt/Weidenkaff, aaO, § 543 Rn 23).
(1) Von der "Grundmiete" unterscheiden sich die "Nebenkosten" rechtlich nur insoweit,
als das letztgenannte Element der "Miete" wegen des bei Zahlung noch nicht
feststehenden Umfangs der vom Vermieter geschuldeten Gegenleistung noch einer
spezifizierten Abrechnung bedarf. Deshalb kann der Mieter nach Eintritt der
Abrechnungsreife und unterbleibender Abrechnung bei fortbestehendem Mietverhältnis
zwar künftige Vorauszahlungen auf die Nebenkosten, nicht aber die "Grundmiete"
zurückbehalten (vgl. BGH NJW 2006, 2552, 2553; Senat ZMR 1998, 219) und bei
beendetem Mietverhältnis zwar die Vorauszahlungen auf die Nebenkosten, nicht aber
die "Grundmiete" zurückfordern (vgl. BGH NJW 2005, 1499, 1500; Senat, ZMR 2008,
708 f). Das Gleiche gilt bei zwar erteilter, aber formell unwirksamer
Nebenkostenabrechnung, solange der Mieter den zu seinen Lasten ausgewiesenen
Saldo nicht ausgeglichen hat (vgl. Senat, Urt. v. 21. 04. 2009, Az. I-24 U 160/08 z.V.b.).
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(2) Damit endet aber schon in diesem Zusammenhang die unterschiedliche rechtliche
Behandlung der beiden genannten Elemente der "Miete". Es gibt keinen rechtlichen
Grund, das Mietelement "Nebenkosten" gleichsam in weitere Unterelemente aufzuteilen
und rechtlich unterschiedlich zu behandeln. Wollte man diese Frage gegenteilig
entscheiden, wäre es in die Disposition des Vermieters gestellt, für jede beliebige
Kostenart oder -gruppe mietvertraglich besonders ausgewiesene Vorauszahlungen zu
vereinbaren, auf diese Weise die Abrechnungen zu vervielfachen und ausgewählte
Salden zu seinen Gunsten einzufordern, ohne Rücksicht darauf nehmen zu müssen,
dass die fällige Abrechnung anderer Nebenkostenarten oder -gruppen entweder ganz
unterbleibt oder nicht wirksam erteilt wird.
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(3) Das gilt auch dann, wenn - was hier in Betracht kommt -, der vereinbarte Vorschuss
nur die flächenbezogenen Nebenkosten, nicht aber auch das ge- und
verbrauchsabhängig abgerechnete "Wassergeld" umfasst. Maßgeblich ist allein, dass
der Mieter dem zu seinen Lasten gehenden Saldo aus der gesonderten Abrechnung
einer Nebenkostenart den Vorschussüberhang aus der (unterbliebenen oder
unwirksamen) Abrechnung anderer Nebenkostenarten entgegenhalten kann. An dieser
Rechtslage ändert auch nichts der Umstand, dass die auf Vorschussrückzahlung
gerichtete Klage mangels Rechtsmitteleinlegung durch den Kläger rechtskräftig
abgewiesen worden ist. Damit ist für den Senat gemäß § 322 Abs. 1 ZPO bindend nur
entschieden, dass der Kläger keinen auf den Vorschuss gerichteten
Rückzahlungsanspruch hat. Damit ist nicht rechtskräftig entschieden, dass die Leistung
auch ihren Rechtscharakter als Vorschuss eingebüßt hätte. Sein Rechtscharakter
besteht ipso iure eben darin, abgerechnet zu werden. Alsdann kann er ggfls. einer
berechtigten Kostenforderung des Vermieters entgegengehalten werden. Dies ist hier
entgegen der Auffassung des Landgerichts weiterhin möglich.
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(4) An der Beurteilung fehlender Fälligkeit beider Salden ändert auch nichts der
Umstand, dass der Kläger und mit ihm alle anderen der etwa 80 Mieter des
Einkaufszentrums jahrelang bis zum Jahre 2004 einschließlich die nach dem Vortrag
der Beklagten stets in gleicher Form erteilten Nebenkostenabrechnungen
beanstandungslos hingenommen und die zu deren Lasten ausgewiesenen Salden stets
vorbehaltlos gezahlt haben. Das hatte lediglich zur Folge, dass der Kläger und mit ihm
die anderen zahlenden Mieter die ihnen zustehenden Rechte aus der in Betracht zu
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ziehenden formellen Unwirksamkeit jener Abrechnungen verloren haben, ebenso wie
übrigens die zahlreichen Mieter, die (dieses Mal im Gegensatz zum Kläger) auch den
Saldo der hier umstrittenen Nebenkostenabrechnung 2005 gezahlt haben (vgl.
Senatsbeschluss v. 03.03. 2009, I-24 U 156/08 n.v. und Senatsurteil v. 21.04.2009, I-24
U 160/08 z.V.b.). Diese können die in Betracht kommenden (im vorliegenden Verfahren
gar nicht zu prüfenden) materiellen Unrichtigkeiten jener ausgeglichenen Abrechnungen
nur noch unter den (nach Darlegungs- und Beweislast) erschwerten Voraussetzungen
der ungerechtfertigten Bereicherung gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Altn. BGB geltend
machen (vgl. Senatsentscheidungen aaO, in denen festgestellt ist, dass es keinem der
dort auf Rückzahlung klagenden Mieter gelungen ist, eine Bereicherung der Vermieterin
schlüssig darzulegen).
Aus dem kooperativen Verhalten des Klägers in den vergangenen
Abrechnungsperioden kann die Beklagte indes für die hier umstrittene Periode 2005 zu
ihren Gunsten nichts herleiten. Das in der Vergangenheit in Betracht zu ziehende (ggf.
ungerechtfertigte) Vertrauen des Klägers in die Abrechnung der Nebenkosten ist nicht
geeignet, auf Seiten der Beklagten Vertrauen dahin zu erzeugen, auch im letzten Jahr
ihrer Funktion als Vermieterin im Verhältnis zum Kläger mit einer formell nicht korrekten
Abrechnungsweise fortfahren zu dürfen. Der Anspruch des Mieters auf Erteilung einer
formell korrekten Nebenkostenabrechnung entsteht in jeder Abrechnungsperiode neu.
Sein früher passives Verhalten enthält keine Aussage darüber, ob und wie er seine
künftigen Rechte wahrnimmt.
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II. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92 Abs. 2 ZPO, die Entscheidung zur
vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Es besteht kein Anlass, die
Revision zuzulassen; die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch
erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts, § 543 Abs. 2 ZPO.
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Berufungsstreitwert: 1.297,77 EUR
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