Urteil des OLG Düsseldorf vom 16.09.2003

OLG Düsseldorf (auflösung der gesellschaft, gesellschafter, gesellschaft, kläger, stammeinlage, höhe, klage auf zahlung, satzung, zahlung, gerichtskosten)

Oberlandesgericht Düsseldorf, 17 U 174/02
Datum:
16.09.2003
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
17. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
17 U 174/02
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 2. Kammer für
Handelssa-chen des Landgerichts Duisburg vom 27.08.2002 unter
Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert
und wie folgt neu ge-fasst:
Es werden verurteilt, an den Kläger folgende Geldbeträge zu zahlen:
1. die Beklagte zu 1.: 49.595,31 EUR;
2. der Beklagte zu 2.: 10.225,64 EUR;
3. der Beklagte zu 5.: 4.090,34 EUR;
4. der Beklagte zu 7.: 4.090,34 EUR;
5. der Beklagte zu 8.: 9.203,25 EUR;
6. der Beklagte zu 6.: 1.022,58 EUR;
7. der Beklagte zu 10.: 6.135,50 EUR;
8. der Beklagte zu 4.: 2.300,82 EUR;
9. der Beklagte zu 3.: 2.300,81 EUR.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden wie folgt verteilt:
Die Beklagte zu 1. trägt die eigenen außergerichtlichen Kosten ganz und
54 % der außergerichtlichen Kosten des Klägers und der
Gerichtskosten;
der Beklagte zu 2. trägt die eigenen außergerichtlichen Kosten ganz und
11 % der außergerichtlichen Kosten des Klägers und der
Gerichtskosten;
der Beklagte zu 3. trägt die eigenen außergerichtlichen Kosten ganz und
1,25 % der außergerichtlichen Kosten des Klägers und der
Gerichtskosten;
der Beklagte zu 4. trägt die eigenen außergerichtlichen Kosten ganz und
1 % der außergerichtlichen Kosten des Klägers und der Gerichtskosten;
der Beklagte zu 5. trägt die eigenen außergerichtlichen Kosten zu 80 %
und 4,5 % der außergerichtlichen Kosten des Klägers und der
Gerichtskosten;
der Beklagte zu 6. trägt die eigenen außergerichtlichen Kosten ganz und
0,5 % der außergerichtlichen Kosten des Klägers und der
Gerichtskosten;
der Beklagte zu 7. trägt 28 % seiner eigenen außergerichtlichen Kosten
und 4 % der außergerichtlichen Kosten des Klägers und der
Gerichtskosten;
der Beklagte zu 8. trägt die eigenen außergerichtlichen Kosten ganz und
10 % der außergerichtlichen Kosten des Klägers und der
Gerichtskosten;
der Beklagte zu 10. trägt 66 % seiner eigenen außergerichtlichen Kosten
und 3 % der außergerichtlichen Kosten des Klägers und der
Gerichtskos-ten.
Der Kläger trägt 20 % der außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu
5.;
72 % der außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 7; die
außergerichtli-chen Kosten des Beklagten zu 9. ganz und 34 % der
außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 10; im Übrigen trägt er
seine außergerichtlichen Kosten und die Gerichtskosten, soweit sie nicht
den Beklagten auferlegt sind.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Parteien dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe
von 110 % des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die
jeweils die Vollstreckung betreibende Partei vor der Vollstreckung
Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
G r ü n d e :
1
I.
2
Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der Gemeinschuldnerin M. GmbH,
über das am 02.11.1999 das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist. Er macht gegen die
Beklagten die Zahlung der nach dem Gesellschaftsvertrag geschuldeten Stammeinlage
(Bareinlage) geltend. Die Beklagten sind der Auffassung, die Bareinlage sei gezahlt.
3
Die M. GmbH mit Sitz in G. war zunächst eine 100 %-ige Tochter der M. AG. Diese
verkaufte die M. GmbH zum 01.07.1997 an die Eheleute E. und H. K., sowie an Herrn P.
A. Nach dem Konzept der Eheleute K. wurden alle Zweigfilialen der Firma M. GmbH in
selbstständige Einzel-GmbHs umgewandelt, die alle den Namen M. U. H. GmbH mit
dem jeweiligen Ortsnamen trugen. Am 10.06.1997 wurde die Gemeinschuldnerin mit
dem Namen M. U. H. GmbH D.-H. gegründet. Gesellschafter waren zunächst die V. M.
GmbH und die V. B. GmbH, bei beiden Gesellschaften war die Beklagte zu 1.
Alleingesellschafterin. Als Stammkapital wurde 200.000 DM festgelegt, davon sollte die
V. M. GmbH 180.000 DM übernehmen und die V. B. GmbH 20.000 DM. Am 14.07.1997
wurde die Gesellschaft in das Handelsregister eingetragen.
4
Am 26.06.1997 übertrug die V. M. GmbH ihren Geschäftsanteil in Höhe von 180.000 DM
an die M. U. GmbH in G., deren Geschäftsführer E. K. war.
5
Am 12.06.1997 zahlte die M. U. GmbH G. auf das Konto der Gemeinschuldnerin bei der
Commerzbank in München 50.000 DM als Stammeinlage ein, darauf entfielen
entsprechend der Anteile zwischen den beiden damaligen Gesellschaftern 45.000 DM
auf die V. M. GmbH - später M. U. GmbH - und 25.000 DM auf die V. B. GmbH.
6
Am 04.07.1997 übertrug die M. U. GmbH von ihrem Geschäftsanteil in Höhe von
180.000 DM 97.000 DM an die Beklagte zu 1.
7
Am selben Tag übertrug die M. U. GmbH einen weiteren Geschäftsanteil in Höhe von
20.000 DM auf den Beklagten zu 2. J. K. In beiden Geschäftsanteilsabtretungsverträgen
heißt es in § 10:
8
"Die Abtretung ist aufschiebend bedingt durch die volle Einzahlung der ausstehenden
Stammeinlage auf 97.000 DM und die volle Einzahlung in die Kapitalrücklage in Höhe
des mündlich vereinbarten Verlustes der letzten 12 Monate ..."
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Bei dem Beklagten zu 2. - J. K. - heißt es entsprechend, dass die Abtretung
aufschiebend bedingt durch die volle Einzahlung der Stammeinlage in Höhe von 20.000
DM ist.
10
Am 07.07.1997 unterzeichneten Handlungsbevollmächtigte der M. U. GmbH G. mit der
Commerzbank München eine Vereinbarung über ein sogenanntes "automatisches Cash
Management System". Das bedeutete: Die M. U. GmbH G. unterhielt ein Zentralkonto
bei der Commerzbank München. Sämtliche Einzel-GmbHs unterhielten Unterkonten bei
der Commerzbank München. Ebenfalls unterhielt die M. U. GmbH ein Unterkonto bei der
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Commerzbank München. Darüber hinaus hatten die Einzel-GmbHs eigene Konten bei
den jeweiligen örtlichen Commerzbankfilialen. Vereinbart war, dass jeden Tag der
Saldo der örtlichen Commerzbankkonten der Einzel-GmbHs auf Null gestellt wurde,
gleichgültig ob er negativ oder positiv war. Die Habenbeträge wurden auf das
Zentralkonto in München überwiesen, die Debetsalden wurden dem Zentralkonto in
München belastet.
Am 07.07.1997 geschah folgendes:
12
Die M. U. GmbH G. überwies von ihrem Unterkonto bei der Commerzbank München
1.335.000 DM auf das örtliche Commerzbankkonto der Gemeinschuldnerin. Diese
Summe enthielt 135.000 DM restliche Stammeinlage, sowie 1,2 Mio. DM
Kapitalrücklage für die Gemeinschuldnerin. Am selben Tage wurden darüber hinaus die
bereits eingezahlten 50.000 DM von dem früheren Münchener Einzelkonto der
Gemeinschuldnerin auf das örtliche Commerzbankkonto der Gemeinschuldnerin
überwiesen. Am Abend des 07.07.1997 buchte dann die Commerzbank entsprechend
den Vereinbarungen den gesamten Habensaldo von dem Konto der Gemeinschuldnerin
bei der Commerzbank Duisburg auf das Zentralkonto bei der Commerzbank München
um.
13
Das Landgericht hat die Klage auf Zahlung der Stammanlage als unzulässig wegen der
in § 20 des Gesellschaftsvertrages vereinbarten Schiedsabrede abgewiesen. Es hält
darüber hinaus die Klage jedoch auch für unbegründet.
14
Hiergegen wendet sich die Berufung des Klägers, der seine erstinstanzlichen Anträge
wiederholt.
15
Der Kläger beantragt,
16
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Duisburg vom 27.08.2002
17
1. die Beklagte zu 1. zu verurteilen, an den Kläger 49.595,31 EUR zu zahlen,
18
2. den Beklagten zu 2. zu verurteilen, an den Kläger 10.225,84 EUR zu zahlen,
19
3. den Beklagten zu 5. zu verurteilen, an den Kläger 4.090,34 EUR zu zahlen,
20
4. den Beklagten zu 7. zu verurteilen, an den Kläger 4.090,34 EUR zu zahlen,
21
5. den Beklagten zu 8. zu verurteilen, an den Kläger 9.203,25 EUR zu zahlen,
22
6. die Beklagten zu 5. und 6. als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den
23
Kläger 1.022,58 EUR zu zahlen,
24
7. die Beklagten zu 7. und 10. als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den
25
Kläger 9.203,25 EUR zu zahlen,
26
8. die Beklagten zu 7. und 4. als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den
27
Kläger 1.533,88 EUR zu zahlen,
28
9. die Beklagten zu 3. und 9. als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den
29
Kläger 2.300,81 EUR zu zahlen,
30
10. die Beklagten zu 4. und 9. als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den
31
Kläger 766,94 EUR zu zahlen.
32
Die Beklagten beantragen,
33
die Berufung zurückzuweisen.
34
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf
die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.
35
II.
36
Die zulässige Berufung des Klägers hat zum überwiegenden Teil Erfolg.
37
1.
38
Die Klage ist nicht unzulässig wegen der von den Beklagten zu 3. und 4. erhobenen
Einrede des Schiedsvertrages.
39
Auf die Frage, ob die vereinbarte Schiedsklausel im zur Entscheidung stehenden
Rechtsstreit wirksam ist, ist nach Artikel 4 des Schiedsverfahrensgesetzes das vor dem
01.01.1998 geltende Schiedsrecht des 10. Buches der ZPO anzuwenden, weil die in
Rede stehende Schiedsklausel in der Satzung am 17.06.1997, also vor Inkrafttreten des
neuen Rechtes, vereinbart worden ist.
40
In § 20 der Satzung der Gemeinschuldnerin ist vereinbart: "Für alle Streitigkeiten, die
sich aus diesem Vertrag und bei der Auflösung der Gesellschaft ergeben, wird der
ordentliche Rechtsweg ausgeschlossen und freundschaftliches Schiedsgericht
vereinbart. Hierüber wird ein gesonderter Schiedsvertrag abgeschlossen."
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§ 20 der Satzung begründete lediglich die schuldrechtliche Verpflichtung der
Gesellschafter der Gemeinschuldnerin, einen Schiedsvertrag abzuschließen. Diesen
Schiedsvertrag haben die Gesellschafter der Gemeinschuldnerin am 10. Juni 1997
abgeschlossen. Darin heißt es in der Vorbemerkung der notariellen Urkunde: "In § 20
der Satzung war festgelegt:
42
Für alle Streitigkeiten, die sich aus diesem Vertrag und bei der Auflösung der
Gesellschaft ergeben, wird der ordentliche Rechtsweg ausgeschlossen und
freundschaftliches Schiedsgericht vereinbart. Hierüber wird ein gesonderter
Schiedsvertrag geschlossen.
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In Ausfüllung dieser Bestimmung wird folgender Schiedsvertrag geschlossen:"
44
Dies zeigt, dass die Parteien der Schiedsvereinbarung sich bewusst waren, dass sie
45
nunmehr die schuldrechtliche Verpflichtung aus § 20 der Satzung ausführten.
In § 2 der Schiedsvereinbarung heißt es sodann:
46
"Jeder Gesellschafter kann während seiner Zugehörigkeit zur Gesellschaft oder nach
seinem Ausscheiden oder nach Auflösung der Gesellschaft das Schiedsgericht anrufen,
so lange ihm noch Ansprüche gegen die Gesellschaft oder deren Rechtsnachfolger
zustehen, die sich aus dem Gesellschaftsverhältnis ableiten. Der klagende
Gesellschafter kann sich mit Einschreibebrief an die Gesellschaft oder deren
Rechtsnachfolger wenden, seine Klage vorbringen und diese entsprechend
begründen."
47
Damit haben die Gesellschafter eine Schiedsvereinbarung nur für Ansprüche der
Gesellschafter gegen die Gesellschaft vereinbart. Um solche Ansprüche geht es im
Entscheidungsfall jedoch nicht. Zwar wenden die Beklagten ein, die Schiedsklausel in
der Satzung sei allgemein gefasst und behandele alle Ansprüche aus dem
Gesellschaftsvertrag. § 20 der Satzung entfaltet jedoch, weil er lediglich die
Verpflichtung der Gesellschafter zum Abschluss einer Schiedsvereinbarung enthält,
keine direkte Wirkung dahin, dass bereits durch § 20 der Satzung eine Schiedsabrede
getroffen worden ist. Die Satzung hat die Ausgestaltung und Reichweite des
Schiedsverfahrens ausdrücklich dem Abschluss eines gesonderten Schiedsvertrages
überlassen. Wenn diese Schiedsvereinbarung gegenüber der Verpflichtung in § 20 der
Satzung eine geringere Reichweite hat, weil sie nur Ansprüche der Gesellschafter
gegen die Gesellschaft erfasst, entsprach dies dem Willen der Gesellschafter und ist
damit bindend. Bereits aus diesem Grunde steht den Beklagten die Einrede des
vereinbarten Schiedsvertrages gemäß § 1027 a ZPO alter Form nicht zu.
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Darüber hinaus entfaltet eine Schiedsvereinbarung für die hier in Rede stehende
Streitigkeit über den Anspruch auf Zahlung der Stammeinlage durch die Gesellschafter
gemäß § 19 GmbH-Gesetz nach der Regelung in § 1025 Abs. 1 ZPO alter Form keine
Wirkung. Nach dieser Vorschrift hat eine Schiedsvereinbarung nur insoweit rechtliche
Wirkung, als die Parteien berechtigt sind, über den Gegenstand des Streites einen
Vergleich zu schließen. Es muss also eine objektive Vergleichsbefugnis vorliegen. Dies
ist bei einer Streitigkeit über die Erfüllung der Bareinlageforderung nach § 19 GmbH-
Gesetz nicht der Fall.
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Zwar ist auch der Anspruch der Gesellschaft gegen die Gesellschafter auf Zahlung der
Stammeinlage in engen Grenzen vergleichsfähig, etwa dann, wenn über Wert und
Beschaffenheit einer satzungsgemäß zu erbringenden Sacheinlage gestritten werde
(vgl. Baumbach/Hueck, GmbHG, 15. Auflage, Rdnr. 15 zu § 19;). Hierüber streiten die
Parteien in dem vorliegenden Rechtsstreit nicht.
50
Der Kläger macht vielmehr geltend, dass die geschuldete Bareinlage entweder
überhaupt nicht eingezahlt sei oder es sich zumindest um eine nach § 19 Abs. 5 GmbH-
Gesetz verbotene verdeckte Sacheinlage gehandelt habe. Dieser gesellschaftliche
Anspruch ist nicht vergleichsfähig, wie § 19 Abs. 2 GmbH-Gesetz zeigt. Die Frage, ob
zwischen der Gesellschaft und den bareinlagepflichtigen Gesellschaftern durch eine
einvernehmliche Übernahme einer verdeckten Sacheinlage gemeinsam gegen § 134
BGB verstoßen wurde, kann nicht im Vergleichswege von denselben Parteien
entschieden werden, da die Verpflichtung zur Zahlung der Bareinlage allein dem Schutz
Dritter dient (vgl. auch OLG Köln vom 28. Februar 1997, NJW 1997, 268 ff.;).
51
2.
52
a)
53
Die Bareinlage ist entgegen der Auffassung der Beklagten und des Landgerichts nicht
gezahlt worden. Nach § 2 der Satzung der Gemeinschuldnerin betrug das Stammkapital
200.000 DM. Davon ist je 1/4 der übernommenen Stammeinlagen sofort in bar zur
Einzahlung fällig. Der Rest ebenfalls sofort in bar nach Aufforderung der
Geschäftsführung.
54
Die Gemeinschuldnerin ist am 10.06.1997 durch die Gesellschafter "V. M. GmbH" und
"V. B. GmbH" gegründet worden. Alleingesellschafterin dieser beiden GmbH's war die
Beklagte zu 1..
55
Am 12.06.1997 zahlte die M. U. GmbH G., die jedoch erst am 26.06.1997 von der V. M.
GmbH einen Geschäftsanteil in Höhe von 180.000 DM erhielt, auf das Konto der
Gemeinschuldnerin bei der Commerzbank in München 50.000 DM als Stammeinlage
ein.
56
Am 04.07.1997 übertrug die M. U. GmbH von ihrem Geschäftsteil in Höhe von 180.000
DM 97.000 DM an die Beklagte zu 1.. Am selben Tag übertrug die M. U. GmbH einen
weiteren Geschäftsanteil in Höhe von 20.000 DM auf den Beklagten zu 2..
57
Beide Abtretungen waren aufschiebend bedingt durch die volle Einzahlung der
ausstehenden Stammeinlage auf 97.000 DM und 20.000 DM. Drei Tage später, am
07.07.1997 überwies die M. U. GmbH G. von ihrem Unterkonto bei der Commerzbank
München 1.335.000 DM auf das örtliche Commerzbank Konto der Gemeinschuldnerin.
In dieser Summe waren unstreitig 135.000 DM der restlichen Stammeinlage, die damit
auf 180.000 DM angewachsen war, sowie 1.200.000 DM Kapitalrücklage für die
Gemeinschuldnerin enthalten. Zusätzlich wurden auch am 07.07.1997 die bereits vorher
eingezahlten 50.000 DM von dem früheren Münchener Einzelkonto der
Gemeinschuldnerin auf das örtliche Commerzbankkonto der Gemeinschuldnerin
überwiesen. Am Abend des 07.07.1997 buchte dann die Commerzbank entsprechend
den Vereinbarungen den gesamten Haben-Saldo von dem Konto der
Gemeinschuldnerin bei der Commerzbank Duisburg auf das Zentralkonto, Inhaberin war
die M. U. GmbH G., bei der Commerzbank München um.
58
Eine wirksame Bareinlage ist sowohl wegen der Summe von 135.000 DM als auch
wegen der Summe von 50.000 DM bei der gebotenen wirtschaftlichen Sichtweise nicht
erfolgt. Bei der Frage, wann eine Einlageverpflichtung des Gesellschafters erfüllt ist, ist
für die rechtliche Betrachtung entscheidend allein der Leistungserfolg,
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der darin besteht, dass die Gesellschaft als wirtschaftliches Ergebnis der als innerlich
zusammenhängenden und auch so gewollten Vorgänge am Ende neue Liquidität zur
Verfügung hat. Dabei setzt eine endgültige und effektive Zufuhr von Barmitteln immer
voraus, dass der Einleger seine Verfügungsmacht endgültig und ohne Vorbehalt
zugunsten der Gesellschaft aufgibt (BGHZ 113, 335 ff.;). Das ist bei dem hier in Rede
stehenden Vorgang nicht der Fall gewesen. Die Barmittel stammten sämtlich von der M.
U. GmbH G. Sie sind zu einem kleineren Teil am 12.06.1997 auf ein Konto der
Gemeinschuldnerin eingezahlt worden, zum größeren Teil aber erst am 07.07.1997.
60
Bereits am Abend des 07.07.1997 floss das Geld jedoch auf das Zentralkonto der M. U.
GmbH G. bei der Commerzbank in München zurück. Damit stand es am Abend des
07.07.1997 wieder in der Verfügungsmacht der einzahlenden M. U. GmbH G.
Eine solche Zahlung kann nicht als Leistung auf die Stammeinlage angesehen werden,
weil die Mittel nur wenige Tage später, zum größeren Teil sogar am selben Tag, wieder
an den Einzahlenden zurücküberwiesen worden sind. Damit sind die Mittel nicht
endgültig in das Vermögen der Gemeinschuldnerin übergegangen mit der Folge, dass
die Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin hierüber frei verfügen konnten.
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Zwar wenden die Beklagten ein, dass die Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin auch
über das Zentralkonto bei der Commerzbank in München verfügungsbefugt waren. Das
mag so sein, entscheidend ist aber, dass nicht sie allein über das Zentralkonto
verfügungsberechtigt waren, sondern auch Personen, die außerhalb der
Geschäftsführung der Gemeinschuldnerin standen. Für die Annahme, dass Barmittel
endgültig der GmbH zur Verfügung stehen, ist aber erforderlich, das ausschließlich die
Geschäftsführung der Gesellschaft auf Dauer und allein verfügungsberechtigt über die
Barmittel ist. Das ist bei dem hier vorliegenden System des Cash-Pool-Verfahrens
systembedingt nicht der Fall.
62
Es ist auch keine Verbesserung der Vermögenslage der Gemeinschuldnerin
eingetreten. Sowohl das Unterkonto der M. U. GmbH als auch das Unterkonto der
Gemeinschuldnerin hatten einen täglichen Ausgangssaldo von 0. Als die M. U. GmbH
G. 135.000 DM von ihrem Unterkonto auf das Unterkonto der Gemeinschuldnerin
überwies, verminderte sich zunächst das Unterkonto der M. U. GmbH und erhöhte sich
das Konto der Gemeinschuldnerin. Beide Konten wurden aber am Abend des
07.07.1997 entsprechend den Vereinbarungen wieder auf 0 gestellt. Das Zentralkonto
der M. U. GmbH G. wies also an dem Abend des 07.07.1997 denselben Stand auf, wie
es aufgewiesen hätte, wenn die M. U. GmbH G. nicht zunächst an die
Gemeinschuldnerin überwiesen hätte, sondern direkt von ihrem Unterkonto auf das
Zentralkonto. Damit liegt ein Fall des Hin- und Herzahlens vor, der nicht als wirksame
Leistung der Bareinlage angesehen werden kann (vgl. zu einem gleichgelagerten Fall
OLG Köln, NJW-RR 2000, 1480 f.;). Der Bundesgerichtshof hat in der bereits zitierten
Entscheidung (BGHZ 113, 335 ff.) ausdrücklich festgestellt, dass eine endgültige und
effektive Zufuhr von Barmitteln dann nicht vorliegt, wenn der Einlegende das Geld zwar
für kurze Zeit auf das Konto der Gesellschaft überweist, diese aber schon vorher - egal
ob wirksam oder nicht - dergestalt gebunden ist, dass sie das Geld umgehend an den
Einlegenden zurückzuzahlen hat. Diese Fallgestaltung lag hier vor.
63
Allerdings wenden die Beklagten ein, dass es der Gemeinschuldnerin jederzeit
freigestanden habe, ihre Stammeinlage vom Zentralkonto der M. U. GmbH G.
zurückzufordern. Dieser Einwand greift nicht durch, weil die Gemeinschuldnerin -
unterstellt sie hätte tatsächlich diesen Anspruch wirtschaftlich durchsetzen können -
lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch gehabt hätte. Ein solcher Anspruch steht der
freien Verfügbarkeit über liquide Mittel, die sich im alleinigen Verfügungsbereich der
Gemeinschuldnerin befinden, nicht gleich.
64
Diese Betrachtung ändert sich auch nicht durch den Einwand der Beklagten, dass es
den Geschäftsführern der Gemeinschuldnerin jederzeit freigestanden hätte, auf ihrem
Unterkonto künstlich ein Debet in Höhe der Stammeinlage herbeizuführen, das nach
den Regeln des Cash-Pools am Abend ausgeglichen worden wäre. Eine solche
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theoretische Möglichkeit bestand jedoch tatsächlich nicht. Nach dem System des Cash-
Pools verfügten die Einzelgesellschaften, wie die Gemeinschuldnerin, nicht über eigene
Liquidität. Ihr Finanzverhalten wurde durch die Zentrale M. U. GmbH G. ständig
überwacht. Den Einzelgesellschaften wurden gewisse Spielräume eingeräumt, über die
mit der Systemzentrale in Goslar gesonderte Darlehensverträge abgeschlossen wurden
(vgl. Aussage des Zeugen L. W., früherer Prokurist bei der Firma U. GmbH in G., vor der
Kriminalpolizei in Hannover vom 18.09.2000 im Anlagenband vom 19.10.2000 -
überreicht vom Kläger -).
Schließlich wenden die Beklagten ein, dass die geschuldete Bareinlage in mehrfacher
Höhe durch die Ausgleichungen des häufig im Debet befindlichen Unterkontos der
Gemeinschuldnerin durch das Zentralkonto im Ergebnis zurückgeflossen sei. Sie
behaupten, dass die Gemeinschuldnerin bei dem Zentralkonto, als dieses aufgelöst
wurde, mit über 5.000.000 DM im Debet war.
66
Die Rückflüsse vom Zentralkonto an die Gemeinschuldnerin stellen jedoch keine
Einlagenzahlung der Gesellschafter dar. Dazu fehlte bereits eine entsprechende
Zweckbestimmung bei dieser Zahlung. Zwar hat der Bundesgerichtshof am 17.
September 2001 entschieden, dass die Tilgung einer Einlageschuld auch
ausnahmsweise ohne ausdrückliche Zweckbestimmung erfolgen könne. Es solle
ausreichen, dass im Falle mehrerer durch die Zahlung nicht vollständig gedeckter
Verbindlichkeiten für den Empfänger ersichtlich ist, dass eine bestimmte Forderung
nach dem Willen des Leistenden getilgt werden soll (BGH WM 2001, 21 ff.;). Dieser
Entscheidung lag jedoch der Fall zugrunde, dass der Gesellschafter genau den Betrag
der offenen Einlageschuld, der zuvor an ihn zurücküberwiesen worden war, später
wieder an die Gesellschaft überwies. In diesem Fall lag es auf der Hand, dass es sich
dabei um die geschuldete Bareinlage handelte. Dieser Fall ist mit den hier von dem
Beklagten herangezogenen täglichen Ausgleichungen der Debetsalden bei der
Gemeinschuldnerin nicht zu vergleichen.
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Die Beklagten zu 1. und 2. können sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die
von der M. U. GmbH G. eingezahlten Beträge nicht an sie als Gesellschafter, sondern an
die M. U. GmbH G. zurückgeflossen seien.
68
Allerdings haben die Beklagten zu 1. und 2. die Geschäftsanteile unter der
aufschiebenden Bedingung der restlichen Einzahlung der noch fehlenden
Stammeinlage von der M. U. GmbH G. übernommen. Für die Haftung der Beklagten ist
es indessen ohne Bedeutung, ob sie im Zeitpunkt der Zahlung durch die M. U. GmbH G.
tatsächlich Gesellschafter waren oder nicht. Sie haften nach § 16 Abs. 1 GmbH-Gesetz
bereits deshalb, weil sie als Gesellschafter bei der Gesellschaft angemeldet waren. Das
ergibt sich bereits aus den den Akten beiliegenden Gesellschafterlisten vom 22.09.1998
und 24.10.1997, in denen die Namen der hier Beklagten verzeichnet sind. Die
Anmeldung des Gesellschafters bei der Gesellschaft begründet die unwiderlegliche
Vermutung für die Stellung als Gesellschafter. Der durch die Anmeldung begründete
Rechtsschein wird durch Unwiderlegbarkeit objektiviert und mit verbindlicher Wirkung
im Verhältnis zwischen Gesellschaft und den Beteiligten der Abtretung ausgestattet (vgl.
Huck/Fastrich, GmbH-Gesetz, 17. Auflage, § 16 Rdnr. 1 m. w. N.;).
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Daraus folgt, dass die M. U. GmbH G. im Zeitpunkt der Einzahlung der hier in Rede
stehenden Beträge noch Gesellschafterin war und damit das Geld auch an sie als
Gesellschafterin zurückgeflossen ist. Das berührt nicht die Haftung der Beklagten, die
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als angemeldete Gesellschafter nach § 16 Abs. 3 für die rückständigen Leistungen der
vorhergehenden Gesellschafter haften.
Das betrifft die fälligen Einlagen, also grundsätzlich solche, die von den
Geschäftsführern angefordert wurden. An einer ausdrücklichen Anforderung insoweit
fehlt es hier zwar. doch wurden unstreitig nach den Zahlungen von 50.000,00 DM am
10. Juni 1997 die weiteren noch ausstehenden Beträge am 10. Juli 1997 gezahlt.
Ungeachtet dessen, ob in diesen Vorgängen eine wirksame Erbringung der Bareinlagen
zu sehen war - wie nach der Auffassung des Senats nicht -, sollten die
Einlagenzahlungen jedenfalls auf diese Weise bewirkt werden. Veranlassung und
Entgegennahme der Zahlungen beinhalteten zumindest konkludent entsprechende
Fälligkeitsvereinbarungen.
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Die Höhe der vom Kläger behaupteten und von den einzelnen Beklagten
übernommenen Geschäftsanteile wird von diesen nicht im Einzelnen bestritten. Soweit
der Kläger mit den Klageanträgen Ziff. 6 bis 10 mehrere Beklagte als Gesamtschuldner
in Anspruch genommen hat, hat er nach Hinweis durch den Senat mit Schriftsatz vom
20.06.2003 eingeräumt, dass er eine Mithaftung des Beklagten zu 5., des Beklagten zu
7. und des Beklagten zu 9. nicht mehr nachvollziehen könne und insoweit eine
gesamtschuldnerische Haftung dieser Beklagten in den Klageanträgen Ziff. 6 bis 10
nicht in Betracht komme. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Ausführungen
des Klägers in seinem Schriftsatz vom 20.06.2003, Bl. 805, Bl. 806 und 807 der
Gerichtsakten Bezug genommen. Die Klage unterliegt insoweit der Abweisung.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO.
73
Die Anordnung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711
ZPO.
74
Für die Zulassung der Revision gemäß § 543 ZPO besteht kein gerechtfertigter Anlass.
75
Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt insgesamt 92.032,54 EUR.
76
Die Beschwer des Klägers beträgt 7.413,73 EUR.
77
Die Beschwer der Beklagten entspricht ihren Verurteilungen.
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