Urteil des OLG Düsseldorf vom 21.04.2010

OLG Düsseldorf (eintritt des schadens, schaden, wert, warschauer abkommen, unterlassen, frachtführer, ware, sendung, anlage, beförderung)

Oberlandesgericht Düsseldorf, I-18 U 238/09
Datum:
21.04.2010
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
18. Senat für Zivilsachen
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
I-18 U 238/09
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung der
weitergehenden Berufung das Urteil der 1. Kammer für Handelssachen
des Landgerichts Düsseldorf vom 12.11.2009 (31 O 78/08) teilweise
abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 11.040 € nebst Zinsen i.H.v.
5 Pro-zentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.09.2008 zu
zahlen. Die weiter-gehende Klage wird abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz trägt die Klägerin 1/3,
die Beklag-te 2/3. Von den Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz trägt
die Klägerin ¼, die Beklagte ¾.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
I.
1
Von der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs.
1 Satz 1 ZPO abgesehen.
2
II.
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Die zulässige Berufung der Beklagten hat zum Teil Erfolg.
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Zu Recht hat das Landgericht ausgeführt, dass die Beklagte dem Grunde nach für die
Verlustschäden gemäß § 452 HGB i. V. m. §§ 425 Abs. 1, 435 HGB einzustehen hat,
ohne sich mit Erfolg auf eine Haftungsbeschränkung berufen zu können.
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Im Streitfall findet deutsches Recht Anwendung. Gemäß Art. 28 Abs. 4 Satz 1, Abs. 5
EGBGB wird vermutet, dass der Güterbeförderungsvertrag mit demjenigen Staat die
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engste Verbindung aufweist, in dem der Beförderer im Zeitpunkt des
Vertragsabschlusses seine Hauptniederlassung hat, sofern sich in diesem Staat auch
der Verladeort oder der Entladeort oder die Hauptniederlassung des Absenders
befindet, und sich aus der Gesamtheit der Umstände nicht ergibt, dass der Vertrag
engere Verbindungen mit einem Staat aufweist. Diese Voraussetzungen liegen
unstreitig vor.
Bei der streitgegenständlichen Beförderung handelt es sich nach dem Vorbringen der
Beklagten um einen Multimodaltransport, auf den gemäß § 452 Satz 1 HGB die
Vorschriften der §§ 407 ff. HGB anzuwenden sind, soweit in den §§ 452 ff. HGB oder in
anzuwendenden internationalen Übereinkommen nichts anderes bestimmt ist. Die
Bestimmungen des Montrealer Übereinkommens gelten bei gemischten Beförderungen
nur für die Luftbeförderung (vgl. Art. 38 Abs. 1 MÜ). Bei einem wie im Streitfall
unbekannten Schadensort verbleibt es gem. § 452a Satz 1 HGB grundsätzlich bei der
Anwendung der §§ 407 ff. HGB (vgl. BGH, Urteil vom 02.04.2009 – I ZR 60/06, Beck RS
2009, 13171 Rdnr. 16).
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Es kann dahinstehen, ob der Anwendungsbereich des Montrealer Übereinkommens
nach der Vermutungsregel des Art. 18 Abs. 4 Satz 2 MÜ eröffnet ist. Nach Art. 18 Abs. 4
Satz 1 MÜ umfasst der Zeitraum der Luftbeförderung nicht die Beförderung zu Land, zur
See oder auf Binnengewässern außerhalb eines Flughafens. Erfolgt jedoch eine solche
Beförderung bei Ausführung des Luftbeförderungsvertrags zum Zwecke der Verladung,
der Ablieferung oder Umladung, so wird gemäß Art. 18 Abs. 4 Satz 2 MÜ vermutet, dass
der Schaden durch ein während der Luftbeförderung eingetretenes Ereignis verursacht
worden ist. Sind mithin die Voraussetzungen des Art. 18 Abs. 4 Satz 2 MÜ gegeben, so
führt diese Vorschrift als anzuwendende andere Bestimmung eines internationalen
Übereinkommens i.S.d. § 452 Satz 1 HGB dazu, dass sich die Haftung des
Frachtführers an sich nach dem Montrealer Übereinkommen richtet (vgl. BGH, a.a.O.,
Rdnr. 18 zur Rechtslage beim Warschauer Abkommen).
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Im Streitfall kann jedoch nicht festgestellt werden, dass der Schaden während der
Luftbeförderung oder bei Ausführung des Luftbeförderungsvertrages zum Zwecke der
Verladung, der Ablieferung oder der Umladung eingetreten ist, da die Beklagte über den
tatsächlichen bzw. geplanten Ablauf des Transportes nichts vorträgt.
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Im Übrigen führt das Landgericht unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Senats
(Beschluss vom 18.08.2009, I-18 U 130/09) zutreffend aus, dass die
Haftungsbegrenzungen nach dem Montrealer Übereinkommen aufgrund der
Beförderungsbedingungen der Beklagten ausgeschlossen sind, wenn die Beklagte den
Schaden leichtfertig und in dem Bewusstsein, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit
eintreten werde, verursacht hat. Die Beklagte führt gerichtsbekannt nicht an sämtlichen
Umschlagsplätzen hinreichende Eingangs- und Ausgangskontrollen durch. Das
Unterlassen von hinreichenden Schnittstellenkontrollen stellt ein qualifiziertes
Verschulden i. S. d. § 435 HGB dar (vgl. Prokant/Gran, Transport- und Logistikrecht, 9.
Aufl., Rdnr. 36 m. w. N.). Darüber hinaus begründet der Umstand, dass die Beklagte
außerstande ist darzulegen, wie es zum Verlust der Warensendung gekommen ist, eine
Vermutung dahin, dass die Beklagte bzw. ihre Erfüllungsgehilfen die Verlustschäden
durch ein qualifiziertes Verschulden verursacht haben (vgl. Prokant/Gran, a. a. O., Rdnr.
23 m. w. N.). Die Annahme des Landgerichts, dass im Streitfall von einem qualifizierten
Verschulden der Beklagten auszugehen ist, wird von der Beklagten mit der Berufung zu
Recht auch nicht angegriffen.
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Zutreffend ist das Landgericht auch von einem Anscheinsbeweis dahingehend
ausgegangen, wonach der Lieferschein den Beweis des ersten Anscheins dahingehend
erbringt, dass die Sendungen den vorgetragenen Inhalt hatten. Auch bei einem
Teilverlust erstreckt sich der Anscheinsbeweis darauf, dass die Bestellung des Kunden
die Versandabteilung des Versenders durchlaufen hat und sich die in der Rechnung
und/ oder im Lieferschein aufgeführten Waren vollständig in den übergebenen Paketen
befunden haben, da kein Kaufmann zusätzlich zu den Paketen, die die
Warensendungen enthalten, auch noch leere Pakete in den Versand gibt. Damit besteht
ein Anschein dafür, dass überhaupt ein Schaden entstanden ist, der sich in einem
Teilbetrag der Rechnung niederschlagen muss.
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Aus dem Lieferschein vom 15.05.2008 (Anlage K1, Bl. 47 GA) ergibt sich, dass die
streitgegenständliche Sendung aus einem Messgerät und Zubehör bestand. Die im
Frachtbrief angegebene Referenz Nr. 0....... ist identisch mit der im Lieferschein
aufgeführten Servicenummer. Die im Lieferschein aufgeführte Seriennummer ist
wiederum identisch mit der Seriennummer in der ursprünglichen Warenrechnung. Aus
dem Lieferschein ergeben sich ferner der Absender, die Empfängerin sowie der
Umstand, dass die Ware per U..... verschickt werden soll. Vor diesem Hintergrund
besteht jedenfalls der Anscheinsbeweis, dass in den beiden Paketen die im
Lieferschein aufgeführten Gegenstände, nämlich ein FARO-Arm und eine magnetische
Befestigung enthalten waren. Unter diesen Umständen reicht ein bloßes Bestreiten mit
Nichtwissen nicht aus, um den Anscheinsbeweis zu erschüttern.
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Der Senat hat allerdings Bedenken, ob man mit dem Landgericht bereits aus der Anlage
K 6 zu Lasten der Beklagten ein sogenanntes Zeugnis gegen sich selbst herleiten kann.
Der Senat versteht die Rechtsprechung des BGH (NJOZ 2007, 1473 ff.) dahingehend,
dass durch ein Zeugnis gegen sich selbst lediglich angenommen werden kann, dass
der Fixkostenspediteur Gewahrsam an den verloren gegangenen Paketen erlangt hat.
Damit sollen jedoch weder der Wert noch der Inhalt des Paketes anerkannt werden. Aus
der Formulierung in der streitgegenständlichen E-Mail vom 4. August 2008 (Anlage K 6,
Bl. 17 GA), wonach der Schadensersatzanspruch genehmigt worden sei, kann lediglich
hergeleitet werden, dass eine Schadensersatzverpflichtung dem Grunde nach
anerkannt wird und die Beklagte entsprechend ihren Gepflogenheiten bereit ist, einen
Betrag von 510 € zu bezahlen.
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Der Senat ist allerdings der Auffassung, dass aufgrund der firmeninternen
Austauschanforderung und der Rechnung vom 29.08.2008 (S. 15 u. 16 des Gutachtens
des Sachverständigen Prof. L. vom 13.08.2009, Bl. 130 f. GA) gemäß § 286 ZPO
nachgewiesen ist, dass in dem abhanden gekommenen Paket gerade der Messarm
enthalten war und nicht das wesentlich billigere Zubehör. Den Unterlagen ist zu
entnehmen, dass es tatsächlich eine Ersatzlieferung für den Arm gegeben hat. In der
Austauschanforderung ist die Seriennummer des verlorengegangenen Armes
aufgeführt, nämlich die Nummer N 0............, die auch im Lieferschein vom 15.05.2008
auftaucht. In der Austauschanforderung findet sich ferner der Hinweis, dass der alte Arm
bei U..... 1....................verloren gegangen ist. Diese Nummer entspricht der Nummer des
U.....-Frachtbriefs (Anlage K 3, Bl. 14 GA). Dementsprechend hat der Senat keinen
Zweifel daran, dass in dem verloren gegangenen Paket der FARO-Arm enthalten
gewesen ist. Spätestens nach der Erörterung im Senatstermin ist davon auszugehen,
dass sich die Kläger den vom Sachverständigen ermittelte Sachverhalt zu eigen
gemacht haben.
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Zu Recht ist das Landgericht auch dem Sachverständigen L. bei seinen Ausführungen
zum Zeitwert des versendeten Titanarms gefolgt. Der Sachverständige hat auch nach
Auffassung des Senats nachvollziehbar und überzeugend den Zeitwert auf 14.437,50 €
beziffert. Dass der Sachverständige für die Bewertung des Zeitwertes eine lineare
Abschreibung zugrunde legt, ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht von
vornherein verfehlt. Die Beklagte hatte bereits erstinstanzlich mit Schriftsatz vom 5. Mai
2009 (S. 3, Bl. 84 GA) eingewandt, dass keine lineare Abschreibung stattfinden dürfe,
vielmehr zu berücksichtigen sei, dass der Wertverlust im ersten Jahr deutlich höher
ausfalle als etwa im fünften oder im zehnten Jahr.
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Dem Sachverständigen waren ausweislich seines Gutachtens die Schriftsätze bekannt.
Angesichts der Lebensdauer des Titanarms ist der Sachverständige nachvollziehbar zu
dem Ergebnis gekommen, dass von den möglichen Abschreibungsarten im Streitfall nur
die lineare Abschreibung in Frage kommt (vgl. S. 6 des Gutachtens, Bl. 121 GA).
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Bei der Frage des Mitverschuldens wendet sich die Beklagte mit der Berufung nur noch
gegen die Wertung des Landgerichts, dass ein Mitverschulden mangels Wertdeklaration
überhaupt nicht anzusetzen sei.
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Der Mitverschuldenseinwand ist auch im Falle des qualifizierten Verschuldens i. S. v. §
435 HGB, das vorliegend unstreitig gegeben ist, zu berücksichtigen (vgl. BGH, NJW-RR
2006, 822 ff.). Dieses Mitverschulden muss sich auch der Transportversicherer, der aus
abgetretenem oder übergegangenem Recht seines Versicherungsnehmers klagt,
gemäß § 404 BGB im Falle einer Abtretung und gemäß § 412 i. V. m. § 404 BGB bei
gesetzlichem Forderungsübergang entgegen halten lassen.
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Unterlässt der Absender eine Wertangabe, obwohl er weiß oder hätte wissen müssen,
dass der Frachtführer die Sendung bei Kenntnis des Wertes mit größerer Sorgfalt
behandelt hätte, so handelt er dem Gebot des § 425 Abs. 2 HGB zuwider, einer
Schadensentstehung entgegen zu wirken (BGH, NJW-RR 2006, 1264, 1267). In den
Beförderungsbedingungen der Beklagten ist unter Ziff. 9.4 Folgendes geregelt: "Beim
Versand als Wertpaket wird die Haftungsgrenze nach Ziff. 9.2 durch korrekte Deklaration
des Wertes der Sendung und durch Zahlung des in der Tariftabelle aufgeführten
Zuschlages auf den deklarierten Wert angehoben…Der Versender erklärt durch
Unterlassen einer Wertdeklaration, dass sein Interesse an den Gütern die in Ziff. 9.2
genannte Grundhaftung nicht übersteigt." Aus dieser Klausel ist für den Absender
ersichtlich, dass der Transporteur bei wertvolleren Gütern höhere Sorgfaltsmaßstäbe
anlegen würde (vgl. BGH, NJW-RR 2006, 1264, 1266 f.). Mit seinem Verzicht auf diese
vom Frachtführer üblicherweise angebotenen weitergehenden Schutzvorkehrungen
setzt der Versender das Transportgut bewusst einem erhöhten Verlustrisiko aus mit der
Folge, dass ihm der eingetretene Schaden gemäß § 425 Abs. 2 HGB anteilig
zuzurechnen ist (vgl. BGH, a. a. O.).
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Voraussetzung für die Kausalität des Mitverschuldens in dieser Fallgruppe ist, dass der
Transporteur seine Sorgfaltspflichten tatsächlich besser erfüllt hätte, wenn ihm der Wert
bekannt gewesen wäre; dabei kommt es nicht darauf an, dass ein Verlust vollständig
hätte ausgeschlossen werden können. Es ist vielmehr darauf abzustellen, dass dem
Frachtführer die Möglichkeit genommen wird, den Ort des Schadenseintritts
einzugrenzen und auf diese Weise von einer auf den Vorwurf grob fahrlässigen
Verhaltens begründeten Schadenshaftung frei zu kommen (vgl. BGH, NJW-RR 2005,
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265, 267). Ist nämlich ungeklärt, in welcher Phase des Transports der Schaden
eingetreten ist, kann er auch in einem Bereich entstanden sein, in dem der
Spediteur/Frachtführer seine Sorgfalt bei dem Transport der wertdeklarierten Ware nicht
oder nicht in leichtfertiger Weise verletzt hätte (vgl. BGH, NJW-RR 2006, 1264, 1267).
Dem Senat ist, wie in der mündlichen Verhandlung einvernehmlich erörtert, aus anderen
Verfahren bekannt, dass die Beklagte ihren Kunden im Laufe des Jahres 2005 eine
neue Softwareversion 7.02 zur Verfügung gestellt hat. Bei ihr wird mit dem
Tagesabschluss ein Dokument ausgedruckt, welches die wertdeklarierten Pakete mit 1-
Z-Nummern und Wertangabe enthält ("High Value Report"). Ein Exemplar hiervon
übergibt der Versender zusammen mit den wertdeklarierten Paketen dem Fahrer. Bei
Paketen mit einem Wert von mehr als 2.500 € übergibt der Fahrer dem Schichtleiter im
Abholcenter die Pakete persönlich. Im Abholcenter gibt es zwar keine EDV-mäßige
Überprüfung der Wertpakete; es findet allerdings eine stichprobenartige Überprüfung
statt, ob die beschriebene Verfahrensweise eingehalten wird. Darüber hinaus gibt es
seit der Softwareversion 7.02 auch den sogenannten "High Value Alert". Die von der
Beklagten verwendete Software filtert hierbei von den von den Kunden
fernübertragenen Daten (Detail-Section) die wertdeklarierten Pakete heraus und ordnet
sie den jeweiligen Zustellcentern zu. Dort können täglich die für diese Niederlassung
bestimmten wertdeklarierten Pakete abgefragt und der Eingang überwacht werden. Dies
ermöglicht eine zeitnahe Rückverfolgung der Pakete und die Eingrenzung der
Verluststelle. Dieses Verfahren gilt jedoch nicht bei grenzüberschreitenden Transporten.
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Im Streitfall hat die Beklagte die Version 10.0.41 der Klägerin zur Verfügung gestellt.
Nach den unwidersprochen gebliebenen Angaben des Klägervertreters im Senatstermin
stellt diese Softwareversion eine Fortentwicklung der Version 7.02 dar und baut auf
deren Sicherheitsvorkehrungen auf.
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Damit hat sich die unterlassene Wertdeklaration jedenfalls für den Abholbereich
ausgewirkt, da die dargestellten besonderen Schutzmaßnahmen nicht greifen konnten.
Etwas anderes gilt jedoch für den Zustellbereich. Im grenzüberschreitenden Verkehr
findet nach den obigen Ausführungen eine besondere Kontrolle nicht statt, so dass die
unterlassene Wertdeklaration für diesen Bereich nicht kausal geworden sein kann.
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Für das im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigende Maß der Verursachung darf
nicht darauf abgestellt werden, dass der Schaden bei pflichtgemäßem Verhalten
überhaupt hätte vermieden werden können. Vielmehr kommt es für die
Haftungsverteilung wesentlich darauf an, in welchem Maß das Verhalten des
Schädigers oder das des Geschädigten den Eintritt des Schadens wahrscheinlich
gemacht hat (vgl. BGH, NJW-RR 2007, 1282, 1285 f.).
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Aufgrund der dargestellten unstreitigen Verfahrensabläufe hat die unterlassene
Wertdeklaration dazu geführt, dass die besonderen Schutzvorkehrungen im
Abholbereich nicht greifen konnten. Die Kausalität der unterlassenen Wertdeklaration ist
insoweit zu bejahen.
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Die Abwägung der Verschuldens- und Verursachungsanteile im Rahmen des § 425
Abs. 2 HGB ist aufgrund der festgestellten Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Im
Rahmen der Haftungsabwägung ist zu beachten, dass die Reichweite des bei
wertdeklarierten Sendungen gesicherten Bereichs einen für die Bemessung der
Haftungsquote relevanten Gesichtspunkt darstellt: Je größer der gesicherte Bereich ist,
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desto größer ist auch der Anteil des Mitverschuldens des Versenders, der durch das
Unterlassen der Wertangabe den Transport der Ware außerhalb des gesicherten
Bereichs veranlasst. Ferner ist der Wert der transportierten, nicht wertdeklarierten Ware,
von Bedeutung. Je höher der tatsächliche Wert der nicht deklarierten Sendung ist, desto
gewichtiger ist der in dem Unterlassen der Wertdeklaration liegende Schadensbeitrag.
Denn je höher der Wert der zu transportierenden Sendung ist, desto offensichtlicher ist
es, dass die Beförderung des Gutes eine besonders sorgfältige Behandlung durch den
Spediteur/Frachtführer erfordert, und desto größer ist das in dem Unterlassen der
Wertdeklaration liegende Verschulden des Versenders gegen sich selbst (vgl. BGH,
NJW-RR 2006, 822, 824). Dabei kann nicht angenommen werden, dass das
Mitverschulden des Paketversenders im Falle eines qualifizierten Verschuldens des
Frachtführers eine Quote von 50 % nicht übersteigen darf. So kann eine höhere Quote
als 50 % auch dann anzunehmen sein, wenn der Wert eines Paketes sehr deutlich über
dem Betrag liegt, ab dem ein Hinweis auf einen ungewöhnlich hohen Schaden hätte
erfolgen müssen. Die Abwägung der Mitverschuldensquote muss zudem im Blick
haben, dass sie bei hohen Warenwerten nicht zu unangemessenen Ergebnissen führt
(vgl. BGH, NJW-RR 2009, 43, 45).
Nachdem der Senat an seiner schematischen Berechnung der Mitverschuldensquote
nicht mehr fest hält, ist die Mitverschuldensquote für die dargestellten besonderen
Sicherungsmaßnahmen im Abholbereich bei einem Wert der abhanden gekommenen
Ware von 14.437,50 € auf 20 % festzusetzen. Unter Berücksichtigung einer
vorgerichtlichen Zahlung von 510 € ergibt sich mithin ein Schadensbetrag von 11.040 €.
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Der Zinsanspruch ist begründet aus §§ 286, 288 BGB.
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Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 92, 97, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
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Die Revision wird nicht zugelassen, da die gesetzlichen Voraussetzungen nicht
vorliegen (§ 543 Abs. 2 ZPO).
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Berufungsstreitwert: 14.437,50 €.
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