Urteil des OLG Düsseldorf vom 29.04.2004

OLG Düsseldorf: aufschiebende bedingung, vertretungsmacht, entsorgung, sondermüll, absichtserklärung, verwertung, abfall, nichterfüllung, vertreter, datum

Oberlandesgericht Düsseldorf, I-5 U 110/03
Datum:
29.04.2004
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
5. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
I-5 U 110/03
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das am 16. Juni 2003 verkündete
Urteil der
10. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Düsseldorf wird
zurückge-wiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten abwenden gegen
Sicherheit in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages, wenn nicht
die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des
zu vollstreckenden Betra-ges leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Die Klägerin verlangt von den Beklagten zu 1) und 2) Schadensersatz wegen
Nichterfüllung.
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Die Beklagte zu 1) war gemäß Beschluss des Amtgerichts P... vom 5. September 2001
vorläufiger Insolvenzverwalter der Insolvenzschuldnerin. In dem Beschluss heißt es u.a.:
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"Der vorläufige Insolvenzverwalter ist nicht allgemeiner Vertreter des
Schuldners. Er hat die Aufgabe, durch Überwachung des Schuldners dessen
Vermögen zu sichern und zu erhalten. Er wird ermächtigt, mit rechtlicher
Wirkung für den Schuldner zu handeln, ist jedoch verpflichtet, diese Befugnis
nur wahrzunehmen, soweit es zur Erfüllung seiner Aufgabe schon vor der
Verfahrenseröffnung dringend erforderlich ist."
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Mit Schreiben vom 8. Oktober 2001 beauftragte der Beklagte in seiner Eigenschaft als
vorläufiger Insolvenzverwalter die Beklagte zu 2) zur Mithilfe bei der Inventarisierung,
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der Be- und Verwertung der zur Insolvenzmasse gehörenden Gegenstände und Mithilfe
bei der Aus- und Absonderung.
Die Beklagte zu 2) unterrichtete die P... GmbH darüber, dass das bewegliche Vermögen
der Insolvenzschuldnerin verwertet werden solle. Die Beklagte zu 2) erstellte ein
Inventarverzeichnis über die beweglichen Gegenstände des Anlage- und des
Umlaufvermögens und händigte dieses Verzeichnis am 22. November 2001 an die P...
GmbH aus. Die P... GmbH unterrichtete ihrerseits die Klägerin und vereinbarte mit ihr
eine Provision/Gewinnbeteiligung.
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Am 28. November 2001 trafen sich die Beklagte zu 2), die Klägerin und die P... GmbH
bei der Insolvenzschuldnerin. Die Beklagte zu 2) zeigte der Klägerin den Beschluss des
Amtsgerichts P... vom 5. September 2001 sowie das Beauftragungsschreiben des
Beklagten zu 1) vom 8. Oktober 2001. Die Beklagte zu 2) verfasste in diesem Termin
eine handschriftliche "Vereinbarung" - ohne Datum - über den Verkauf des
Umlaufvermögens und ließ diese handschriftliche Vereinbarung von der Sekretärin
abschreiben. Die Klägerin und die Beklagte zu 2) unterzeichneten sie.
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Im Beschluss über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestellte das Amtsgericht P...
am 1. Dezember 2001 - 35 IN 686/01 - überraschend nicht den Beklagten zu 1) sondern
Rechtsanwalt Dr. W... zum Insolvenzverwalter.
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Der Insolvenzverwalter teilte den Anwälten der Klägerin mit Schreiben vom 23. Januar
2002 (auf deren Schreiben vom 22. Januar 2002) mit, er vermöge die Rechtswirksamkeit
der Vereinbarung vom 28. November 2001 nicht zu erkennen. Mit einem weiteren
Schreiben vom 31. Januar 2002 wies er daraufhin, der vorläufige Insolvenzverwalter sei
nicht zur Verwertung berechtigt gewesen. Die Vereinbarung sei - soweit ersichtlich - in
Erwartung einer Bestallung des Beklagten zu 1) zum Insolvenzverwalter abgeschlossen
worden.
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Die Klägerin verlangt von den Beklagten zu 1) und 2) Schadensersatz wegen
Nichterfüllung.
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Sie hat geltend gemacht, sie habe im Vertrauen auf die Vereinbarung vom 28.
November 2001 Verträge geschlossen bzw. Angebote über die Weiterveräußerung der
Gegenstände getroffen bzw. erhalten und zwar in Höhe von 7.729.675,75 DM. Von
diesem Weiterveräußerungserlös seien abzuziehen die Abbruchkosten in Höhe von
1.250.000 DM sowie der von ihr zu zahlende Kaufpreis in Höhe von 2.500.000 DM, so
dass ihr entgangen sei ein Gewinn in Höhe von 3.979.675,75 DM = 2.034.775 EUR.
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Die Vereinbarung vom 28. November 2001 habe eine verbindliche Einigung enthalten.
In einem weiteren Treffen habe nur noch eine Liste erstellt werden sollen, welche
Gegenstände zu übernehmen und welche zu entsorgen gewesen seien. Dazu sei es
wegen der Bestellung von Dr. W... zum Insolvenzverwalter nicht mehr gekommen.
Später hat die Klägerin geltend gemacht, sie habe anhand des Verzeichnisses der
Beklagten zu 2) vom 22. November 2001 den Kaufpreis kalkuliert und am 28. November
2001 von der Beklagten zu 2) ein Videoband erhalten. Es sei vereinbart gewesen, alle
Gegenstände auszuräumen. Zu besprechen sei lediglich noch gewesen, welche
Gegenstände hätten entsorgt werden müssen.
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Nach dem 30. November 2001 habe die Beklagte zu 2) bei der P... GmbH angerufen
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und den für den 6. Dezember 2001 vereinbarten Übergabetermin verschoben.
Sie hat gemeint, ihr stehe nach § 179 BGB Schadensersatz zu, weil der Beklagte zu 1)
als vorläufiger Insolvenzverwalter nicht befugt gewesen sei, die Gegenstände zu
verwerten und dennoch die Beklagte zu 2) beauftragt habe, die als Untervertreterin
ebenfalls hafte.
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Sie, die Klägerin, habe keine Kenntnis im Sinne von § 179 Abs. 3 BGB gehabt, weil der
Beklagte zu 1) sich durch die Beauftragung der Beklagten zu 2) im Schreiben vom 8.
Oktober 2001 als ermächtigt bezeichnet habe, die zur Masse gehörenden Gegenstände
zu verwerten. Sie, die Klägerin, habe noch vor der Unterzeichnung der Vereinbarung
vom 28. November 2001 gefragt, ob die Beklagte auch bevollmächtigt sei. Die Beklagte
zu 2) habe daraufhin auf das Schreiben vom 8. Oktober 2001 verwiesen.
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Die Klägerin hat auch zur Höhe vorgetragen.
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Die Beklagten zu 1) und zu 2) haben Klageabweisung beantragt.
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Der Beklagte zu 1) hat geltend gemacht, die Beklagte zu 2) sei durch sein Schreiben
vom 8. Oktober 2001 nicht ermächtigt worden, ohne seine Zustimmung Gegenstände
aus der Masse zu veräußern. Im übrigen habe das hier vereinbarte Geschäft der
Zustimmung der Gläubigerversammlung bedurft, § 160 InsO.
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Die Klägerin habe gewusst, dass der Beklagte als vorläufiger Insolvenzverwalter zur
Veräußerung nur berechtigt sei bei einem dringenden Erfordernis.
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Jedenfalls sei die Vereinbarung vom 28. November 2001 aufschiebend bedingt
gewesen (Vorbehalt und Verwalterbestellung des Beklagten zu 1)).
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In der Vereinbarung vom 28. November 2001 seien im übrigen nur die Eckpunkte
festgelegt worden, dies dokumentiere schon die fehlende Einigung.
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Der Vortrag der Klägerin zur Frage der Entsorgung sei widersprüchlich. Im übrigen
fehlten Angaben zur Zahlungsmodalität und zu den Gegenständen.
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Mit der P... GmbH sei besprochen gewesen, dass der Beklagte zu 1) nur vorläufiger
Insolvenzverwalter gewesen sei; dies habe die P... GmbH auch an die Klägerin weiter
gegeben.
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Die Beklagte zu 2) hat geltend gemacht, es sei ausdrücklich besprochen, dass die
Vereinbarung vom 28. November 2001 nur eine Absichtserklärung für die Zeit nach
Eröffnung des Insolvenzverfahrens und der Bestellung des Beklagten zu 1) zum
Insolvenzverwalter habe darstellen sollen. Besprochen sei dies sowohl mit der P...
GmbH als auch am 28. November 2001 mit der Klägerin selbst.
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Im übrigen sei die Vereinbarung vom 28. November 2001 deshalb noch nicht
verbindlich, weil sie noch in wesentlichen Punkten offen gewesen sei. Es sei
beabsichtigt gewesen, in einem späteren Termin den Kaufvertrag zu schließen und die
Sache zuzumachen.
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In der Vereinbarung vom 28. November 2001 sei zunächst nur das Umlaufvermögen
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festgehalten worden. Die von der Klägerin behaupteten
Weiterveräußerungsmöglichkeiten beträfen hingegen Gegenstände des
Anlagevermögens.
Darüber hinaus habe die Beklagte zu 2) die Klägerin bereits Anfang Dezember darüber
informiert, dass nicht der Beklagte zu 1) sondern Dr. W... zum Insolvenzverwalter bestellt
worden sei. Sie hätte daher Weiterveräußerungsgeschäfte nicht mehr eingehen dürfen.
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Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Vereinbarung vom 28. November 2001
stelle keinen Vertrag dar, weil über die Entsorgung eine Einigung nicht herbeigeführt
worden sei. Dieser Komplex sei auch nicht bewusst offen gelassen worden.
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Die Frage der Entsorgung sei auch nicht bereits geklärt worden. Der Vortrag der
Klägerin hierzu sei widersprüchlich und durch Auslegung nicht näher zu bestimmen.
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Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin.
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Sie macht geltend, das Landgericht habe seine Hinweispflicht verletzt. Erörtert sei nur
die Bedeutung des Vorbehaltes in der Vereinbarung nicht jedoch der angeblich
widersprüchliche Vortrag der Klägerin. Sie stellt klar, es sei eine Einigung erzielt worden
und zwar über eine Komplettentsorgung bis auf Abfall und Sondermüll. Es stelle keinen
Widerspruch dar, wenn in einem weiteren Termin nach Vertragsschluss noch habe
bestimmt werden sollen, was als Müll gelte. Die Einigung der Parteien sei trotz des
Vorbehaltes in der Vereinbarung vom 28. November 2001 herbeigeführt worden. Zu
dieser Frage hätte das Landgericht Beweis erheben müssen. Der Vorbehalt betreffe nur
eine Zuordnung der einzelnen Gegenstände vor Ort. Im übrigen ergebe sich aus dem
Vorbehalt, dass der Kauf nur dann nicht zustande kommen solle, wenn beide Parteien
sich nicht einigten, es gebe also kein einseitiges Weigerungsrecht.
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Wenn man den Vorbehalt als aufschiebende Bedingung verstehe, gelte § 160 BGB, weil
die Beklagten den Bedingungseintritt vereitelt hätten. Denn es habe deshalb keine
weitere Vereinbarung über die Entsorgung gegeben, weil der Beklagte zu 1) nicht
berechtigt gewesen sei, die Gegenstände zu veräußern.
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Die Klägerin beantragt,
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das angefochtene Urteil zu ändern und nach den erstinstanzlichen
Schlussanträgen zu erkennen.
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Die Beklagten beantragen,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie halten die Berufung für verfristet.
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Darüber hinaus machen sie geltend, es habe sich bei der Vereinbarung vom 28.
November 2001 in der Tat nur um eine Punktation (Absichtserklärung) gehandelt. Im
übrigen wiederholen sie ihren erstinstanzlichen Vortrag und verteidigen das
angefochtene Urteil.
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II.
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Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
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Das Berufungsverfahren richtet sich nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung in
der Fassung vom 1. Januar 2002, weil die mündliche Verhandlung, auf die das
angefochten Urteil ergangen ist, nach dem 31. Dezember 2001 geschlossen worden ist,
§ 26 Nr. 5 EG ZPO.
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Danach kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von § 546 ZPO beruht oder dass nach § 529 ZPO zugrunde
zulegende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen, § 513 Abs. 1 ZPO.
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Dies ist nicht der Fall.
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Die Berufung ist zulässig.
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Der Senat ist davon überzeugt, dass die Berufungsfrist von einem Monat, § 517 ZPO,
beginnend mit der Zustellung des vollständigen Urteils gewahrt ist. Der im Wege des
Freibeweises zu erbringende volle Beweis ist geführt (vgl. BGH VersR 1991, 896; OLG
Frankfurt OLGR 1996, 249). Zwar findet sich in den Akten kein Empfangsbekenntnis der
Prozessbevollmächtigten der Klägerin und die Empfangsbekenntnisse der
Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu1) und 2) weisen als Zustellungstag den 27.
Juni 2003 aus, während die Berufungsschrift der Klägerin erst am 29. Juli 2003 bei
Gericht eingegangen ist. Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin unterhalten ihre
Kanzlei in K... und haben kein Gerichtsfach. Es spricht alles dafür, dass ihnen deshalb
das angefochtene Urteil später zugestellt worden ist als den Prozessbevollmächtigten
der Beklagten, nämlich am Montag, dem 30. Juni 2003.
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Materiell-rechtlich richtet sich ein etwaiger Schadensersatzanspruch der Klägerin nach
den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes in der bis zum 31. Dezember 2001
maßgebenden Fassung, Artikel 229 § 5 EGBGB.
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Danach ist der geltend gemachte Schadensersatzanspruch - wie das Landgericht zu
Recht dargelegt hat - nicht gerechtfertigt.
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Grundlage des Klagebegehrens ist § 179 Abs. 1 BGB. Dessen Voraussetzungen liegen
jedoch nicht vor, wie das Landgericht im Ergebnis zutreffend ausgeführt hat.
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Es kann dahinstehen, ob die Vereinbarung vom 28. November 2001 schon endgültig
bindend sein oder nur eine Absichtserklärung darstellen sollte. Denn es fehlt schon
deshalb an einem wirksamen Vertragschluss, weil sich die Partien nicht über alle
Punkte geeinigt haben, über die eine Einigung getroffen werden sollte, § 154 Abs. 1
BGB.
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Die fehlende Einigung ist in der Vertragsurkunde dokumentiert unter Ziff. I b, wo es
heißt:
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"Vorbehalt Einigung über zu übernehmende Entsorgungen
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beide Parteien können Zustimmung verweigern,
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damit kommt Kauf nicht zu Stande"
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Die Behauptung der Klägerin, in Wahrheit hätten die Parteien sich hierüber bereits
geeinigt, überzeugt nicht. Die Klägerin macht geltend, die Parteien hätten sich über eine
Komplettentsorgung bis auf Abfall und Sondermüll geeinigt (GA 186/6), es habe alles
herausgenommen werden sollen bis auf das Mauerwerk (GA 186, 100), auch die
Entsorgung sei abschließend besprochen worden, es habe alles in einem
abschließbaren Raum gelagert werden sollen (GA 186, 102), der Müll habe in einem
getrennten Raum gelagert werden sollen (GA 186, 114), in einem Treffen vor Ort habe
dann lediglich die Zuordnung einzelner Gegenstände zu den verwertbaren
Gegenständen bzw. zum Müll vorgenommen werden sollen (GA 187, 7).
Zusammenfassend bedeutet das, man habe sich geeinigt auf eine Komplettentsorgung
der Räume und zwar bis auf die Gegenstände, die als Abfall- bzw. Sondermüll
anzusehen waren. Vor Ort habe noch besprochen werden sollen, wie die jeweiligen
konkreten Gegenstände entweder zu der Kategorie "verwertbar" oder "Müll" zugeordnet
werden sollten.
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Dem entspricht aber der vertragliche Vorbehalt. Die danach noch erforderliche
"Einigung über zu übernehmende Entsorgungen" hing gerade von der Zuordnung der
einzelnen Gegenstände zu der jeweiligen Kategorie "verwertbar" oder "Sondermüll" ab.
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Wenn aber diese Zuordnung in der Urkunde vorbehalten war und - wie die Klägerin
behauptet - vor Ort noch durchgeführt werden sollte, dann lag eine Einigung gerade
nicht vor.
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Wenn wirklich eine Einigung bereits herbeigeführt worden wäre, so stellte sich die
Frage, warum dann noch der Vorbehalt ausdrücklich in die Urkunde aufgenommen
worden ist. Dazu macht die Klägerin geltend, der Gegenbeweis sei zulässig. Die
Klägerin hat jedoch eine plausible Erklärung und einen Beweisantritt hierzu gerade
nicht gegeben.
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Hergeholt ist die Argumentation, der "Vorbehalt" gebe kein einseitiges Zustimmungs-
bzw. Verweigerungsrecht einer Partei, weil es dort heiße, beide Parteien könnten die
Zustimmung verweigern. Damit ist jedoch nur ausgedrückt, dass jede der beiden
Parteien berechtigt war, ihre Zustimmung zu verweigern.
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Der Vorbehalt in der Vertragsurkunde ist auch nicht lediglich als Bedingung im Sinne
von § 158 BGB einzuordnen.
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Bei einer Bedingung sollen die Rechtswirkungen des Rechtsgeschäftes abhängig
gemacht werden von dem Eintritt eines künftigen Ereignisses. Bei einem
Einigungsmangel hingegen fehlt es an einer Einigung der Parteien in einem bestimmten
Punkt, der Vertragsgegenstand sein soll. So liegen die Dinge hier, wie sich aus dem
letzten Halbsatz des "Vorbehaltes" ergibt...."können die Zustimmung verweigern, damit
kommt der Kauf nicht zustande." Dies bedeutet, dass für das Zustandekommen des
Kaufvertrages die Einigung der Parteien über die Entsorgung erforderlich sein sollte.
Die Parteien wollten nicht die Rechtswirkungen eines bereits geschlossenen Vertrages
von einem zukünftigen Ereignis abhängig machen.
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Gemäß der Auslegungsregel des § 154 Abs. 1 Satz 1 BGB ist daher im Zweifel der
Vertrag nicht geschlossen; dies gilt gemäß § 154 Abs. 1 Satz 2 BGB auch, wenn über
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einzelne Punkte eine Verständigung erzielt wurde und das aufgezeichnet worden ist
(Punktation).
Auch wenn es nur deshalb nicht zu einer Einigung im Sinne des Vorbehaltes über die
Frage, welche Gegenstände zu entsorgen sind, kam, weil der Insolvenzverwalter Dr.
W... eine Durchführung des Vertrages nicht wollte, liegt kein Anwendungsfall des § 179
Abs. 1 BGB vor. Diese Vorschrift schützt nur das Vertrauen auf die Vertretungsmacht.
Eine Haftung nach § 179 Abs. 1 BGB greift nicht, wenn der Vertrag bereits aus anderen
Gründen unwirksam ist (Palandt-Heinrichs, a.a.O., § 179, 1 a). Deshalb ist es
unerheblich, warum es später nicht zu einer Einigung kam (ob der eigentlich vertretende
Insolvenzverwalter den Vertrag also nicht genehmigte). Denn die Klägerin ist nicht in
ihrem Vertrauen darauf geschützt, dass es eine Einigung in dieser Frage geben werde
(vgl. auch RGZ 145, 40, 43, danach greift § 179 Abs. 1 BGB dann nicht, wenn der
Vertrag auch bei Vorhandensein der Vertretungsmacht nichtig sein würde).
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Eine Haftung der Beklagten zu 1) und zu 2) scheitert darüber hinaus auch an § 179 Abs.
3 BGB. Die Klägerin musste den Mangel der Vertretungsmacht der Beklagten kennen.
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Die Beklagten haben durch den Abschluss der Vereinbarung vom 28. November 2001
stillschweigend behauptet, zum Abschluss dieser Vereinbarung auch berechtigt zu sein.
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Hierauf durfte die Klägerin sich allerdings nicht verlassen, ohne dass sie fahrlässig
handelte.
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Es genügt jede Fahrlässigkeit. Zu berücksichtigen ist allerdings (BGH NJW 2001, 2626
und NJW 2000, 1407), dass ein Außerachtlassen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt
nur vorliegt, wenn die Umstände des Falles den Vertragspartner veranlassen müssen,
sich danach zu erkundigen, ob der Vertreter die zumindest stillschweigend behauptete
Vertretungsmacht tatsächlich hat. Weil im Interesse der Verkehrssicherheit in § 179 Abs.
1 BGB eine gesetzliche Garantenhaftung vorgesehen ist, darf der Vertragsgegner
grundsätzlich auf die behauptete Vertretungsmacht vertrauen, ohne zu
Nachforschungen über deren Bestand und Umfang verpflichtet zu sein. Nur wenn er
Anhaltspunkte für eine fehlende Vertretungsmacht hat und diesen Bedenken nicht
nachgeht, ist er nicht schutzwürdig.
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Gerade so liegen die Dinge aber hier. Aufgrund des Beschlusses des Amtsgerichts P...
vom 5. September 2001 war offensichtlich, dass der Beklagte zu 1) als nur vorläufiger
Insolvenzverwalter und als solcher zwar ermächtigt war, mit rechtlicher Wirkung für die
Gemeinschuldnerin zu handeln. Zugleich ergab sich aber aus dem Beschluss, dass er
verpflichtet war, diese Befugnis nur wahrzunehmen, soweit es zur Erfüllung seiner
Aufgaben schon vor der Verfahrenseröffnung dringend erforderlich war. Dass ein
solches dringendes Erfordernis bei der Veräußerung des gesamten Umlaufvermögens
vorlag, macht die Klägerin nicht geltend. Jedenfalls hätte sie im Zweifel nachforschen
müssen und bei dem Amtsgericht P... Rückfrage halten müssen.
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Die Klägerin kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, sie habe deshalb schuldlos
gehandelt, weil der Beklagte zu 1) sich in der Beauftragung der Beklagten zu 2) mit
Schreiben vom 8. Oktober 2001 selbst als ermächtigt bezeichnet habe, die
Gegenstände zu verwerten. Auch in dem Auftragsschreiben vom 8. Oktober 2001 heißt
es ausdrücklich, dass der Beklagte zu 1) in seiner Eigenschaft als vorläufiger
Insolvenzverwalter die Beklagte zu 2) beauftrage. Selbst wenn der Beklagte zu 1) die
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Beklagte zu 2) schon mit der Verwertung beauftragt hat, hätte die Klägerin nicht ohne
weiteres dieser eigenen Erklärung des Beklagten zu 1) in der Beauftragung eines
Untervertreters (Schreiben vom 8. Oktober 2001) den Vorzug geben dürfen vor der
ausdrücklich weniger weit reichenden Vollmacht im Beschluss des Amtsgericht P... vom
5. September 2001.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
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Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche
Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer
einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichtes erfordert, §
543 Abs. 2 ZPO.
69
Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren
70
und Beschwer der Klägerin: 2.034.775 EUR
71
a. G... B...
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