Urteil des OLG Dresden vom 29.05.2000

OLG Dresden: hausrat, vergleich, scheidungsverfahren, härte, herausgabe, aufteilung, vollstreckung, irrtum, ddr, beschränkung

OLG Dresden, 20. Zivilsenat -Familiensenat- Beschluss vom
29.05.2000 20 WF 209/00
Leitsatz
HausratsVO §§ 1, 17; ZPO § 621 I Nr. 7; GVG § 23 b I 2 Nr. 8
Für Herausgabeansprüche aus einer vergleichsweise erfolgten
Einigung der Parteien über die Teilung des Hausrats besteht
keine familiengerichtliche Zuständigkeit.
Aktenzeichen: 20 WF 0209/00
1 F 19/00 Amtsgericht Bautzen
Beschluss
des 20. Zivilsenats - Familiensenats -
vom 29. Mai 2000
In der Familiensache
xxxxxxxxxxxxxxxx
xxxxxxxxxxxxxxxx
xxxxxxxxxxxxxx
Antragstellerin und Beschwerdeführerin
xxxxxxxxxxxx
xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
xxxxxxxxxxxxxxxxx
xxxxxxxxxxxxx
gegen
xxxxxxxxxxxxxx
xxxxxxxxxxxxxxxxx
xxxxxxxxxxxxxxx
Antragsgegner
wegen Hausrat
hier: Prozesskostenhilfe
hat der 20. Zivilsenat - Familiensenat - des
Oberlandesgerichts Dresden ohne mündliche Verhandlung durch
Richter am Oberlandesgericht Bäumel,
Richter am Landgericht Quakernack und
Richterin am Amtsgericht Demmer
beschlossen:
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des
Amtsgerichts - Familiengericht - Bautzen vom 2. März 2000
wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Parteien sind durch Urteil vom 28.01.1999 geschiedene
Eheleute. In dem Scheidungsverfahren machte die
Antragstellerin auch die Folgesache Hausrat anhängig,
nachdem - wie sie mit dem antragsbegründenden Schriftsatz
vom 20.01.1999 ausführte - "sämtliche Versuche einer
außergerichtlichen Einigung erfolglos geblieben" waren. In
der mündlichen Verhandlung schlossen die Parteien sodann
einen Vergleich zur Abgeltung der Folgesache Hausrat.
Die Antragstellerin verlangt vom Antragsgegner nunmehr die
Herausgabe weiterer Hausratsgegenstände und begehrt für die
insoweit beabsichtigte Klage die Gewährung von
Prozesskostenhilfe. Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom
02.03.2000 Prozesskostenhilfe versagt und dies im
Wesentlichen damit begründet, dass das Verlangen der
(weiteren)
Hausratsteilung in einem neuen Verfahren
außerhalb des damaligen Scheidungsverbundes mutwillig i.S.d.
§ 114 ZPO sei, da die gesamte
Hausratsteilung
kostengünstiger insgesamt im Scheidungsverbund hätte
erfolgen können; darüber hinaus sei fraglich, ob nicht wegen
des im Scheidungsverfahren geschlossenen Vergleichs die
Hausratsteilung insgesamt erledigt sei.
Die Antragstellerin hat gegen diesen Beschluss Beschwerde
eingelegt. Sie trägt vor, dass die nunmehr begehrten
Gegenstände von dem durchgeführten Hausratsverfahren und dem
Vergleich nicht erfasst seien. Diesbezüglich habe es eine
außergerichtliche Einigung gegeben, an die sich der
Antragsgegner aber nicht mehr halte.
Das Amtsgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom
23.03.2000 nicht abgeholfen und die Sache dem
Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die Beschwerde ist gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässig,
jedoch nicht begründet.
Das Amtsgericht hat zu Recht Prozesskostenhilfe versagt.
Es kann dahinstehen, ob die beabsichtigte erneute Klage -
wie das Amtsgericht meint - mutwillig i.S.d. § 114 ZPO ist.
Unbeschadet dessen fehlt der beabsichtigten Klage auch die
nach § 114 ZPO erforderliche hinreichende Erfolgsaussicht.
Dem erneuten Begehren der Hausratsteilung steht - wie das
Amtsgericht bereits zutreffend angedeutet hat - die
Wirksamkeit des zwischen den Parteien im Scheidungsverbund
geschlossenen gerichtlichen Vergleichs entgegen.
Mit diesem Vergleich wurde die von der Antragstellerin im
Verbundverfahren anhängig gemachte Folgesache Hausrat
abgegolten. Ein erneutes Verlangen einer Hausratsteilung ist
nur dann zulässig, wenn im Scheidungsverfahren nur eine
Teilregelung erfolgt wäre oder bei dem erneuten
Zuteilungsbegehren die Voraussetzungen für eine Abänderung
nach § 17 HausrVO vorläge. Beides ist indes nicht der Fall.
Aus dem Schriftsatz der Antragstellerin vom 20.01.1999, mit
dem sie im Scheidungsverfahren die Hausratsteilung beantragt
hat, lässt sich nicht entnehmen, dass sie nur eine
Entscheidung über einen Teil des Hausrats begehrte. Zwar
kann ein Hausratsverfahren auch dann beantragt werden, wenn
sich die Parteien außergerichtlich über einen Teil des
Hausrats geeinigt haben. Das Familiengericht hat dann nur
noch über den offenen Rest zu entscheiden (OLG Hamm, FamRZ
1990, 1126).
Eine außergerichtliche Teileinigung und eine Beschränkung
auf den streitigen Hausrat hat die Antragstellerin in dem
antragsbegründenden Schriftsatz aber gerade nicht
vorgetragen. Sie trägt vielmehr den Versuch einer Einigung
vor, der "erfolglos geblieben" sei.
Eine Teileinigung der Parteien über den Hausrat lässt sich
auch nicht den dem Schriftsatz beigefügten Listen entnehmen,
die zu einigen Gegenständen übereinstimmende Vorstellungen
hinsichtlich der Aufteilung enthalten. Ohne weitere
Anhaltspunkte ist unter Beachtung des Rechtsgedankens des
§ 139 BGB davon auszugehen, dass die beabsichtigte
außergerichtliche Einigung insgesamt fehlgeschlagen ist,
wenn sich die Parteien nicht über alle Punkte geeinigt
haben.
Selbst wenn jedoch die Parteien sich außergerichtlich über
die Verteilung der mit der beabsichtigten Klage begehrten
Gegenstände geeinigt hätten, der geschlossene Vergleich
diese Gegenstände nicht betroffen hätte und damit einer
erneuten Klage nichts entgegenstünde, kann die
Antragstellerin die Herausgabe dieser Gegenstände nicht im
Hausratsteilungsverfahren vor dem Familiengericht erreichen.
Nach § 1 HausrVO darf das Familiengericht nur entscheiden,
wenn und soweit sich die Ehegatten über die zukünftige
Aufteilung des Hausrats nicht einigen konnten. Liegt eine
Einigung vor, stellt dies ein Verfahrenshindernis dar, so
dass das Familiengericht nicht tätig werden darf. Ansprüche
aus der Einigung sind beim allgemeinen Zivilgericht
einzuklagen (Palandt-Brudermüller, BGB, 59. Aufl., Anhang zu
§ 1361a, 1361b, § 1 HausrVO Rdnr. 2). Die Antragstellerin
trägt vor, es habe zwischen ihr und dem Antragsgegner eine
Teileinigung über die Verteilung der nunmehr geltend
gemachten Videos, Schallplatten und des Tisches gegeben.
Nachdem keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass diese von
ihr behauptete Einigung unwirksam ist, steht ihr zur
Durchsetzung des Anspruchs aus dieser Einigung der
allgemeine Zivilrechtsweg offen (statt vieler BGH, FamRZ
1974, 197; OLG Zweibrücken, FamRZ 1987, 1054). Das
Familiengericht ist nicht zuständig.
Die von der Antragstellerin beabsichtigte weitere
Hausratsteilung lässt sich auch nicht im Wege der Abänderung
nach § 17 HausrVO erreichen.
Eine i.S.d. oben genannten Vorschrift erforderliche Änderung
der tatsächlichen Verhältnisse ist nach dem Vortrag der
Antragstellerin allein dahingehend eingetreten, dass sie bei
Abschluss des
Hausratsvergleichs davon ausging, der
Antragsgegner werde die nunmehr mit der Klage begehrten
Gegenstände freiwillig herausgeben, sich dies jedoch als
unzutreffend herausgestellt hat. Der Senat hat schon
Bedenken, dass ein solcher Irrtum als wesentliche Änderung
der Verhältnisse i.S.d. § 17 HausrVO anzusehen ist.
Unbeschadet dessen scheitert die Durchführung einer
Abänderung nach der oben genannten Vorschrift daran, dass
die Beibehaltung der
Hausratsregelung nicht zu einer
unbilligen Härte führt. "Unbillig" ist eine Härte erst dann,
wenn ihr Fortbestand unter Billigkeitserwägungen zwingend zu
einer Änderung drängt. Allgemeine Billigkeitserwägungen
gemäß § 2 HausrVO reichen ebenso wenig wie die bloße Härte
des Fortbestandes der bisherigen Regelung und es kann nicht
allein genügen, dass die Folgen einer nicht geänderten
Regelung für den betroffenen Ehegatten von Gewicht sind
(RGRK-Kalthoener, BGB, 12. Aufl., § 17 HausrVO Rdnr. 4).
Nach Maßgabe obiger Ausführungen ist eine unbillige Härte im
Regelfall nur dann anzunehmen, wenn es ansonsten zu großen
materiellen Einbußen kommt. Eine möglicherweise unbillige
Verteilung eines Tisches im Wert von 300,00 M/DDR sowie
Schallplatten und Videos in einer durchschnittlichen
Größenordnung kann nicht darunter fallen.
Abschließend weist der Senat darauf hin, dass der
beabsichtigte
Klagantrag, soweit die Herausgabe "der
hälftigen Anzahl der Schallplatten" und der "hälftigen
Anteile der vorhandenen Videokassetten" begehrt wird, auch
deshalb keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, weil
er zu unbestimmt und einer Vollstreckung nicht zugänglich
ist.
Eine Kostenentscheidung ist nicht erforderlich, vgl. § 127
Abs. 4 ZPO.
Bäumel
Demmer
Quakernack