Urteil des OLG Celle vom 28.04.2011

OLG Celle: bezirk, verzicht, fahrtkosten, beschränkung, einzelrichter, form, datum, einverständnis

Gericht:
OLG Celle, 10. Zivilsenat
Typ, AZ:
Beschluss, 10 WF 123/11
Datum:
28.04.2011
Sachgebiet:
Normen:
ZPO § 121 ABS 3
Leitsatz:
1. Die Beiordnung eines auswärtigen Rechtsanwaltes im Rahmen der PKH/VKHBewilligung kann nicht
(mehr) auf die ´Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwaltes´, sondern ausschließlich auf die
´Bedingungen eines im Bezirk des Prozeßgerichts niedergelassenen Rechtsanwalts´ beschränkt
werden.
2. Gegen eine insofern unzutreffende Einschränkung seiner Beiordnung ist die sofortige Beschwerde
des beigeordneten Rechtsanwaltes zulässig.
Volltext:
10 WF 123/11
619 F 1272/11 Amtsgericht Hannover
Beschluß
In der Familiensache
I. G.,
Antragstellerin,
Verfahrensbevollmächtigte:
Rechtsanwältin A. B.,
Beschwerdeführerin,
gegen
M. G.,
Antragsgegner,
Verfahrensbevollmächtigte:
Rechtsanwältin H. K.,
hat der 10. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle durch die Richter am
Oberlandesgericht H. und W. sowie die Richterin am Amtsgericht C. am 28. April 2011 beschlossen:
Auf die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin wird der Beschluß des Amtsgerichts -
Familiengericht - Hannover vom 28. März 2011 geändert. die Beiordnung von Rechtsanwältin B. in Hi. erfolgt ´zu den
Bedingungen einer im Bezirk des Amtsgerichts Hannover niedergelassenen Anwältin´.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin nimmt den Antragsgegner im vorliegenden Verfahren als Prozeßstandschafterin der
gemeinsamen Tochter M. auf Kindesunterhalt in Anspruch. Das Amtsgericht hat der Antragstellerin mit Beschluß
vom 28. März 2011 entsprechend Verfahrenskostenhilfe bewilligt und ihr Rechtsanwältin B. in Hi. ´zu den
Bedingungen eines ortsansässigen Anwalts´ beigeordnet.
Gegen diese Einschränkung der Beiordnung wendet sich die Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin mit ihrer
form und fristgerecht eingelegten sofortigen Beschwerde insofern, als sie die Beiordnung ´zu den Bedingungen eines
im Bezirk des Prozeßgerichts niedergelassenen Anwalts´ erstrebt.
Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Der Einzelrichter hat die Sache dem Senat zur Entscheidung
übertragen.
II.
1. Die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin ist gemäß §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 127
Abs. 2 Satz 2, 569 ZPO zulässig. die Verfahrensbevollmächtigte ist auch selbst beschwert und beschwerdebefugt
(vgl. Zöller28Geimer, ZPO § 127 Rz. 19 m.w.N.. OLG Karlsruhe, Beschluß vom 30. September 2010 - 18 WF 72/10 -
juris. OLG Frankfurt - Beschluß vom 25. März 2009 - 19 W 14/09 - AGS 2010, 33 f.).
Ein - wie im Streitfall vorliegendes - einschränkungsloses Beiordnungsgesuch eines auswärtigen Anwaltes enthält
zwar das konkludente Einverständnis mit einer dem Mehrkostenverbot des § 121 Abs. 3 ZPO entsprechenden
Einschränkung der Beiordnung (vgl. BGH - Beschluß vom 10. Oktober 2006 - XI ZB 1/06 - FamRZ 2007, 37 = NJW
2006, 3783 f. [Leitsatz]), die amtsgerichtliche Einschränkung geht jedoch über die Regelung in § 121 Abs. 3 ZPO
und damit den Umfang des Einverständnisses hinaus.
Zudem wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung einerseits davon ausgegangen, daß die Hinnahme der
Beschränkung ´zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts´ den Verzicht auf jegliche
Reisekostenerstattung beinhaltet (so Brandenburgisches OLG - Beschluß vom 27. August 2009 - 6 W 13/09 - AGS
2010, 327 f. = JurBüro 2010, 434 f.), andererseits sollen dem ´zu den kostenrechtlichen Bedingungen eines
Rechtsanwaltes mit Sitz im Bezirk des Prozeßgerichtes´ beigeordneten Anwalt Fahrtkosten und Abwesenheitsgelder
in der Höhe erstattet werden, die bei Entfernung zwischen dem Prozeßgericht und dem von dort am weitesten
entfernt liegenden Ort innerhalb des Gerichtsbezirkes entstehen (so OLG Oldenburg - Beschluß vom 16. Februar
2010 - 11 WF 33/10 - JurBüro 2010, 433 f.). Der Senat hegt zwar an der letztgenannten Auffassung - zumindest
hinsichtlich des dort angenommenen Umfanges der Erstattungsansprüche - erhebliche Zweifel. allerdings bedarf es
insofern hier keiner weiteren Stellungnahme, weil bereits die aufgezeigten unterschiedlichen Positionen zur
Begründung einer hinreichend konkreten Beschwer der Verfahrensbevollmächtigten sowie eines
Rechtsschutzbedürfnisses an einer der gesetzlichen Regelung entsprechenden Fassung der
BeiordnungsEinschränkung ausreichen.
2. Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg und führt zu der aus dem Tenor ersichtlichen Entscheidung.
§ 127 Abs. 3 ZPO enthielt in der bis zum 31. Mai 2007 geltenden Fassung die Regelung, daß ´ein nicht bei dem
Prozeßgericht zugelassener Rechtsanwalt … nur beigeordnet werden [kann], wenn dadurch weitere Kosten nicht
entstehen´. da der Rechtsanwalt gemäß § 126 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 BRAGO in der bis zum 30. Juni 2004
geltenden Fassung Mehrkosten, die auf dem Auseinanderfallen seines Wohn bzw. Kanzleisitzes und dem Ort des
Prozeßgerichts seiner Zulassung beruhten, gegenüber der Staatskasse nicht abrechnen konnte, war der auswärtige
Rechtsanwalt grundsätzlich ´zu den Bedingungen eines am Prozeßgericht ansässigen Anwaltes´ beizuordnen.
In der seit dem 1. Juni 2007 geltenden Fassung schränkt § 127 Abs. 3 ZPO dagegen die Beiordnung grundsätzlich
nur noch auf einen ´in dem Bezirk des Prozeßgerichts niedergelassenen Rechtsanwalt´ ein, so daß sich für die zuvor
verwendete unzweifelhaft weitergehende Einschränkung seither im Gesetz keine Grundlage mehr findet.
III.
H. W. C.