Urteil des OLG Celle vom 30.12.2011

OLG Celle: anspruch auf bewilligung, tod, verfahrenskosten, kostenbeteiligung, rechtspflege, rechtsschutz, beschränkung, prozess, form, datum

Gericht:
OLG Celle, 10. Zivilsenat
Typ, AZ:
Beschluss, 10 WF 393/11
Datum:
30.12.2011
Sachgebiet:
Normen:
ZPO § 127 Abs 2 Satz 2, ZPO § 127 ABS 3, FamFG § 76 Abs 2
Leitsatz:
1. Gegen einen (hier: auf Beschwerde der Landeskasse) die Bewilligung der PKH/VKH aufhebenden
Beschluss ist der zuvor beigeordnete Prozess/Verfahrensbevollmächtigte nicht im eigenen Namen
beschwerdebefugt.
2. Die gemäß § 127 Abs. 3 ZPO form und fristgerecht gegen die ratenfreie Bewilligung von PKH/VKH
eingelegte Beschwerde der Landeskasse, die auf die Anordnung einer Kostenbeteiligung gerichtet ist,
eröffnet dem Gericht auch die Möglichkeit, die nachgesuchte PKH/VKH insgesamt zu versagen.
3. Nach dem Tod einer Partei / eines Beteiligten kommt eine Bewilligung von PKH/VKH für diese/n
nicht mehr in Betracht.
Volltext:
10 WF 393/11
627 F 723/11 Amtsgericht Hannover
Beschluss
In der Familiensache
betreffend den Umgang mit den beteiligten Kindern
1. J.A. R.,
2. J.S. R.,
Verfahrensbeistand: Dipl.Päd. D. R.S.,
weitere Beteiligte:
1. Dr. C. U.,
Antragstellerin,
Verfahrensbevollmächtigte:
Rechtsanwältin S. G.,
2. K.D. R., verstorben, zuletzt wohnhaft …
Antragsgegner,
Verfahrensbevollmächtigter:
Rechtsanwalt B. K.,
Beschwerdeführer,
3. Landeshauptstadt Hannover,
4. Bezirksrevisorin bei dem Amtsgericht Hannover,
Beschwerdegegnerin,
hat der 10. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle auf die sofortige Beschwerde des
Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners gegen den die dem Antragsgegner unter seiner Beiordnung bereits
bewilligte Verfahrenskostenhilfe aufhebenden Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht Hannover vom 23.
September 2011 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht W., den Richter am Oberlandesgericht H.
und die Richterin am Amtsgericht R. am 30. Dezember 2011 beschlossen:
Die Beschwerde wird als unzulässig verworfen.
Gründe
I.
Am 1. Mai 2011 verstarb der Antragsgegner des vorliegenden Umgangsverfahrens. Mit Beschluss vom 23. Juni
2011 bewilligte das Amtsgericht dem Antragsgegner ratenfreie Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung seines
Verfahrensbevollmächtigten. Auf die Beschwerde der Bezirksrevisorin wies das Amtsgericht im Wege der Abhilfe
den Antrag des Antragsgegners auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe unter Hinweis auf dessen Tod zurück.
Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners vom 4.
November 2011, der meint, ihm stünde eine Beschwerdeberechtigung auch aus eigenem Recht zu, weil er durch die
Aufhebung der bereits unter seiner Beiordnung gewährten Verfahrenskostenhilfe beschwert sei. Vorliegend hätte dem
Antragsgegner bereits zu seinen Lebzeiten Verfahrenskostenhilfe bewilligt werden können und müssen.
Das Amtsgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 13. Dezember 2011 unter Hinweis auf die Stellungnahme
der Bezirksrevisorin vom 25. November 2011, der es sich anschließe, nicht abgeholfen. Die Bezirksrevisorin hatte
ausgeführt, es sei aufgrund der fehlenden Beschwerdeberechtigung des Verfahrensbevollmächtigten des
Antragsgegners bereits zweifelhaft, ob die Beschwerde zulässig sei. Jedenfalls sei sie unbegründet, weil
Verfahrenskostenhilfe auch zu Lebzeiten nicht hätte bewilligt werden können.
II.
1. Die Beschwerde ist gemäß § 572 Abs. 2 Satz 2 ZPO i. V. mit § 76 Abs. 2 FamFG als unzulässig zu verwerfen.
Der Verfahrensbevollmächtigte des Antragsgegners hat die Beschwerde im eigenen Namen eingelegt. Dies folgt aus
seinen Ausführungen dazu, dass ihm als beigeordnetem Rechtsanwalt eine Beschwerdeberechtigung auch aus
eigenem Recht zustehe. Zudem macht er nicht geltend, dass - was verschiedentlich als für die Zulässigkeit eines
Rechtsmittels ausreichend angesehen wird (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 3. März 1998 - 2 WF 22/98 -
FamRZ 1999, 240 f.. OLG Brandenburg, Beschluss vom 2. Januar 2002 - 9 WF 174/01 - FamRZ 2002, 1199 f.. OLG
Oldenburg, Beschluss vom 27. Januar 2010 - 8 W 4/10 - FamRZ 2010,1587. OLG Frankfurt, Beschluss vom 10. Juni
2010 - 3 WF 72/10 - FamRZ 2011, 385 f.) - die Beschwerde im Namen der potentiellen Erben des Verstorbenen
eingelegt werden soll.
Eine Beschwerde gegen die Versagung der Verfahrenskostenhilfe durch den Rechtsanwalt im eigenen Namen ist
unzulässig. Er ist nicht beschwerdeberechtigt, weil er nicht beschwert ist (vgl. OLG Karlsruhe, a. a. O.. OLG
Frankfurt, a. a. O.). Dies gilt auch für den vorliegenden Fall, in dem dem Antragsgegner bereits
Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden war, diese aber auf die Beschwerde der Bezirksrevisorin wieder aufgehoben
wurde (vgl. Zöller–Geimer, ZPO, 28. Aufl., § 127 Rn. 26).
2. Abgesehen davon wäre die Beschwerde auch in der Sache nicht begründet:
a. Die Beschwerde der Bezirksrevisorin, die zu der nun vom Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners
angefochtenen Entscheidung geführt hat, war gemäß § 127 Abs. 3 ZPO zulässig. Da das Amtsgericht die
Verfahrenskostenhilfebewilligung weder mit einer Ratenzahlungs noch einer anderen, einmaligen
Zahlungsverpflichtung verbunden hat, war die Beschwerde der Landeskasse grundsätzlich eröffnet. sie war auch
fristgerecht erhoben. Mit ihrer Beschwerde hat die Bezirksrevisorin geltend gemacht, dass die Voraussetzungen für
eine raten und beitragsfreie Verfahrenskostenhilfebewilligung nicht nachgewiesen seien und eine entsprechende
Verpflichtung des Antragsgegners aus seinem durch den Verkauf seines Pkw erworbenen Vermögens in Betracht
komme. Damit ist die Beschwerde zum einen auf zulässige Beschwerdegründe - das Unterbleiben der Anordnung
einer Kostenbeteiligung - gestützt, zum anderen ist die Geltendmachung einer derartigen Beteiligung an den
Verfahrenskosten für die Zulässigkeit der Beschwerde ausreichend (vgl. insofern Stein/Jonas–Bork, ZPO, 22. Aufl.,
§ 127 Rn. 9. Musielak–Fischer, ZPO, 8. Aufl., § 127 Rn. 9 m. w. N.). Die Beschwerde der Landeskasse ist
schließlich auch nicht gerade mit dem Ziel eingelegt, die Versagung der Verfahrenskostenhilfe zu erreichen, so dass
sich auch nicht insofern eine vom Bundesgerichtshof in solchen Fällen angenommene Unstatthaftigkeit (vgl. BGHZ
119, 372) ergibt.
b. Die mithin zulässige Beschwerde der Bezirksrevisorin eröffnete dem Amtsgericht die Prüfung der
Verfahrenskostenhilfebewilligung als solcher und beschränkte es nicht auf die Anordnung von Beiträgen des
Antragsgegners zu den Verfahrenskosten. denn die Regelung des § 127 Abs. 3 ZPO enthält nur eine Beschränkung
der Anfechtungsgründe, nicht eine solche des Beschwerdegegenstandes (vgl. Stein/Jonas–Bork, a. a. O., Rn. 24 m.
w. N.) (Vgl. zum Ganzen auch bereits Senatsbeschuss vom 17. Juni 2005 - 10 WF 79/05).
c. Nachdem der Antragsgegner verstorben ist, besteht kein Anspruch auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe
mehr. Die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe ist personengebunden und nicht vererblich, weswegen die
Verfahrenskostenhilfe nach allgemeiner Ansicht einem verstorbenen Verfahrensbeteiligten nicht bewilligt werden
kann. Dabei kommt es nicht entscheidungserheblich darauf an, ob die Entscheidung über den
Verfahrenskostenhilfeantrag vor dem Tod des Beteiligten hätte ergehen können und müssen. Unerheblich ist auch,
dass dem Antragsgegner mit Beschluss vom 23. Juni 2011 zunächst Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden war. Die
Verfahrenskostenhilfe soll dem bedürftigen Beteiligten einen dem eines leistungsfähigen Beteiligten vergleichbaren
Rechtsschutz sichern. Dagegen ist es nicht Zweck der Verfahrenskostenhilfe, dem Rechtsanwalt, der den
bedürftigen Beteiligten vertritt, einen Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse zu verschaffen (vgl. unter anderem
OLG Celle, Beschluss vom 8. Juni 1991 - 2 U 205/88 - juris - . OLG Karlsruhe, a. a. O.. OLG Brandenburg, a. a. O..
OLG Oldenburg a. a. O.. OLG Frankfurt, a. a. O.. OLG Stuttgart, Beschluss vom 5. Mai 2011
13 W 20/11 - FamRZ 2011, 1604 f.).
W. H. R.