Urteil des OLG Celle vom 21.10.1998

OLG Celle: werbung, unternehmen, produktion, konkurseröffnung, vermögensverfall, wiederholungsgefahr, liquidation, dringlichkeit, vollstreckbarkeit, verfügung

Gericht:
OLG Celle, 13. Zivilsenat
Typ, AZ:
Urteil, 13 U 252/98
Datum:
21.10.1998
Sachgebiet:
Normen:
UWG § 3
Leitsatz:
Die Werbung
„Qualität seit 50 Jahren.
Denn die Güte unserer Erzeugnisse ist die Grundlage unserer Produktion – diese Maxime gilt für uns
heute ebenso, wie vor 50 Jahren“
wird von einem rechtlich erheblichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise dahin verstanden, dass
das werbende Unternehmen seit 50 Jahren wirtschaftlich fortbesteht. Das werbende Unternehmen
kann sich zur Rechtfertigung der Werbung nicht auf die Tradition eines in Vermögensverfall geratenen
und liquidierten Unternehmens berufen, dessen Produktion es auf dem ehemaligen Betriebsgelände
wieder aufgenommen hat.
Volltext:
Oberlandesgericht Celle
Im Namen des Volkes
Urteil
13 U 252/98
5 O 146/98 LG Verden
Verkündet am
21. Oktober 1998
Justizsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
In dem Rechtsstreit
pp.
XXXXXXX
XXXXXX
gegen
XXXXX
XXXXX
hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht
##### sowie der Richter am Oberlandesgericht ##### und ##### aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 9.
Oktober 1998 für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Verden vom 16. Juni 1998 (5 O 146/98) geändert:
Die Verfügungsbeklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden
Ordnungsgeldes bis zum 500.000 DM, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall
Ordnungshaft bis zu 2 Jahren – diese zu vollziehen an den Geschäftsführern der Verfügungsbeklagten – zu
unterlassen,
im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken für ihr Unternehmen mit auf die Dauer ihrer geschäftlichen
Tätigkeit bezogenen Zeiträumen, die über den 16. Februar 1980 hinausgehen zu werben,
insbesondere wie folgt:
a) „G####Qualität seit 50 Jahren.“
b) „Denn die Güte unserer Erzeugnisse ist die Grundlage unserer Produktion – diese Maxime gilt für uns heute
ebenso, wie vor 50 Jahren“.
Die Verfügungsbeklagte hat die Kosten der ersten Instanz und des Berufungsverfahrens zu tragen.
Streitwert: 50.000 DM.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist begründet.
I.
Die beanstandete Werbung in dem Warenkatalog der Verfügungsbeklagten (im folgenden: Beklagten) mit den
Angaben
„G####Qualität seit 50 Jahren“ und „Denn die Güte unserer Erzeugnisse ist die Grundlage unserer Produktion –
diese Maxime gilt für uns heute ebenso, wie vor 50 Jahren“
ist irreführend und daher gemäß § 3 UWG zu untersagen.
Die Beklagte nimmt mit diesen Werbeaussagen aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise für sich eine
50jährige Unternehmenstradition in Anspruch. Die Aussagen erwecken die Vorstellung, das Unternehmen der
Beklagten produziere Spielgeräte seit 50 Jahren. Eine solche Werbung wird jedenfalls von einem rechtlich
erheblichen Teil der angesprochenen Interessenten dahin aufgefasst, dass das Unternehmen seit 50 Jahren bis
heute wirtschaftlich fortbestanden hat (vgl. Baumbach/Hefermehl, 20. Aufl., § 3 UWG Rdn. 393).
Dies trifft auf die Beklagte nicht zu, weil sie erst am 16. Februar 1980 gegründet wurde. Anders als die Beklagte
meint, kann sie sich im Hinblick auf die beanstandete Werbung nicht auf die Tradition der #### G#####, die nach
ihrer Behauptung seit dem Ende des zweiten Weltkriegs Spielgeräte herstellte, berufen. Die #### G##### geriet in
den Jahren 1979/80 in Vermögensverfall und wurde nach Ablehnung der Konkurseröffnung mangels Masse liquidiert.
Noch am Tage der Konkurseröffnung, dem 1. Februar 1980, verkaufte die ##### G##### ihr Betriebsgrundstück an
die Hauptgläubigerin, die Kreissparkasse #####, welcher sie bereits Maschinen, Lagerbestände und Inventar zur
Sicherheit übereignet hatte. Wenn die anschließend gegründete Beklagte das Sicherungseigentum von der
Sparkasse erwarb und auf dem angemieteten ehemaligen Betriebsgrundstück mit einem Teil des alten
Mitarbeiterstamms die SpielgeräteProduktion aufnahm, so kann darin nicht die wirtschaftliche Fortdauer der ####
G##### gesehen werden. Denn mit dem Konkurs und der Liquidation der #### G##### war der wirtschaftliche
Fortbestand dieses Unternehmens beendet.
Einer großzügigeren Beurteilung der beanstandeten Werbung steht entgegen, dass eine solche Alterswerbung gerade
auf das Vertrauen zielt, dass das Unternehmen jedenfalls wirtschaftlich während der genannten Jahre das gleiche
geblieben ist und deshalb als besonders zuverlässig und solide erscheint (vgl. Senat, WRP 1984, 149;
Baumbach/Hefermehl, § 3 UWG Rdn. 392). Dies lässt sich im Hinblick auf ein in Konkurs geratenes und
anschließend liquidiertes Unternehmen nicht behaupten. Die mit der Werbung der Beklagten angesprochenen
Verkehrsteilnehmer werden daher irregeführt.
Die begangene Verletzungshandlung rechtfertigt die Annahme der Wiederholungsgefahr.
II.
Die gemäß § 25 UWG bestehende Vermutung für die Dringlichkeit der einstweiligen Verfügung ist, anders als die
Beklagte meint, nicht dadurch widerlegt, dass sich der Klägervertreter im erstinstanzlichen Verfahren mit einer
Verlegung des Verhandlungstermins um nahezu 1 Monat einverstanden erklärt hat. Die Bitte des Klägervertreters um
Verlegung des Termins vom 28. April 1998 beruht darauf, dass ihm die umfangreiche Erwiderung auf seinen Antrag
erst am 27. April 1998 zugegangen war. Unter diesen Umständen rechtfertigt allein die Bitte um Terminsverlegung
und das Einverständnis mit einer neuen Terminierung auf den 26. Mai 1998 nicht die Annahme, dass es nach dem
eigenen Verhalten der Klägerin des beantragten umgehenden Verbots nicht bedurfte.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Über die vorläufige Vollstreckbarkeit war nicht zu entscheiden,
weil das Urteil rechtskräftig ist.
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