Urteil des OLG Celle vom 19.04.2011

OLG Celle: vergleich, hauptsache, kostenregelung, verzicht, abrechnung, anhörung, datum, zustandekommen

Gericht:
OLG Celle, 02. Zivilsenat
Typ, AZ:
Beschluss, 2 W 89/11
Datum:
19.04.2011
Sachgebiet:
Normen:
GKG § 3 Abs. 2 Anlage 1 Kostenverzeichnis Nrn 1222 und 1223
Leitsatz:
Haben sich die Parteien vor dem Oberlandesgericht zur Hauptsache umfassend verglichen und
zugleich vereinbart, dass das Gericht über die Kosten des Rechtsstreits in entsprechender
Anwendung von § 91 a ZPO entscheiden soll und haben sie zugleich auf die Begründung dieser
Entscheidung verzichtet, ermäßigen sich die Gerichtsgebühren gemäß Nr. 1223 des
Kostenverzeichnisses zum GKG auf 3,0 Gebühren.
Volltext:
2 W 89/11
7 O 314/08 Landgericht Verden
Beschluss
In dem Erinnerungsverfahren
betreffend den Kostenansatz der Geschäftsstelle des Oberlandesgerichts Celle
in der Schlusskostenrechnung vom 28. März 2011 für das Berufungsverfahren
in Gestalt der den Parteien erteilten Kostenrechnung der Kostenbeamtin des Landgerichts Verden vom 30. März
2011
Beteiligte:
1. H. H. K., B., T.,
Kläger und Erinnerungsführer,
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte H. & Kollegen, Am M., T.,
Geschäftszeichen: #####
2. die L.,
hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht R. sowie
die Richter am Oberlandesgericht Dr. L. und Dr. L. am 19. April 2011 beschlossen:
Auf die als Erinnerung geltende Beschwerde des Klägers vom 13. April 2011 wird der Kostenansatz der
Geschäftsstelle des Oberlandesgerichts Celle in der Schlusskostenrechnung vom 28. März 2011 aufgehoben.
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat über den Kostenansatz für das Berufungsverfahren unter Beachtung der
Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden.
Im Übrigen wird die Erinnerung des Klägers zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Die mit Schriftsatz vom 13. April 2011 eingelegte Beschwerde des Klägers gegen die ihn betreffende
Kostenrechnung der Geschäftsstelle des Landgerichts Verden vom 30. März 2011 über 774,40 € (80 % von 986,00
€) richtet sich gegen den Kostenansatz für das Berufungsverfahren mit 4,0 Gebühren gemäß Nr. 1220 des
Kostenverzeichnisses (im Folgenden: KV) der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG.
Sie ist daher als zulässige Erinnerung gemäß § 66 Abs. 1 GKG gegen den der Kostenrechnung des Landgerichts zu
Grunde liegenden Kostenansatz in der Schlusskostenrechnung der Geschäftsstelle des Oberlandesgerichts Celle
vom 28. März 2011 auszulegen.
Die Erinnerung hat in der Sache nur zum Teil Erfolg.
Entgegen der Ansicht des Klägers ist das Berufungsverfahren nicht gemäß
Nr. 1222 KV mit lediglich 2,0 Gebühren aus dem von dem Senat mit Beschluss vom 14. März 2011 auf 14.500 €
festgesetzten Gegenstandswert abzurechnen. Allerdings vermag der Senat auch nicht der von dem Bezirksrevisor
bei seiner fernmündlichen Anhörung durch den Berichterstatter geteilten Auffassung der Geschäftsstelle zu folgen,
welche die Abrechnung gemäß Nr. 1220 KV mit 4,0 Gebühren für zutreffend hält.
Vielmehr hat die Abrechnung nach Nr. 1223 KV mit 3,0 Gebühren zu erfolgen, so dass für das Berufungsverfahren
Gerichtskosten in Höhe von insgesamt 726,00 € angefallen sind, wovon gemäß der Kostenentscheidung des Senats
im Beschluss vom 14. März 2011 80 % auf den Kläger und 20 % auf die Beklagte entfallen.
Nr. 1220 KV findet nur Anwendung, wenn nicht die Ermäßigungstatbestände in Nrn. 1222 oder 1223 KV eingreifen.
Entgegen der Ansicht des Klägers greift die Regelung über die Ermäßigung auf 2,0 Gebühren gemäß Nr. 1222 Ziff. 3
KV nicht deshalb ein, weil der Senat mit Beschluss vom 7. März 2011 gemäß § 278 Abs. 6 ZPO das
Zustandekommen einen gerichtlichen Vergleichs festgestellt hat. Für das Verständnis des vorgenannten
Ausnahmetatbestandes sind die gleichen Erwägungen zu Grunde zu legen wie für die entsprechende, das
erstinstanzliche Verfahren betreffende Regelung in
Nr. 1211 Ziff. 3 KV (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 41. Aufl., Nr. 1222 KV
Rdnr. 1). Danach kann wegen eines gerichtlichen Vergleichs eine Ermäßigung der Gebühren nur eintreten, wenn das
gesamte Prozessverfahren durch den Abschluss des Vergleichs vor Gericht endet und zwar einschließlich der
Kostenregelung im Vergleich (vgl. Hartmann a. a. O. Nr. 1211 KV Rdnr. 16. OLG Karlsruhe JurBüro 20012, 315.
OLG München MDR 1998, 739. BAG NZA 2008, 784). Im vorliegenden Verfahren beschränkt sich der Vergleich auf
die Hauptsache. Hinsichtlich der Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs haben die Parteien vereinbart, dass
der Senat eine Entscheidung in entsprechender Anwendung des
§ 91 a ZPO treffen soll. Dies ist durch den Beschluss des Senats vom 14. März 2011 auch erfolgt.
Zwar haben die Parteien in dem Vergleich zudem auf eine Begründung der Kostenentscheidung verzichtet. Der
Senat verkennt auch nicht, dass für die durch das Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts vom 5. Mai 2004
(BGBl. I S. 718) gesetzlich geregelten Fälle der Gebührenermäßigung die erhebliche Reduzierung des richterlichen
Arbeitsaufwandes von ausschlaggebender Bedeutung war (vgl. BTDrucksache 15/1971, S. 159). Indessen hat sich
der Gesetzgeber mit der Frage der Gebührenermäßigung im Falle einer Entscheidung nach § 91 a ZPO ausdrücklich
befasst und eine Gebührenermäßigung auf 2,0 Gebühren gemäß
Nr. 1222 Ziff. 4 KV nur dann zugelassen, wenn das Gericht wegen der Erledigungserklärungen gerade nicht über die
Kosten entscheiden muss oder wenn die Entscheidung einer zuvor mitgeteilten Einigung der Parteien über die
Kostentragung oder der Kostenübernahmeerklärung einer Partei folgt.
Eine derartige Einigung ist den Erklärungen der Parteien im Vergleich oder dem schriftsätzlichen Vortrag nicht zu
entnehmen. Der Kläger hat im Schriftsatz vom
4. März 2011 Bedenken gegen die im Schriftsatz der Beklagten vom 25. Januar 2011 befürwortete Kostenregelung
geäußert. An dem klaren Wortlaut des Gesetzes scheitert eine andere Auslegung des Ermäßigungstatbestandes in
Nr. 1222 Ziff. 4 KV (vgl. Hartmann a. a. O. Rdnr 17). Zwar schließt diese Erwägung eine Gebührenermäßigung in
analoger Anwendung von Nr. 1222 Ziff. 2 KV nicht aus, wenn beide Parteien auf Rechtsmittel gegen die
Kostenentscheidung verzichten (vgl. zur Rechtslage vor Inkrafttreten des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes
OLG München NJWRR 2003, 1656. Hans.OLG OLGR Hamburg 2005, 454). Indessen haben die Parteien im
vorliegenden Fall einen derartigen Rechtsmittelverzicht nicht erklärt, der auch nicht etwa konkludent in dem erklärten
Verzicht auf die Begründung der Entscheidung enthalten ist (vgl. BGH NJW 2006, 3498 gerade für den Verzicht auf
die Begründung bei einer Kostenentscheidung nach § 91 a ZPO).
Allerdings ermäßigt sich die Gebühr für das Berufungsverfahren in entsprechender Anwendung von Nr. 1223 KV auf
3,0 Gebühren. Nach dieser Regelung setzt die Ermäßigung zwar voraus, dass das gesamte Verfahren durch ein
Urteil beendet wird, das wegen eines Verzichts der Parteien nach § 313 a Abs. 1 Satz 2 ZPO keine schriftliche
Begründung enthält, sofern nicht bereits ein streitiges Urteil mit Begründung oder ein Beschluss in der Hauptsache
vorausgegangen ist. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. BGH a. a. O. 3499 Tz. 12) gilt § 313 a ZPO
jedoch entsprechend für Beschlüsse, die, wie die Kostenentscheidung nach § 91 a ZPO, ansonsten zu begründen
wären.
Die Voraussetzungen für eine entsprechende Anwendung von § 313 a Abs. 1
Satz 2 ZPO liegen hier vor, weil gegen die Kostenentscheidung des Senats im Beschluss vom 14. März 2011 wegen
der nicht erfolgten Zulassung der Rechtsbeschwerde unzweifelhaft ein Rechtsmittel nicht zulässig war und weil beide
Parteien im Vergleich auf die Begründung der Kostenentscheidung verzichtet haben. Dieser Kostenentscheidung ist
im Berufungsverfahren auch kein anderes als der in Nr. 1222 Ziff. 2 KV bezeichneten Urteile oder ein Beschluss in
der Hauptsache vorangegangen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 66 Abs. 8 GKG.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar, weil eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes nicht
stattfindet, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG.
R. Dr. L. Dr. L.