Urteil des OLG Celle vom 03.03.1999

OLG Celle: nachahmung, firma, verfügung, erlass, gestaltung, kunst, herkunft, form, produkt, verkehr

Gericht:
OLG Celle, 13. Zivilsenat
Typ, AZ:
Urteil, 13 U 341/98
Datum:
03.03.1999
Sachgebiet:
Normen:
UWG § 1
Leitsatz:
Zum Anspruch des Herstellers einer Decken/Wandleuchte auf wettbewerbsrechtlichen Schutz vor
Nachahmung seines Produkts.
Volltext:
Oberlandesgericht Celle
Im Namen des Volkes
Urteil
13 U 341/98
23 O 88/98 LG Hannover
Verkündet am
3. März 1999
Justizsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
In dem Verfahren
auf Erlass einer einstweiligen Verfügung
pp.
XXXXXXX
XXXXXX
gegen
XXXXX
XXXXX
hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am
Oberlandesgericht ##### sowie der Richter am Oberlandesgericht ##### und ##### aufgrund der mündlichen
Verhandlung vom 12. Februar 1999 für Recht erkannt:
Die Berufung der Verfügungsklägerin gegen das Urteil des Landgerichts Hannover vom 16. Oktober 1998 wird
zurückgewiesen.
Die Verfügungsklägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Berufungswert: 100.000 DM.
Tatbestand
Die Verfügungsklägerin vertreibt in Deutschland Leuchten der #####Firma E####. Zu ihrem Angebot gehört eine
Decken/Wandleuchte, deren Grundkörper aus einem runden Metallsockel besteht, auf dem eine gewölbte Glasschale
angebracht ist. Über die Glasschale sind zwei konkav gebogene metallene Stege geführt, zwischen denen sich in
der Mitte ein Gitterblech befindet. Die Verfügungsbeklagte vertreibt eine gleichartige Leuchte.
Die Verfügungsklägerin hat vorgetragen: Das Design der Leuchte sei im Januar 1996 in ihrer Firma geschaffen
worden. Die Leuchte erhalte durch das Gitterblech gegenüber anderen Leuchten dieser Art ein eigenständiges
unverwechselbares Äußeres. Die von der Beklagten vertriebene Leuchte sei eine Nachahmung. Der Hersteller habe
das Design bis ins Detail übernommen, die Leuchte unterscheide sich nur darin, dass das Gitterblech etwas
schmaler sei.
Das Landgericht hat der Verfügungsbeklagten antragsgemäß durch Beschlussverfügung bei Meidung der üblichen
Ordnungsmittel verboten, Decken/Wandleuchten wie Bl. 2 d. A. abgebildet anzubieten, zu bewerben, zu vertreiben
und/oder sonstwie in den Verkehr zu bringen.
Die Verfügungsbeklagte hat dagegen Widerspruch erhoben und ausgeführt: Es fehle an der Eilbedürftigkeit für den
Erlass einer einstweiligen Verfügung. Die Parteien hätten im Herbst 1997 bei einer hausinternen Messe der Firma
H#### ##### ihre Produkte unmittelbar nebeneinander ausgestellt, ohne dass die Verfügungsklägerin Einwendungen
erhoben habe. Außerdem würden gleichartige Lampen auf dem deutschen Markt seit Jahren von vielen Anbietern
vertrieben. Das Gitterblech weise keine gestalterische Besonderheit auf, die auf eine betriebliche Herkunft der
Lampe schließen lasse.
Das Landgericht hat die Beschlussverfügung aufgehoben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung
zurückgewiesen. Es hat ausgeführt, dass kein Verfügungsgrund vorliege. Da die Parteien bei der
Produktpräsentation im November 1997 nebeneinander ausgestellt hätten, hätte die Verfügungsklägerin bereits zu
diesem Zeitpunkt von einer Rechtsverletzung Kenntnis nehmen und darauf reagieren können.
Dagegen richtet sich die Berufung der Verfügungsklägerin.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
I.
Es kann offen bleiben, ob die gemäß § 25 UWG bestehende tatsächliche Vermutung für die Eilbedürftigkeit widerlegt
ist, weil die Verfügungsklägerin schon bei der Ausstellung im November 1997 Gelegenheit hatte, etwaige
Rechtsverletzungen festzustellen und anschließend geltend zu machen.
II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung hat jedenfalls in der Sache keinen Erfolg, weil der begehrte
Unterlassungsanspruch der Verfügungsklägerin nach dem glaubhaften Sachverhalt weder unter dem Gesichtspunkt
des wettbewerbswidrigen Nachahmens noch wegen Verletzung eines Urheberrechts zusteht.
1. Wettbewerbswidrige Nachahmung
a) Ein wettbewerbsrechtlicher Schutz vor Nachahmung setzt zunächst eine wettbewerbliche Eigenart voraus; die
konkrete Ausgestaltung des Erzeugnisses oder einzelne Merkmale müssen geeignet sein, als Hinweis auf die
betriebliche Herkunft zu dienen oder besondere Gütevorstellungen zu wecken (BGH, GR 1997, 308, 309 - Wärme
fürs Leben; WRP 1998, 732, 734 – LesPaulGitarren).
Die Lampe der Klägerin weist allenfalls eine geringe wettbewerbliche Eigenart auf. Wie die Klägerin selbst vorträgt
und wie sich aus den vorgelegten Katalogen ergibt, werden die wesentlichen gestalterischen Merkmale der Leuchte -
runder Metallsockel, auf dem eine gewölbte Glasschale angebracht ist, mit darüber geführten metallenen Stegen -
auch von anderen Herstellern in gleicher oder ähnlicher Form benutzt (vgl. beispielsweise Katalog der Firma M####,
S. 101). Etwas Besonderes weist die Leuchte gegenüber diesen Produkten der Wettbewerber nur insoweit auf, als
die gebogenen Stege in der Mitte der Lampe durch ein Gitterblech verbunden sind. Die Eignung dieses Merkmals,
als Herkunftsnachweis zu dienen, ist gering. Das Erscheinungsbild der Leuchte wird im Wesentlichen durch die auch
von anderen Herstellern benutzten Grundformen gekennzeichnet. Zwar ergibt das in Form und Material zu dem nach
innen geschwungenen Metallstegen passende Gitterblech zusammen mit den übrigen Merkmalen der Leuchte einen
harmonischen Gesamteindruck. Es ist aber nach dem glaubhaft gemachten Sachverhalt nicht zu erkennen, dass die
Gestaltung aus dem Rahmen der vielfältigen Stilmittel vergleichbarer Leuchten von Wettbewerbern herausfällt, etwa
als außergewöhnliches oder im Verhältnis zu anderen Gestaltungen besonders gelungenes Element, und dass sie
deshalb besonders einprägsam ist. Die gewählte Kombination Gitterblech/geschwungene Metallstege findet in dem
umfangreichen Programm der Klägerin mit mehr als 2 000 Modellen auch keine weitere Verwendung im Sinne einer
wiederkehrenden Formgestaltung. Aus diesen Gründen ist die Eignung, auf die betriebliche Herkunft von der Klägerin
oder auf eine besondere Güte hinzuweisen, beschränkt.
b) Die Übernahme eines wettbewerblich eigenartigen Leistungsergebnisses ist als solche noch nicht
wettbewerbswidrig; es müssen vielmehr besondere wettbewerbliche Umstände hinzukommen, die das Nachahmen
unlauter erscheinen lassen (BGH, WRP 1998, 732, 735 – LesPaulGitarren). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die
Nachahmung sonderrechtlich nicht geschützter Arbeitsergebnisse grundsätzlich frei ist. Die Grenze des Erlaubten
wird erst überschritten, wenn der Verkehr durch das Verbreiten des nachgeahmten Erzeugnisses in einem Maß
irregeführt wird, das sich mit der Nachahmungsfreiheit nicht mehr rechtfertigen lässt (Baumbach/Hefermehl, 20.
Aufl., § 1 UWG Rdn. 461). Ist die wettbewerbliche Eigenart wie hier gering, so kann die Nachahmung nur bei
Hinzutreten besonders gravierender Unlauterkeitselemente als wettbewerbswidrig angesehen werden (BGH, GR
1992, 523, 524 - Betonsteinelemente).
Solche Umstände liegen im Streitfall bereits deshalb nicht vor, weil die von der Verfügungsbeklagten vertriebene
Lampe in ihrer Gestaltung so weit von der der Klägerin abweicht, dass die - ohnehin begrenzte - Gefahr einer
betrieblichen Herkunftstäuschung weiter verringert wird:
Die das Lampenglas überspannenden Stege laufen bei der von der Beklagten vertriebenen Leuchte am äußeren
Ende deutlich weniger weit auseinander. Das dazwischen angebrachte Gitterblech ist schmaler, seine Längsseiten
sind gerade, nicht wie bei der Leuchte der Klägerin geschwungen. Die Stege und das Gitterblech sind anstatt
metallfarben schwarz lackiert. Ferner weisen beide Lampen in sichtbarer Weise ein unterschiedliches
Verschlusssystem auf. Der durch das Material und die Verarbeitung vermittelte Qualitätseindruck des von der
Beklagten vertriebenen Modells ist deutlich geringer.
2. Verletzung eines Urheberrechts
Die Berufung macht ohne Erfolg geltend, für das Produkt der Klägerin bestehe ein Urheberrechtsschutz nach § 97
UrhG.
Ein Urheberrechtsschutz käme vorliegend nur dann in Betracht, wenn die Leuchte als ein Werk der angewandten
Kunst im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG anzusehen wäre. Darunter ist eine eigenpersönliche Schöpfung zu
verstehen, die mit den Darstellungsmitteln der Kunst durch formgebende Tätigkeit hervorgebracht und vorzugsweise
für die Anregung des Gefühls durch Anschauung bestimmt ist. Der ästhetische Gehalt des Werks muss einen
solchen Grad erreichen, dass nach Auffassung der für die Kunst empfänglichen und mit Kunstanschauung
einigermaßen vertrauten Kreise von einer künstlerischen Leistung gesprochen werden kann (BGH, GR 1979, 232,
236 - Brombeerleuchte; GR 1972, 35, 39 - Vasenleuchter).
Diese Voraussetzungen sind von der Verfügungsklägerin in keiner Weise dargelegt, sie ergeben sich auch nicht aus
dem von ihr vorgelegten Produkt selbst. Die für die Gestaltung der Leuchte gewählten Grundformen und Materialien
sind, wie ausgeführt, von anderen auf dem Markt angebotenen Leuchten her bekannt. Eine eigenpersönliche
Schöpfung könnte im Wesentlichen nur in einer Weiterentwicklung der bekannten Formen gesehen werden, die darin
besteht, dass die über die Glaskuppel führenden geschwungenen Metallstege mit einem Gitterblech verbunden sind.
Auch wenn dieses neue Element nach Form, Material und Proportion so gewählt ist, dass es sich mit den übrigen
Bestandsteilen zu einem gefälligen Ganzen zusammenfügt, so rechtfertigt dies nicht, von einer künstlerischen
Leistung zu sprechen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Eine Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit entfällt, weil
das Urteil rechtskräftig ist.
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