Urteil des OLG Celle vom 03.06.2004

OLG Celle: geschäftsführer, verrechnung, rechtsverletzung, beweislast, lieferung, montage, ingenieurbüro, gegenseitigkeit, unternehmen, werkvertrag

Gericht:
OLG Celle, 06. Zivilsenat
Typ, AZ:
Beschluss, 6 U 43/04
Datum:
03.06.2004
Sachgebiet:
Normen:
BGB § 387
Leitsatz:
Das Vorbringen gegenüber einem durch Vertrag begründeten Zahlungsanspruch, die Vertragspartner
hätten bei Vertragsschluss vereinbart, der Schuldner solle den Anspruch durch Aufrechnung tilgen, ist
kein qualifiziertes Bestreiten des Anspruchs, sondern rechtsbindende Einwendung, für welche der
Schuldner die Beweislast trägt.
Volltext:
6 U 43/04
7 O 322/03 Landgericht Verden
B e s c h l u s s
In dem Rechtsstreit
T. M., M., H.,
Beklagter und Berufungskläger,
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Dr. D. & Dr. S., H. Straße, C.,
gegen
L. GmbH I.S. und M., vertreten durch den Geschäftsführer J. H. L.,
E., B.,
Klägerin und Berufungsbeklagte,
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte A., V. & Kollegen, C. , B.,
hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht
Piekenbrock, den Richter am Oberlandesgericht Volkmer und den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht
Knöfler am 3. Juni 2004 beschlossen:
Der Senat beabsichtigt, die Berufung durch Beschluss zurückzuweisen, und gibt dem Beklagten Gelegenheit zur
Stellungnahme binnen 2 Wochen.
G r ü n d e
Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung, und der Senat muss
nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Siche
rung einer einheitlichen Rechtsprechung entscheiden (§ 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Die angefochtene Entscheidung
beruht zwar auf der Rechtsverletzung, den Vortrag des Beklagten zu einer Vereinbarung über die Verrechnung von
Architekten und Werkleistung (Bl. 28 f. d.A.) übergangen zu haben (s. u. Nr. 2), stellt sich jedoch aus anderen
Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO analog).
1. Ohne Rechtsverletzung (§ 513 Abs. 1 Alt. 1 ZPO i. V. m. § 546 ZPO) hat das Landgericht angenommen, dass der
Werkvertrag über die Lieferung und Montage eines Geländers für das Wohnhaus des Beklagten zwischen den
Parteien zustande gekommen ist, da das zwischen dem Geschäftsführer L. und dem Beklagten vereinbarte
Geschäft erkennbar für den Betrieb der Klägerin bestimmt war. Denn bei einem unternehmensbezogenen Geschäft
geht der Wille der Beteiligten im Zweifel dahin, dass der Betriebsinhaber Vertragspartner werden soll, wenn Inhalt
und Umstände des Rechtsgeschäfts die eindeutige Auslegung zulassen, dass ein bestimmtes Unternehmen
berechtigt oder verpflichtet sein soll, was z. B. dann anzunehmen ist, wenn die Leistung vertraglich für den Betrieb
des Unternehmens bestimmt war, wobei aus Gründen der Verkehrssicherheit nur dann der gesetzliche
Auslegungsgrundsatz des Handelns im eigenen Namen eingreift, wenn „ernsthafte, nicht auszuräumende Zweifel an
der Unternehmensbezogenheit eines Geschäfts“ verbleiben (BGH NJW 1995, S. 43 bis 45).
Die Auslegung des vorgetragenen Sachverhalts durch das Landgericht, dass die Errichtung des Stahlgeländers allein
für die Klägerin als Metall verarbeitenden Betrieb unternehmensspezifisch und daher das Geschäft für den Betrieb
der Klägerin bestimmt war, ist nicht zu beanstanden.
a) Aus der Behauptung des Beklagten, dass bei Vertragsschluss Architektenleistungen bereits erbracht waren und
hierfür die Lieferung des Geländers eine persönliche Gegenleistung des Geschäftsführers L. sein sollte (Bl. 119 d.
A.), ergeben sich keine ernsthaften, nicht auszuräumenden Zweifel an der Unternehmensbezogenheit des
Geschäfts. Denn der Umstand, dass der Geschäftsführer L. persönlich Architektenleistungen zu vergüten hat,
rechtfertigt nicht die Annahme, dass er sich persönlich zur Errichtung eines Geländers einschließlich der damit
verbundenen Haftung für eventuelle Nachbesserungs und Gewährleistungsrechte verpflichten wollte, wenn er
gleichzeitig als Geschäftsführer für ein Metall verarbeitendes Unternehmen tätig ist, das auf die Erbringung solcher
Leistungen spezialisiert ist. Die vom Beklagten eingewandte Verrechnungsabrede wird dadurch nicht
gegenstandslos, da der Geschäftsführer einer GmbH auch zum wirksamen Abschluss einer solchen Abrede
berechtigt ist (§35 Abs. 1, §§ 36, 37 Abs. 2 GmbHG). Es liegt kein Anhaltspunkt dafür vor, dass sich der
Geschäftsführer L. für den Fall, dass die Architektenleistung z. B. durch Verrechnung erfüllt ist, persönlich
verpflichten wollte, für die Dauer der Gewährleistungsfrist persönlich aus dem Werkvertrag dafür zu haften, dass das
Metallgeländer mangelfrei ist.
b) Solche Zweifel ergeben sich auch nicht aus der Rüge in der Berufungsbegründung (Bl. 120 d.A.), dass bereits in
erster Instanz vorgetragen worden ist, dass J.H. L. nicht nur Geschäftsführer der Klägerin, sondern „zusätzlich
Gesellschafter und Geschäftsführer der L. V.GmbH (und) zudem Kommanditist der L. Ingenieurbüro GmbH & Co.“
(Bl. 30 d. A.) ist. Denn die Erwägung in der Berufungsbegründung, der Geschäftsführer „L. hätte also auf
unterschiedlichste Art und Weise die verabredete Lieferung und Montage des Geländers erbringen können durch sein
Ingenieurbüro ... (oder durch die Klägerin) als seine Subunternehmerin etc.“ (Bl.120 f. d. A.), stellt sich als denkbare,
aber nur theoretische Möglichkeit ohne tatsächlichen Anhaltspunkt für einen solchen Willen der Beteiligten dar und
kann daher keine ernsthaften Zweifel an der naheliegendsten, oben ausgeführten Auslegung begründen.
2. Die Entscheidung des Landgerichts beruht zwar auf der Rechtsverletzung, den Vortrag des Beklagten zu einer
Vereinbarung über die Verrechnung von Architekten und Werkleistung (Bl. 28 f. d. A.) übergangen zu haben. Denn
das Landgericht hat insoweit nur ausgeführt, dass keine Gegenseitigkeit der Forderungen vorliege und daher eine
Aufrechnungslage nicht gegeben sei. Durch den behaupteten Aufrechnungsvertrag wird aber die für eine einseitige
Aufrechnung erforderliche Gegenseitigkeit der Forderungen entbehrlich (PalandtHeinrichs, BGB, 63. Aufl., § 387
Rdn. 19 f. m. w. N.).
Jedoch ist die angefochtene Entscheidung im Ergebnis richtig. Denn für die behauptete Verrechnungsabrede ist der
Beklagte darlegungs und beweispflichtig, der weder in erster Instanz noch in der Berufungsbegründung Beweis
hierfür angeboten, sondern sich auf den Vortrag beschränkt hat, dass die Klägerin „die Beweislast dafür (trägt), dass
eine Verrechnungsabrede nicht getroffen wurde“ (Bl. 59 d. A.) und dass die Klägerin die „Bedingungsfreiheit“ des
Zahlungsanspruchs zu beweisen hat (Bl. 121 d. A.).
Mit dem Einwand der Verrechnungsabrede hat sich der Beklagte aber nicht darauf berufen, dass der
Werklohnanspruch für die Errichtung des Geländers von einer Bedingung abhängt, sondern darauf, dass der nach
einem Einheitspreis zu berechnende Werklohnanspruch nicht durch Zahlung, sondern durch Verrechnung mit einem
Architektenhonorar der G. R. u. T. M. GbR zu erfüllen ist. Der Sache nach handelt es sich also nicht um einen
Einwand gegen das Entstehen des Werklohnanspruchs, der als qualifiziertes Bestreiten einer
anspruchsbegründenden Voraussetzung anzusehen wäre, sondern um die rechtsbindende Einwendung, dass der
entstandene Zahlungsanspruch nicht durch Zahlung, sondern durch Aufrechnungsvertrag zwischen dem
Geschäftsführer der Klägerin als deren Vertreter und dem Beklagten als Vertreter der R. und M. GbR zu tilgen ist,
den nach allgemeinen Grundsätzen der Beklagte als derjenige darzulegen und zu beweisen hat, der sich auf ihn
beruft (vgl. BaumgärtelStrieder, Beweislast, 2. Aufl., BGB, § 387 Rdnr. 2).
Piekenbrock Volkmer Knöfler